Paris Saint-Germain- und Ligue 1

Man kann ja segnen, wen, wann und warum man will. Meine Frau merkte zu ihren Lebzeiten mal an, wenn ich mich per Handzeichen bei einem anderen Autofahrer (m/w/d) für ein kulantes Verhalten bedanke, sehe es aus, als ob ich ihn segne. :sweat_smile: (Um damit nicht den Beinamen „Forumsprediger“ weiter zu festigen: es war keine déformation professionelle; ich war Verkaufsleiter, also immer klar salesorientiert). Die Frage ist ja in solchen Fällen stets: wurde das Zeichen richtig interpretiert? :wink:

Was ich damit sagen will: so sehr ich das Recht der Spieler in Frankreich anerkenne, sich einer solchen unfreiwilligen Demonstration nicht anschließen zu wollen, so wenig überzeugt bin ich von der Lesart, Mazraoui habe hier einfach nur einen leicht religiös angehauchten Gruß dem Glaubensbruder rüberschicken wollen. Also quasi eine im Grunde private Aktion, nach heutiger Sitte halt mit maximaler Öffentlichkeit. Wir wissen es nicht, aber es gibt Wahrscheinlichkeiten. Und diese berücksichtigend, nehme ich an, dass er die homophobe Konnotation der Verweigerungsaktion seiner Kollegen in Frankreich (die sich schwerlich wegargumentieren lässt) unterstützen wollte. Der Unterschied: er handelte ohne jeden äußeren Zwang. Das genau legitimiert einen kritischeren Blick auf seine Motive.

Deine Warnung ist in sich zwar berechtigt, aber darum ging es in der Diskussion doch gar nicht. Die Frage war doch, inwiefern Religion notwendig und/oder hinreichend für moralisches Verhalten oder einen moralischen Kompass des Menschen ist. Das hat doch mit Wissenschaft nichts zu tun. Auch unethische Menschen können Wissenschaft betreiben - und dann kommt dabei vielleicht Rassenkunde oder Eugenik raus.

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Da hast Du sicher recht. Ich finde den Einwand von @Mitschnacker dennoch nicht ganz unberechtigt. Diskussionen wie diese - auch aus meiner Sicht in Form wie Inhalt hochwertige - nehmen ja ihren eigenen Verlauf. Zunächst hatte ich der Forderung „Religion überwinden“ widersprochen. Allmählich entwickelte sich, von mir durchaus nicht beabsichtigt, eine Diskussion über die von Dir so formulierte Frage:

So weit hatte ich gar nicht gehen, sondern lediglich dafür plädieren wollen, anzuerkennen, dass eine religiöse Bindung sehr wohl eine gute Basis für mutiges und sachgerechtes Handeln in schwierigen biografischen und politischen Situationen sein KANN. Nicht mehr, nicht weniger. Alle darüber hinausgehenden Bedeutungszuweisungen lassen sich leicht widerlegen und waren von mir auch überhaupt nicht intendiert. Dennoch darf man sie selbstverständlich diskutieren, was immer auch eine klärende Wirkung haben kann (in diesem Fall u.a. dadurch, dass ich meine These präzisieren musste.) Wenn dann @willythegreat und nun auch @Mitschnacker den Fokus auf andere, also nicht religiös konnotierte gesellschaftspolitische wie wissenschaftliche Fehlentwicklungen richten, so ist das in der Tat eine neuerliche Erweiterung des Themas, aber nicht weniger plausibel als die vorherige.

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@jep: Danke für Deinen legitimen Einwand. Ich fasse die Argumente der bisherigen Diskussion mal stichpunktartig zusammen:

  • Ist Religiosität notwendig für die Ausbildung einer voll entfalteten moralischen Persönlichkeit? Nein.

  • Wirkt Religiosität prohibitiv auf die Ausbildung einer voll entfalteten moralischen Persönlichkeit? Nein.

  • Sind religiöse Gesellschaften notwendig moralischer als areligiöse? Nein.

  • Ist die aktive Bekämpfung institutionalisierter Religion (Kirche) durch die Politik mit dem Ziel, sie zu „überwinden“, in einer Gesellschaft, in der sie fest verankert ist, sinnvoll? Fraglich.

  • Kann Religiosität individuell als Quelle moralischer und seelischer Orientierung und Stütze der Entschlossenheit im Handeln dienen? Ja.

  • Kann im Namen der Religion genau wie im Namen anderer Ideologien schlimmstes Unrecht verübt werden? Ja.

  • Kann man die Ursprünge der, den Gegenstand von und das Wissen über Moral wissenschaftlich zu ergründen versuchen? Ja.

  • Ist rationale Naturwissenschaft ein Gegenpool zur irrationalen Religion? Nicht als Quelle einer besseren Moral.

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Alles gesagt. Wer ein Argument braucht, um Unrecht zu rechtfertigen, wird immer eines finden. Wer es gut genug verkauft, wird auch immer genug Leute finden, die es ihm abkaufen. So läuft die Welt nun einmal.

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@Alex: Danke für Deine Zusammenfassung! Über einige Punkte könnten wir im Einzelnen noch ausgiebig weiterdiskutieren; gesamthaft stimme ich zu und ergänze:

• Lebt der freiheitliche, säkulare Staat von Voraussetzungen, die er nicht garantieren kann? Ja.

• Liegen diese Voraussetzungen in religiösen Glaubensvorstellungen, die sich in entsprechenden Begrifflichkeiten und Symbolen manifestieren? Ja.

• Hat sich in den letzten 100 Jahren beispielhaft gezeigt, dass gerade religiöse Menschen den Versuchungen und Bedrohungen diktatorischer Regimes widerstehen können? Ja.

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Hi jep,

Inwiefern ist diese Aussage in dem Kontext unserer Diskussion hier relevant? Wärst Du bereit, mir Deine Motivation dafür, sie hier zu erwähnen, näher darzulegen?

Ich bin mir weder sicher, ob ich Dich richtig verstehe noch ob ich Dir zustimme. Führe aus!

Hmmm… Ist das so? Im wahhabitischen Islam Saudi-Arabiens beispielsweise scheint sich mir autoritäres Denken und strenge Religiosität sehr produktiv zu verbinden. Und auch im Iran scheint sich zumindest vordergründig der gegenwärtige Widerstand gegen die staatliche Obrigkeit eher aus den tendenziell religionsferneren Schichten zu speisen.

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Hi Alex,

natürlich sind meine Punkte ähnlich diskutabel wie der eine oder andere der von Dir genannten. Wieso ich sie hier aufführe, lässt sich leicht erklären:

Weiter oben hatte ich den Aufsatz „Manifestationen menschlicher Vernunft - Über das Verhältnis von Religion und Wissenschaft“ verlinkt und einen zentralen Absatz daraus zitiert. Diesem entstammen die ersten beiden Punkte. Da diesen an keiner Stelle der weiteren Diskussion widersprochen wurde und sie mir unmittelbar einleuchteten, fand ich es passend, sie hier anzuführen. Beim dritten Punkt lege ich besonders Wert auf das Wort „können“. Ich habe das eingangs der Debatte beispielhaft ausgeführt und im weiteren Verlauf mehrfach betont, es nicht auf eine Beweisführung anzulegen. Deine Gegenbeispiele wie auch andere bereits von @Lukenwolf1970 angeführte treffen zu, widerlegen allerdings nicht die von mir genannten.

Es liegt auf der Hand, dass wir in diesem Rahmen die Dinge nicht erschöpfend behandeln können. Neben den rein praktischen Begrenzungen wäre eine Voraussetzung sicherlich auch die gründliche Lektüre der gegenseitig zur Verfügung gestellten Texte und ihre Erörterung. Ich gestehe, dass ich noch nicht dazu gekommen bin, mich mit Deinen Leseempfehlungen zu befassen - trotz durchaus vorhandenen Interesses. Da wir nun einmal bei aller gegenseitigen Wertschätzung von unterschiedlichen Ausgangspunkten diese Themen betrachten und eine echte Vertiefung hier jetzt nicht möglich ist, sollten wir es wohl am besten einfach mal so stehen lassen - bis auf weiteres.

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bitte wie? wie kommst du zu dieser Erkenntnis?

Um es mir etwas zu erleichtern, zitiere ich aus einem eigenen früheren Kommentar zu Beginn dieser Diskussion:

„… wer waren die Initiatoren der friedlichen Revolution in der DDR? Christen, die ihren ethischen Kompass nicht verloren hatten. Auch der Nationalsozialismus kannte keinen Respekt vor etwas Höherem als der menschlichen Gier, dem Hass und der Bereitschaft zur Vernichtung menschlichen Lebens. Die Mitglieder der Weißen Rose um Sophie Scholl waren Christen.“

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das sind zwei sehr lobenswerte Beispiele denen unzählige weltweit entgegenstehen…

Genau das! Keine abschließende Aufzählung. Es ging ja um die Forderung „Religion überwinden“. Um deren Berechtigung anzuzweifeln, dürften diese nennenswerten Beispiele vollkommen ausreichen. Wie @willythegreat weiter oben richtig bemerkte:

Diese Gegenbeispiele gibt es, sie sind aber kein Alleinstellungsmerkmal der Religion. Jede gute, menschenfreundliche Idee kann pervertiert werden, wie die Geschichte beweist. Damit ist die Idee als solche nicht schon zerstört. „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ etwa wird man nicht verachten - trotz des Terrors der Jakobiner.

EDIT: Und noch etwas: man sollte Religion und Kirche nicht gleichsetzen.

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Erst einmal vielen Dank für diese interessante und sehr sachliche Diskussion. Nicht selbstverständlich bei diesem Thema.

Wäre es nicht sinnvoll, diese Auszulagern in einen eigenen Thread?

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Im Prinzip ja, allerdings ist sie praktisch beendet. Und der Zusammenhang mit dem aktuellen Konflikt in der Ligue 1 ginge dann auch verloren.

EDIT: Meine Position wird ja im Großen und Ganzen faktisch von niemandem hier geteilt; muss sie auch nicht, man kann ja trotzdem - oder gerade deswegen? - vernünftig diskutieren. Und das ist gut gelungen, finde auch ich; danke an die Beteiligten! Jetzt will ich aber auch nicht weiter mit dem Thema nerven und werde für mein Teil hierzu nichts mehr posten.

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Was man so macht während einer Meisterfeier.

Messi wird mit Pfiffen aus Paris verabschiedet. Bin mal gespannt, wohin es ihn „zieht“…

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Kurz und knapp: Zum Geld!

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Und dann auch noch mitten unters Volk gemischt und nicht im VIP-Bereich.

Der Messi ist privat eher ein „Normalo“… aber der Menschenauflauf in Buenos Aires, als er einige Zeit nach dem WM - Gewinn ein Lokal verlässt, ist halt der Wahnsinn:

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„Sollte sie jedoch ihre Regel strikt auslegen, würde sie ein Exempel im europäischen Klubfußball statuieren.“

Wir werden es beobachten. :slightly_smiling_face:

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