Der Politik- und Gesellschafts-Thread (Teil 3)

die Wal-Thematik kenne ich - ebenfalls ein komplexes Thema, welches vor allem moralisch hoch emotional aufgeladen ist…

letztlich dienen beide Orte symbolisch für den stärker werdenden Wunsch aus all dem Irrsinn hier auszubrechen - und auf besagte Inseln wird wohl eher keine Bombe abgeworfen… :crazy_face:

abgesehen taugen sie mir klimatisch doch sehr - aber das ist ein anderes Thema… :wink:

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Zwei lesenswerte Standpunkte zum Kriegstüchtigkeits-Gebell.
Christian Baron: Ich werde mein Land nicht mit der Waffe verteidigen, sondern fliehen
Ole Nymoen: Ich, für Deutschland kämpfen? Never!

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Ich glaube, die meisten hier sind sich einig, dass wir keinen Krieg wollen. Aber das ist nicht der Punkt. Die Frage ist, wann ist uns die aufkommende Gefahr, selbst getroffen zu werden, groß genug, oder wann ist das Leid in einem unserer nächsten Länder groß genug, dass wir zum Handeln gezwungen sind, moralisch oder aus Selbsterhaltungsgründen

Ich habe vor Jahren eine Diskussion diesbezüglich mit meiner heutigen Ex-Frau beim Jugoslawien-Konflikt, speziell nach dem Massaker von Srebenica, eines der schwersten Kriegsverbrechen seit dem WW2, geführt.

Es ging um die Frage von Gewalt, unnötige Gewalt, notwendige Gewalt und Opferbereitschaft.

Ich kann mich auf den Standpunkt stellen, dass jegliche Gewalt zu verurteilen ist und jeglicher Einsatz dieser schlicht böse … eine zutiefst naiver und sinnloser Ansatz, wie ihn z.B. die Wagenknecht verfolgt, die damit nur strategische Punkte im Blick hat.

Wenn ich persönlich nachts in der U-Bahn sitze und ein bis zwei durchschnittliche Typen einen alten Mann zum Spaß drangsalieren und schlagen, werde ich relativ leicht ohne großes Risiko einschreiten können. Sollten Worte nichts nutzen, ist die Gewalt, die ich einsetze, völlig notwendig und gerechtfertigt und der Blödsinn „Gewalt ist niemals eine Lösung“ instant ad absurdum geführt. Natürlich ist der Einsatz nach Ausschöpfung aller anderen Mittel absolut richtig. Darüber kann es keine Diskussion geben. Wer sich auf Pazifismus und derartige Slogans zurückzieht, dokumentiert nur die Rechtfertigung für seine Feigheit und seinen Egoismus.

Anders sieht es aus, wenn aus zwei Typen plötzlich drei bis vier werden und die z.B. noch ein Messer dabei haben. Dann muss ich plötzlich andere Dinge abwägen, nicht nur für mich selbst, sondern auch für meine Familie. Wenn ich aus dem Konflikt vielleicht schwerverletzt hervorgehe oder sterbe, wird das ein enormes Leid für meine Tochter und derzeitige LAG verursachen, auch für meine Mutter. Abgesehen davon, habe ich tatsächlich selbst auch keinen Bock drauf. Hier kann man nun nach Herzenslust diskutieren, ob ein Nichteinschreiten gerechtfertigt ist. Worüber man nicht diskutieren kann, ist die Frage, ob ein Einschreiten richtig oder Gewalt gerechtfertigt wäre. Natürlich wäre es das.

Und nicht anders verhält es sich in internationalen Konflikten, in denen ein Aggressor ein anderes Land überfällt und Tod und Leid über seine Bevölkerung bringt. All das Gewäsch von Leuten wie Wagenknecht, die solche Gefühle für rein politische Zwecke ausnutzt und ihre Russlandsympathien darin zu verstecken versuchen, sind beschähmend und abstoßend.

Wenn wir all das theatralische Gehabe von Demokratie und Freiheit ernst meinen, dann ist uns mehr abverlangt, als an Feiertagen haufenweise Worthülsen dafür über den Äther zu blasen. Wir haben rechtzeitig zu handeln, um diese Werte zu schützen, nach innen wie nach außen.

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spannende Einlassungen - aber (und das knüpft an meine obigen Einlassungen an):

es fehlt die alternative Perspektive!
die pazifistische Grundhaltung, die aus beiden Artikel strömt, möchte und kann ich grundsätzlich ja unterschreiben - aber beide Autoren machen sich eben NICHT ehrlich, sie kritisieren und argumentieren einseitig!

ja - sie haben mit vielem Recht!
Krieg ist IMMER scheisse! die Opfer bringen in der Regeln nicht die gut betuchten! usw.

doch was geschieht, wenn ukrainische Männer nicht an die Front gezwungen werden - darüber denken sie (zumindest in ihren Artikeln) nicht nach… und auch nicht wirklich darüber (ok, einer will fliehen - verständlich → ich sag nur Färoer Inseln…) was sie selbst dann tun oder was ihnen widerfährt!

also - unter der Prämisse, sich komplett und vor sich selbst ehrlich zu machen:
was bitte ist die Alternative dazu, Putin und seine Gesellen aus der Welt zu bomben (oder die Hamas oder die Hisbollah oder Trump oder oder oder)?

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Das heißt dann aber auch, eine Waffe in die Hand zu nehmen und gegen den Typen mit dem Messer anzutreten. Egal was das für dich, deine Tochter und wen auch immer bedeutet. Da musst du das große Ganze sehen.
Ansonsten sind deine Worte auch nur Hülsen, die du am Feiertag von der Couch aus in die Welt setzt.
Wir müssen die Demokratie und unsere Freiheit verteidigen, aber kämpfen kann ich nicht, das müssen andere machen. Wer? Die anderen halt. Leute, die auch Kinder, Lags und Mütter haben?

Als die BW damals auf dem Balkan mit Bomben mitgemischt hat ( ironischerweise unter Schröder und Jockel Fischer), war ich selber als Wehrpflichtiger beim Bund.

Infanterie. Jägertruppe. Kampfeinheit.

Kameraden haben mich damals( da ich durch meine Aufgabe „näher“ beim Kompaniechef usw war) gefragt, wann wir die ernstfallausrüstung bekommen und losfahren.

Da habe ich gesagt, wenn der Befehl kommen sollte, dann gehe ich in den Knast.

Und das, obwohl ich mich freiwillig zum Bund gemeldet habe?!

Also, warum? Damals gab es weder ein Mandat der UN noch von sonst wem- und auch keinen NATO bündnisfall. Ergo gab es für mich keinen Grund, dort hinzugehen.

Siehe die Diskussion: wie hätte ich damals reagiert (2.WK- „unrechter Krieg“ usw ).
Zu dem Zeitpunkt wäre das komplett illegal gewesen. Und irgendwas wollten wir doch alle aus dem 2. WK lernen?

Es wurde dann ja diskutiert, deutsche Bodentruppen nach Italien zu schicken- zum Schutz der Italiener (das wäre für mich dann in Ordnung gewesen).

Zum Glück kam es nie soweit. Später war meine Einheit dann aber tatsächlich in Bosnien eingesetzt- quasi die 1. Generation der Auslandseinsätze.

Da war ich aber schon nimmer beim Bund.
Vor ca. 10 Jahren wurde dann mein einberufsbescheid zur Alarmreserve wiederrufen.

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Verstehe Deine Einlassungen nicht ganz. Ich habe mich in diesem Punkt sehr klar und unmissverständlich ausgedrückt.

Okay, verstehe. Für Dich gilt das Recht des Stärkeren, Entschlosseneren, Brutaleren, Kompromissloseren.
Der Skrupelloseste darf sich also holen, was er will.

DU hast das Familienthema ins Spiel gebracht, dann tu ich es auch:
Man darf sich also an Deiner Familie vergreifen, weil du kompromissloser Pazifist bist?

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Cool, dass du JFK erwähnst respektive die Kuba-Krise. Da sind wir uns absolut einig, das stand damals Spitz auf Knopf.
Zugleich gibt es mir Gelegenheit nochmal darzustellen, worum es sich damals drehte und worin ich relevante Unterschiede zu heute sehe.

Bei der Kuba-Krise ging es um eine bessere Positionierung für einen möglicherweise folgenden militärischen Konflikt.
Letzteren haben wir heute bereits.

Bei der Kuba-Krise musste das für die USA bedrohliche Szenario (die Stationierung der Raketen auf Kuba durch die Russen) zuerst nachgewiesen werden, um den diplomatischen Druck so erhöhen zu können, dass eine militärische Gegenreaktion nicht vollends eskalierte. Gelegenheit dazu bestand während der ominösen zwei Wochen reichlich.
Heute liegen die Fakten bereits klar auf dem Tisch. Sie taten es schon von Anfang an. Putin spielt mit komplett offenen Karten, auch wenn er die Ereignisse propagandistisch anders benennt.

Die Kuba-Krise war verzwickt zu lösen, aber sie beruhte auf gut zu durchschauenden zwei Blöcken, die sich feindselig gegenüberstanden. Auch die jeweiligen Unterstützer waren leicht zu definieren.
Heute sitzt Putin grade in Kasan und lässt sich beim Brics-Gipfel von zig Staatschefs und Adabeis hofieren. Alle eint eigentlich rein gar nichts, nur dies: von der alten Weltordnung haben sie die Schnauze gestrichen voll, und auf die westlichen Werte wird gepfiffen. Und darüber wacht der große Elefant China, von dem alle mehr oder weniger abhängig sind. Es ist völlig unübersichtlich, aber eins ist klar: Wirtschaftlich ist diese Bande von Schurkenstaaten, intransparenten korrupten Regimes, autoritär geführten Möchtegerns etc. bereits jetzt mit etwa den G7 auf Augenhöhe, und Skrupel oder Werte hat von denen keiner.
(By the way: Dass sich der UN-Generalsekretär zu einem eventuellen Besuch dieses „Gipfels“ ins Gespräch bringen hat lassen, zeigt die völlige Orientierungslosigkeit und Degeneration, die die Vereinten Nationen mittlerweile häufiger und nicht zuletzt bei der Israel/Palästina-Frage gezeigt hatten.)

Und zuletzt:
Natürlich waren die Vereinigten Staaten bei der Kuba-Krise durch die Raketen vor der Haustür ganz direkt selbst bedroht.
Heute scheine zumindest ich seit gestern nicht damit durchzudringen, dass der Überfall auf die Ukraine weder ein Endpunkt noch das einzige Problem ist, sondern vielmehr Teil eines großen Plans und Vorgehens mit China, Russland und Iran an der Spitze (und vielen weiteren hintendran).

Ich denke, dass unser Dissens wohl hauptsächlich darauf beruht, dass wir hier nicht dieselbe Wahrnehmung haben.
Denn eins ist doch klar, @Faenger hat es ja klar erwähnt:
Auch ich will weder Krieg noch die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation steigern. Und ginge es „nur“ um den Überfall auf ein Land, wäre die Situation auch ganz anders zu beurteilen.

Ansonsten haben es mittlerweile mehrere Leute hier auch erwähnt:
Der Krieg ist längst hier, er wird längst geführt. Bis dato, was Deutschland betrifft, noch ohne Raketenregen, aber man kann ja mal nachlesen, was Putins Hacker-Kumpels so an Cyber-Attacken gegen uns fahren. Dass er Leute auf deutschem Boden mal schnell um die Ecke bringen lässt, ist auch erwiesen.

Und wenn wir schon bei irrationalen Ängsten sind:
Viel mehr Grund dazu sehe ich nicht wegen der Atommacht Russland, sondern wegen des Vorsprungs (auch an Skrupellosigkeit) hinsichtlich von Attacken auf die Infrastruktur. Was da für Gefahren lauern, übertrifft für mich die abstrakte Bedrohung eines atomaren Arsenals.

Aber auch hier muss ich leider feststellen:
Wir tun zu wenig, wir sind schlafmützig, wir schauen weg oder nicht genau hin, stecken den Kopf in den Sand und hoffen, dass der Kelch an uns vorüberziehen möge. Aber das wird er nicht, denn wir sind Deutschland. Tut mir echt leid, aber wenn man sich aus all dem raushalten will, bleibt wirklich nur noch die @folkfriend-Lösung.

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Das ist einer der besten Kommentare, die hier jemals zu lesen waren.

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Das kannst du nicht ernst meinen. Schade, dass hier kein Platz ist, um den Post zu zerlegen.

Ich würde jetzt hier alle übrigens bitten ENDLICH wieder auf Israel und Palästina zurückzukommen.

Oh. Ja, Dankeschön.
Ich wünschte nur, ich hätte Erfreulicheres zu sagen…
Insofern hoffe ich fast auf Widerrede :wink:.

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Falls du meinen Post meinst, darfst du gerne rüberwechseln und den Job machen. Ich bin gespannt.
Ich sagte ja gestern schon, dass ich mir den Wechsel des Threads innerhalb der laufenden Debatte spare, auch weil Israel/Palästina hier immer wieder gestreift werden, und beide Threads/Themen beschäftigen sich mit Bedrohungslagen, haben also ohnehin Berührungspunkte.

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Mit „hier“ habe ich das Forum als Ganzes gemeint.

Ich wollte damit natürlich nicht sagen, dass dein Post sehr schlecht wäre. Aber „die besten“ Kommentare gibts hier schon immer von Alex (ja bin Fanboy). Und der Unterschied zu den meisten anderen ist, obwohl er gefühlt bei fast allen Beiträgen am nächsten an der vermutlichen Wahrheit ist, schiebt er trotzdem den Disclaimer hinterher, dass dem nicht so sein könnte.

Das vermisse ich bei deinem Beitrag, obwohl einem die Widersprüche ja direkt ins Auge springen. Wenn du zb von Gefahren für die Infrastruktur schreibst und das auf Russland beziehst, wenn es doch die Ukraine war, die bereits konkret einen Anschlag auf unsere Infrastruktur durchgeführt hat und damit dem Land Deutschland massiv geschadet hat.

Du hast unbegrenzt Platz. Just do it!

Du wirst von der Pipeline sprechen.
Falls dem so ist, ist das weder so erwiesen noch so klar zu benennen wie du es tust. Und meine Ansagen hinsichtlich der Infrastruktur betreffen viele weitere, wesentlich bedeutendere Gebiete, Strom- und Wasserversorgung etwa.
Lustig, dass du @Alex (zurecht) lobst für zurückhaltende Aussagen, aber dann selbst das machst, was du wiederum mir ganz zurecht unterstellst:
Mein Post richtete sich im Prinzip an @willythegreat, und wir versuchen ja grade unsere Positionen zu untermauern. Da leiste ich mir dann logischerweise weniger Selbstzweifel als sonst.

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Ich möchte sogar behaupten, dass diese beiden Konflikte - Kriege - verschmelzen.

  • Iran als agressiver Player bzw. Unterstützer in beiden Kriegen
  • Russland ebenfalls
  • USA als „Schutzmacht“ Israels und der Ukraine, wenn auch mit graduellen Unterschieden.
  • Die NATO als metaphorisches Objekt der Agressionen von Russland, Iran. Metaphorisch deshalb, weil die NATO nicht direkt angegriffen wird, aber „gemeint“ ist.
  • Als Nebenspieler in beiden Konflikten/Kriegen wirken China und Nordkorea
  • Syrien als Multikonflikt-Area: Russland, Iran, USA, Türkei … und noch viele mehr.

Sehr neugierig bin ich auf die „Ergebnisse“ des aktuellen BRIC-„Gipfels“.
Wo steht Indien? Indien, das müssen wir selbstkritisch anmerken, wurde vom „Westen“ (EU, NATO, USA usw.) die letzten Jahrzehnte unterschätzt und auch nicht als gleichberechtigter Partner gewürdigt. Wir müssen dies schnell, substanziell und vor allem ehrlich nachholen.
Indien wäre ein wirtschaftlich, demographisch ein echt starker Partner. Vor allem - die geographische Lage! (Dass das Verhältnis zwischen Mann und Frau dort unter aller Sau ist, müssen wir - vorerst - zur Kenntnis nehmen. Aber mit zunehmendem Wohlstand wird sich das hoffentlich auch verbessern. Vor allem sollten wir nicht wieder als Besserwisser fungieren. Die indischen Frauen werden das auch ohne uns schaffen, die sind stark.)

China: baut die neue Seidenstraße (auch wenn es dort nicht ganz nach Wunsch verläuft - aber daran tragen sie durch ihre agressive Politik die Hauptschuld - Gott sei Dank, möchte man aus westlicher Perspektive sagen).
Was baut der Westen?

Welche Rolle spielt eigentlich die Arabische Liga? Israel ist deren „Hinterhof“, oder Nachbar, oder wie man das auch immer nennen möchte!

@folkfriend: Zustimmung von Dir, dass ich das noch erleben darf! Vielleicht liegen wir ja doch nicht so weit auseinander. Ich habe mittlerweile sogar akzeptiert, dass Du ein hoffnungsloser Fussbalromantiker bist :wink:

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wenn jemand was etwas schreibt, was ich gut finde - dann gibts auch ein Herzchen…

selbst 918, kurt und wohlfahrt haben schon welche bekommen… :crazy_face:

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Ja, auf der (reinen!) Fussball-Ebene konnte ich Kurt schon gut lesen.
Vor allem hat mir sein völlig unreflektierter, übertriebener Optimismus immer echt gut gefallen, ich bin ja eher ein grübler.

Und worauf warten wir dann eigentlich noch? Dann sollten wir schnellstmöglich alles an Mensch und Material was brauchbar ist in die Ukraine schaffen und den russischen Bären erlegen, bevor er noch stärker wird.