Der KICKER und Alisha Lehmann - eine Medienkritik (aber nicht nur)

Zuerst war dies ein Post, von welchem ich nicht so recht wusste, in welchen Thread er gehören könnte:

  • Frauen-Fußball in den Zeiten von Social Media
  • Objektifizierung von Frauen im Sport
  • oder: Wie der Kicker mit einem komplett (bei der NZZ) abgeschriebenen Artikel Klicks generiert und dabei von der Misogynie im Asocial Media Bereich profitiert

Das Thema ist relativ einfach umrissen: Alisha Lehmann ist zugleich Fußballerin der Schweizer Nati und eine der erfolgreichsten Social Media Influenzerinnen im Sport - „mit 17 Mio. Follower:innen erreichen ihre Posts mehr Menschen als die Schweizer Männer Roger Federer, Yann Sommer und Granit Xhaka zusammen“ (Zitat NZZ).
Nun ist unklar, ob Pia Sunthage sie in den EM-Kader beruft - ihre Leistungen waren zuletzt gemischt.

Die NZZ hat Ende Mai (vor knapp 3 Wochen) aus der Frage einen Artikel gestrickt, der zumindest in meinen Augen mit einigen bedenkenswerten Hintergrund-Aspekten aufwartet und das Thema im Text relativ unparteiisch beleuchtet.
Aber der Aufmacher (den der Kicker heute covert) ist meiner Meinung nach kritisch:
Kann sich die Schweiz, kann sich der Frauenfußball eine Nicht-Nominierung Lehmanns leisten? Oder muss Lehmann einen Kaderplatz bekommen, weil sie Social Media- berühmt ist?

Die beiden Autorinnen der NZZ kommen (entgegen der eher reißerischen Überschrift ihrer Zeitung) zu dem unspektakulären Fazit:

Blockzitat NZZ
Kann man denn Alisha Lehmann wirklich zu Hause lassen? Muss man ihre enorme Reichweite an der Heim-EM nicht nutzen, auch wenn sich andere Stürmerinnen mehr aufdrängen? Wer die Geschichte des Frauenfussballs kennt, weiss, dass dieser permanent um Anerkennung kämpft. Darum, für die Leistung auf dem Rasen ernst genommen zu werden. Vor diesem Hintergrund kann der Entscheid des Verbandes kein anderer als ein rein sportlicher sein.

Damit könnte die Geschichte zuende sein. Allerdings erweist schon die Fragestellung dem Frauenfußball einen Bärendienst. So sehr kämpfen die Spielerinnen darum, als Sportlerinnen und nicht als optische Projektionsflächen ernstgenommen zu werden. Wenn eine Frau darüber hinaus neben dem Fußball geschäftlich erfolgreich ist, hat das mit ihrem Sport nichts zu tun.
Noch vor wenigen Jahren konnten Fußballerinnen wie Gwinn oder Lehmann von ihrem Fußball-Gehalt nicht vollständig leben. Berufliche Einkommensquellen außerhalb und nach dem Fußball-Leben sind für Frauen (mangels Equal Pay) noch immer wesentlich wichtiger als für ihre männlichen Star-Kollegen. Und der NZZ-Artikel formuliert zurecht die Frage:

Blockzitat NZZ
Am Ende geht es nicht zuletzt darum bei Lehmann: dass ihre Aktivitäten in den Augen ihrer Kritiker als nicht besonders schlau gelten. So, als gäbe es eine anständige Art, Geld zu verdienen, und eine schlechte. Diese unterschiedliche Beurteilung sieht auch Wälti (Kapitänin Schweizer N11, Anm. von @Gratschifter) als Problem, wie sie kürzlich in der SRF-Sendung «Gredig direkt» sagte: «Bei mir sagt niemand etwas, weil ich neben dem Fussball Dinge tue, die vielleicht mehr angesehen sind.» (Hervorhebung von @Gratschifter)

Ich wüsste nicht, dass Ronaldos Werbeeinnahmen aus seinen über 65 Millionen Social Media Followern ihm jemals zum Vorwurf gemacht worden wären - im Gegenteil: CR7 gilt als cleverer Geschäftsmann, der aus seinem sportlichen Erfolg halt auch zusätzlichen finanziellen Gewinn zieht. Bei Alisha Lehmann ist der geschäftliche Erfolg im Social Media Bereich anstößig oder zumindest fragwürdig. CR7 ist hingegen ein gewiefter und erfolgreicher GeschäftsMann.

Aber die Geschichte ist hier noch nicht zuende.
Heute sattelt der KICKER sein Pferd und springt journalistisch auf den Zug auf, den andere aufs Gleis gesetzt haben.
Der KICKER hingegen belässt es beim Abschreiben der populärsten Passagen des NZZ-Artikels, fügt Aussagen einer Medienwissenschaftlerin (die ehemalige Kicker-Redakteurin ist) sowie eine Prise aus Giulia Gwinns Buch hinzu.

Zweimal umrühren - und fertig ist der KICKER-Aufmacher, der auf Instagram groß vermarktet wird
https://www.instagram.com/p/DLAg_lttbaY/?img_index=6&igsh=eWRrMHc1cDRiMms2
Mit Alisha Lehmann selbst gesprochen haben weder NZZ noch KICKER.

Jetzt könnte man argumentieren, dass Lehmann eine Person von öffentlichem Interesse ist - sich selbst bewusst im Rampenlicht inszeniert, und sich daher nicht beschweren darf, wenn sie anders bewertet (und also auch journalistisch ausgeschlachtet) wird als etwa ihre Nati-Kolleginnen Wälti oder Peng.

Ich habe mir die Mühe gemacht, die Kommentare auszuwerten, die der KICKER-Post bis gestern Abend auf Instagram nach sich gezogen hat.
Wenn man sich das genauer anschaut, versteht man(n) vielleicht besser, was ich an dem KICKER-Artikel (außer dem Plagiats-Journalismus) bedenklich finde:

242 Kommentare zum Kicker-Post waren es bis zum Abend.
Ich hab alle gelesen und nach Kategorien sortiert - dass ich nur auf 192 ausgewertete Kommentare komme, kann ich nicht erklären. Aber auch die 192, die ich gefunden habe, stellen einen aussagekräftigen Querschnitt über die Wirkung des KICKER-Posts dar.

  • Insgesamt sind 163 Kommentare Beleidigungen von Alisha Lehmann der einen oder anderen Art - das sind rund 85 Prozent.

  • Lediglich 19 beleidigen Lehmann nicht - das sind 10%.

  • 10 Kommentare sind allgemeines oder inhaltsloses BlaBla ohne Bezug zum Thema oder irgendwas - und die fehlenden 5%.

  • Lediglich 13 Kommentare (von den 19 nicht frauenfeindlichen Posts) gehen inhaltlich halbwegs auf die Frage des Artikels ein „Kann die Schweiz, der Frauenfußball es sich leisten, Lehmann nicht zu nominieren?“ - das sind 7%.

Im einzelnen:

  • 15 Kommentare, die Alisha Lehmann optisch abwerten und beleidigen
    => „Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, aber meins ist sie nicht“ ist der harmloseste.

  • 62 Kommentare, die Alisha Lehmann aufgrund ihrer Schminke beleidigen
    => „hinter den 10kg Schminke muss doch irgendwo eine Frau stecken“ - auch das habe ich wesentlich schlimmer gelesen.

  • 12 Kommentare, die auf ihre sexuelle Benutzbarkeit abzielen
    => Hier verbieten sich Zitate!

  • 6 Kommentare, die gegen Frauenversteher pöbeln
    => „kriech noch tiefer, Du Lurch :joy::joy::man_facepalming:

  • 42 Kommentare, die Alisha Lehmann s sportliche Leistung WEGEN ihres Aussehens und ihrer Popularität in Frage stellen
    => „Plastik und Bekanntheitsgrad schießt keine Tore“ - noch die nette Variante

  • 11 Kommentare, die Alisha Lehmann in die Pornoindustrie wünschen
    => „Als Alternative sollte sie OF machen - Hätte sie mehr davon“ - und viel schlimmer!

  • 15 Kommentare, die Alisha Lehmann allgemein und ohne Begründung beleidigen

  • 6 allgemein frauenfeindliche Kommentare gegen Frauen im Sport/Fußball

  • 10 mal schlichtes BlaBla und Gepöbel ohne jeden Bezug zum Thema

Dagegen stehen 19 nicht misogyne Kommentare, die sich wie folgt verteilen:

  • 3 Kommentare, die dem Sexismus der Kommentare widersprechen (und von denen ist einer auch noch von mir - meine Empörung war übrigens der Ausgangspunkt für diesen Artikel und meine Recherche)

  • 1 Kommentar verteidigt Alisha Lehmanns Social Media Erfolg

  • 1 Kommentar kritisiert den Instagram-Hype um Lehmann, ohne sie persönlich zu beleidigen

  • 3 Kommentare kritisieren den KICKER für seine oberflächliche Berichterstattung und stellen die Frage, weshalb Frauen aufgrund ihres Aussehens sportlich hinterfragt werden, Männer hingegen nicht.
    => „finde euren Artikel ziemlich geschmacklos. Im Herrenfussball spielt das sich auch keine Rolle. Warum dann plötzlich bei den Damen drauf pochen? Oder wann kommt der Post zu irgendwelchen Oberkörperfreien Männern?
    Darauf reagiert der KICKER:
    Uns fällt jetzt kein männlicher Spieler ein, bei dem die Diskussion bei einer EM ähnlich geführt wurde.

  • 7 Kommentare plädieren für eine Aufstellung nach Leistung und nicht nach Bekanntheit (ohne zu beleidigen)

  • 2 Kommentare plädieren für eine Nati-Berufung Lehmanns aufgrund ihrer Popularität - das ist ein einziges Prozent, das auf die Frage des KICKER-Posts eingeht.

  • 2 Kommentare fordern eine Nati-Berufung Lehmanns ohne Bezug zu ihrer Popularität - auch das nur ein einziges Prozent, das auf die Frage des KICKER-Posts eingeht.
    Lediglich 5% der Kommentare beziehen sich inhaltlich auf die (vermeintliche) Frage von KICKER und NZZ.

85 Prozent frauenfeindliche, misogyne Kommentare, von denen darüberhinaus nur ein Bruchteil etwas mit Sport zu tun hat - das ist der Rasen, den der KICKER bespielt. Das Medium sei nicht verantwortlich für das Mindset seiner Rezipient:innen? Das sehe ich grundlegend anders!
Sex sells“ ist BILD-Politik, im Frauenfußball lassen sich sogar „Sex’n Sport sells“ verbinden. Trolling generiert Klicks - und ein reißerischer Aufmacher tut sein Übriges. Frauenfeindlichkeit ist Business - auch im Sportjournalismus.

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Man könnte auch auf die Idee kommen, dass Alisha Lehmann sich diese Social-Media Präsenz nicht nur aus einem geschäftlich-finanziellen Interesse aufgebaut hat, sondern weil es ihr einfach Spaß macht. Es wäre natürlich schön, wenn Profifußballerinnen nicht nebenher noch auf einen Job angewiesen sein müssten, aber wenn sie etwas außerhalb des Fußballs interessiert und sie das verfolgen wollen, dann sollte man sie dahingehend auch unterstützen. Im Männerfußball gibt es immer viel Applaus, wenn ein Spieler neben der Profikarriere zum Beispiel noch studiert, bei den Frauen wird das leider nicht so gehandhabt.

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Ich finde es wieder super, dass man aus nem sportlichen Thema wieder ein nicht sportliches macht.
Hat Lehmann die Nominierung sportlich verdient?
Ja/Nein
Ende der Geschichte.

Und dazu, dass sie für ihren Nebenjob kritisiert wird, weiß ich nicht, was ich sagen soll.
Solange sie einfach Social Media macht, ist doch in Ordnung.
Sie macht ja kein OF oder Ähnliches.
Daher sehe ich kein Grund sie zu dafür zu kritisieren, auch wenn ihr Content nicht meinen Geschmack trifft.

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Wäre das ein Problem? Wenn ja, wieso?

Weil ich das bewerben von OF und ich meine hier Pornografische/sexuelle Inhalte nicht für Vorbildlich halte.
OF Content der einfach wie bezahlbares Insta ist, meine ich nicht damit.
Ich finde allerdings auch, dass für Drogen und Glücksspiel keine Werbung gemacht werden sollte und Influencer und das wäre sie in dem Fall eine besondere Verantwortung gegenüber vor allem minderjährigen Publikum haben.
Daher gäbe es in meinen Augen dann valide Punkte zum kritisieren.

Aber das ist nicht der Fall daher passt es

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Volle Zustimmung, außer beim Thema OF.
Wenn sie das machen würde und machen wollte, bitte. Why not?

Habe mich direkt über dir bereits erklärt, warum ich es für Kritikwuerdig halte.

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Alisha Lehmann ist ja auch für viele minderjährige Spielerinnen und Fans ein Vorbild. Dazu würde OF nicht passen. Außerdem muss man bei OF immer sagen, dass das in den meisten Fällen nur erfolgreich wird, wenn man vorher schon eine gewisse Reichweite hatte und diese dann quasi rüberziehen kann. So kann man dann mehr oder weniger selbstbestimmt auf dieser Plattform agieren. Ansonsten ist man fremdbestimmt durch die zahlungswiligen Kunden und ihren Wünschen (wenn es sie gibt) und muss im Falle von Geldsorgen oft weiter gehen, als man es sich eigentlich vorgenommen hat.

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Stimme zu, dir meisten großen Accounts sind entweder Stars oder haben sich früh über anderes Social Media Reichweite aufgebaut und sie dann eben rübergeleitet.

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Wow, da hast du dir ja eine Menge Arbeit gemacht.
Dadurch inspiriert habe ich mich da auch mal kurz informiert. Und gestaunt welche Wellen das mittlerweile schlägt. Da ist ja nicht nur NZZ und Kicker.
Man könnte meinen sämtliche Medien in Deutschland sind drauf angesprungen.
Da scheint Lehmann tatsächlich ein Medienphänomen zu sein. Die Nominierung/Nichtnominierung einer Schweizer Ersatzspielerin wird großes Thema in Deutschland? Wer hätte das vermutet?

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Alisha Lehmann ist halt berühmt. Natürlich springen da alle Medien an.
Ihren Fame hat sie zu 99% durch ihr Social Media-Spiel, kaum durch ihren Fußball.
Die Kommentare sind natürlich (wie immer) gruselig.
Aber wirklich schlimm finde ich weder den Artikel noch das Posting.

Der Kicker hätte sich nicht beteiligen müssen, da stimme ich zu.

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Solche Artikel generieren Klicks und es geht mittlerweile fast nur noch darum. Der kicker verabschiedet sich mMn immer weiter vom seriösen Sportjournalismus.

Kaum jemand klickt einen Artikel an, in dem berichtet wird, dass Alicia Lehmann nicht für die Nationalelf nominiert wurde. Wenn man dabei jedoch zusätzlich noch über ihr „Nebengewerbe“ berichtet, wird das Ganze gleich viel lukrativer.

Zum Thema OF:

Es ist krass, wie sehr da mittlerweile auf IG und Konsorten Werbung dafür gemacht wird. Gibt da ein ganz gutes Video von Klengan dazu:

Von mir aus darf jeder gerne bei OF Geld verdienen, is mir egal. Problematisch finde ich, wenn man bei IG, was sich jeder installieren kann, Werbung für die Sachen macht. Natürlich ziehen solche Clips wie in Klengans Video das Interesse von Heranwachsenden auf sich.

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Danke für deine Analyse, auch wenn sie leider nicht sonderlich überrascht. Vor allem deinem letzten Absatz möchte ich zustimmen. Der Kicker teilt diesen Artikel ja ganz bewusst in den Sozialen Medien in der Erwartung, dass er mehr Reaktionen hervorruft, als die mehr oder weniger zeitgleich erschienenen Meldungen „Ivelj zu Frankfurt“, „Weiß nach Bremen“ oder „Norheim nach Leipzig“, obwohl im letzen Beispiel sogar schon krampfhaft eine Haaland-Verbindung aufgestellt wird (kommen aus dem gleichen Ort und haben als Kinder im gleichen Team gespielt). Alle diese Meldungen sind für ein deutsches Sportmedium mit Hauptfokus auf Fußball relevanter.

Ehrlicherweise muss ich aber auch sagen, dass ich es etwas befremdlich finde, wie schnell sich hier im Thread die Diskussion Richtung OF entwickelt. Nirgendwo ist davon die Rede, dass Lehmann dahingehend Intentionen hat und trotzdem geht es hier hauptsächlich darum, ob das grundsätzlich zu akzeptieren wäre. Zugegeben, ich bin noch nicht so lange hier im Forum, aber ich habe hier noch keine Diskussion erlebt, ob z.B. ein Davies (der ja auch auf sozialen Medien unterwegs ist und u.a. auch öfter auf twitch streamt) jetzt während seiner Verletzung seine Reichweite als Pornodarsteller nutzen könnte oder dürfte.

Ich möchte damit auch niemanden persönlich angreifen. Es zeigt einfach, wie verfestigt bestimmte Vorurteile und Assoziationen bei uns allen sind.

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Erstmal, wow @Gratschifter - überragende Arbeit und sicherlich ein irrer Aufwand, den du da reingesteckt hast.

Naja, sie verkauft ihre Kalender mit exklusiven, leicht bekleideten Fotos und hat ihr eigenes OF aufgebaut.

Dass die Nominierung eine rein sportliche Entscheidung sein sollte, ist eine sehr romantische Vorstellung. Sollte es, natürlich. Aber ist es natürlich nicht. Und daher finde ich den kicker-Post auch nicht so dramatisch. Natürlich hat eine solche Persönlichkeit eine Sonderstellung. Schaut euch mal CR7 an. Die haben jetzt zwar die Nations League gewonnen und er hat nicht ganz unwichtige Tore gemacht, aber hätte es ihn sportlich gebraucht? Für mich ein klares Nein. Aber er wird dennoch - so lange er will - immer weiter nominiert werden und in der Startelf stehen. Die FIFA hat alles versucht CR7 doch noch irgendwie zur Club-WM zu bekommen.

Du brauchst logischerweise Gesichter und eine Alisha Lehmann wird aus Schweizer Sicht mehr Impact haben als eine mögliche andere Nominierung, die dann zwei Mal eingewechselt wird. Daher verstehe ich die Fragestellung auch. Ist halt Business.

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Ich bin darauf gekommen, weil in sozialen Medien ihr häufig vorgeworfen wurde, sich zu sexualisieren und dass sie doch OF machen soll.
Daher mein kurzer einschub am Ende, dass das was anderes wäre.
Mein Grundtenor war ja, dass ich nicht verstehe, warum man über ihren sportlichen Einfluss hinaus diskutiert.
Und daraus hat sich leider eine größere Diskussion entwickelt

Aber ich verstehe warum du das kritisch siehst und stimme dir zu.
Hätte die Assoziation aus den sozialen Medien hier nicht selbst übernehmen sollen.

Daher nehme ich die Siskussion auf meine Kappe.
Danke für den Hinweis.

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Ebenso muss ich sie vielleicht sogar mit auf meine Kappe nehmen - schließlich habe ich den KICKER-Post differenziert und mit (den am wenigsten erschreckenden) Beispielen explizit auf die sexualisierte Rezeption hin untersucht. Frage mich inzwischen etwas unsicher, ob man dergleichen nicht besser totschweigt. Komme aber immer wieder zum entgegengesetzten Schluss.

Dass hier viel mehr Diskussionsanteil auf die Frage verwendet wird, ob eine Tätigkeit als Pornodarstellerin für Lehmann verwerflich oder nicht wäre, zeigt mMn, wie weit es dem KICKER (und leider auch der NZZ) gelungen ist, Alisha Lehmann zum Gegenstand, zum Objekt, zur Projektionsfläche von Fantasien abseits des Sports und der ursprünglichen Frage zu machen.
Die ursprüngliche Frage der NZZ lautete lediglich (vorgeblich unschuldig): Braucht der Frauenfußball, braucht die Schweiz die Popularität von Alisha Lehmann, um bei der EM erfolgreich für die Belange des Frauenfußballs zu werben? Hilft dem Frauenfußball die (für manche sportlich strittige) Nominierung Lehmanns weiter?

Meine These war: Nein, die Fragestellung bewirkt das exakte Gegenteil: Alisha Lehmann wird in allen Blickrichtungen durchleuchtet, begafft und in Frage gestellt - auf mehrheitlich ekelerregende Art und Weise.
Ja, ich weiß: Da kommt dann gern das Argument: „Hat sie ja selbst so gewollt - keiner zwingt sie, ihr Leben öffentlich zu teilen. Soll sich nicht beklagen, wenn sie dann objektifiziert wird.“
Dem kann ich nur müde entgegnen, dass dies das Standardargument von Vergewaltigern ist: „Was zieht die sich auch so aufreizend an?“ Anders gesagt: Wenn eine Frau sich nicht zum Gegenstand von sexualisiertem Begafft-Werden machen will, empfehlen wir ihr Sackkleidung, Ungeschminktheit und am besten eine Burka mit Gesichtsschleier. Spannenderweise ist die Entsexualisierung der Frau auch ein Hauptargument der Taliban für Burka und Schleier. Der Mann wird dadurch ebenfalls zum allein triebgesteuerten Wesen reduziert, welches ohne den Schutz der Burka -quasi hilflos- zum Sexismus verdammt würde.
Da reichen sich die Taliban und OF-Männer die Hand: Die muss ja keine Bikini-Fotos posten, die Lehmann.

Nur eines passiert nicht: Kein einziger Kommentator untersucht (wie sonst so eifrig) anhand von Statistiken, Videos, Zahlen und Beispielen, wie gut (oder halt weniger gut) Lehmann Fußball spielt.

Und meine Schlussfolgerung daraus ist:
Wenn eine Frau auf Social Media erfolgreich ist, dann ist das allein schon ein Grund für Missgunst, Neid und die Unterstellung aller möglichen niederen Motive. Außerdem leiten wir aus der Bekanntheit das Recht ab, die Frau zum Objekt zu machen.
Vor allem aber: Schon in der Fragestellung wird implizit verneint, dass Lehmann ihre Karriere als Fußballerin ihren sportlichen Fähigkeiten verdanken darf. Unterschwellig wird bei ihr sofort gedacht: Wenn sie nicht so erfolgreich auf Instagram wäre, wäre sie nie als Sportlerin so weit gekommen.
Da kann sie Fußball spielen, wie sie will - am Ende bleibt sie immer das Sexobjekt.

Das wollte ich mit meinem Artikel zeigen: Der Kicker spielt auf der Klaviatur der Objektivierung von Frauen und bedient geschickt das Narrativ „Frau auf Social Media erfolgreich und gleichzeitig eine brauchbare Fußballerin auf internationalem Niveau - kann nicht sein“. Deswegen finde ich den Artikel (und das dahinter stehende Mindset) absolut nicht harmlos. Er ist das absolute Gegenteil. Lediglich eines ist er nicht - ein Einzelfall.

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PS: Mich wundert, wie Alisha Lehmann das alles aushält und erträgt. Was für eine hammerstarke Persönlichkeit braucht man, um da weiterhin täglich zum Training zu gehen und alles reinzuhauen, um sich den Traum zu erfüllen, bei der EM im eigenen Land für die Farben des Heimatlandes auflaufen zu dürfen.
Für mich ist sie eine bewundernswerte Frau, der ich wünsche, dass sie ihre Trainerin auf den letzten Metern noch überzeugen kann.

Und fußballerisch: Sie ist vielleicht keine Aitana Messi. Aber sie hat in ihrer Sport-Biografie eine ähnliche Vita vorzuweisen wie so manch andere Altersgenossin: Sie hat alle Jugend-Nationalmannschaften der Schweiz durchlaufen, dort in 40 Spielen 16 Tore geschossen. Mit 18 wurde sie A-Nationalspielerin mit bisher 59 Länderspielen und 8 Toren. Auf Vereinsebene ging sie mit 19 nach England, wo sie bei West Ham United und Aston Villa sechs Jahre Stammspielerin war.
Lediglich ihr erstes Jahr bei Juventus in der vergangenen Saison war ein Rückschlag in der Karriere - dort kam sie nur zu sieben Einsätzen.

Dieses letzte Jahr erinnert mich ein bisschen an Weronika Zawistowka, die bei Bayern nie den Durchbruch schaffen konnte (zwei Jahre erfolgreiche Leihe nach Köln, dann zwei Jahre im dritten Glied bei Alex Straus), aber im Nationalteam Polens durchgehend Stammspielerin ist. Ähnliches Alter, vergleichbare Karriere in der Nationalelf, und auf dem Weg zur europäischen Spitze im Verein nicht sofort erfolgreich.

Einziger Unterschied: Kein Artikel über Zawistowskas Befähigung zur polnischen Nationalspielerin erscheint in polnischen Gazetten. Sie bildet dort neben Ewa Pajor, dem Star des Teams, mit Natalia Padilla-Bidas den Stamm im Angriff. Wenn sportlich ähnlich argumentiert würde wie bei Lehmann (zweitklassige Nationalmannschaft, beim Stammverein zuletzt nur auf der Bank), würde Weronika jetzt im Urlaub sein anstatt im Kraftraum.
Und kein halbwegs vernünftiger Sport-Journalist analysiert ihren Instagram-Account. Genauso wenig, wie ihr angesichts der Erfolglosigkeit bei Bayern nahegelegt wird, es doch mal bei OF zu versuchen.
Glück gehabt, Weronika, dass Du unterm Insta-Radar geblieben bist…

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Was hat denn der kicker gemacht? Inwieweit ist der kicker jetzt dafür verantwortlich, dass Lehmann nun von einigen zur „Projektionsfläche von Fantasien“ gemacht wird?
Dann dürfte der kicker überhaupt nicht über sie posten. Und niemand dürfte das. Denn mit jeder Schlagzeile oder jedem Post wird zwangsläufig über genau das geredet. Diese Personen gibt es. Und ja, wenn du Kommentare auf Social Media durchliest, wirst du immer zu einem Ergebnis kommen, welches nicht zufriedenstellend ist. Denn die, die nichts verwerfliches daran finden, die werden zu 99% nicht kommentieren.

Ich habe mir den kicker-Post nochmal genauer angeschaut und wirklich nirgends wird über Lehmann als Sexobjekt oder ähnliches gesprochen. Es wird lediglich ihre absurd hohe Reichweite angesprochen, was halt schlichtweg auch ihr USP ist. Und der kicker zitiert sogar eine Aussage, dass sie viel investiert.

Ich frage mich viel eher, ob du da nicht eventuell zu viel in den Post interpretiert hast und sofort nur negatives unterstellst. Ich könnte heute auch einen Post über Alisha Lehmann machen und dabei wirklich nur sportliches reinbringen und ich wette am Ende sind 95% aller Kommentare sexistisch. Du kannst also den kicker nicht für die Denkweise von Menschen verantwortlich machen.

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Das Phänomen gab’s auch schon vor Social Media:

„Die Starthand Ass/König beim Texas Hold’em Poker wird oft als „Anna Kurnikowa“ bezeichnet, da sie die gleichen Anfangsbuchstaben (A/K) hat. Mit dieser Namensgebung einher geht der Spruch: „Sieht gut aus, gewinnt aber selten.“ Eine Anspielung auf Kurnikowas Erfolge während ihrer Tenniskarriere, denn sie konnte nie einen Einzeltitel auf der WTA Tour gewinnen, obwohl sie jahrelang zur Weltspitze im Tennis gehörte.“ (Wikipedia)

Respekt für die akribische Recherche, @Gratschifter! Das muss man ja erstmal bringen, den Kommentarschlamm zu sortieren. Dass die Meinungen über das Verwerfliche des „Kicker“-Artikels auseinandergehen, ist ja normal und völlig okay. Die Spielerin beweist jedenfalls Widerstandskraft (um den gängigen Modebegriff zu vermeiden), das verdient Anerkennung.

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Eine Frau Lehmann und ein Herr Klengan haben endlich die Aufmerksamkeitsschwelle meiner Wenigkeit erreicht… :thinking:

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