Oh Gott, sorry, Gratschifter, den Absatz musste ich mir jetzt noch vornehmen, weil es gerade so passt.
Meine Antwort, liebe Fräulein Simic und Gessat: Ein paar auf die Fresse !!! Was interessiert euch denn euer verdammtes Image (bei Männern) ??? Süß und hübsch, ja geht‘s denn eigentlich noch?!
In bester Gratschifter Manier, wäre mein Reflex natürlich: Normal? Hübsch? Nein, nein, nein, bitte nicht. Wozu diese Unterwürfigkeit, diese Objektivierung?!
Wer nur Frauenfußball schaut, um Models bei einer anderen Tätigkeit als Catwalklaufen zuzusehen, dem ist wirklich nicht mehr geholfen.
Was soll denn das für eine Botschaft sein ? Ich fasse es nicht.
Etwa auch als Message an junge Mädchen, die Bedenken haben, ob das wohl geht so als durchtrainierte Fußballerin und es doch noch schaffen weiblich auszusehen ?!
Wieder so ein seltsamer Move meines Geschlechts, der wirklich etwas wütend zurücklässt.
Ich denke dabei die ganze Zeit an meine Mutter - Baujahr 37. In den 60er Jahren Vorkämpferin für ihre Gleichberechtigung als junge Lehrerin in reinen Männerkollegien. Was die sich wohl denkt, wenn das das heutige Ergebnis ihrer 50 Jahre Kampf für Wahrnehmung und Anerkennung aufgrund von Leistung und Intelligenz ist - und nicht aufgrund des Bedienens althergebrachter Sexual-Stereotype.
Und ich denke an meine beiden erwachsenen Töchter, die glücklicherweise das Kotzen kriegen, wenn ich ihnen dergleichen Interviews zeige.
Was für ein Eigentor , die süßen Fräuleins.Wenn sie sich wenigstens selbst auf die Schippe genommen hätten mit ihrem Drang klarzustellen, dass es eben die normalen , süßen, sexy Heteros im Frauenfußball gibt und dann schon noch diese „Mannweiber“, die ihnen das Image versauen…
Macht es das erträglicher ? Ich weiß gar nicht, was mich mehr aufregt, das dumme Interview oder die Tatsache, dass die sich im Playboy nackig zeigen?
Ersteres.
Jetzt haben wir hier fast eine thematische Doppelung über zwei Threads aus unterschiedlichen Anlässen, nicht wahr… ?
Ich gebe Dir natürlich Recht, das Interview ist schon strunzdoof. Aber wer den Playboy und die dazugehörigen Interviews kennt (und wer tut das nicht, meine Herren?), wundert sich auch nicht groß. Ich bin alt genug, um tatsächlich noch die Zeit zu erinnern, als Fußball spielende Frauen von Männern unisono als lesbisch und unattraktiv geschmäht wurden. Und wenn man diesen Kontext noch kennt, kann man die Äußerungen von Simic und Co. vielleicht etwas besser verstehen, auch wenn ich ganz bei Dir bin, dass es für eine Sportlerin gar keine Rolle spielen sollte, wie sie aussieht, wenn die eigentliche Betätigung sich darum dreht, die Kugel richtig zu treffen.
Und grade wenn man selbst eine Frau ist, verstehe ich Deinen Grant umso mehr.
Dann jedoch reflektiere ich auch meinen eigenen Male Gaze.
Und stelle fest, dass meine phasenweise extreme Leidenschaft für zum Beispiel Steffi Graf wohl nicht ausschließlich ihrer Vorhand aus einer anderen Welt zu verdanken war, und auch nicht aus rein sportlichen Motiven heraus ihre Beinarbeit ein ästhetischer Genuss.
Allerdings gilt ähnliches auch für Roger Federer. Zumindest bei mir.
Was fangen wir nun damit an…?
Ich neige dazu, die Existent und Relevanz des Sex für tendenziell etwas Positives zu halten. Mit Schattenseiten, und vor allem Fragen des Geschmacks und klar, auch Anstands.
Ich finde nur, man muss aufpassen, dass man nicht Frauen Methodiken vorwirft, die Männer seit Jahrhunderten strukturell definieren. Dann bist du nämlich als Frau doppelt gestraft, weil du einerseits immer toll ausschauen sollst, aber andererseits aufpassen musst, nicht allzusehr davon zu profitieren, wenn du es tust. Gerade eine Giulia Gwinn schafft es meiner Ansicht nach ganz gut, mit diesem Komplex umzugehen. (Und klar, es gibt schlimmere Schicksale, als gut auszusehen. Hat Gwinn übrigens selber mal gesagt, nachdem Alex Popp sie als „unsere Hübscheste“ bezeichnete.)
Jedenfalls denke ich, das Thema geht (leider) weit über Unterwürfigkeit oder Objektivierung hinaus. Es geht generell doch auch darum, wie sehr wir alle, Männer wie Frauen und alles dazwischen und drumrum, auf Äußerlichkeiten und Oberflächlichkeiten reagieren, statt im Wort- wie übertragenen Sinne tiefer zu blicken.
Ungelogen gibt es auch einen female gaze. Ich habe mich ehrlicherweise schwer im Verdacht auch deshalb gerne mal Rugby zu schauen, weil da durchweg eine Körperlichkeit geboten wird, die auf vielen Ebenen beeindruckt. Weniger sexuell, mehr als physisches Phänomen und ich diese körperliche Verausgabung und Leidenschaft für den Sport bei den werkelnden Herren äußerst spannend und attraktiv finde.
Nummer 1 bei Wettkampfübertragungen natürlich der Schwimmsport. Ich schwimme selbst und interessiere mich für den technischen Aspekt, aber zu allererst eindeutig für die tollen Schwimmkörper… seufz, so ehrlich muss @Women7 nun mal sein an dieser Stelle.
Von daher, es ist Männern nicht vorzuwerfen, dass sie Optik über alles stellen und zumindest unterbewusst tue ich es ja unweigerlich auch. Bei Herrn Modric konnte ich mir noch nie einen bissigen Kommentar verkneifen , aber auch CR7 bekommt sein Fett weg. Dieses glattrasierte und gezupfte ist so ziemlich der erbärmlichste Versuch Athletik mit Männlichkeit zu verknüpfen.
Dein Kommentar, @cheffe zu euren innerehelichen Flapsigkeiten, was deine Attraktivität angeht, veranlasst mich jedoch noch einmal kurz den Schlenker über den Unterschied zwischen weiblicher und männlicher Sexualisierung (mit-) zu nehmen. Durch unsere Sozialisierung und das gesellschaftliche Wunschideal eines Mädchens/einer Frau als schön, hübsch, süß, devot etc. ist es (aus meiner Erfahrung) für Frauen um so vieles schmerzhafter diesem Ideal nicht zu entsprechen und dies durch den männlichen Blick/die männliche Bewertung immer wieder vor Augen geführt zu bekommen. Was macht Frau, die nicht mit einer natürlichen Schönheit gesegnet ist wie Tuva Hansen ? Sie leidet und im Falle mangelnder Genialität wird sie vielleicht auch nicht Philosophieprofessorin, sondern greift eher zu „the ugly Stepsister“ Maßnahmen. Und wird dann von aller Welt für wahnsinnig gehalten.
Und natürlich ist es so, dass deine Frau die Schöne ist und du das Biest (), andersrum eher selten, oder?
Andrerseits ist das genau der markante Unterschied zwischen den Geschlechtern. Eine Frau kann mit ihrer Hässlichkeit/Unattraktivität nicht Kokettieren wie ein Mann, gerade weil Männern eindeutig Aussehen vor Intelligenz geht (Sozialisation) und ich mir kaum einen schmerzhafteren Kommentar als Teenager und junge Frau vorstellen kann, als dass Frau zwar unattraktiv und häßlich , dafür aber richtig intelligent sei. Danke für die Blumen !
Aber vielleicht geht es da nur mir so und eine Barbara Streisand wuchs da völlig anders auf und rein in ihre Rolle des (doch, ja) Schwarms.
Ich habe im Musikthread zu Debbie Harry geschrieben, dass ich die damals „heiß“ fand. Jetzt kann man darüber reden, ob das die richtige Ausdrucksweise ist. Würde ich heute als 55-jähriger nicht mehr so sagen. Damals aber war ich Teenager und empfand das so. Nichts anderes wollte ich damit sagen.
Es ist gut und richtig, dass hier immer wieder darauf aufmerksam gemacht wird, wie man mit Sprache und Verhalten umgehen sollte, „um Frauen und anderen Minderheiten“ (Zitat Bernd Stromberg) den notwendigen und verdienten Respekt zu zollen (Muss ich die Ironie kennzeichnen?).
Es gibt ein Bild von einem Schild in irgendeiner U-Bahn, indem Mütter angehalten werden, ihre Töchter vor bestimmten Situationen zu warnen. Das Bild ist von einem Graffiti durchgestrichen und daneben steht: Mütter erzieht Eure Söhne! Will sagen: das Verhalten der Männer muss sich ändern, nicht das der Frauen.
Ganz allgemein bin der Meinung, dass manchmal über das Ziel hinaus geschossen wird. In bester Absicht meist, um dem ganzen Einhalt zu gebieten. Ich befürchte nur, dass man damit es nicht schafft, die Akzeptanz zu gewinnen, das eigene Verhalten zu hinterfragen. Leute wie @Gratschifter oder @cheffe, die reflektieren sich selbst, fast automatisch. Ich behaupte von mir, dass ich dies auch tue. Aber den Bauarbeiter von der Straße, gewinnt man den damit auch?
Den ersten beiden Punkten würde ich zustimmen, bei den anderen habe ich Zweifel. Sicher mögen das immer noch viele. Aber ist heutzutage nicht oft auch eine selbstbewusste Partnerin auf Augenhöhe gesucht?
Es gibt den Spruch: Aussehen zieht an, Charakter hält. Ich würde sagen, der gilt noch. Wenn ich eine attraktive Frau sehe, registriere ich das. Das ist alles, was ich von Ihr weiß, in diesem Moment. Reduziere ich sie darauf? Ich hoffe nicht.
Schlechtes Beispiel, @Faenger - ich bin Bauarbeiter. Undzwar kein Alibi-Bauarbeiter mit Tischler-Lehre, um hinterher Architektur zu studieren. Ich war seit 1992 aufm Bau, bis ich vor zwei Jahren krankheitsbedingt damit aufhören mußte.
Aber das ist gar nicht wichtig. Unser Thema hingegen finde ich sehr wichtig. Und ich bin beeindruckt, wie offen und ehrlich unsere Gespräche bisher laufen. Vor allem aber beeindruckt mich eines:
Dein Mut @Women7, Dich in einem völlig männerdominierten Umfeld zu diesem Thema zu Wort zu melden. Ich finde das bewundernswert - und habe mir die Frage gestellt, wieviele von uns Männern sich das bei umgekehrten Verhältnissen (ich allein in einem Forum von Frauen) trauen würden.
Ich wills mal so sagen: Ich war gestern schon beim geringsten Verdacht, selber Sexist zu sein…
… mehr als nur geneigt, beleidigt den Schwanz einzuziehen (kein Wortspiel) und fürderhand gepflegt zu schweigen.
Auch wenn der Post, den Du aus dem Gedächtnis zitierst @Women7, …
… nicht von mir war, sondern die Reaktion auf meine vorherige Aussage (auch aus dem Gedächtnis, ich hab ihn schließlich gelöscht: „An Tuva Hansen hingegen sieht selbst das neue Bayern-Trikot klasse aus. Eine Frau wie Tuva kann nix entstellen.“ So oder so ähnlich - Korrigiert mich, wenn ich das falsch erinnere.)
Entscheidend war, daß die Rückmeldung von @Olympiastadion kam, dies sei Objektifizierung - woraufhin ich den Post und die Posts, die dazu führten, gelöscht habe mit der Erklärung:
Offenheit und Ehrlichkeit - das fand ich an den Vorposts meiner Geschlechtsgenossen überwiegend beeindruckend.
Das ist mbMn auch der Schlüssel zu einem „besseren“ Umgang zwischen Mann und Frau.
Der ehrliche Blick in den Spiegel ist bisweilen nicht so angenehm.
Da hab ich mich gefreut, daß selbst @Women7 einräumt, nicht frei vom ersten optischen Reiz zu sein.
Ich glaube, das gilt geschlechtsübergreifend: Zuerst ißt das Auge. In unserer Philosophendebatte vor einigen Wochen im Polit-Thread herrschte Einigkeit über Sartre und Adorno, ebenso wie über Precht, Lanz und Lévy.
Ich vermute, das ist normale Biologie - optischen Reizen zu folgen, um Fortpflanzungsmöglichkeiten abzuchecken. Soweit, so Schimpanse.
Was darauf folgt, ist entscheidend. Und das ist der Bereich von Prägung, Erziehung, Role Models und gesellschaftlichem Umfeld und vielem mehr.
Aber auch der Bereich des freien Willens. Und da bin ich inzwischen nicht mehr zu so viel Toleranz bereit - zumindest in meinem angestammten Kulturbereich: westliches, weiß-männlich-dominiertes Europa.
Ich finde, wir Männer haben die Wahl. Uns weiter auf unser Schimpansen-Erbe berufen, wenn wir uns sexistisch verhalten („Tut mir zwar leider, aber ich kann ja nicht anders“) - oder uns für einen Weg weg vom Grunz-Affen, hin zu einem emanzipierten Umgang mit Frauen entscheiden.
Ich mags nimmer, dabei immer noch all die abgedroschenen Ausreden ertragen zu müssen, die Männer gern anführen, um ihr rückschrittiges Verhalten zu rechtfertigen. Ein europäischer oder auch nordamerikanischer Mann hat die Wahl: Folge ich Andrew Tate? Oder probiere ich einen Weg weg vom Sexismus? Keiner zwingt ihn dazu, im 19. Jahrhundert zu verharren. Aber wir sind da erst am Anfang.
Et is aber (leider) auch nur ein Gespräch mit fünf Teilnehmer:innen - @Lukenwolf1970 hatte nur kurz ein Statement eingeworfen.
Will sagen: Über ein Gespräch in unserer Bubble (@Faenger@cheffe@jep@Women7 und meine Wenigkeit) gehts nicht weit hinaus. Noch nicht. Aber das kann ja noch werden…
PS: Die männlichen Mitglieder dieser Bubble sind eher weniger repräsentativ für patriarchal-sexistisches Denken. Das möchte ich -bei allem berechtigten Untersuchen der sprachlichen Zwischentöne, unterbewußten Restmechanismen und machistischen Überbleibseln- doch auch mal leise anmerken…
Was ernsthafte Beziehungen und Partnerwahl angeht, natürlich. Wobei ich „selbstbewusst“ etwas unglücklich gewählt finde. Das wertet nun wieder unnötig Aussehen ab. Ist es nicht sogar wissenschaftlich bewiesen, dass gutaussehende Menschen es oft leichter im Leben haben, sprich auch mehr Erfolg haben? Dauerhaften, nachhaltigen Erfolg in der Liebe , mein ich jetzt nicht.
Es schadet nicht, dass man noch fräsch aussieht nach Jahrzehnten, merke ich , entscheidend ist letztlich natürlich, wie es sich mit der Augenhöhe und Wellenlänge in Punkto Werte, Humor und Persönlichkeit verhält.
Für Lehmann gibt es ein Publikum, sonst hätte sie ja nicht diese enorme Reichweite. Das schauen sich Männer, aber auch junge Frauen an. Ich persönlich, grusele mich immer etwas, wenn sich Frauen auf eine derartige Weise profilieren und den Markt schwämmen. Aber gut.
Die tolle Caro Matzko veröffentlichte neulich in der SZ einen Kommentar zur zigsten Staffel GNTM und beschreibt ihr Problem als Frau mit dieser Art von Unterhaltung:
„(…) warum ich für „Germany’s Next Topmodel“ nie Gefühle entwickeln konnte, schließlich müsste ich doch irgendwann zwischen 2006 und 2025 Zielgruppe gewesen sein: Schon allein weil ich eine Frau bin und damit qua Geburt Opfer.
Opfer dieser Art von Unterhaltung, Opfer der Beautyindustrie, die damit verdient, dass wir uns allesamt unzulänglich fühlen, und Opfer der aus alledem entstehenden medialen Sehgewohnheiten, die uns mit renitenter Plumpheit diktieren, wie „schöne Frau“ geht: Haare, Hintern, Zähne, Taille, Brüste und Beine. Habe ich auch alles, nur dass die Haare nicht nur da wachsen, wo sie sollten, die Taille mir in letzter Zeit abhandengekommen ist und sämtliche Weichteile der Schwerkraft nicht mehr so richtig trotzen wollen. Manchmal schauen meine Brüste so vorwurfsvoll aus der Unterwäsche, als wenn sie früher als Quirbas malocht hätten. Quirbas sind die Wasserschläuche, die Beduinen einst aus gegerbter Ziegenhaut fertigten.“
Ich erlebe die Mitglieder bei MSR grundsätzlich als sehr differenziert und aufgeschlossen, und auch sie sind wahrscheinlich eher nicht repräsentativ für den durchschnittlichen Fußballfan, glaube ich.
Ich bin jedenfalls mehr als überrascht, wie hier mitunter sehr tiefsinnig und fundiert über teils sehr heikle Themen debattiert wird. Hauptsächlich geht es aber nun mal um den FC Bayern und Fußball, da verstehe ich schon, dass nicht jeder die Muße hat oder sich in der Lage sieht, bei gesellschaftlichen Themen etwas sinnvolles beizutragen.
Manchmal fehlt mir ein weiblicher Mitdiskutant an der Seite. Ich scheine hier wirklich die Quotenfrau zu sein.
Ich fürchte, daß Du damit recht hast .
Und würde mir mehr Frauen im Forum wirklich wünschen.
Aber wenn MSR sich mit einer einzigen Quotenfrau begnügen muß - eine bessere als Dich könnte MSR wohl kaum finden. Nicht auch noch abwandern, bitte!!
Nein. Das hier ist absolut nicht repräsentativ - im Gegentum!
Und „grundsätzlich aufgeschlossen und sehr differenziert“ - Naja - Ausnahmen bestätigen die Regel…
Nur als Randbemerkung: ich habe mich in die Diskussion bisher nicht weitergehend eingebracht, weil ich das Gefühl hatte, dass sehr vieles schon genannt wurde (von dir, @gratschifter, von @faenger, von @women7, von @cheffe und @jep). Das waren alles jeweils sehr gute Argumente zu einem sicher nicht leichten Thema.
Natürlich unterliegen wir alle (ob Mann, Frau, divers) optischen Reizen. Das ist unterbewusst und lässt sich gar nicht steuern (wer dabei was als jeweils optischen Reiz empfindet, kann durchaus subjektiv stark unterschiedlich sein, @cheffe hat ja das Ronaldobeispiel gebracht).
Du selbst, @gratschifter, hast in einem anderen Thread das sehr gut formuliert, was ich auch denke:
Was überhaupt nicht bedeuten soll, dass man jetzt als völlig von Reizen und Emotionen abgekoppelte Maschine durch die Welt laufen sollte, ganz im Gegenteil - das sind wir Menschen einfach nicht. Aber zumindest eine gewisse Reflexion über - ich nenne es mal so - unsere Urinstinkte und die Rolle, die sie unterbewusst spielen, ist schon wichtig, denke ich. Hagen Rether hat zu einem anderen Thema es im Zusammenhang mit dem Neocortex einmal so formuliert: „Aber dann musst du doch sofort denken: ach ne, ich bin ja gar kein Pavian.“… (was ich wirklich keinem der Diskussionpartner bisher auch nur ansatzweise unterstellen würde, wohlbemerkt!)
Perfektes Beispiel für das, was ich mit meinem Schimpansen Exkurs erklären wollte:
Ja - zuerst reagiere ich auf den optischen Reiz.
Aber dann habe ich die Wahl!
(Ich kanns nur bei weitem nich so wunderbar aufn Punkt bringen wie Hagen Rether.)
Meine Selbstbeobachtung über die Jahre ist übrigens: Inzwischen reagiere ich mit einer gewissen automatischen Skepsis auf meine Pavian-Instinkte. Soll heißen: Es läßt sich trainieren, mit dem Erst-Reflex des Male Gaze sofortiges Reflektieren zu verknüpfen.
Und dann, wenn ichs merke und mir eingestehe, kann ich schmunuzeln. Und erleichtert weiterleben.
Gute Diskussion, Chapeau in die Runde! An einer Stelle (die ich gerade nicht wiederfinde) heißt es sinngemäß: weg vom Verhältnis Mann-Frau zu demjenigen von Mensch zu Mensch sollte die Richtung sein. Wie auf allen richtigen Wegen kann man auch auf diesem einen Schritt zu weit gehen.
Als eine gute Freundin meiner Frau ihre Partnerin heiratete, merkten die beiden an, sie betrachteten sich nicht (und wollten so auch nicht gesehen werden) als lesbisches Paar, sondern als einander liebende Menschen. Zu Hause rekapitulierten wir noch einmal das Geschehen und insbesondere dieses Statement. Abschließend verkündete ich meiner Frau, die sich daran etwas rieb, dem Vorbild folgend: „Ab heute bin ich dein Mensch.“ Da haute sie mich.
Auf die Gefahr hin, eine längst abgeschlossene Diskussion noch einmal neu zu eröffnen: Ich habe mir gerade erstmals den Ausgangspunkt dieses Threads, den Kicker-Artikel über Alisha Lehmann, durchgelesen. Was genau ist jetzt nochmal das Problem an diesem Artikel? Er beleuchtet doch relativ sachlich ein tatsächliches Problem: Der Frauenfußball benötigt mehr öffentliche Aufmerksamkeit, und Alisha Lehmann, Schweizer Nationalspielerin und mögliche Teilnehmerin an der Frauenfußball-EM, brächte, wenn sie an der EM teilnähme, diese Aufmerksamkeit im Überfluss mit. Laut dem Artikel hat sie 12 Millionen Follower auf TikTok und 16,7 Millionen Follower auf Instagram – fast so viele wie Serena Williams und mehr als Roger Federer, Yann Sommer und Granit Xhaka zusammen. Wenn Lehmann spielt und ihre Stories produziert, dann gibt es eine gute Chance auf deutlich mehr eyeballs für das Turnier als ohne sie, und möglicherweise verwandelt sich einige dieser Aufmerksamkeit in langfristiges Interesse am Frauenfußball schlechthin.
Vor diesem Hintergrund ist es doch eine völlig nachvollziehbare und berechtigte Frage, ob es seitens der Schweizer Nationalmannschaft klug ist, auf Lehmanns Nominierung zu verzichten, zumal sie sportlich nicht meilenweit vom Niveau der Nationalmannschaft entfernt ist und die Nominierung damit auch keinen Verrat sportlicher Prinzipien bedeuten würde.
Wo liege ich falsch?
(P. S. Ich habe wahrgenommen, dass sich ein Teil der Aufregung über diesen Artikel aus den User-Kommentaren darunter speiste, aber ich finde es unzulässig, den Kicker für die Kommentare seiner User zu kritisieren, auf die er allerhöchstens einen sehr indirekten und marginalen Einfluss hat.)
Nichts desto trotz war das der Hauptgrund, darüber nachzudenken, auf welcher Welle der Kicker reitet.
Dein Standpunkt ist nachvollziehbar, wurde hier ja auch vertreten (allet nich so schlimm, Kicker kann nix für die Trolle in seinem Kielwasser).
Ich hab ne andere Meinung vertreten. Wie Du gelesen hast. Sex sells. Im Zusammenhang mit Frauenfußball mag ich diese Welle nicht.
Aufgehängt habe ich es am Instagram-Post des Kicker, der seinen Artikel überschrieb und bewarb mit:
„Social-Media-Königin, aber sportlich eine Randfigur
Reicht es für die EM? Ein Phänomen namens Alisha Lehmann“
In der Folge habe ich ausgeführt, daß der Artikel sich kaum mit der Fußballerin, hingegen umso mehr mit der Social-Media-Alisha beschäftigt. Ganz wie der Titel auch suggeriert: Sportlich reichts wohl nicht für EM-Niveau, ohne daß jedoch über mehr als zwei drei Sätze zu begründen. Das ist für mich BUNTE oder GALA-Niveau.
Meine These war (und ist) simpel:
Deine Frage…
… ist einfach zu beantworten. Du setzt komplett andere Maßstäbe und Anforderungen aufgrund anderer Ausgangsmaximen.
Der Frauenfußball braucht (verdient) mehr Aufmerksamkeit.
Alles, was dazu beiträgt, ist prinzipiell zu begrüßen.
Insofern ist Alisha Lehmann ein wichtiges Aushängeschild für den Frauenfußball, eine Botschafterin, eine Symbolfigur.
Ich widerspreche, weil es nicht um Lehmann als Fußballerin, sondern um Lehmann als Sex-Symbol geht. Dieses Narrativ bedient der Kicker geschickt.
Alle Frauen (v.a. Spielerinnen), die ich in dem Kontext in Interviews gehört habe, betonen, daß sie es ablehnen, wenn der Frauenfußball aufgrund des Aussehens seiner Protagonistinnen oder anderer nicht-sportlicher Faktoren wahrgenommen wird.
Ich plädiere dafür, alle nicht-sportlichen Faktoren aus der Debatte über Frauenfußball rauszulassen. Oder wünsche mir, daß Du mehr postest über Ronaldos Augenbrauen, Acerbis Six-Pack und Messis schlechten Friseur.
Ich sags mal deutlicher: Es wird Zeit, daß der Kicker mehr Frauen beschäftigt. Und sich mehr mit Frauen-Fußball beschäftigt. Oder endlich zugibt, daß er davon kaum was versteht.
Wenn die Frauen-EM vorbei ist, dann rutscht der Frauenfußball in der Hierarchie der 19 Kicker-Themen wieder auf Rang
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Richtig beobachtet. Der FrauenFußball bekommt bei den Experten des Kicker ein Neunzehntel der Aufmerksamkeit auf dem drittletzten Platz.
Soviel zum Thema Fachkompetenz des Kicker.
PS: Für mich sagt der sexistische Anteil der Kommentare (85%) sehr wohl etwas über das Publikum aus, das der Kicker bedient.
Wenn Regionalliga und Amateure weit vor CL laufen legt das doch aber sehr deutlich nahe, dass es eben kein Ranking ist sondern eine Kategorisierung nach Themen…
Was natürlich nicht heißen soll, dass der Rang der Frauen nicht zu niedrig ist, aber weder ein Ranking noch je 1/19 der Aufmerksamkeit lassen sich daraus halt so wirklich schließen - ich fürchte letzteres könnte vielleicht sogar noch zu optimistisch sein bisher!
Natürlich sagt es absolut nix Gutes aus - aber ich würde diese paar hundert Kommentare genauso wenig als repräsentativ für die Leserschaft des Artikels beim Kicker sehen als es die extrem vorbildliche Diskussion der 5 „Musterdiskutanten“ beim Thema Sexismus letztens für die gesamte Leserschaft auf MSR sein wird. Auch wenn ich da anders als beim Kicker natürlich eher aufs Gegenteil hoffen würde…