Musiktipps und Musikgeschmäcker

Ja, ich bin natürlich am Start, wenn er da ist (es wird nicht bei dem einen Konzert bleiben…).
Wenn es Dir vorher auf ein Bier gelüstet, gibst Bescheid :slight_smile: .

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Jau. Mit meinem besten Freund Jens Kommnick an der Gitarre und diversen anderen Instrumenten.

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Vielen Dank für Deinen spannenden Beitrag, @cheffe.
Das, was Ihr mit mehr Sachkenntnis als ich über Patti Smith schreibt, deckt sich ziemlich gut mit dem, wie ich sie immer wahrgenommen habe.
Eine wirklich sehr beeindruckende Frau.

Da wir uns anscheinend einig sind, dass sie in erster Linie Lyrikerin und „Texteschreiberin“ ist und erst in zweiter Linie Musikerin, möchte ich etwas über englischsprachige Lyrik loswerden.

Obwohl ich mittlerweile eigentlich ziemlich gut (v.a. amerikanisches Englisch) spreche, bis zum Abitur Leistungskurs Englisch hatte, mit 14 Jahren Austauschschüler in Coventry und bislang sechsmal in den USA war, bin ich bei Lyrik immer jämmerlich gescheitert.

In den 1990er Jahren hielt ich mich mal einige Zeit in Philadelphia auf und habe in meinem „Stammcafé“ in der Pine Street, das ich schon nach kurzer Zeit gefunden hatte, mit einer jungen attraktiven Amerikanerin namens Rachel geflirtet, die dort Stammgast war und ständig etwas in ein Büchlein kritzelte.
Irgendwann fasste sie im Gespräch Vertrauen zu mir und wollte von mir wissen, was ich von ihren Gedichten halte; das ganze Büchlein war voll davon.

Zwar habe ich mich redlich bemüht, habe aber fast NICHTS verstanden; ich stand da „wie der Ochs vor dem Berg“, und sie war etwas eingeschnappt, dass ich ihr keinerlei konstruktive Kritik zu ihren Gedichten geben konnte.

Da ist mir klargeworden, dass es, auch wenn er sich ziemlich gut auf Englisch unterhalten kann, für einen Nicht-Muttersprachler wie mich so gut wie unmöglich ist, amerikanische Lyrik zu verstehen.

Weil man kein Gefühl hat für Wörter, die sich reimen, weil man die phonetischen Konnotationen vieler Begriffe nicht versteht, Anspielungen nicht als solche erkennt - und weil Rachel´s Gedichte überdies jede Menge Slang-Begriffe mit sexueller Konnotation enthielten. Eigentlich hätte mir das klar sein müssen, weil wir schon in der Schule jämmerlich daran gescheitert waren, als wir ein Kapitel von James Joyce ins Deutsche übersetzen sollten.

Deswegen werde ich auch Patti Smith´s Gedichte (für die dasselbe gelten dürfte, was ich oben über Rachel´s Lyrik schrieb) im englischen Original sicher nicht richtig verstehen. Und Lyrik halbwegs authentisch in eine andere Sprache zu übersetzen, ist wohl so ziemlich das Schwerste, was es für einen Übersetzer gibt. Eigentlich frage ich mich sogar, ob das überhaupt möglich ist.

Allein schon wegen der Phonetik: im Deutschen reimt sich z.B. „Kind“ auf „Wind“, im Englischen „child“ oder „kid“ aber nicht auf „wind“ usw.

Auch die unterschiedlichen Wortlängen zwischen beiden Sprachen stellen ein großes Problem dar, von dem ich nicht weiß, wie man es beim Übersetzen lösen soll. Wenn im amerikanischen Gedicht jemand von seiner Liebhaberin („my lover“) spricht, so hat „lover“ zwei Silben, das deutsche „Liebhaberin“ aber vier. Da gerät doch die ganze Metrik durcheinander.

Um noch mal auf Patti Smith zurückzukommen (deren Songs früher in einigen US-Bundesstaaten nicht im Radio gespielt werden durften, weil sie für amerikanische Ohren voller derber sexueller Konnotationen und Slang-Begriffen sind; ähnliches galt auch für Frank Zappa):

Das Seltsamste und für Patti ungemein Verstörende an ihrer Beziehung mit Robert Mapplethorpe war wohl, dass sie es jahrelang einfach nicht gerafft hat, dass ihr Partner homosexuell war. Obwohl das in der New Yorker Kunstszene der 1970er, in der sich die beiden bewegten, doch sicher keine Seltenheit war.

Sie hat sich oft gewundert, warum er sie so wenig begehrte, und hat den Fehler bei sich selbst und ihrer vermeintlich mangelnden körperlichen Attraktivität als damals spindeldürre Frau gesucht, anstatt einfach das Naheliegende zu sehen und zu erkennen.

Um ihre Songtexte zu verstehen, braucht man oftmals Wissen über die amerikanische Geschichte und Kultur, was man eigentlich nur kriegen kann, wenn man mal selber dort gelebt hat.

Z.B. habe ich, als ich in der Pubertät erstmals ihre Musik hörte, jahrelang gebraucht, um zu verstehen, dass die in „Hey Joe“ erwähnte „Symbionese Liberation Army Front“ (was für ein seltsamer Begriff…), die ja die Verlegertochter Patti Hearst entführt hatte, in den USA etwa das war, was in Deutschland die RAF war - während die legendären „Weather Men“ in etwa der deutschen „Bewegung 2. Juni“ entsprachen.
Auf sowas muss man als junger deutscher Punk- und Rock-Fan erst mal kommen.

Im Grunde habe ich mir Englisch selber beigebracht, indem ich zwischen meinem 14. und 18. Lebensjahr in mühevoller Kleinarbeit und mit Wörterbüchern bestückt versucht habe, alle Rock-Songs, die ich kannte und liebte, Wort für Wort ins Deutsche zu übersetzen. Dabei bin ich jedoch an ähnliche Grenzen gestoßen wie bei Rachel´s Gedichten (Slang-Wörter, versteckte sexuelle Andeutungen usw.).

Völlig frustriert war ich, als ich es trotz nächtelanger „Arbeit“ einfach nicht schaffte, den bekannten Bachman Turner Overdrive-Song „Babe, you ain´t seen nothin´ yet“ in ein halbwegs sinnstiftendes Deutsch zu übersetzen:

Bachman Turner Overdrive - You Ain’t Seen Nothing Yet 1974 Video Sound HQ (youtube.com)

Damals bekam ich Nachhilfestunden bei einer 87jährigen (!) englischen Dame aus der Nachbarschaft (da wir von den 1970er Jahren sprechen, muss sie also Ende der 1880er Jahre geboren worden sein…), die versuchte, mir ein klassisches Oxford-English beibringen, wo das Futur noch mit „shall“ gebildet wurde: „Tomorrow we shall go to the theatre“ usw.

Ich habe Jahre gebraucht, um festzustellen, dass kein moderner Engländer und erst recht kein Ami sich jemals so ausdrücken würde.
Schon das „I will go“ gilt in den USA als „hochgestochen“. Die meisten würden sagen „I´m going to go“ oder „I´m gonna go“.

Und so stand ich wieder „wie der Ochs vor dem Berg“, um den Titel des o.g. BTO-Songs zu übersetzen: „Babe, you ain´t seen nothin´ yet“.

Mein erster Versuch lautete:
„Säugling, ihr seid nicht gesehen worden nichts doch“ :slight_smile:

Ich konnte mir aber schlecht vorstellen, dass eine US-Rockband einen dermaßen völligen Quatsch singen würden.
Und wiederum dauerte es Jahre, bis ich endlich verstand, dass es „Baby, du hast doch noch gar nichts gesehen in der Welt“ (oder „im Leben“) bedeuten soll.

Außerdem wirken viele englischsprachige Hits absolut grenzdebil, wenn man sie ins Deutsche übersetzt. Beispiele?

a) The Beatles: „We Can Work It Out“.
Übersetzung: „Wir können es ausarbeiten“.

b) Modern Talking: „Cherry, Cherry, Lady“.
Übersetzung: „Kirche, Kirsche, Dame“.

c) Rolling Stones: „Jumpin´ Jack Flash“
Übersetzung: „Springender Johannes Blitz“ oder „Springender Bursche Blitz“.

d) Deep Purple: „Sweet Child in Time, You´ll See the Line“.
Übersetzung: Tief Purpur - „Süßes Kind in der Zeit, du wirst die Linie sehen“.

Dazu fällt einem nichts mehr ein.

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Blues-Legende John Mayall ist im stolzen Alter von 90 Jahren verstorben.
Den großen Hit, die großen Hits hatte er wohl nie.
Aber Generationen von Musikern inspirierte er, bzw. sie gingen gleich durch seine Schule.

Hier zeigt er sich mit fast 80 Jahren immer noch bester Laune und in Hochform.

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das ist doch erst recht mit den Texten so… das ist oftmals nichts weiter als zusammenhangloses Gestammel oder aber auf einer lyrischen und inhaltlichen Ebene wie unser deutscher Schlager…

aber es ist halt Englisch und deshalb cool - während Schlager oftmal nur belächelt wird… :man_shrugging:t2:

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Ganz zweifellos. Ich bin alles andere als ein Lyrik-Experte, aber das dürfte völlig klar sein. Ich habe einen Gedichtband von W.H. Auden mit englischen und deutschen Lyrics, und da finde ich die Übersetzungen ziemlich gelungen - aber ans englische Original reichen sie halt für mich Deutschen nicht ran. Ist sicher Geschmackssache, aber für mich klingt vieles im Englischen halt viel schöner.
Sicher können sich die meisten noch an den Film 4 Hochzeiten und ein Todesfall erinnern. In der Begräbnis-Szene wird ein Auden-Gedicht rezitiert. Ich hab den Film im Original und auf Deutsch gesehen, und obwohl die Übersetzung sehr gut ist (und die Synchro auch), wirkt die Szene auf Englisch wesentlich mehr…


Hey, ich weiß gar nicht, was Du meinst…? :sweat_smile:
Um mit Noel Gallagher zu sprechen:
Slowly walkin’ down the hall
Faster than a cannonball… (???)

Man sollte es einfach im Englischen belassen, denn es klingt doch wirklich gut, was Liam da singt :wink:

Übrigens wissen wir ja auch spätestens seit der Hamburger Schule, dass man auch auf Deutsch in Songs wunderbar poetisch und hochwertig texten kann - Jochen Distelmeyer hat für mich ganz ähnlichen Rang wie einst Jim Morrison, Cohen, Smith und die ganzen Kaliber.

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In „Child in Time“ hätte Ian Gillan von mir aus wirklich fast alles singen können, selbst „Breathless“ by Helene Fischer - das ist ein ganz wunderbares Stück Musikgeschichte und lebt vor allem nicht vom Text :blush:

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Heute Abend mal wieder ein Schmankerl im linearen Fernsehen, natürlich auf ARTE: 22.00 Uhr, das ELVIS '68 Comeback Special.

Der King ganz in schwarzem Leder, gut gelaunt und in Hochform. Scherzt mit den Mitmusikern und dem Publikum, hat Spaß und sieht, nebenbei bemerkt, immer noch so unfassbar gut aus, dass ich da immer an die Szene aus True Romance denken muss, wo Christian Slater den (von Tarantino geschriebenen) Dialogsatz zum Besten gibt, dass, sollte er je mit einem Mann ins Bett gehen, dafür ausschließlich Elvis in Frage käme…

Hier als Auszug eine besonders launige Version von Heartbreak Hotel.

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Apropos Arte: es gibt auf dem YT-Channel seit kurzem eine sehr interessante Dokumentation über Bruce Springsteen:

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Depro-Post-Punk tonight - große Fliehende Stürme-Liebe :black_heart:

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Ufff… war gut? Überlege noch mir Karten zu holen für Hannover.
Hatte heute mit Taylor S. in HH absolutes Kontrastprogramm.
Aber: Happy Wife , Happy Life.

Ach, Jumpin´ @cheffe Flash, auch Du wirst irgendwann die Linie sehen.
Schaukel rund um die Uhr herum heut Nacht, wie der König.
Wir können es ausarbeiten.

Und wenn Du mal traurig bist, weißt Du ja:
Wir alle leben in einem gelben Unterseeboot!

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die Stürme waren grandios - feines Konzert!

Absolute Zustimmung.

Hast Du denn (oder jemand anderes hier) eine Idee, WARUM Songtexte, die in der deutschen Übersetzung absolut meschugge und inhaltsleer wirken, im englischsprachigen Original so unglaublich cool klingen?

Ich frage mich das schon seit meiner Jugend.

Ich meine, für UNS mögen sie cool klingen, weil es sich ja um eine fremde Sprache handelt (schon beim Cowboy-und-Indianer-Spielen als Kind war es hundertmal geiler, meinen „mitreitenden“ Revolverhelden „Charly“ zu nennen statt „Karl-Heinz“ oder „Eberhard“…).

Aber die Muttersprachler, also die amerikanischen, englischen usw. Hörer müssen doch 1:1 gespürt haben, wie bescheuert die Texte berühmter Rocksongs waren. Seltsam.

Frank Zappa habe ich mal in einem Interview sagen hören, dass es ihm bei den Stücken seiner „The Mothers of Invention“ (= „Die Mütter der Erfindung“!!!) zu 90% auf die Instrumentalmusik ankomme - der Text sei nur stupides Beiwerk, um die Instrumentalmusik irgendwie zu untermalen.

Aber der hat das wenigstens bewusst PARODIERT, indem er sich gar nicht erst bemühte, auch nur halbwegs sinnhafte Texte zu singen, sondern dezidiert fast nur Gossensprache verwendete.

Ich sage nur: „Achte darauf, wo die Schlittenhunde gehen, und iss bloß nicht den gelben Schnee, Nanuk“ :slight_smile:

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Wenn ich mal traurig bin, bevorzuge ich aber den Trip mit Lucy. In den Sky. Mit Diamanten. :wink:

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So so, ich verstehe…
Jimi Hendrix würde Dich jetzt fragen: „Are you experienced?“ :slight_smile:
Purple Haze.

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@Mondrianus:

Für mich ist es kein Problem, dass sich viele erfolgreiche Rock- und Popsongs nicht auf einer lyrischen Ebene in höchsten Sphären bewegen (um es ganz vorsichtig zu formulieren). Es gibt natürlich Künstler wie Bob Dylan, Leonard Cohen, Jim Morisson, Bruce Springsteen oder viele andere (auch deutschsprachige), die teils durchaus sehr viel Inhalt in ihren Texten transportieren. Und idealerweise wird das dann noch mit guter Musik kombiniert. Aber bei Musik geht es ja (denke ich) vor allem darum, ein Gefühl zu vermitteln. Da gibt es ja wirklich zahllose Beispiele, wo der Text eher eine untergeordnete Rolle spielt (egal ob englisch oder deutsch oder was auch immer) und die Musik es dann „regelt“.

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Ich hab hier ein sehr, sehr schönes Beispiel dafür, kennt jemand Sigur Ros?

Sind Isländer, kamen auch im Gefolge von Björk nach oben. Unfassbare Musik, wie aus einer anderen Welt. Und ich hab keinen Schimmer, was die singen - weil es keine Sprache ist, auch kein Isländisch, sondern reine Fantasie…

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die sind ganz ganz groß - ich habe sie einst durch das Lied „All Alright“ aus dem Film „Ondine - das Mädchen aus dem Meer“ entdeckt - traumhaft!

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Natürlich :smirk: - und ist ein sehr schönes Beispiel. Ali Farka Touré ist für mich ein weiteres Beispiel: Ich verstehe kein Wort, aber die Musik berührt mich einfach. Von den vielen Instrumentalstücken egal von wem ganz zu schweigen (z. B. Sirius von Alan Parsons usw.).

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