@918: Ich muss bei der Frage gut gemanagt vs. schlecht gemanagt @HorstMohammed zustimmen. Nochmals bezugnehmend auf Swiss Rambles Überblicksthread der Saisons 2011-2020, den ich weiter oben schon einmal verlinkt habe, würde es, glaube ich, Sinn machen noch einmal neu zu kalibrieren, was man im Fußball unter „gutem Management“ versteht.
Nimm zum Beispiel einmal die aufsummierten Ausgaben für Spielergehälter der Clubs über die 2010er Dekade:
Wenn du eine sportliche Durchschnittstabelle von 2011 bis 2020 bilden würdest, wären da fast Club für Club genau die Vereine ganz oben, die auch in der summierten Spielergehälter-Tabelle ganz oben sind.
Mit viel Geld viel sportlichen Erfolg zu kreieren, ist meines Erachtens keine Kunst und ganz sicherlich kein Ausweis besonders guten Managements.
Guck dir zweitens die summierte Gewinn/Verlust-Tabelle über denselben Zeitraum an:
Das von dir so hochgelobte Manchester City beispielsweise hat in den letzten zehn Jahren summa summarum knapp 450 Millionen Pfund verbrannt, nach unten übertroffen nur von Aston Villa, bei Chelsea sind es knapp 180 Millionen und deren Verlust ist ganz sicher nur deshalb nicht deutlich höher ausgefallen, weil sie einen quasi unbegrenzten Zugriff auf zinsfreie Kredite haben (Bank of Roman).
Ich glaube, im Lichte der massiven finanziellen Gräben, die sich zwischen den Clubs auftun, wäre es sinnvoll, bei der Bewertung von „gut gemanagt“ den Aspekt der Effizienz stärker in den Vordergrund zu rücken und bei der Gesamtbetrachtung die sportliche und die wirtschaftliche Ebene jeweils gesondert hervorzuheben, aber im Zusammenspiel zu bewerten.
Gut gemanagte Clubs in meinen Augen sind in der Synthese beider Felder einigermaßen erfolgreich, wobei es natürlich einen gewissen trade-off zwischen beiden Bereichen gibt. Wer viel Geld in seinen Kader stecken kann, bei dem darf man auch mehr sportlichen Erfolg erwarten, wer regelmäßig Gewinne erzielen möchte, kann dementsprechend weniger in seinen Kader investieren.
Beispiele für einigermaßen gut gemanagte Clubs in der Gesamtschau wären in meinen Augen etwa Burnley, West Brom, Hull City, Norwich oder auch Leicester City, die es entweder alle mit einigermaßen (!) erträglichen Verlusten zu gutem sportlichen Erfolg über die letzten 10 Jahre gebracht haben, oder aber bei mäßigem sportlichen Erfolg über denselben Zeitraum immerhin wirtschaftlich mindestens ein kleines Plus geschrieben haben.
Burnley ist konstantes Premier-League-Mitglied und liegt bei 91 Millionen Pfund plus, West Brom pendelt zwischen 1. und 2. Liga, liegt aber auch bei 45 Millionen Pfund plus, bei Hull City und Norwich ist die Sachlage ähnlich (Fahrstuhl, aber Plus) - und Leicester City ist immerhin einmal Meister geworden und inzwischen regelmäßiger Europapokal-Anwärter, hat aber „nur“ 50 Millionen Pfund Miese über die letzte Dekade angehäuft. Bei all diesen Vereinen würde ich sagen, der value for money ist ordentlich.
Unter den großen Vereinen kann man eigentlich nur für Tottenham attestieren, dass sie sowohl sportlich als auch wirtschaftlich gut gemanagt sind. Sie haben mit 338 Millionen Pfund den mit Abstand größten Gewinn aller englischen Profivereine über die letzte Dekade geschrieben, liegen bei den Spielergehältern im Vergleich zur etablierten Konkurrenz in einem relativ moderaten Bereich und sind sportlich trotzdem ziemlich erfolgreich. Damit haben es die Verantwortlichen geschafft, auf beiden Ebenen im Verhältnis zum Input ziemlich viel aus ihrem Verein herauszuholen. (Interessanterweise ist Tottenham unter den englischen Top-Vereinen der einzige, der in den letzten 10 Jahren einen fetten Kredit aufgenommen hat, nämlich zum Bau ihres neuen Stadions, und der trotzdem wirtschaftlich so erfolgreich ist.)
Gut gemanagt im wirtschaftlichen Bereich unter den großen Vereinen sind außerdem Manchester United und Arsenal, die ihren Eigentümern über die vergangene Dekade für die Verhältnisse des Profifußballs (!) relativ anständige Profite beschert haben (höhere Renditen hätten Kroenke und Glazer garantiert in anderen Industrien verdient). Dafür hapert es bei beiden Vereinen doch merklich im sportlichen Bereich, für die investierten Summen kommt unter dem Strich einfach zu wenig raus.
Richtig schlecht gemanagt sind meines Erachtens beispielsweise Aston Villa, die einfach mit einigem Abstand zu allen anderen außer Manchester City den größten Verlust aller englischen Profivereine geschrieben haben und dafür sportlich nicht im Ansatz einen halbwegs anständigen Gegenwert vorweisen können, Charlton Athletic (eins der ewigen Skandalkinder des englischen Fußballs), QPR, Fulham - und natürlich Everton. Everton ist zusammen mit Villa vielleicht in Anbetracht der eigenen Erwartungen und Ansprüche der am schlechtesten gemanagte Verein im englischen Fußball überhaupt: kriegen sportlich nichts auf die Kette, obwohl sie sehr viel Geld in ihre Spieler investiersen, und verbrennen dabei unfassbar viel Geld. Newcastle kann sich immerhin noch dadurch retten, dass sie schwarze Zahlen schreiben, ansonsten sind sie sportlich als ähnlich erbärmlich einzustufen wie Everton und Villa.
Das, @918, ist ungefähr, wie ich gutes Management im Profifußball bewerten würde, nämlich in der Zusammenschau aus sportlichem und wirtschaftlichem Erfolg, oder, bei getrennter Betrachtung, wenn wirklich in einem Feld überragende Leistungen erzielt werden.
Deswegen würde ich jetzt beispielsweise Liverpool und schon gar nicht Chelsea und erst Recht nicht Manchester City als rundherum gut gemanagt einstufen. Die letzten beiden Vereine verbrennen einfach Geld ohne Ende und Liverpool liegt zwar finanziell im Plus, aber wer soviel Geld in seine Spieler investiert, bei dem darf ich sportlich auch einen entsprechenden Erfolg erwarten (sonst landet man ganz schnell in der Kategorie „schlecht gemanagt“).
Interessanterweise würde ich sogar für die Bayern sagen, dass sie nicht unqualifiziert „gut gemanagt“ sind. Ja, die Bayern schreiben selbst in der Pandemie noch schwarze Zahlen und ja, die Bayern sind der mit Abstand erfolgreichste Club Deutschlands und gewinnen praktisch jedes Spiel, zu dem sie antreten. Aber ihr finanzieller Vorteil in der Bundesliga ist so groß, dass man diese Erfolge auch erwarten darf. Ich würde daher sagen, die Bayern sind adäquat bis ordentlich gemanagt in Relation zu ihren Möglichkeiten.