Weltmeisterschaft 2022 in Katar

„Knicksend“ war jetzt eine etwas polemische Metonymie, um den Satz kurz halten zu können.
Weniger polemisch formuliert:
Das Bild eines Wirtschaftsministers, der, um die Energiekrise im eigenen Land zumindest ansatzweise zu lösen, bei einem arabischen, nicht demokratisch gewählten Herrscher um Rohstofflieferungen „bittet“, ist halt nicht mit dem Bild von One-Love-Binden tragenden Nationalmannschaften – in eben genau dem Land des schon oben genannten Herrschers – in Übereinstimmung zu bringen, oder zumindest nur sehr schwer.

PS: Ich möchte damit den Wirtschaftsminister nicht kritisieren - es blieb ihm ja gar nicht viel anderes übrig. Realpolitik.

Okay, sorry, aber das passt rhetorisch ja noch besser. Danke.

Das klingt ja so, dass Fußballprofi künftig eine erstrebenswerte Möglichkeit sein wird, dem Elend zu entkommen. Vielleicht ist diese Art von Druck förderlich für die Entwicklung außergewöhnlichen Talents.

Danke für Deine ausführliche und konstruktive Antwort, @Black_Sheep_Gaming !

Offensichtlich beschäftigst Du Dich ebenfalls rege mit gesellschaftlichen und globalen Entwicklungen - Chapeau!

Deine Einlassungen decken sich in weiten Teilen mit den meinen, nur beim Thema Covid bin ich ein wenig kritischer:

Der gesellschaftliche - nicht rein wirtschaftliche - Schaden ist signifikant:

  • Lese-, Schreib- und Rechenschwächen bei Kindern aufgrund des langen Home schoolings mit deutlichen Vorteilen bei den ohnehin privilegierten Bildungsschichten - ich kenne drei Lehrer persönlich und nehme dies somit als Urteil „aus erster Hand“

  • Ganze Branchen, die in die Krise getaumelt sind: Hotellerie, Tourismus, Gastronomie, Einzelhandel…

  • Permanente Überlastung und folglich Berufsflucht aus Kranken-, Alten- und pflegesektor

Deiner Prämisse unter 1) folgend haben wir es „gut gemacht“, weil es weniger Todesfälle gab. Dennoch sind die gesellschaftlichen Schäden bis heute gravierend. Da darf man die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen durchaus hinterfragen.

Das nur als Kontext zu meinen Argumenten.

Das grundlegende Problem waren für mich ja gar nicht die Verhältnisse in D - wir sind noch immer privilegiert im globalen Vergleich - sondern die Diskrepanz in politisch-wirtschaftlichem Agieren einerseits und dem in Richtung der Fußballer zeigenden moralischen Zeigefinger andererseits. Hierzu gab es bereits einen guten, gewinnbringenden Austausch.

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Ich würde sagen (analog zum Frauenfußball) holen da andere Länder einfach auf oder sind schon an uns vorbeigezogen. Japan und Co sind nicht mehr die Underdogs wie noch vor einigen Jahren. Viele Spieler von solchen Nationen spielen inzwischen im europäischen Spitzenfussball mit.

Früher war die deutsche Frauennationalmannschaft das Maß aller Dinge. Weltweit und vor allem europäisch. Andere Länder haben da inzwischen auch aufgeholt.

Ich bin der Meinung das die N11 die nächsten 2-3 Turniere NICHTS reißen wird. Ein Musiala alleine wird (auch wenn er sich so weiter entwickelt wie gehofft) wird kein ganzes Team tragen können. Und außer Musiala sehe ich da keinen 19 jährigen der annähernd so ein Potential hat wie er

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Und genau so agieren eben DFB und Team. Daher sollte man diese nicht für Alles verantwortlich machen.

Der Meinung bin ich leider auch: Wir haben offensichtlich im Nachwuchsbereich in den letzten 20 Jahren katastrophal gearbeitet: Es werden nur noch wirbelnde 6er, 8er, 10er und ein, zwei Winger ausgebildet.

Für gute Torhüter genügt es noch gerade so, wobei auch da Niemand nachwächst.

Die Abwehr und der Sturm finden im deutschen Nachwuchs nicht mehr statt - warum auch immer.

Liegts daran, dass es im 16er mehr „zur Sache“ geht und Leon / Jean-Luc abends blaue Flecken nachhause bringen? Oder haben Löw, Flick und Bierhoff mit ihrem Faible für Tikitaka diese Positionen so in Misskredit gebracht?

Ich denke das kann man so sagen, aber über die Ursache kann man definitiv streiten.

Die Medien versuchen es so darzustellen, als wäre die Jahreszeit und der Austragungsort ausschlaggebend, aber ich behaupte es ist genau diese Berichterstattung und das Politisieren, was die Leute vergrault.

Keine Sau will sich dieses moralinsaure Gelaber anhören. Niemand will, dass Zeichen gesetzt werden, wenn die gleichen Zeichensetzer dann zu blöd sind gegen Japan zu gewinnen.

Es ist genau das passiert, was in vielen Schichten der Gesellschaft passiert ist, die Falschen haben die Deutungshoheit erlangt und der Rest schaltet ab.

Siehe Netflix.

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Ich bin der Meinung, dass es in Deutschland auch viel damit zu tun hat, wie man Fußball spielen will. In Deutschland wird kaum Wert auf technische Finesse und Spielwitz gelegt. Das ist was, was immer bei anderen bewundert wird. Ich finde man sieht das sehr gut an Freizeitfußballern und was auf den Bolzplätzen gespielt wird. Das ist zum Großteil wildes Gebolze ohne jeden Anspruch an Technik und Finesse. Das habe ich jedes mal aufs neue festgestellt, wenn ich mal außerhalb vom Vereinsfußball gespielt habe und dann noch den direkten Vergleich mit dem Ausland erlebt habe. Es ist schon einigermaßen erbärmlich wie wenig fußballerische Exzellenz, gemessen an der zur Verfügung stehenden Masse, rauskommt.

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Das Team kann gar nichts dafür. Es hat die WM-Stätte ja nicht gewählt. Der DFB ist da schon näher „dran“, sozusagen.
Folgender Vorschlag:
Die UEFA-Verbände verfügen ja insgesamt über mehr finanzielle Mittel haben als die FIFA, sie könnten sie also im Bestechungswettbewerb überbieten und die FIFA-Gremien aus ihrem eigenen Haus rauskegeln :rofl: Ja, ich weiß, Teufel und Beelzebub.

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Vielleicht ist ja auch einfach das Angebot an hochtalentierten und ehrgeizigen Fußballern mit deutschem Pass zunehmend geringer … nicht nur dass die Zahl der Kinder generell zurückgeht, auch der Anteil derer, die sich in Fußball- (oder generell Sport-) Vereinen aktiv betätigen, nimmt ja auch seit langem kontinuierlich ab.
Da wäre es nur logisch, dass sich auch in den Nachwuchs-Leistungszentren zunehmend Jugendliche finden, die entweder nicht das ganz große Talent mitbringen oder - was mir wichtiger zu sein scheint - die nicht bereit sind, täglich viele Stunden hart an sich zu arbeiten, um immer noch besser zu werden. Schlicht und einfach, weil die Chance, am Ende Profi zu werden, auch bei den Jungs in NLZ noch sehr gering ist. Wozu auch die Vereine beitragen, die im Zweifel dann lieber das größere Talent aus dem Ausland verpflichten oder einen schon fertigen Spieler, der keinen deutschen Pass hat.

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Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Menschenrechte spielen da keine Rolle? :see_no_evil:
Hauptsache billig.
Ich bin sprachlos.

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Leider nicht. :wink: (20 Zeichen)

Mehr fällt dir dazu nicht ein? Respekt

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Stimmt, Saudi Arabien war das Land, das die Journalisten zerstückeln läßt und Krieg gegen den Jemen führt - und in das wir jetzt wieder Waffen liefern. Gut, dass Habeck da keinen Knicks gemacht hat. Sorry, der musste einfach sein. Ich krieg mich bei all der moralistischen Verlogenheit in unserem Land momentan leider nicht ein.

Ich damit sagen: diese ganzen Diskussionen um eine One Love Binde, ist voll für die Katz, solange die wirklichen Schweinereien offensichtlich keine große Rolle spielen.

Das ist eine These, die nicht deinem Normalniveau entspricht, werter und geschätzter Alex. :wink:

Wenn in Indien unter katastrophalen Umweltstandards und Arbeitsbedingungen unsaubere Medikamente(!) produziert werden, deren Reste in offenen Gewässern und der Luft landen, dürfte das wohl einer Bankrotterklärung nahe kommen.

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@charly: Was möchtest du mir damit sagen? Habeck ist doch nach Katar gefahren, oder?

Auch interessant:

Oje, nach der Logik könnte man ja auch die Katar-Sache etwas lockerer sehen:
Für den einzelnen Hinterbliebenen eines toten Stadion-Bauarbeiters ist das natürlich schlimm und dann liegen dir die NGOs in den Ohren, das verstehe ich, aber architektonisch habe ich nichts dagegen einzuwenden. :thinking:

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Darum ging es mir nicht, sondern um die Absurdität der Diskussion um Dinge wie die One Love Binde, wenn die eigentlichen Probleme medial viel zu wenig thematisiert werden.

@Mehmet68: Ich habe mir die Großzügigkeit erlaubt, von praktischen Problemen zu abstrahieren und im Grundsätzlichen zu argumentieren. Du weißt doch, wie das mit solchen luftigen Theoretikern wie mir immer ist: denken in Modellen, argumentieren im Abstrakten, da haben praktische Randbedingungen oft wenig Platz. :wink:

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