MSR 281: Cancelo Culture statt Cancel Culture

Unabhängig von Gehältern ist der Weg in den Profifußball ein schwerer. Allein schon aufgrund der schieren Anzahl an Kindern und Jugendlichen ist die Konkurrenz um die wenigen Profisplätze enorm groß. Vermutlich hatte der Großteil der Profis als Kinder/Jugendliche ebenso schwierige Umstände zu meistern, wie du sie bei deiner Tochter beschreibst, um ganz oben anzukommen. Beim Tennis kann ich mir vorstellen, dass das Geldthema größer ist, weil man mit Geld zusätzliche Trainingsstunden oder Aufnahmen in private Tennisschulen bezahlen kann.

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Beim Fußball bringt es dir nix wenn deine Eltern Kohle haben.
Im Tennis hingegen kann Geld der Gamechanger sein

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Ist grundsätzlich gut auf den Punkt gebracht. Allerdings habe ich noch zu gut die Stimmen im Ohr, die ständig vehement gefordert haben, dass wir auf allen Positionen doppelt mit vergleichbarer Qualität besetzt sein müssen. Was im Umkehrschluss klar bedeutet, dass immer 11 Topleute nicht spielen. Und in einigen Köpfen sind dann genau die, die nicht spielen, die Besseren.

Jede Aufstellung des Trainers ist eine Wette. Genauso wie alle alternativen Vorschläge aus dem Forum. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass jemand, der das beruflich macht, zielgenauer wetten kann als wir alle hier bei msr.

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Danke - seh ich auch so. Wahrscheinlich kadertechnisch neben Schalke der schwächste der Liga. Das ist ne Truppe, die konsequent die Taktik und Vorgaben von Baumgart umsetzt. Hätte man vorher wissen können.

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Immerhin haben sie auch in Leipzig und Frankfurt Unentschieden gespielt und den BVB daheim geschlagen. Wer die Hinrunde ohne Niederlage gegen 4 CL-Achtelfinalisten absolviert, ist natürlich nicht automatisch sehr gut, aber definitiv sehr unangenehm für Gegner, die das Spiel machen.

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Sanches und Tolisso hatten auch die Anlagen um riesen Kicker zu werden. Insofern waren die Summen bei denen auch gerechtfertigt. Dass es nicht geklappt hat lag an vielen Faktoren und passiert.
Wesentlich unverständlicher sind da für mich Transfers wie Nübel oder Cuisance. Die haben natürlich nichts gekostet und sind daher ohne Risiko, ob man sie deswegen tätigen muss - mal dahingestellt.
Die 80 Mio für Lucas waren viel zu viel da bin ich dabei. Cancelo jetzt ist genauso spektakulär wie risikolos und darüber hinaus nich mit Option. Besser kann mans eigentlich gar nicht verhandeln. Chapeau!

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Die brennende Frage ist jetzt: hat Cancelo schon das rotweiße Büchlein erhalten, die Nagelsmann-Bibel, den Katechismus mit dem Glaubensbekenntnis des Nagelsmannfußballs, seinen elementaren Einsichten? Gibt es überhaupt eine portugiesische Übersetzung, oder wenigstens eine englische?

Ich übersetze mal: Du magst Nagelsmann nicht. Bravo, das wussten wir schon. Gibt’s auch noch Argumente?

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Falsch, grundfalsch. Ich finde ihn sogar sympathisch, und wünsche ihm Erfolg, was ich hier schon mehrfach zum Ausdruck gebracht habe, dennoch darf ich Zweifel an einigen seiner Ansätze äußern. Aber das hier, das war wirklich nur ein harmloses Späßeken! Veranlasst durch Vermutungen, Cancelo werde morgen schon für uns auflaufen. Toll, wenn es klappt, aber Nagelsmann wird bestimmt einige Zeit benötigen, ihn in seine Konzepte einzuweisen.

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Ich muss schon sagen, wenn man so zurückblickt auf die Personalentscheidungen der letzten 10-15 Jahre, dann hatten Rummenigge und Hoeneß schon oft sehr gute Riecher. Sei es die Trennung von Nerlinger, das Zurückholen von Müller-Wohlfahrt nach Pep, die Trennung von Dampfplauderern wie Reschke und vor allem Sammer. Nun sieht es so aus, als ob man die Entscheidung für Brazzo und gegen Flick wohl ebenfalls in diese Liste eintragen kann.

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Sehr guter Podcast . Danke Justin und Georg
Finde die Cancelo-Leihe einen echten Gamechanger . Eine Sache wundert mich: wie Ihr Upa abfeiert . Der sah doch beim Kolo Gegentor arg behäbig aus und hat sich böse vernaschen lassen, oder ?

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Sehr witzig geschrieben . Trifft es prima
Und nu ist Sabitzer weg zu ManU

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Du meinst damit sicher: Ball schnell und vertikal nach vorne spielen und dann in Zone 14 Tee trinken… ähemm… auf Chancen lauern?

den letzten Partien nach zu urteilen ist der Spielplan in der Abwehr ja sowas wie ‚lethargischer Hühnerhaufen‘, darauf sollte sich ein Guardiola geschulter Spieler recht schnell einstellen können.

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Darauf habe ich angespielt, nichts weiter…wollte auch niemandem zu nahe treten, mon dieu!

„JULIAN NAGELSMANN IST ein Mann mit festen Prinzipien. Um die 30 hat er formuliert, verschriftlicht in einem Dokument. Sie leiten sein Denken und Handeln. (…) Bei ihm dreht sich alles um den bestmöglichen Fußball.“

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Interessanter, wenn auch etwas knapper Artikel zu Nagelsmanns Spielphilosophie in der SI. Escher hätte ruhig noch deutlich mehr von Nagelsmanns Prinzipien vorstellen dürfen, gerne sogar alle ~30. Sind die etwa geheim? Ich vermute mal, dass Nagelsmann den Konkurrenzvorteil seiner Mannschaften nicht auf geheimem Herrschaftswissen aufbaut, sondern auf überlegener praktischer Ausführung (das hoffe ich zumindest für ihn, es wäre nachhaltiger).

Weil hier im Forum ja häufig Nagelsmanns „Zentrumsfokus“ diskutiert wird, und das durchaus kontrovers (:eyes: @severalseasons :wink:), zuletzt wieder hier in diesem Thread, habe ich mir mal überlegt, wie es ist, wenn man sich als absoluter taktischer Noob ohne einen Funken Ahnung von Fußballtaktik (also quasi jemand wie ich) nur allein durch Nachdenken und logische Deduktion zu erschließen versucht, warum Nagelsmann so erpicht darauf ist, stets durchs Zentrum zu spielen.


1. Zunächst einmal bedeutet eine Konzentration der Spieler im Zentrum eine ideale Ausgangsbasis für eine möglichst effiziente Abdeckung des Spielfeldes. Als Körper kann die Mannschaft so relativ schnell und mit jeweils nur kurzen Wegen flexibel und situationsadäquat in alle vier Himmelsrichtungen verschieben.

Jeder relevante Fleck auf dem Spielfeld ist aus dieser Ausgangsposition von den verhältnismäßig meisten Spielern am verhältnismäßig schnellsten unter Zurücklegung der verhältnismäßig kürzesten Wegstrecke und unter Aufbietung der verhältnismäßig wenigsten körperlichen Leistung zu erreichen. Damit ist der Zentrumsfokus aus energetischen Gesichtspunkten und im Hinblick auf schnellstmögliche Zugriffskapazität im Durchschnitt optimal.


2. Zudem sorgt der Zentrumsfokus dafür, dass der ballführende Spieler in Ballbesitz stets die meistmöglichen Fortsetzungsoptionen für das Spiel hat.

Er kann nach vorne passen, nach oben, nach unten, zur Not sogar nach hinten. Der Aktionsradius beträgt unbeschränkte 360°. Es limitieren den Spieler keine Spielfeldgrenzen und aufgrund des Zentrumsfokus befinden sich stets zahlreiche weitere Spieler als Anspielstationen in der Nähe. Auch wenn sich der Spieler statt zum Pass zum Laufen mit dem Ball entscheidet, sind ihm zunächst keine harten Grenzen gesetzt (i. e. Spielfeldgrenzen), da er sich relativ weit zentral im Spielfeld befindet. In Bezug auf die Handlungsfreiheit des Spielers sowie die Anzahl relativ risikoarmer Spielfortsetzungsmöglichkeiten aufgrund der Verfügbarkeit vieler Mitspieler in unmittelbarer Nähe sowie der Abwesenheit harter Grenzen ist der Zentrumsfokus somit optimal.


3. Wenn die Mannschaft im Angriff den Ball verliert, verliert sie ihn aufgrund des Zentrumsfokus höchstwahrscheinlich im Zentrum (eine logische Schlussfolgerung) und es befinden sich, ebenfalls aufgrund des Zentrumsfokus, jede Menge Mitspieler des ballverlierenden Akteurs in unmittelbarer Ballnähe, sodass sofort mehrere Spieler ins Gegenpressing gehen können und den Ball versuchen können, zurückzuerobern. Zugriffsgeschwindigkeit und die Erfolgswahrscheinlichkeit des Zugriffs werden somit deutlich erhöht.

Sollte der Ballverlust näher an der Außenlinie geschehen, befinden sich zwar weniger Spieler in unmittelbarer Ballnähe, die sofort ins Gegenpressing gehen können, aber dafür ist der Aktionsradius des ballerobernden Gegenspielers durch die Seitenauslinie
um 180° hart reduziert.

Die Spieler, die nicht sofort ins Gegenpressing gehen (können), bewegen sich dafür auf dem Spielfeld so, dass sie für die wahrscheinlichste Spielfortsetzung optimal positioniert sind (z. B. rennen nach hinten oder verschieben in Tornähe, wenn eine Rückeroberung des Balls als wahrscheinlich erscheint). Unter dem Strich bedeutet das: Egal wie der Angriffsspielzug abläuft und was mit dem Ball passiert, die Spieler der angreifenden Mannschaft sind im Mittel so positioniert, dass sie einen optimalen Kompromiss (energetisch, wegemäßig, zeitmäßig) aus Aktionsmöglichkeiten in Ballbesitz und Gegenreaktionsmöglichkeiten nach Ballverlust haben.


4. In der Defensivphase („gegen den Ball“) sorgt der Zentrumsfokus dafür, dass das Zentrum mit Gegenspielern dicht ist (aus Sicht des ballführenden Gegners) und somit ein Angriffsspiel effektiv nur über die Flügel erfolgen kann.

Dies hat für das verteidigende Team mehrere Vorteile: Erstens ist der Weg für den Gegner von Tor zu Tor weiter, weil die Tore nun einmal in der vertikalen Mitte des Spielfeldes stehen und jeder Ball schlussendlich dorthin muss; zweitens ist der Aktionskorridor des Gegners über den Flügel stark beschränkt und für den Verteidiger einfach zu bestreiten, die Ballrückeroberungwahrscheinlichkeit dementsprechend hoch (erzwungener Ball ins Seitenaus oder direkter Ballgewinn);

und drittens sind auch hier die Wege für das verteidigende Team ohne Ball relativ optimal in Sachen zurückzulegende Strecke, Energieeinsatz und Zugriffsgeschwindigkeit.

Ganz sicher habe ich jetzt noch viele spannende und wahrscheinlich auch einige weitere wirklich offensichtliche Vorteile des Zentrumsfokus nicht berücksichtigt und über die Nachteile habe ich noch nicht ausreichend sinniert (hoher Koordinationsaufwand? Hohe Synchronisationsanforderungen an die Handlungen der Spieler? Hoher Konzentrationsbedarf, hohe Interdependenz der Aktionen, relativ wenige Freiheitsgrade des Handelns für den einzelnen Spieler?).

Ich bin, wie gesagt, taktisch ein absoluter Laie, ein Experte wie @justin hätte zum Thema „Zentrumsfokus“ sicherlich noch wesentlich mehr beizutragen (please do!) und könnte weitere Vorteile sowie Nachteile nennen und vielleicht die größten Schnitzer meiner common-sense-Überlegungen ausmerzen. Aber auch wenn ich das Spiel von Flick als Zuschauer (!) wesentlich attraktiver fand und mich auf jede Partie aufs Neue freute, kann ich doch Nagelsmanns zentrumsbetonten Ansatz intellektuell hervorragend nachvollziehen. Er hat objektiv viele Vorteile, vermutlich ist er in Sachen Raumaufteilung, Handlungsmöglichkeiten, Flexibilität und Energiehaushalt der Spieler sogar nahe am Ideal dessen, wie man ein Fußballfeld bespielen kann.

Wenn ich Trainer wäre, würde ich es wahrscheinlich auch so machen, egal ob’s Mist aussieht (und das tut es ja zugegebenermaßen auch gar nicht immer). :slightly_smiling_face:

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Die einfachste Erklärung warum man durch die Mitte spielt ist, dass das Tor nun mal in der Mitte steht. Hat Franz Beckenbauer vor Jahrzehnten schon gesagt, ist also keine Erfindung eines Laptop-Trainers :slight_smile:

Prallen zwei Mannschaften aufeinander, die das Zentrum bevorzugen, wird es dort auch immer enger. Logisch.
Trifft der FC Bayern auf eine Mannschaft, die sich erst mal auf die Defensive konzentriert und das Zentrum gut dicht macht und selber auch nur durchs Zentrum spielt, ja was soll da raus kommen?
F-Jugend-Fußball, alle auf einem Haufen.
Wie knackte man eine römische Phalanx? Wie siegte Hannibal bei Cannae?
Sicher nicht durch stures Anrennen durch die Mitte, sondern durch Umfassen und auseinanderziehen der Verteidigungsformation, durch Unordnung schaffen und Lücken reißen.
Mit dem Kopf durch die Wand wurden die wenigsten Schlachten gewonnen. Und wenn dann nur unter hohen Verlusten.

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Wie immer sehr überlegte, gut argumentierte Gedanken, Alex. Danke!

In der Theorie klingt das alles sehr stimmig und der einzige - theoretische - Nachteil wäre die damit verbundene Ausrechenbarkeit im Angriff: Stellt der Gegner die Zonen 14 und 17 zu, ist eben dicht - es sei denn, man hat zusätzlich exzellente Winger. Als echten Aussen haben wir momentan aber nur Coman.

In der momentanen Praxis funktioniert leider vor allem Dein Punkt 3 nicht: Anstelle eines dichten und kompakten MF haben wir dort große Lücken, weil die Staffelung nicht funktioniert. Warum das so ist, könnte nur JN erklären - wir Foristen scheitern daran ja wöchentlich. :smiling_face_with_tear:

Mein Fazit: Theorie top, praktische Umsetzung mit viel Luft nach oben.

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Dazu

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Das war ja ein Vorteil der Jahre um das erste Tripple : die Flügelspieler mussten gedoppelt werden - die Spieler fehlen dem Gegner dann entweder beim eigenen Konter bzw. bei der Verteidigung des eigenen Zentrums .

Heute kommt bei uns ( gefühlt habe keine Statistik dazu) außer King ( der dann mit dem erfolgreichen Dribbling meist Zuwenig anfängt/ anfangen kann mangels „richtiger 9“) kaum einer am Gegner mit dem Ball
Am Fuss vorbei. Edit: Mehmet 68 hat das Gleiche zeitgleich geschrieben - also kein Plagiat :wink:

Ich meine gerade zuletzt gegen Frankfurt immer wieder den Versuch gesehn zu haben, das wir ca 5 Meter vor dem gegnerischen Strafraum nach innen ziehen, um dann irgendwie durchzukombinieren. Und da steht dann die vielbeinige Frankfurter Truppe und die Räume sind bestenfalls eng- wahrscheinlich aber ehr hat nicht da. Und rauskommt? Nichts

Der Cannae Vergleich passt sehr gut- im modernen Fußball ( genau wie im Militär) ist der Verteidiger wohl im Vorteil. Einfach gesagt: Verteidigen ist leichter als angreifen.

In den letzten großen Turnieren (wm/em) ging es doch nur noch um abwehrbollwerke - nicht um „schönen“ Angriffsfussball. Selbst die Holländer haben ihre ureigenste DNA aufgegeben - leider.

In einem anderen Beitrag hatte ich in der Richtung geschrieben, das der FCB, wenn er international, ohne finanzielle Kapriolen, mithalten will, taktische Innovationen/ Vorteile braucht. Bei allen CL Titeln hatten wir nie die teuersten Mannschaften/ oder die vermeintlich größten stars. Aber spielen wollte keiner gegen uns . Und gewinnen konnte erst recht kaum einer gegen den FCB.

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