Weltmeisterschaft 2022 in Katar

Was die Nazi-Autobahnen und ähnliche Bauten angeht:
Erstens sind die Autobahnen gar keine Nazierfindung: Die berühmte Berliner Avus stammt aus dem Jahr 1921. Zweitens wird etwa das Berliner Olympiastadion u.a. gelegentlich vom jüdischen Sportverein Makkabi genutzt. Der Gröfaz würde sich im Grabe umdrehen.

Ich kann ja mal schreiben, was mich persönlich zum Boykott bewegt hat. Zunächst mal halte ich es für eine rein individuelle Entscheidung, wie Leute diese WM bewerten und sich dazu verhalten. Ich halte es weder für moralisch verwerflich, das zu gucken, noch für exemplarisch, sich dem zu verweigern. Deswegen muss man sich darüber auch nicht in die Wolle kriegen und gegenseitig trollen.

Meine persönliche Einstellung hat auch nichts (oder eher wenig) mit dem Staat Qatar zu tun. Ich habe da sogar vor einem Vierteljahrhundert mal selber Urlaub gemacht und bin ein- oder zweimal mit ihrer Fluglinie geflogen. Ich habe auch die WM in Russland im Fernsehen angeschaut und würde das gleiche bei einem Turnier z.B. in China machen. Ich sehe den Fussball oder Sport im Allgemeinen nicht als Instrument zur Durchsetzung einer Menschenrechtsagenda und halte es für falsch, Menschen in autokratischen Staaten solche Ereignisse zu verwehren.

Was mich aber massiv stört, sind die qatarischen Umtriebe im Fussball, und das auf mehreren Ebenen. PSG und ihre Verhohnepipelung des FFP sind hier ja schon ausgiebig diskutiert worden. Damit werden Wettbewerbe und Transferpreise verzerrt, die Champions League zur Bühne für aussereuropäische Sportswashing-Projekte gemacht, und auch die Integrität der UEFA (oder was davon übrig ist) untergraben.

Genauso ist die Vergabeentscheidung nach Qatar, einem Kleinstaat ohne professionelle Liga, ohne Stadieninfrastruktur und mit über 40 Grad im Sommer, für mich nur durch massive Korruption innerhalb der FIFA zu erklären. Ja, Deutschland ist 2006 wohl auch nicht ganz sauber an seine WM gekommen, war aber ein plausibler Bewerber (wie auch Russland). Qatar ist da einfach auf einem komplett anderen Level - selbst für Blatter war der Entscheid damals zuviel. Dieses WM-Projekt ist in seiner sozialen und ökologischen Bilanz eine einzige Katastrophe und hätte gar nicht erst zur Abstimmung zugelassen werden dürfen.

Qatar hat dennoch seinen Willen bekommen und wird das Turnier gemäss seinen Vorstellungen ausrichten. Ich gebe mich keinen Illusionen hin, dass individuelle Boykottentscheidungen daran irgendetwas ändern können. Aber ich will mich auch nicht selber daran beteiligen, solche absurden Spektakel zu normalisieren. Aus demselben Grund trage ich keine Trikots mit Qatar-Flock auf und hoffe, dass unser Verein diese Partnerschaft bei nächster Gelegenheit beendet. Aber wie gesagt, das ist eine individuelle Entscheidung - wer gucken will, hat dazu genauso ein Recht, wie mit Qatar Airways zu fliegen oder die aktuellen Trikots ins Stadion zu tragen; diese Entscheidungen machen einen nicht zu einem guten oder schlechten Menschen.

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Werde natürlich schauen. Hab nach der ersten Skepsis mittlerweile richtig Bock auf ein Turnier im Winter. Sehe aber natürlich den Austragungsort aus sportlicher Sicht kritisch, da man bei solchen Temperaturen keine Normalleistungen erwarten darf. Wird aber interessant zu sehen, ob eventuell südamerikanische oder afrikanische Teams nen Vorteil haben werden.

Die politische Situation ist mir natürlich absolut wumpe. Ich hoffe aber trotzdem auf ein paar Aktionen, die das europäische Juste Milieu wieder ins Stammeln bringen. Mal sehen ob jemand so verrückt sein wird Regenbogenfarben zur Schau zu tragen.

Ich stimme @Brille und vielen Anderen hier zu: Die Frage, wie man sich zur WM in Katar praktisch verhalten soll, ist eine wichtige und durchaus vielschichtige, die man mit Gewinn debattieren kann. Es stellen sich viele Fragen, aber ich möchte an dieser Stelle ganz dezidiert auf die Frage eingehen, inwiefern das Beispiel des Umgangs mit der A8 von @jjs und ähnlicher gelagerter Fälle historisch belasteter Ereignisse und Dinge als Maßstab für den Umgang mit der WM in Katar herangezogen werden kann, nämlich meines Erachtens gar nicht oder nur äußerst unzureichend.

(Explizit ausklammern möchte ich vorab das moralisch komplizierte Problem historischer Schuld, also die Frage inwiefern wir als heutige Individuen oder Kollektive für die Verbrechen unserer Vorfahren, an denen wir kausal nicht beteiligt waren, verantwortlich gemacht werden können und sollen und welche praktischen Konsequenzen daraus für uns heute erwachsen.)

Das gesagt habend, scheint mir hier zunächst einmal wichtig festzuhalten, dass es bei der Frage der moralischen Evaluation der WM in Katar um ein praktisches Problem geht, nicht ein theoretisches: Soll ich die WM einschalten oder nicht? Soll ich nach Katar fahren oder nicht? Soll ich die WM boykottieren oder nicht? Es handelt sich um eine Frage des richtigen Handelns, nicht des richtigen Denkens. Oder anders: Unser richtiges Denken ist nur insoweit von Interesse, als es sich in entsprechendem, richtigem Handeln ausdrückt. Wenn sich unsere moralische Haltung dazu, ob die WM in Katar zu boykottieren oder einzuschalten sei, anschließend in keiner Weise in unserem praktischen Handeln widerspiegelt (ob negativ oder positiv), dann diente es einzig einer inneren moralischen Erörterung und hätte keinerlei weltliche Relevanz außerhalb unseres Kopfes.

Wenn wir hier also über eine praktisches Problem sprechen, bei dem es auf unser Handeln ankommt, dann ist damit auch unmittelbar klar, dass sein zentraler Sinn darin liegt, mit dem Handeln eine angestrebte Zustandsveränderung der Welt, eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Ein ausschließlich in der eigenen innersten Privatsphäre verbleibendes Handeln, das völlig ohne über den unmittelbaren innersten Kreis hinausgehende Außenwirkung bleibt, politisch-moralisch zu debattieren, ist witzlos. Ein Boykott der WM in Katar ist als Handlung keine Handlung um ihrer selbst willen, sondern um damit ein bestimmtes, beabsichtigtes Ergebnis in der öffentlichen Sphäre zu erzielen.

Was genau beabsichtigt wird, kann von Person zu Person unterschiedlich sein. Aber politisch relevantere Absichten als die Bestätigung des moralischen Ichs oder die Erzielung eines moralischen Distinktionsgewinns im Freundeskreis könnten beispielweise eine Vorenthaltung ökonomischer Ressourcen gegenüber den Verantwortlichen der WM in Katar sein, so dass sich die WM für sie finanziell nicht auszahlt.

Da die Scheichs und die FIFA und die Sponsoren usw. aber selbst bei einer Gesamtzahl von Null Zuschauern während des gesamten Turniers vor Ort und an den Fernsehern ökonomisch wohl kaum ernsthaft in Bedrängnis geraten dürften, liegt der mit Abstand relevanteste zu beabsichtigende öffentliche Effekt meines Erachtens mutmaßlich in dem einer Botschaft an die Verantwortlichen:

"Werdet euch des Unrechts gewahr, das ihr vollbracht habt! Macht das nicht noch mal!"

Und damit trennt sich an dieser Stelle schließlich die Frage der moralischen Bewertung eines Boykotts der WM von der eines Boykotts der Nutzung der A8 oder, grundsätzlich gesprochen, von der einer Unterlassung der Nutzung von Gegenständen und Institutionen, die auf historischen Verbrechen beruhen, für die wir individuell nicht kausal verantwortlich sind bzw. in der Gegenwart verantwortlich gemacht werden können.

Denn die heutige Nichtnutzung der A8 hätte jenseits einer abstrakten, verschachtelten Mahnwirkung für heutige Generationen („seid euch stets gewahr der Schrecken der Nazis!“) keinerlei realweltliche Konsequenz außer vielleicht der der bereits angesprochenen moralischen Selbstbestätigung darin, dass wir uns individuell möglicherweise emotional besser fühlen, wenn wir keine Nazi-Autobahnen benutzen. Aber praktisch gesehen können wir auch durch noch so viel Nichtnutzung einmal geschehene, historische Ereignisse nicht mehr rückgängig machen und für eine praktisch wirksame Signalwirkung in Bezug auf zukünftige Ereignisse fehlt der Adressat. Die Nazis sind tot.

Dieser Adressat fehlt hingegen nicht bei einem Boykott der WM. Denn im Gegensatz zu den Nazis gibt es die FIFA, die Al-Khelaifis, Katarischen Scheichs und Bauunternehmer, Čeferins, Rummenigges usw., also die Verantwortlichen an entscheidender Position, die relevanten Adressaten des Boykotts alle nach wir vor. Die Frage der moralischen Bewertung des praktischen Umgangs mit der WM ist also qualitativ fundamental anders gelagert als die des Umgangs mit der A8 oder anderen historischen Ereignissen, deren Verursacher heute nicht mehr leben bzw. an verantwortlicher Stelle tätig sind (und damit ähnliche Ereignisse gegebenenfalls noch einmal in ähnlicher Form verursachen könnten).

Daher halte ich den Vergleich mit der A8 und ähnlich gelagerten historisch motivierten Bezugspunkten für in der ethischen Bewertung nicht auf einem Niveau bzw. nicht kommensurabel mit dem des Boykotts der WM in Katar.

Alle weiteren moralischen Erörterungen der Frage unseres Umgangs mit der WM - ob wir sie boykottieren oder nicht, ob wir sie uns anschauen oder nicht etc. -, die nicht auf historische Ereignisse oder Umstände als Maßstab unseres Handelns rekurrieren, hängen stark mit unseren individuellen moralischen Relevanzkriterien und unseren ethischen Überzeugungen von Pflicht und Tugend und Bedeutung der Konsequenzen unseres Handelns zusammen. Das zu erörtern, wäre eine neue Frage und war hier nicht mein Ansinnen.

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Falls ich Zeit habe, werde ich meinen Vergleich nochmals genauer erläutern : - ) Ich stehe immer noch dazu. Ist aber etwas kompliziert zu erklären.

Die Nerven liegen blank.

Die treten aber auch wirklich in jedes PR Fettnäpfchen on offer.

Wenn man ran.de glaubt - Flicks ‚geleakter‘ 44er Kader:
WM-Kader des DFB: Hansi Flick überrascht wohl bei Nominierung
Aus Bayern-Sicht demnach keine Überraschungen.
Die sieben erwartbaren Namen stehen auf der Liste.
Vom Tabellenführer Union Berlin haben sich Robin Knoche und Rani Khedira hereingespielt. Offensiv können sich Füllkrug und Moukoko Hoffnung machen. Götze und Kramer grüßen aus Maracana.

Rani Khedira könnte die verblüffende DFB-Brüderstory weiterführen - mit Aussichten aufs Finale:
Die weltmeisterlichen Walter-Brüder 1954 dürften genauso zum Allgemeinwissen gehören wie die Förster-Brüder im Finale 1982. Zeitversetzt schafften es die Hoeneß-Sprösslinge ins Finale (Uli 1974, Dieter 1986). Von den national getrennten Halbbrüdern Boateng gewann DFB-Spieler Jerome bekanntlich den Weltpokal - zusammen wiederum mit Ranis älterem Bruder Sami Khedira. Auf die Kremers-Zwillinge verteilten sich zwei unterschiedliche Titel: Erwin wurde 1972 Europameister, Helmut 1974 Weltmeister.

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Weiß zwar jetzt nicht wie viele sich sonst so bewerben, würde aber vermuten, dass es doch eher weniger sind als sonst.

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35.000 erscheinen mir aber schon viel. Würde im Leben nicht draufkommen, da hinzufahren.

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Keine Sorge, ich auch nicht.
Würde aber auch kein trainingslager der bayern dort besuchen.

Was ich die tage aber gelesen habe fand ich dann auch wieder erstaunlich. Ich habe vorher zumindest keine Stellungnahme von den Kataris mehr in Erinnerung.

Das bewerben ist dieses mal kein Problem. Da kannst die Tickets kaufen wie zuletzt in den USA 1994
Allerdings ist der Knackpunkt die Übernachtung: 3000$ pro Nacht für irgendein Läusehotel, Trailer in der Wüste kosten 500$ pro Nacht. Einige Bekannte von mit Pendeln per Flugzeug aus Saudi Arabien zu den Spielen

Stellt Katar dafür wenigstens ein 9€-Ticket zur Verfügung? :stuck_out_tongue_winking_eye:

Wäre ansonsten bei den Kosten auch nicht weiter wild:

2022: WM in Katar              220,0 Milliarden US-Dollar
2018: WM in Russland            11,6 Milliarden US-Dollar
2014: WM in Brasilien           15,0 Milliarden US-Dollar
2010: WM in Südafrika            3,1 Milliarden US-Dollar
2006: WM in Deutschland          4,3 Milliarden US-Dollar

Quelle: https://www.ing.de/wissen/fussball-wm/

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ein erstes Team macht den Mund auf…

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Gut so. Eier. Wir brauchen Eier.

Wahrscheinlich versetzt sie Infantino zurück nach Ozeanien und macht noch einen schlimmeren neuen Playoffweg des Grauens für den dortigen Kontinentalverband :wink:

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Gibt es eigentlich schon offizielle Aussagen, wie man sich die Winterplanung bzgl der WM vorstellt? Habe nur von Kroos im Podcast gehört, wie es bei Real grob laufen wird und aufgrund regionaler Nähe habe ich mitbekommen wie Hannover 96 es handhaben wird. Die haben aber auch den einen oder anderen WM-Fahrer weniger…
Bis auf Choupo, Sabitzer, Tel, Ulreich und Wanner sind doch alle ziemlich gessetzt oder zmd im erweiterten Kreis ihrer Natis. Gravenberch steht wohl auf der Kippe und Upa war auch nicht immer gesetzt in der Vergangenheit, aber mit der Form schwierig, ihn nicht mitzunehmen mMn.
Machen die dann erstmal Urlaub und kriegen individuelle Trainingspläne mit? Was gibt es für Optionen oder gibt es sogar schon offizielle Angaben dazu, die an mir vorbeigegangen sind?

Machen die Nationen, die nicht qualifiziert sind, eigentlich nichts? Gerade für die wäre der Zeitraum doch perfekt, um z.B. mal ein 2-3wöchiges Trainingslager zu machen, um für die Quali zum nächsten Turnier besser eingespielt zu sein. Ich fände das geradezu fahrlässig, wenn z.B. Rangnick das nicht machen würde mit seinen Nationalspielern.

Zwischen letzem Liga-Spieltag und WM-Beginn finden einige wenige Freundschaftsspiele statt. Teilweise Testspiele für die WM-Länder, teilweise aber auch Spiele wie Österreich-Italien, die ja beide nicht dabei sind.

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Habt ihr gewusst, dass Lasogga in Katar spielt? Na wenn wir da nicht einen lokalen Experten für die WM-Berichterstattung spendiert bekommen.

Wenn der nicht mit Kerstin so eine dominante Mutter hätte, wäre er als Pierre Mohamed bin Lassoga schon längst eingebürgert. So befürchten sie dass Kerstin am Ende noch Al Khelifi bei PSG bzw bin Hamamm bei der Fifa ablösen will