In Deutschland passieren täglich Gewaltverbrechen. Werden die durch Selbstjustiz verhindert oder gesühnt? Hat da jedes Familienmitglied das Recht dazu? Irgendwie hab ich das anders im Kopf.
So sehr ich Eure Diskussionen stets ebenso fasziniert wie neutral verfolge und beiden Seiten stets nicht nur etwas abgewinnen sondern tolle Argumente auf beiden Seiten wertschätze, bin ich hier doch eindeutig auf der Seite von @cheffe.
Anonyme Referenzen als Gegengewicht zu nachhaltigen Argumentationslinien zu nutzen, passt so gar nicht zum Niveau der sonstigen Diskussion.
Das ist, mit Verlaub, kein valides oder gar zulässiges Argument. Wie cheffe bereits angemerkt hat, sind die Einschätzungen anderer militärischer Kompetenzen reine Mutmaßungen, die mit irgendwelchen anonymen „Militärexperten“ aufgewogen werden. Das ist ein für Dein (@willythegreat) so sonstiges Argumentationsniveau (sehr hohes, schätze ich sehr) zumindest ungewöhnlich … sagen wir es so.
Wenn es danach geht, kann ich auch mit militärische versierten Kollegen und Bekannten aufwarten, die eindeutig die Thesen von cheffe vertreten.
Von daher sollten wir die Debatte in den Sphären unser eigenen Einschätzungen und Erfahrungen belassen und nicht in die anonymen Referenzen beliebig produzierbarer „Experten“ verschieben.
Willst Du, dass er stärker wird?
Nein. Darum sollten wir sofort loslegen.
Lassen wir es einfach.
Meinem Verständnis nach ist es das Ziel der USA, allein sowie spätestens im Bündnis mit der NATO die militärisch stärkste Kraft auf der Welt zu sein. Neben Atomwaffen ist das auch ein Faktor, der seit längerer Zeit zur globalen Stabilität beiträgt.
Russland hat - oder hatte zumindest vor dem Krieg - nach wie vor eine der stärksten Armeen weltweit, bezogen auf einzelne Länder. Wenn ich mich nicht irre Platz 3 hinter den USA und China. Aus verschiedenen Gründen ist es nicht ganz einfach für Russland, den Krieg zu beenden: Zum einen würde Putin möglicherweise sein Gesicht im eigenen Land verlieren. Was noch schlimmer ist, ist vermutlich die oben genannte Tatsache, dass die Ukraine nach Kriegsende der NATO beitreten könnte. Was nicht möglich ist, solange sie sich in einem Konflikt befindet. Und wirtschaftlich gesehen profitiert Russland von weiterhin hohen Gaspreisen, deutlich über dem langjährigen Mittel von vor dem Krieg. Auch wenn ich das nicht gegengerechnet habe oder könnte gegen die Verluste durch Sanktionen.
Zurück zum Ausgangspunkt: Russland und China haben offensichtliche Sympathien zueinander und die zweit- und drittgröße Armee auf der Welt. Vor dem Hintergrund stelle ich mir die Frage, ob die USA ein ernsthaftes Interesse daran haben, diesen Krieg schnell zu beenden? Oder ob sich das Gleichgewicht in Punkto globaler Aufrüstung nicht mit jedem Monat, den der Krieg andauert, mehr Richtung USA/Westen verschiebt, wofür andere Nachteile in Kauf genommen werden. Weil Russlands Armee sich in einem Abnutzungskrieg aufreibt.
Wie ist Eure Einschätzung dazu?
Ich würde da sagen (und beim Irakkrieg war’s natürlich leider sehr ähnlich und wohl mit Haupttriebfeder im Hintergrund von „Marionette“ Bush) vor allem die größte Rüstungsindustrie der Welt (natürlich die Amerikanische wobei da zB Bayern auch gut dabei!) reibt sich vor allem mal finanziell gesehen ganz gierig die Hände - denen kann dieser Konflikt fürchte ich (zynisch oder einfach realistischerweise) gar nicht lange genug gehen.
Nicht nur wegen den direkten Effekten sondern vorallem die „second round“ (das 100 Mrd Sondervermögen für die Bundeswehr lässt grüßen, sowas war vor dem Überfall auf die Ukraine wohl eher undenkbar - wenn der schnell beendet wäre hätte es aber wohl ziemlich ewig gedauert bis die Kohle überhaupt wirklich ausgegeben) Effekte in Punkto globaler und natürlich vor allem europäischer Aufrüstung sind immens!
So erkläre ich mir das:
Die USA sind die mit Abstand größte militärische Macht, die die Welt jeh gesehen hat.
Ihr Interesse (und auch das von Russland und China etc) liegt in der Aufrechterhaltung und Erweiterung ihrer Vormachtstellung, Ausschaltung/Schwächung politischer Gegner und finanzieller/wirtschaftlicher Interessen.
Humanitäre Gründe stehen wie bei allen großen Playern an letzter Stelle und sind nur ein Vorwand für diplomatische, finanzielle und militärische Aktionen und Unterstützungen für Verbündete.
Die Ukraine ist ein Verbündeter in einem strategisch wichtigem Gebiet gegen einen politischen Gegner.
Dasselbe gilt für Israel.
Der Unterschied liegt in den Regierungen und den Vorgeschichten.
Putin trägt die Hauptschuld an dem Krieg mit der Ukraine, während Netanjahu u.A. durch die Siedlungspolitik Hamas groß gemacht hat und einen Genozid gegen die Palästinensische Bevölkerung vollzieht.
Die USA könnte zwar jederzeit die russischen Truppen in der Ukraine militärisch besiegen, würde damit aber einen Atomkrieg und damit eine katastrophale Kettenreaktion riskieren.
Die USA könnte auch jederzeit Israel dazu bringen den Genozid einzustellen aber Israel hat einen enormen Einfluss auf die amerikanische Politik (zb. Durch AIPAC) und die amerikanischen Militärbasen in Israel sind für die Lage von enormer Bedeutung.
Die Theorie, dass der Krieg bewusst in die Länge gezogen wird, um Russland zu schwächen, halte ich zwar für möglich aber eher unwahrscheinlich.
Die USA profitiert als Handelsmacht mehr von Frieden als von Krieg - mit starken Handelspartnern Russland, Ukraine und EU.
Der Military Industrial Complex ist zwar riesig in den USA, aber ob sie dadurch unterm Strich Gewinn machen wage ich zu bezweifeln.
Klar, genauso wie wir, sind sie alte ausgemusterte Waffen und Rüstung losgeworden, aber das war für sie wahrscheinlich nur ein netter Nebeneffekt.
Das alles gilt aber nur für alle amerikanischen Presidenten außer Trump.
Trump würde die Unterstützung der Ukraine einstellen und Putin damit schnell zum Sieg verhelfen und er würde Netanjahu uneingeschrenkt unterstützten wodurch er noch radikaler gegen Hamas und die Palastinenser sowie Hisbollah und Iran vorgehen könnte.
Denn Trump ist der persönliche Profit wichtiger und in Putin und Netanjahu hat er (neben Musk) seine größten Unterstützer.
… Das hab ich mir jedenfalls zusammengereimt.
Die Lage ist natürlich deutlich komplexer und die Öffentlichkeit bekommt das meiste ja überhaupt nicht mit.
Aber der Zyniker in mir hat schon lange die Hoffnung aufgegeben, dass Staaten vollkommen altruistisch handeln.
Die USA spielt nur Weltpolizei, wenn es gerade für sie passt - dennoch ist sie mir deutlich lieber als Russland und China - und das auch bloß, weil sie unsere Verbündeten sind und unsere Sicherheit in ihrem Interesse liegt.
Auch handelt es sich bei den USA um eine Demokratie, wie dysfunktional sie auch sein mag.
ich bin vielem was du schreibst (jetzt und vorher) bei dir - bei der Verwendung des Wortes „Genozid“ möchte ich aber doch intervenieren - eine sehr heikle Formulierung:
(Ein Völkermord oder Genozid[1] ist seit der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948 ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht, der durch die Absicht gekennzeichnet ist, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“; er unterliegt nicht der Verjährung.)
Ja, da kann man sicherlich endlos streiten inwiefern und inwieweit man das bei Israel im Gazastreifen wirklich so benennen kann.
Machen tun das aber auch ganze Massen von historischen und regionalen Experten und halt keineswegs nur welche die vom Glauben her den Palästinensern näher stehen.
Aber gehört dann ebenso wie meine dort an @Cosray8d Kommentars anschließende Frage an ALLE im Israel/Palästinathread wenn dann dort weiter diskutiert…
Finde ich auch sehr spannende Fragestellung grundsätzlich.
Für mich persönlich kann ich es sehr leicht beantworten - ich habe in meiner Verwandtschaft alles vertreten: Vom militanten Atheisten bis zum militanten Zeugen Jehovas Konvertierer.
Und ich habe da als Agnostiker nicht das geringste Problem mit keinem von beiden. Sondern kann mich eher sehr schön zurücklehnen (und mental nach Popcorn rufen) wenn die beiden mal wieder aufeinanderprallen.
Unterhaltungsfaktor garantiert und mir isses an sich total wurscht - ich weiß nur daß ich nix weiß!!!
Was ich aber weiß mittlerweile, lol, und das hätte ich vor 10-20 Jahren noch nicht so festhalten können:
Religion kann für viele Leute (die es eben nicht militant betreiben, dann ist es natürlich fast immer eher schädlich bis hin zu extrem schädlich) eine sehr schöne Sache sein, die in vielerlei Hinsicht positiv wirken kann:
Ob es so Themen sind wie Mediation (Gebet), Dankbarkeit, Akzeptanz dessen was ist, Mitgefühl, eine Gemeinschaft rund um diesen Glauben/Werte.
Das kann alles sehr sinnvoll und sinnstiftend sein.
Wenn man’s denn glauben will und schafft. Und da beißt es bei mir halt leider aus.
Gleichzeitig brauche ich für die oben angeführten Themen aber halt schlicht auch keine Religion um sie mir zu erschließen.
Nur ist der Weg hin wohl etwas schwieriger? Aber dafür ist es dann halt genau mein Weg und nicht der von irgendeiner Religion vorgegebener…
Na gut, weil mein Beitrag der Stein des Anstoßes war, hier ist meine Antwort per PN an @anon62001792 :
„Lieber @anon62001792, heute ist es einfach so, dass ich den Kontakt zu meinen Eltern abgebrochen habe. Es gab für mich keine Alternative. Natürlich könnte ich sie heute auch noch treffen und das Thema bewusst aussparen, aber dann reden wir über das Wetter, und dann enden wirklich jegliche Gemeinsamkeiten
Es macht für mich keinen Sinn, mit Leuten zu diskutieren, deren Weltbild mir komplett fremd ist und die auch absolut intolerant sind gegenüber meinen, von der Aufklärung geprägten Vorstellungen sind. Das ist und war nicht einfach, aber ich akzeptiere es so wie es ist. Meine Eltern sollen tun und handeln wie sie wollen und glauben an was sie wollen - ich teile keine Gemeinsamkeit mit ihnen außer das Band der Familie. Und das habe ich mir nicht ausgesucht…“
Ich würde mich selbst auch als Agnostiker bezeichnen. Ich habe auch absolut kein Problem mit Menschen, die religiös sind (und es gibt viele Menschen, die sich durch Religion dazu inspiriert fühlen, Gutes zu tun: das honoriere und respektiere ich absolut). Der Evangelikalismus allerdings ist in seiner reinen Form radikal, missionarisch, intolerant und fundamentalistisch. Damit habe ich massive Probleme. Das darf jeder natürlich gerne anders sehen.
Ja, ich rede mich da oben natürlich auch leicht: Der mir geistig viel näherstehende Atheist ist mein Bruder und der Zeuge Jehovas ist „nur“ ein Großonkel.
Der aber nachdem er immerhin seine Mutter erfolgreich konvertiert hat dann einsehen musste und immerhin auch hat, dass er seinen Geschwistern mit der Thematik nicht mehr kommen darf. Die wohnen krasserweise alle direkt nebeneinander und erstaunlich friedsam…
Ja … das ist dann leider so gut wie unausweichlich. Das tut mir sehr leid.
Danke für diesen persönlichen Einblick!
Passend dazu bin ich vor wenigen Tagen über folgenden Text gestolpert:
An Thesen von Wolfgang Achtner, Jeanne Hersch und Hans Blumenberg anknüpfend, vertrete ich [Michael Blume] inzwischen die Auffassung: Wir modernen Menschen erwarten zu viel von unserer Lebenszeit.
Über Jahrzehntausende hinweg konnte die große Mehrheit der Menschen religiös hoffen, nach dem eigenen Tod in eine diesseitige Wiedergeburt oder ein transzendentes Jenseits zu gelangen. Das konnte sowohl mit Hoffnung wie mit Angst erfüllt werden, doch es verband die Zukunft mit einem auch gemeinschaftlich nachvollziehbaren Sinn. Auch in Jahrtausenden mit enorm hoher Kinder- und Müttersterblichkeit erlosch die Menschheit nicht – während sie in der Moderne zunehmend verebbt. […]
Doch wie das lateinische Saeculum für “Jahrhundert, nahe Zukunft” schon zeigt, verlagerte die Säkularisierung die Zukunftserwartungen in die “Enge der Zeit” (Blumenberg). […]
Positiv erwuchsen der säkulare Humanismus, Medizin und Wissenschaften, Liberalismus und Sozialdemokratie als Diesseits-Dienste am Menschen. Jenseitsversprechen sollten niemanden mehr ruhigstellen! Aber auch Nationalismus, Rassismus, Eugenik, Antisemitismus eskalierten quer durch das 19. und 20. Jahrhundert!
Ich möchte eine zusätzliche persönliche Anekdote hinzufügen, welche Auswirkungen der Glaube/Evangelikalismus meiner Eltern für mich hatte:
Am 2.9.1984 spielte der große FC Bayern gegen „meinen“ kleinen Dorfklub BV 08 Lüttringhausen (damals 2. Liga) im DFB-Pokal in Lennep. Die erste Gelegenheit für mich als Junge (damals 15 Jahre alt), meinen Traumverein live zu sehen. Ich hatte mein Taschengeld der letzten Monate investiert, um an eine Karte auf der Gegengerade zu gelangen. Was machte mein Vater, kurz bevor ich zum Spiel ging? Er zitierte mich ins Wohnzimmer, wo eine aufgeschlagene Bibel lag, mit dem Hinweis, mir einen Vers (ich weiß nicht mehr welchen, es hatte aber sehr viel mit Sünde zu tun, das weiß ich noch ganz sicher) durchzulesen. Ich habe wortlos und mit unterdrückten Tränen in den Augen die Wohnung verlassen. Selten habe ich mich zerrissener gefühlt. Und das verzeihe ich ihm bis heute nicht.
Das soll hier keine Therapiestunde für mich sein, aber vielleicht macht es klar, wie geprägt wir durch die Religion unserer Eltern sind. Kritisches Hinterfragen ist eminent wichtig - immer.
Jetzt muss ich mich zu Wort melden - dringend:
Es mag für die meisten hier eher off topic sein, aber DAS ist für mich nun das letzte und eindeutige Zeichen, wie die AfD auf den Spuren der NSDAP wandelt:
Die Kritik am Bauhaus.
Kurz aus der SZ:
Im Antrag [im Landesparlament Sachsen-Anhalt] heißt es, eine „einseitige Glorifizierung des Bauhaus-Erbes“ zum Jubiläum solle verhindert werden. „Die internationale Verbreitung des Bauhaus-Stils führte zu einer Art globalem „Einheitsbrei““, so die These der AfD. Es ist die Rede von „historischen Bausünden“ und einer Standardisierung von Architektur und Design, die der kulturellen Vielfalt abträglich sei.
Es gibt hier keine Ausreden mehr: Die AfD bewegt sich rhetorisch und programmatisch EXAKT auf nazistischen Spuren.
Ich bin - als aisthetischer Praktiker und Theoretiker - brutalst entsetzt über diese Geisteshaltung. Natürlich wird das Bauhaus ein wenig überhyped, andere andere ästhetische „Bewegungen“ („Werkbund“, „Neues Frankfurt“, „Neue Typografie“ - Jan Tschichold - u.n.v.m) waren fast ebenso prägend. Man darf das auch gerne thematisieren - aber die Wortwahl der AfD ist erschreckend, wie soll ich sagen, präzise.
Ich bin verhältnissmäßig genau darüber informiert, auf welche Art die Nazis das Bauhaus eliminiert haben und fühle mich durch die Äußerungen der AfD sehr genau daran erinnert.
Wow.
Es wird so oft über die metaphorische „Brandmauer“ gesprochen: Die Akzeptanz bzw. Nicht-Akzeptanz des Bauhauses ist MEINE Brandmauer zwischen, sagen wir mal, „sehr konservativ“ und „rechtsextrem“.
Auch hier wirst Du (leider) wieder genug Verharmloser finden, die das lächerlich machen wollen.
Aber natürlich hast Du absolut recht. Es ist eine Tragödie, wie viele ungebildete Menschen nicht realisieren, was gerade vor sich geht und selbst auch noch die Holzscheite für ihren eigenen Scheiterhaufen aufschichten.
Dramatisch und traurig.
Demnächst werden wir von der AfD sicher auch hören, welche Literatur in unserem Land verbannt und geächtet gehört.
Schlimm…
Oh ja, das kommt als Nächstes.
Da ist die Wagenknecht schon geschickter … und deshalb auch gefährlicher. Auf Sicht macht die mir (noch) mehr Angst als die AfD.