Der Politik- und Gesellschafts-Thread (Teil 4)

An bayerischen Realschulen wird da schon was gemacht. Zwar nicht in Form eines direkten Schulfaches, aber durch Projekttage, Expertenvorträge etc.
Ein Problem ist aber natürlich, dass die meisten Lehrer hierfür keine Experten sind. Wir können versuchen, uns durch Fortbildungen weiterzubilden, aber zu einem Experten für ein Gebiet wird man dadurch noch lange nicht.
Und selbst dann ist es so, dass der Erfolg noch lange nicht garantiert ist. Ich habe ein Studium in 2 Fächern absolviert und genug Prüfungen absolviert, die mir bescheinigen, dass ich diese 2 Fächer unterrichten darf und ich würde meine Kompetenzen in diesen Fächern schon als mehr als ordentlich einschätzen. Trotzdem glauben am Ende eines Schuljahres in der 9. Klasse (inklusive Besuch der Gedenkstätte Dachau) noch ein paar meiner Schüler, dass die KPD die Partei von Adolf Hitler war und fragen bei der Englandfahrt „Who is the next McDonalds?“
Was ich damit sagen will: Die Schaffung eines Faches garantiert noch nicht, dass es die Schüler auch annehmen.
Wie soll man sich sonst erklären, dass 2 Tage nach einem Projekttag, bei dem u.a. von einem Polizisten erklärt wurde, dass in bestimmten Fällen ein Handy zu Ermittlungszwecken eingezogen werden kann, in einer WhatsApp-Gruppe von Teenagern schon wieder intime Fotos bzw. menschenverachtender Mist versendet werden?
Da wären erst einmal die Eltern gefragt, aber wenn wir z.B. einen digitalen Elternabend mit einem Experten anbieten, der über Jugendschutz bei digitalen Medien informiert, dann haben wir Teilnahmequoten von unter 5% aller Eltern.
Du kannst mit glauben, dass wir an den Schulen versuchen, hier etwas zu bewirken, aber gerade in diesem Bereich sind wir extrem stark von der Mithilfe der Eltern abhängig und wenn ich sehe, wie wenig sich Eltern bereits im Grundschulbereich um den Medienkonsum und das Online-Verhalten kümmern, dann können eine oder zwei Schulstunden zu dem Thema nie mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein sein.

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Gut, das kann man ja aber, siehe Dein Beispiel Englischunterricht, aber doch für fast alles in der Schule „gelernte“ sagen?

1-2 Stunden die Woche zum Thema Medienkompetenz fände ich trotzdem wesentlich sinnvoller investierte Zeit als zB jahrelanges (ich kennes nur aus dem bayrischen Gymnasium selber) durchs Mittelalter quälen mit endlos Königen und Jahreszahlen an die sich später (außer vielleicht Karl der Große) wirklich keine Sau mehr erinnern können wird!

PS: und ich glaube, daß viele Schüler sogar wirklich interessant finden würden, was man zu solchen Themen lehren kann und da ist dann die Chance, daß was sinnvolles hängenbleibt doch dann obendrein um Welten höher?

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Sinnvoller als meine 2 Stunden Computerschule in der Berufsschule 1992 auf jeden Fall - „jetzt klicken Sie bitte mit der rechten Taste der Maus auf … äh… Datei und dann auf … äh… Öffnen… äh… echt schon Pause?“

Ich denke, das Beispiel verdeutlicht auch die Problematik eines Schulfaches „Medienkompetenz“ oder ähnliches (was nicht heißen soll, dass ich das unwichtig fände …)
Es wird schwer sein, Lehrer:innen auszubilden, die ihren Schüler:innen in puncto Medienbedienung gewachsen sind.

Ich denke, es geht fast eher um eine Kompetenz abseits der Medien, eine Souveränität trotz Medien.
Was war, wie funktionierte Information früher vor dem Internet? Warum ist Wikipedia nicht die ganze Wahrheit? Nicht erst mit dem Einzug von KI in die Filmproduktion begann die Schwierigkeit, wahr und falsch voneinander zu trennen - schon viele Jahre ermöglicht Photoshop Orwell‘sche Berichterstattung. Warum können SocialMedia Posts zugleich fortschrittliche Kräfte ermöglichen, wie sie ebenso reaktionäre Kräfte stärken? Warum ist etwas, was auf einem Bildschirm läuft, nicht automatisch die Wirklichkeit (sondern nur ein Film von ihrem Ausschnitt)?

Und das Manipulieren von Wahlen, Meinungen und Stimmungen mithilfe von automatisierten Algorithmen und Bots stellt sogar Grundprinzipien der Demokratie und Meinungsfreiheit in Frage (zumindest aber auf den Prüfstand).
Der gesamte Social Media Bereich wirft völlig neue Fragen der Ethik und der Moral auf.
Vermutlich ziehen sich diese Fragen wie ein roter Faden durch alle Geistes- und Gesellschaftswissenschaften.
Kritische Quellenprüfung und -hinterfragung - das habe ich im Geschichts-Unterricht gelernt und nicht im Computer-Kurs.
Ich vermute, dass eine intensivere Schulung der Lehrer:innen im Fach „Medienkompetenz“ genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger ist als ein solches Schulfach selbst.

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Einerseits ja, andererseits nein :stuck_out_tongue_winking_eye:

Ja, es wird noch ewig dauern bis man da wirklich deutlich vorwärts käme.

Aber nein, dein Beispiel von 1992 zeigt doch auch vor allem - umso früher man sich bei etwas befindet (und ja, beim Thema PC war das sogar noch früher relativ gesehen als heutzutage beim Thema Soziale Medien zB) umso rudimentärer ist sowas nur möglich.

Aber beim Thema hier gerade geht es ganz zentral doch eh vor allem um die Zukunft - und umso länger man sich da „Reinfuchsen“ würde (wenn man es denn wenigstens ernsthaft probieren würde!) umso mehr würde da auch sinnvoll hängenbleiben immer mehr…

PS: und der passende Lehrernachwuchs käme natürlich auch immer mehr nach, der solche Themen dann auch immer fast schon mit der „Muttermilch aufgesaugt hat“ :joy:

Ich fürchte einen leichten Technik-Bias vom Technik-affinen @Ibiza .
Ich war talentierter Computeruser der einskommafünften Stunde - kein Nerd, aber DOS-Virtuose vor Windows. Bis zur Jahrtausendwende konnte ich mithalten, auch noch bis nach der Weltwirtschaftskrise 2007/08.
Aber inzwischen bin ich technisch auf m Altenteil.

Meine Tochter (100% native Digital) hat Digitales Design studiert. Dann 3 Jahre was anderes gemacht. Und findet keinen Job, weil sie technisch zu lange raus ist.
Die Muttermilch hält nicht mehr allzu lange vor - weder deine noch meine.

Außerdem: Wann war die Elterngeneration ihren Kindern je technologisch gewachsen?
Meine Eltern wurden ohne Fernseher groß.
Ich wurde ohne Internet groß.
Meine Töchter zumindest bis zur weiterführenden Schule noch ohne Händi.
Und meinst Du, dass die X- und Insta-Kids der Generation Alpha da plötzlich die Ausnahme bilden werden?

Vielleicht müssen wir hier einmal klar definieren, was „Medienkompetenz“ überhaupt bedeutet. Bei uns in NRW gibt es den sogenannten „Medienkompetenzrahmen“, der verpflichtend in die Lehrpläne integriert werden muss. Dieser beinhaltet 6 Unterthemen:

  • Bedienen und Anwenden
  • Informieren und Recherchieren
  • Kommunizieren und Kooperieren
  • Produzieren und Präsentieren
  • Analysieren und Reflektieren sowie
  • Problemlösen und Modellieren

Die ersten vier Punkte drehen sich dabei um rein praktische Fragen, wie man z. B. mit einer Textverarbeitung, einer Tabellenkalkulation, einer Internetrecherche, einer Präsentationssoftware und mit Email etc. umgeht. Das sind eher technische Fragen im Umgang mit Software.

Was (denke ich) hier im Thread als „Medienkompetenz“ bezeichnet wird, geht viel eher in die Richtung „Analysieren und Reflektieren“. Und da geht es meiner Ansicht nach weit über ein paar Unterrichtsstunden mit dem Titel „Medienkompetenz“ hinaus: dazu gehört vor allem eine umfassende geschichtliche Bildung, um Dinge einordnen zu können (wie @gratschifter ja schon bemerkte), es gehört unbedingt eine kritische Distanz zu Medienquellen jeglicher Art dazu. Das fällt uns Menschen schon schwer, wenn wir ehrlich sind - gerne pickt man sich die News heraus, die einem passen (ich schließe mich selbst natürlich nicht aus). Eine gute geschichtliche Bildung ist daher auf jeden Fall nicht verkehrt, was Medienkompetenz angeht, völlig unabhängig von den rein technischen Fragen.

Ich möchte auch noch einmal den Beitrag von @willythegreat hier wertschätzen: die Lehrer (so wie ich auch einer bin) stehen auf absolut verlorenem Posten, wenn zu Hause nachmittags stundenlang unkontrolliert gedaddelt oder in den sogenannten „sozialen“ Netzwerken agiert wird. Die Eltern tragen (natürlich neben der Schule) ebenso ihre Verantwortung.

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Das mag schon sein mit der Technik Affinität bei mir - ja, auch ohne mich die letzten 20 Jahre groß mit dem Standard Softwarekram beschäftigt mehr zu haben würde ich mir da alles in paar Monaten draufzuschaffen zutrauen, das mag in unserem Alter (alle näher der Rente als dem Berufseinstieg) außergewöhnlich sein - aber darum wie das bei uns alten Säcken ist/wäre geht’s da doch eh null.

Umso mehr man sich da in jungen Jahren (und bei mir war das dann natürlich fast alles selbstständig neben Schule und Studium) sich mal draufgeschafft hat - davon zehrt man im Falle des Falles (daß es dann wirklich im Job später braucht) doch ohne jede Frage - wer dann schon mal Basics hat in Software Anwendung oder natürlich auch Programmierung erarbeitet sich viel leichter auch Neues in die Richtung.

Und beim Thema Medienumgang doch genauso - umso mehr man da auch mal auf solider Basis (statt nur mal selbst überall bisschen Zeit verplempert zu haben) herangeführt wurde an eben auch gerade die Fussangel dieser neuen Medien umso eher hinterfragt man doch später auch mal selber Inhalte, aber eben auch das eigene Medienverhalten?

Wieviel es wirklich bringt natürlich eh immer die Frage - aber wie gesagt: Ich sehe da so unglaublich viel in den Lehrplänen was viel offensichtlicheres Zeitverplempern ist in der heutigen Zeit (die Grundzüge unseres Bildungssystem sind ja weiter klar an den Zeiten von Humboldt orientiert!) darstellt als solche EDV oder eben neue Medienthemen…

Das ist ein Problem welches uns die nächsten Jahr/e(zehnte) verfolgen wird. Bissl polemische Darstellung aber: bisher sieht es so aus, dass die „Computernerds“ NICHT Lehrer werden (können??)!

Aber für den Fall, dass sämtliche Lehrer an der Schule absolute Analphabeten sind was die Nutzung von Computern angeht… dann holt man sich halt externe ins Haus. Stichwort CCC!
Das sind Leute zu denen so mancher Computeraffine Jugendliche sicherlich „aufschauen“ würde und demjenigen glaubt was er sagt.
Bspw Polizei in die Schule schicken zur Drogenaufklärung find ich total daneben. Da gehören Ex-Junkies hin die es aus dem Drogensumpf raus geschafft haben und keine Polizisten die einem Paragraphen vorlesen und abschreckende Bilder zeigen.

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Wie immer MiaSanFCB-gemäß provokativ verpackt. CCC in die Schulen - keine schlechte Idee.
Aber ich bin bei Dir:
Ich war jahrelang in Kliniken und Schulen in Sachen Suchtprophylaxe, -folgen und -ausstieg zu Gast. Süchtige hören anderen Süchtigen eher zu als Psychologen, Lehrern oder Polizisten.
Allerdings braucht’s beides.

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Schau an - Chaos macht wirklich Schule! Hielt ich für nen Witz :joy:

PS: passend zum Thema - man lernt nie aus, selbst als alter Sack!

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Nope - der lange Marsch durch die Institutionen: aus Turnschuh-Trägern werden Außenminister. Und aus Hackern Pädagogen für unsere Liebsten Kleinen.

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Ich finde, der Begriff „Hacker“ ist (zu Unrecht) sehr negativ behaftet.
Ohne solche Leute wie beim CCC hätten all unsere Programme wohl immer noch massive Sicherheitslücken.
Hat nicht sogar Apple mal einem Jailbreaker einen Job gegeben um iPhones sicherer zu machen?

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Stimmt anscheinend tatsächlich:

In popular culture, „hacker“ usually means someone breaking into systems illegally, but it can also describe skilled programmers or problem-solvers in technology"

Hätte da schon auch erstmal eher den illegalen Teil im Kopf gehabt aber die Unterscheidung zwischen black und white hacking scheint tatsächlich sehr etabliert.

Wie gesagt - man lernt hier nie aus!

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Mal wieder eher was für den Politikthread…

Empirisch wird das in vielen Fällen so sein, ja. Aber theoretisch kann Trumps Zollpolitik funktionieren, wenn ihr Ziel darin besteht, die amerikanische Produktion bestimmter Güter anzukurbeln, bei denen Trump eine zu große Abhängigkeit Amerikas vom Rest der Welt sieht. (Victor Klemperer würde sich im Grab umdrehen: „Ankurbeln” ist ein Nazi-Wort, das er gehasst hat.)

Dein Beitrag und @Ibizas spätere Antwort betreffen im Wesentlichen zwei unterschiedliche Fragestellungen, die analytisch am besten getrennt zu erörtern sind:

  1. Wer trägt die Kosten der amerikanischen Zölle? Sind es die Amerikaner selbst oder ist es der Rest der Welt?
  2. Ist das Mittel der Zölle geeignet, um die Produktion in bestimmten Industrien wieder nach Amerika zurück zu verlagern?

Frage 1 ist deutlich leichter zu beantworten als Frage 2, denn die Frage, wer die Zölle am Ende tatsächlich zahlt, hängt von den Preiselastizitäten von Angebot und Nachfrage der betrachteten Güter ab. Stellen wir uns ein Gut vor, das die Chinesen eigentlich nur für den amerikanischen Markt produzieren und für das sonst nirgends ein Bedarf besteht, nicht einmal in China selbst. Stellen wir uns weiterhin vor, dass Amerika dieses Gut zwar in großen Mengen aus China importiert, es aber zu nur unwesentlich schlechteren Preisen auch aus anderen Ländern, beispielsweise Chile oder Frankreich, importieren könnte. Wenn die US-Regierung nun einen Zoll auf dieses chinesische Gut erhebt und der chinesische Anbieter sein Geschäft mit diesem Gut nicht an Chile oder Frankreich verlieren will – und darüber möglicherweise pleitegeht, weil es für das Gut sonst nirgends einen Absatzmarkt gibt –, dann wird ihm nichts anderes übrig bleiben, als den Preis seines Gutes ungefähr um die Höhe des Zolls zu reduzieren,

In diesem Fall ändert sich der Preis des Gutes aus Sicht des amerikanischen Konsumenten kaum, der chinesische Anbieter absorbiert den Zoll und der amerikanische Staat streicht für jede verkaufte Einheit einen Betrag in Höhe des Zolls ein. Amerika wird reicher (um die Höhe der Zolleinnahmen), China wird ärmer. Amerika gewinnt, China verliert.

(Dies ist natürlich ein empirisch eher unrealistisches Extrembeispiel, aber mir geht es um die theoretische Möglichkeit, dass Zölle das Land, das sie erhebt, tatsächlich reicher machen können und dass sogar die konkreten Konsumenten von den Auswirkungen des Zolls auf ihr konkretes importiertes Gut verschont bleiben können. In der Realität werden sich die betroffenen Länder die Zollkosten in den meisten Fällen teilen, wobei die Konsumenten/Abnehmer im zollerhebenden Land typischerweise einen größeren Anteil tragen müssen als die Produzenten/Anbieter im zollbetroffenen Land. Im Fall von Amerika gehen Fachleute davon aus, dass der amerikanische Konsument ungefähr 80 bis 90 Prozent der finanziellen Mehrbelastung durch die Trump-Zölle zu tragen hat, wenn ich ich mich richtig erinnere).

Auf Frage 2, ob es Amerika mittels der Zollpolitik gelingen kann, „ausgestorbene” Industrien, vor allem im produzierenden Gewerbe, auf das Trump und die konservativen und post-liberalen Wirtschaftspopulisten in seinem Umfeld so scharf sind, zurück ins Land zu holen, lautet die super kurze Express-Antwort: Es wird vielleicht für einzelne Branchen in einzelnen Regionen funktionieren*, aber für das Land als Ganzes gäbe es wesentlich besser geeignete Instrumente als Zölle, die dasselbe Ziel deutlich effizienter und mit weniger weltweiter Wohlstandsvernichtung erreichen würden (beispielsweise gezielte Subventionen für den Aufbau als kritisch erachteter Industrien).

*Wie? Die Kausalkette ist ganz einfach: Die amerikanische Stahlindustrie ist nicht wettbewerbsfähig. 2) Die US-Regierung erhebt Zölle auf ausländischen Stahl. 3) Die Produktionskosten der amerikanischen Stahlindustrie sind geringer als die Kosten für ausländischen Stahl inklusive Zoll. 4) Die amerikanische Stahlindustrie ist wieder wettbewerbsfähig.

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Das Zusammenspiel zwischen @Gratschifter und @Alex funktioniert von Monat zu Monat immer besser: @Gratschifter behauptet verkürzt etwas, was bei differenzierter Betrachtung durch den Fachmann @Alex ein wenig revidiert werden muss.
@Alex betrachtet fachmännisch differenziert.
@Gratschifter revidiert ein wenig.
Allet wird jut. :wink:
Perfect Match.

Zu Frage 1: 80 bis 90 Prozent reichen mir. Die fehlenden 10 % wird Trump mithilfe einer massiven X-Kampagne und der unschlagbaren Karoline Leavitt als „Greatest Trump Deal ever“ verkaufen. Und 2029 nach der Verfassungsänderung als erster US-Präsident in seine dritte Amtszeit gewählt werden. Fresst Sch… Amerikaner - Milliarden Fliegen können nicht irren.

Zu Frage 2: Ja, Europas (v.a. die deutsche) Stahlindustrie hat bereits mitgeteilt, dass die 50-Trump-Prozent auf Stahl-Exporte in die USA ein existenzielles Problem darstellen. Vermutlich sorgt das für weitere Eskalation des Handelskrieges. Aber natürlich sorgt das erstmal für einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil der US-Stahlindustrie ggü. Europa. Wie schnell, wie stark und ob überhaupt sich die US-Stahlindustrie in der Folge wachsen wird, kann ich überhaupt nicht beurteilen.

Meine Frage wäre eher wie gewöhnlich „Cui Bono“ - warum macht der Orange Utan das überhaupt? Die derzeit unter US-Psychologen grassierende Theorie, er sei an Demenz erkrankt, halte ich sogar für möglich, aber irrelevant.
Wenn ich Trump (bzw. das ihn schützende und steuernde Umfeld) richtig einschätzte, ist ihm die Stahlindustrie völlig egal. Er verbindet zwei angenehme Dinge: Zusätzliche Wähler:innen im Arbeitersegment. Und ein hervorragendes Druckmittel in Verhandlungen ggü. Europa - („wenn ich eurer Stahlindustrie das Messer von der Kehle nehme, was kriege ich dafür? Wie wär’s mit Unterstützung für den Zwangsfrieden in der Ukraine - zu Putins Bedingungen? Ihr überredet Selenskij an den türkischen Verhandlungstisch - am Montag sollen neue Verhandlungen in der Türkei beginnen. Und ich warte mit den 50-Trump-Prozent noch ein paar Monate. Great Deal, fellows.)

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How to get 2 Billion US-Dollar in a 100 days
Oder
How to make the Trump Family rich again! - Die eigentliche Regierungsagenda der ersten hundert Tage von Donald Trump

https://archive.ph/2025.05.23-114536/https://www.zeit.de/2025/21/private-geschaefte-donald-trump-familie-praesidentschaft

„Oligarchy makes the world go around“ - so dachten wir zunächst.
Inzwischen muss es korrekter heißen
Kleptocracy makes the world go around“.

Blockzitat
Trotz allem hält sich die Aufregung der amerikanischen Öffentlichkeit über das doppelte Spiel von Trump in Grenzen. Die Wähler wussten schließlich um seine Geschäftemacherei und gaben ihm im November dennoch mehrheitlich ihre Stimmen. Bei einer Umfrage im Januar sagten 45 Prozent der Befragten, Trump sei ihrer Meinung nach „unehrlich“. Das ist schon eine starke Aussage über einen Staatspräsidenten. Allerdings hält eine Mehrheit der Amerikaner ihre Politiker generell für korrupt. Dass Trump seine eigenen Geschäfte vorantreibt und gleichzeitig das Land regiert, ist für viele daher einfach nur ehrlich. Er macht das wenigstens nicht heimlich, sondern öffentlich.

Weitermachen, Donald!

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Is nichts Neues, ich weiß.
Aber fassen kann ich das immer noch nicht.
Wo ist eigentlich der Unterschied zwischen Bücherverbrennung und Bücherverbannung? Zwei Buchstaben.

Verbannt aus Amerikas Bibliotheken neben über 1000 anderen Titeln

  • Animal Farm
  • Hunger Games
  • The Handmaids Tale (Margaret Atwood)
  • Wer die Nachtigall stört
  • The Fault in Our Stars (Das Schicksal ist ein mieser Verräter)
  • Nineteen Minutes (Bestseller über einen Schul-Amoklauf)
  • Eine wie Alaska (John Green)
  • Drachenläufer (Khaled Hosseini)
  • Crank (Ellen Hopkins)
  • Identical (Ellen Hopkins)
  • Wasser für die Elefanten (Sara Gruen)
  • The Bluest Eye (Toni Morrison)
  • Die Farbe Lila (Alice Walker)
  • Das Tagebuch der Anne Frank
  • 1984

Von der Website des amerikanischen PEN

Blockzitat PEN America
PEN America has documented nearly 16,000 book bans in public schools nationwide since 2021, a number not seen since the Red Scare McCarthy era of the 1950s. This censorship is being mobilized by conservative groups— and has spread to nearly every state— and predominantly targets books about race and racism or individuals of color and also books on LGBTQ+ topics as well those for older readers that have sexual references or discuss sexual violence.

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Ich vermag nicht einzuschätzen, inwiefern die oben genannten Bücher in den USA wirklich teils gebannt wurden oder auch nicht. Ich kann für mich persönlich nur feststellen: Orwells „1984“ ist ein wirklich visionäres Werk gewesen. Ein Buch, welches aus meiner persönlichen Sicht wirklich jeder (auch jede/r Schüler/in) gelesen haben muss: Der „große Bruder“ (big brother), die nichtabschaltbaren Telescreens, Neusprech, die Gedankenpolizei… Für mich ein absolut überragendes Literaturwerk. Das ist hochaktuell, auch im Jahr 2025.

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Die oben genannten Bücher sind allesamt auf der Banlist mehrerer amerikanischer Staaten, also offiziell in den dortigen Schul- und Hochschul-Bibliotheken verboten.
Überleg mal: Das Tagebuch der Anne Frank…
Da happich keine Fragen mehr.

Das ist übrigens nicht (allein) Trumps Werk (wenngleich in seinem Sinne):
Der US-PEN listet über 16.000 Bücher auf, die seit 2021 verbannt wurden. Die genaue Liste mit Staatsangaben gibt’s auf der Homepage des PEN als PDF.

Anderes Thema:
Ich hab mir eben das Real-Live von Fritze Merz im Oval Office angetan. Volle quälende 38 Minuten lang - die Trump-Selbstbeweihräucherung ist für mich schlicht ekelerregend. 37 der 38 Minuten bestritt Trump als One-Man-Show, verbreitet am laufenden Meter Fake News, falsche Zahlen und Verschwörungstheorien - und Fritze machte gute Miene zum bösen Spiel. Gegen das narzisstische Ekelpaket Trump wirkt unser Merz wie das nette Bübchen von nebenan.
Und der Hauptkommentar unserer Medien ist unisono: Ggü. Selenskij und Ramaphosa ist Merz glimpflich davongekommen.
Das soll ein Staatsbesuch sein?
Soweit ist s schon gekommen: Wir sind dankbar und froh, wenn wir uns nicht wie ein geprügelter Hund aus dem White House mit eingekniffenem Schwanz zurückziehen müssen.
Dass die Oberhäupter der Welt sich das gefallen lassen - unglaublich!

Da fällt mir wirklich nix mehr zu ein!

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