Hier muss man aber auch berücksichtigen, dass sich die Herren Vorstände bei wichtigen Theman auch oft sehr zurückgehalten haben oder sich nur sehr spät geäussert haben (wobei das bei Brazzo vermutlich durchaus sinnvoll ist). Damit landeten viele Themen bei Nagelsmann, der aber auch ein dankbarer Abnehmer war. Er schien sich selber gerne reden zu hören. Manchmal wäre da ein wenig Zurückhaltung durchaus nicht ungeschickt gewesen. Vielleicht war es aber auch sein Versuch, die nicht vorhandene Erfahrung auf Top-Level zu kompensieren. Und er hat Spieler sehr oft öffentlich kritisiert, was m. E. nur in Ausnahmfällen sinnvoll ist und ansonsten intern zu erfolgen hat.
Ich weiß nicht, ob er ähnlich wie Pep ein Problem mit Mittelstürmern hat.
Lukaku war ein ganz krasses „Missverständnis“. So etwas kann sich der FC Bayern nicht leisten.
Wer einen Spieler über so viel Geld holt, der muss vom Spieler überzeugt sein, muss wissen, was der kann und was der nicht kann muss sehen ob er charakterlich und spielerisch zu dem passt, was der Trainer will.
Da sind Fehler krasse Fehler gemacht worden.
Tuchel hat sicherlich eine starke Lernkurve hingelegt seit er weg von der Bundesliga ist. Fehlerfrei ist er trotzdem nicht.
Giroud wollte er wahrscheinlich nicht. Diese Art des Stürmers hat ihm nicht gepasst. Anders kann ich mir das nicht erklären. Klar, der war in einem Loch, aber daraus hätte er ihn vielleicht holen müssen, wenn er denn gewollt hätte. Trotz seiner wettbewerbsübergreifenden 31 Tore (davon 8 in der CL) hat er auf ihn keinen Wert gelegt.
Sonst hätte er ihn damals nicht so oft nicht mal für den Kader nominiert (z.B. beim CL Finale). Für Giroud war der Wechsel in die Serie A sportlich ein Glücksfall.
Dass Giroud Tuchel nicht mag, weil er ihn aus dem Paradies vertrieben hat, ist nachvollziehbar.
Tuchel hat aber die CL gewonnen, ohne den Stürmer (im Finale). Aus seiner Sicht hat er ebenfalls alles richtig gemacht.
Wie das so ist mit Mittelstürmern und Tuchel behält ein gewisses Fragezeichen.
das tat teilweise richtig weh, als wäre die Presse der Psychotherapeut. Da wirkte JN shcon mächtig selbstverliebt und fast narzisstisch. Ich erinnere mich in einer PK, hat er tatsächlich einen Journalisten nach seiner Einschätzung seiner Situation in München gefragt.
Das war schon erstaunlich. Da war auch in anderthalb Jahren keinerlei Lernkurve zu erkennen.
Die Aufgabe des Trainers des FCB ist es nicht den Medien möglichst viel Stoff zu liefern, sondern möglichst wenig. Das war ein Punkt, den er offenbar nicht verstanden hat, verstehen wollte.
Sieht in zehn Jahren dann vielleicht auch anders bei ihm aus.
Komisch, sowas finde ich eher mal erfrischend: Die eingeübten, vorhersehbaren Frage-Antort-Rituale in solchen PKs einfach mal umzudrehen.
Vor vielen Jahren hatte Ewald Lienen im Doppelpass auf die Gähn-Frage von Rudi Brückner („Ist diese Trainerstation Ihre vielleicht letzte Chance?“) mit einer schnippischen Gegenfrage reagiert: „Ist diese Sendung vielleicht Ihre letzte Chance als Moderator?“
Generell wurde im ersten Jahr Nagelsmanns Präsenz in den Medien eher gelobt - er wurde als der eigentliche Außenminister des FCB betitelt - im Gegensatz zu den oft abgetauchten Bossen.
erfrischend fand ich es auch und für dieJournalisten war es toll, hat aber für deutlich mehr Unruhe gesorgt. Natürlich die Frage, ob das überhaupt schlimm ist
Minus mal minus = ???
Keine Ahnung. In Erdkunde war ich nie so gut.
Naja, schwieriger Trainer bei schwierigem Club passt doch
Ich hoffe sehr, dass es passt.
Ich antworte einfach mal pauschal auf alle, die kritisiert haben, dass ich Salihamidzic so kritisch sehe. Argumente unter anderem:
- Kader kann man nicht richtig gestalten, erst Kritik zu dünn, jetzt zu breit
- Nagelsmann beteiligt am Kader, nicht nur Brazzo Schuld
- Meinung plötzlich geändert, einzelne Spieler erst gelobt, jetzt kritisch gesehen
Ich gehe nach und nach drauf ein.
Kader und Kaderbreite
Kann die Kritik hier sehr gut nachvollziehen und nehme mir auch mit, das in Zukunft besser zu formulieren. Auch wenn ich hier weniger drauf eingegangen bin als andere. Richtig ist dennoch, dass in der Vergangenheit oft gesagt wurde, dass der Kader zu dünn ist. Ich denke einfach, dass es schwer ist, die Kritik so zu formulieren, dass sie nicht zu stark gelesen wird. Denn natürlich ist der Kader von den Namen her sehr stark. Du musst damit Erfolg haben können. Gleichwohl ist es eben so, dass viel Geld für Spieler ausgegeben wurde, die streng genommen nicht das liefern, was erwartet wurde. Mal ein paar Beispiele:
- Hernández – sehr teuer, oft verletzt; den werfe ich noch am wenigsten vor, ist aber trotzdem unglücklich gelaufen bisher, für den Preis erwartet man eben unfassbar viel. Sportlich liefert er das auch, wenn er spielt. Wenn.
- Sané – bedenkt man, dass Bayern für ihn auch 100 Mio. bezahlt hatte, muss man fast von Glück reden, dass er sich verletzt hat. Aber selbst bei 49 Mio. Euro kam am Ende zu wenig bei rum. Bisher. Hier finde ich sogar, dass es am offensichtlichsten ist, dass ein Spieler geholt wurde, der halt deutsch ist und einen Namen hat. Aber nach welchem Bedarf/Konzept? Letztendlich hat er bei City oft LA an der Linie gespielt, aber bei Bayern spielt(e) das eben Davies. Sanés Zeit bei Bayern ist bisher eine Suche nach einer guten Rolle.
- Mané – Ablöse moderat, Gehalt soll bei über 20 Mio. Euro liegen. Ich mag den Spielertypen, aber dafür, dass er in der Gehaltiste ganz oben steht, ist das bisher zu wenig.
- de Ligt – noch der beste teure Transfer der letzten Jahre, kann man wenig kritisieren
Es sind insgesamt, auch wenn man bei günstigeren Spielern schaut, eben zu viele Spieler, die in München nicht wie gewünscht funktionieren. Dann die von mir genannten Balanceprobleme.
Ganz unten nochmal mehr zum Kader.
Nagelsmann beteiligt
Richtig ist dennoch, dass Salihamidzic nicht allein dafür verantwortlich ist. Auch das Argument ist richtig, insofern danke für die Ergänzung. Aber er ist trotzdem hauptverantwortlich. Und aus meiner Sicht häufen sich die zumindest diskutablen Aspekte seines Verantwortungsbereichs. Natürlich vollkommen in Ordnung, das anders zu sehen.
Meinung einseitig/plötzlich geändert
Zur Einseitigkeit meiner Argumentation: Ein Roundtable lebt natürlich von verschiedenen Perspektiven, die aber nicht zwingend alle von einem kommen können und müssen. Insofern ist manches natürlich auch provokant und pointiert formuliert (letzte Patrone). Ist doch gut, wenn daraus hier Diskussionen entstehen und es kamen ja auf beiden Seiten gute Ergänzungen.
Meinungsänderung: Den Punkt verstehe ich nur teilweise. Natürlich kann meine Meinung zu Spieler X heute eine ganz andere sein als im letzten Sommer. Man beobachtet das alles und sieht gegebenenfalls ein, eine falsche Prognose gegeben zu haben. Das passiert und allen und auch den besten Expert*innen der Welt. Gleichzeitig kann es doch auch sein, dass ein Spieler bis zu einem Zeitpunkt sehr stark ist und dann plötzlich nicht mehr. Natürlich ändert sich dann auch die Gesamtbewertung. Ich finde es auch schwierig, das Totschlagargument „dann mach es besser als Brazzo“ zu bringen. Ich bin halt nicht Sportvorstand beim größten Fußballklub Deutschlands. Ich finde es ehrlicherweise sogar gut, wenn Menschen ihre Meinungen wechseln. Was mich auch bei manchem Experten etwas nervt: Alles so zurechtlegen, dass es zur eigenen Meinung von damals passt. Letztendlich ist es für mich nicht schlimm zu sagen: Bei Nagelsmann lag ich beispielsweise im Januar/Februar falsch, als ich sagte, er drehe das noch um.
Genauso sehe ich meine damalige Kritik am dünnen Kader jetzt etwas anders. Mit der Erfahrung des nun extrem breiten Kaders, der an einigen Stellen aber unbalanciert ist, bin ich der Meinung, dass er einen Ticken zu breit oder zumindest auf einzelnen Positionen zu beladen ist. Sarr könnte man easy gegen einen Sechser tauschen. Als ein Beispiel. Aber natürlich hat sich da auch über die Jahre was angesammelt. Auch weil viele Transfers eher in der Not zustande kamen.
Alles in allem sehe ich Salihamidzic nach all den Jahren einfach kritisch. Trainereinfluss hin oder her: Es wurden große Baustellen offen gelassen und ich sehe den roten Faden einfach nicht, weiß nicht, wofür der FC Bayern fußballerisch und in der Kaderplanung eigentlich stehen möchte.
Aber nochmal: Okay, das anders zu sehen und manches Gegenargument überzeugt mich. Es ist nie schwarz oder weiß. Danke für den guten Input von vielen.
@Justin : finde es grundsätzlich sehr ehrenwert, eigene Positionen, Äußerungen und Einschätzungen im Nachhinein kritisch zu sehen, von daher Respekt dafür, das ist keinesfalls selbstverständlich.
Was die Kaderplanung angeht: ich persönlich habe das Gefühl (vielleicht liege ich damit auch falsch), dass die „große Idee“ zumindest bezüglich Spielsystem nicht existiert beim FCB. Ein glasklares 4-3-3 wie lange Zeit bei Barca mit deutlichem Fokus auf Ballbesitz und -zirkulation (nur als Beispiel, gibt ja durchaus andere Ideen wie man erfolgreich spielen kann). Was zählt, ist Erfolg. Und wie der zustande kommt, ist (fast) egal. Klar, es gibt die Vorgabe „Dominanz“ gegen viele Gegner, aber das ist angesichts der Erfolge des letzten Jahrzehnts eine triviale Forderung. Konkrete Kaderplanung sieht meines Erachtens anders aus (was der FCB an Summen in Innenverteidiger gesteckt hat in den letzten Jahren, ohne das Mittelfeld zu beachten zum Beispiel, ist schon irgendwie leicht kurios). Aber ist auch nur meine persönliche Meinung, darf jeder gerne anders sehen.
Salihamidzic hat die Spielphilosophie geändert. Er hat entsprechend technisch starke Spieler abgegeben und lauf- und kampfstarke Spieler geholt. Auch die Trainer wurden dann ab Kovac entsprechend gewählt. Darauf hin ist der Punkteschnitt in der Liga kontinuierlich gesunken. In Pokal und CL gab es immer öfter Aussetzer und damit auch weniger Titel. Das ist alles andere als eine herausragende sportliche Bilanz.
Die einzige Ausnahme dazu sind ein paar Wochen im Sommer 2020 unter sehr speziellen Umständen. Dies war allerdings auch die letzte Saison, in der noch der alte Mannschaftskern gewirkt hat (+ Rummeniges Notleihen Coutinho und Perisic). 2021 und 2022 waren sportlich - natürlich gemessen am hohen Niveau - schlecht. Die aktuelle Saison ist bisher unterm Strich auch nicht wirklich überzeugend. Auf jedes Highlight folgte mindestens ein Tiefpunkt.
Dazu kommt dann noch die kaufmännische Bilanz. Er hat beginnend mit dem Hernandez-Transfer die Gehaltsschraube extrem nach oben gedreht. Man muss sich mal vor Augen führen, dass man mittlerweile mit Sané, Mané, Gnabry und Coman vier Spieler hat, die hier so viel verdienen, wie international kaum ein anderer Spieler. Für zwei Positionen. Drei davon können das Gehalt nicht durch Leistung rechtfertigen. Der Vierte fällt regelmäßig über Monate aus. Da braucht man dann auch nicht immer auf das Geld der bösen Engländer oder Scheichs zeigen. Wenn man sich vier absolute Top-Gehälter für zwei Positionen leistet, mangelt es nicht am Geld.
Unterm Strich kann ich daher nicht nachvollziehen, wie man Salihamidzics Bilanz als so positiv darstellen kann. Auch der ständige Verweis, das ja eh nicht mehr möglich sei, weil die bösen Engländer und so, ist kein gutes Argument.
Ich glaube auch ,dass das Abgeben von Kroos und Thiago und das Holen von Tolisso und Goretzka keine Zufälle sind. Ich befürchte,dass man Peps „Versagen“ in der Cl als Beweis nahm, mit dem Stil geht es ganz oben nicht. Zu der Zeit ist auch Frankreich sehr stark geworden und Kovac hat sein legendäres Traktat über die Geschwindigkeit im Fußball verfasst.
Zunächst einmal: Ehre, wem Ehre gebührt! Es ist echt stark, dass Du Dich der hier - teilweise vllt. auch überhart (ich?) - vorgetragenen Kritik stellst.
Ich möchte betonen, dass (auch) ich es gut finde, wenn verschiedene Ansichten und Meinungen zu gegebenen Themen gleichberechtigt zueinander existieren. Dies scheint allgemein aus der Gesellschaft zusehends zu verschwinden; deshalb sollte es hier um so mehr bewahrt werden!
Auch finde ich es gut, wenn Menschen fähig sind, ihre Ansichten und Meinungen im Lichte neuer Erkenntnisse zu ändern bzw. diesen anzupassen.
Allerdings beginnt auch hier ein Teil meiner Kritik:
Zu erkennen, dass Mané nicht so einschlägt wie erhofft und daraufhin seine Ansicht zu diesem Spieler zu ändern/anzupassen, ist großartig! - ABER: Brazzo mit diesem Erfahrungsvorsprung für eine Entscheidung (also Manés verpflichtung) zu kritisieren, die er zu einem Zeitpunkt traf, als der weitere Laif der Dinge noch im undurchsichtigen Nebel der Zukunft lag, ist doch mindestens unfair; wenn nicht absurd.
In den meisten anderen Dingen (Gehalt, Spielphilosophie, etc) stimme ich Dir auf einer basalen Ebene zu einem guten Teil zu.
Als großes ‚Aber‘ bleibt dennoch:
Du(?) wie auch die meisten der Kommentatoren hier tendieren dahin, unseren Kader relativ zur europäischen Konkurrenz sehr stark („top 3“) einzuschätzen. Aus dieser Einschätzung folgt zwingend, dass unsere sportliche Leitung relativ zu Konkurrenz sehr gute Arbeit geleistet haben muss. Also dass RELATIV zur Konkurrenz wenig Fehler gemacht werden mussten, auch wenn retrospektiv deren ABSOLUTE Anzahl hoch erscheinen mag.
Und diese Perspektive ist es doch, die am Ende zählt! Unsere Position relativ zu Konkurrenz.
Übrigens: ich bin gar nicht zwingend davon überzeugt, dass unser Kader wirklich zu den Top dreien in Europa gehören muss. Doch die Zukunft wird es zeigen
Ich finds auch sehr kurios und man hat nicht den Eindruck, dass die Verantwortlichen das Mittelfeld ebenfalls als Problemzone ausgemacht haben. Dann noch eine jüngere Version von Choupo mit Potenzial für mehr und der Rest darf gerne dem Gegner mit Highspeed um die Ohren laufen.
Zum einen: Kroos ging 2014 wegen finamzieller Differenzen; da war von einem „Versagen“ Peps noch gar keine Rede.
Zum anderen: reichen Dir die letzten 10 Jahre nicht aus um zu sehen , dass es mit einem 100 prozentigen „Pep-Ansatz“ gegen die allerbesten Gegner nicht zu gehen scheint?
So schlecht ist das ja nun nicht was da insgesamt vom management gemacht wurde.
Unser Kader ist ja auch nach ManCity der zweit wertvollste
Ok. Da braucht es wirklich keine grossen Erklärungen. Ich wollte gerade umständlich argumentieren, dass natürlich nicht immer alles perfekt lief, aber dass man im Vergleich zu den den anderen Topclubs dennoch wenige extrem teure Flops verbuchen musste.
Hier wird auch nach 4 Jahren noch auf den 80 Millionen für Hernandez herumgeritten, wohlgemerkt ein Spieler, der an sich durchaus zu überzeugen wusste. Wenn das die grösste Fehlentscheidung sein sollte, war es wirklich im Grossen und Ganzen gut.
Trotzdem ist der Kader natürlich nicht perfekt. Aber die Transfermarkt-Situation für einen guten 9 wurde im Sommer rauf und runter diskutiert. Zum Schluss war man sich grösstenteils einig, dass einfach nichts Passendes auf dem Markt war und man es halt mit dem Kader versuchen muss.
Bezüglich der Kaderzusammenstellung: Ich habe mich in dem Roundtable ja auch kritisch geäußert:
In der Diskussion hier ging es zuletzt vor allem um die individuelle Ebene, und auf die möchte ich mich daher in dieser Antwort auch beschränken. Und im Bezug darauf teile ich im Grunde Justins Meinung, dass der Kader nicht optimal zusammengestellt ist. Eine Erklärung:
Nur allein die Gehaltskosten für den Spiekerkader kosten den FC Bayern ca. 50 % des Umsatzes, berücksichtigt man auch noch die laufenden Abschreibungen für die Spieler, die ja im Prinzip nichts anderes sind als die zeitlich verteilten Anschaffungskosten, geraten wir schnell in den Bereich von 60 bis 65 %.
Ca. 25 Personen also vereinen auf sich als Kosten ca. zwei Drittel des Umsatzes der Bayern.
Da der FC Bayern in den letzten zwei Jahrzehnten im Gegensatz zu Vereinen wie Manchester City nicht rund $1,8 Mrd. an Eigenkapital aus Abu Dhabi oder wie Chelsea FC geschätzte $2 Mrd. in zinslosen Darlehen von der „Bank of Roman“ oder wie PSG geschätzte $1,2 Mrd. nur für neue Spieler (und wer weiß wie viel noch zusätzlich durch überbewertete Sponsorship-Verträge) aus Qatar zur Verfügung gestellt bekommen hat und auch zukünftig nicht wird, gilt für die Bayern mehr als für die meisten anderen Superclubs: Wenn Geld nicht wie auf dem Oktoberfest das Bier am Zapfhahn verfügbar ist, und wenn die Spieler kollektiv rund 2/3 des Umsatzes als Kosten für sich in Anspruch nehmen, und wenn die teuersten von ihnen jährlich rund €20 Mio. pro Kopf verdienen und substanzielle zweistellige Millionenablösen kosten, dann muss bei den teuren Spielern jeder Schuss sitzen.
Der FC Bayern kann es sich finanziell leisten, mit Leuten wie Davies, Roca, Cuisance, Richards, Nianzou, Dantas, Mazraoui usw., die für kleines Geld kommen und verhältnismäßig wenig verdienen, eine Wette einzugehen, das ist finanziell verkraftbar* (und einige dieser Wetten sind ja auch aufgegangen und zahlen sozusagen für die anderen mit), aber bei Leuten der Preisklasse Sané, Hernandez, Mané, de Ligt oder auch Upamecano kann sich der Verein keine solchen hoffnungsvollen Wetten erlauben. Der FC Bayern ist eben kein Chelsea, Manchester City, PSG oder Manchester United mit einer eigenen Gelddruckmaschine im Keller.
(*obwohl viel Kleinvieh natürlich auch viel Mist macht und den Kader aufbläht, aber dieses kombinierte Problem lasse ich hier einmal außen vor.)
Wenn der FC Bayern trotzdem mit diesen Vereinen sportlich auf Augenhöhe mithalten möchte, muss er das, was er im Vergleich zur Konkurrenz nicht an generösem Finanzmittelnachschub zur Verfügung hat, durch überlegenes Scouting und Recruiting und geschicktes Verhandeln wettmachen.
Und wenn man sich diesbezüglich die letzten Transferjahre der Bayern einmal genauer anguckt, dann darf man sich als interessierter Beobachter schon die Frage stellen, ob die Bayern bei der Verpflichtung gerade ihrer teuren Spieler stets so strategisch, zielgenau, bedarfsorientiert und kosteneffizient gehandelt haben, wie man es von ihnen erwarten darf.
Klar, sagt Ihr jetzt, du hast gut reden, hinterher ist man immer schlauer, aber waren sich nicht die meisten von uns zum jeweiligen Zeitpunkt der teuren Transfers einig, dass die Bayern im Großen und Ganzen eine Reihe sehr guter Transferentscheidungen getroffen hatten?
Das stimmt und ich glaube, hier ist es für jeden ein Test vor dem eigenen Gewissen, ob er aufrichtig von sich selbst behaupten kann, dass er auch schon zum Zeitpunkt der jeweiligen Verpflichtung dieser gegenüber skeptisch eingestellt war, unabhängig davon, ob spätere Entwicklungen ihn bestätigt oder widerlegt haben.
Wenn ich mal einige der besonders teuren/namhaften Transfers der letzten Jahre vor meinem geistigen Auge durchgehe, dann kann ich vor meinem Gewissen ohne rot zu werden aufrichtig sagen, dass ich zum Beispiel den Hernandez-Transfer von Anfang an für falsch hielt, weil ich den Spieler schon absolut gesehen für viel zu teuer hielt (€80 Mio. Ablöse, klar, aber auch das Gehalt von > €15 Mio. p.a. fand ich zu viel), aber dazu war er auch noch überaus verletzungsanfällig, was ihn für mich in erst recht zu teuer machte. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass rein aus finanzieller Sicht gesehen der Hernandez-Transfer die größte einzelne Transfer-Fehlentscheidung der Bayern der letzten Jahre war, und das konnte man von Anfang an bereits gut abschätzen.
Bei Sané war ich auch von Anfang an skeptisch, das ist sogar dokumentiert (Verletzung, Arbeitseinstellung, Teamfähigkeit). Wenn die Bayern ihn für den ursprünglich kolportierten Betrag von über €100 Mio. gekauft hätten, hätte er in meinem persönlichen Transfer-Fehlentscheidungs-Ranking Hernandez ein enges Rennen geliefert.
Von Manés Verpflichtung weiß ich noch, dass ich damals ebenfalls skeptisch war, weil mir sein klares Einsatzprofil bei den Bayern fehlte und der finanzielle Wertverlust vorherbestimmt war, aber ich habe mich von den positiven sportlichen Einschätzungen von Leuten, die von solchen Sachen mehr verstehen als ich, überzeugen lassen und kann daher nicht von mir behaupten, dass ich seiner Verpflichtung schon von vornherein skeptisch gegenüberstand, und dass sogar trotz der Kombination aus Ablöse von €30 Mio. und Jahresgehalt von €20 Mio.
Von de Ligts Transfer war ich von Anfang an total begeistert, ich mochte ihn als Typ einfach, war überzeugt von seinem Potential und auch finanziell blieb der Transfer aufgrund des Alters von de Ligt trotz der hohen Ablöse für mich vollkommen im Rahmen.
Zu Gravenberchs und Mazraouis Transfers hatte ich keine ausgeprägte Meinung, ich stand den Verpflichtungen aber ganz definitiv nicht kritisch gegenüber. Zwar hatte ich die Spieler nie spielen sehen, kannte sie höchstens namentlich (wenn überhaupt), aber beide - vor allem Mazraoui, Ablöse €0 - waren aufgrund ihres Alters in Verbindung mit ihrer Ablöse für mich relativ sichere Wetten: Entweder sie schlagen ein oder die Bayern können sie nahezu ohne Verlust wieder abgeben. Alles in Ordnung, hier hatte ich damals keine Kritik anzumelden.
Zum Transfer von Mathys Tel hatte und habe ich nach wie vor keine ausgeprägte Meinung. Dieser Spieler sagte mir seinerzeit noch weniger als Gravenberch und Mazraoui. €20 Mio. Ablöse für einen 17-jährigen stimmen mich zwar per se skeptisch, aber hier würde ich mir nicht anmaßen zu behaupten, dass ich im letzten Sommer im Brustton der Überzeugung in die Welt hinausposaunt hätte, dass dies eine absehbar verlorene Wette sei.
Den Transfer von Dayot Upamecano habe ich damals trotz der hohen Ablösesumme begrüßt und für gut befunden, obwohl mir seine von so manchen haarsträubenden individuellen Fehlern gekennzeichnete Historie bekannt war und ich diesbezüglich eine hartnäckige Schwäche zu erkennen meinte. Aber ich fand seinen kreativen Vorwärtsdrang, seine sogar für einen Laien wie mich unschwer zu erkennenden Qualitäten im Spielaufbau enorm attraktiv (solche Verteidiger brauchen die Bayern!) und ich hatte die Hoffnung, dass Nagelsmann ihm seine Fehleranfälligkeit schon abtrainieren würde.
Den Transfer von Nianzou fand ich überragend. Ralf Rangnick sagte mal über ihn, dass er ihn für das vielleicht größte Innenverteidiger-Talent der letzten Jahre in Europa halte und dass Nianzou, wenn alles glatt laufe, einmal einer der besten Innenverteidiger Europas würde. Das reichte für mich.
Also unter dem Strich kann ich von mir guten Gewissens behaupten, dass ich bei manchen der Transfers der Bayern aus der letzten Zeit weniger skeptisch war als manch anderer (z. B. Mané) und bei manchen skeptischer bis ablehnender als viele andere (Hernandez, Sané). Einige haben mich begeistert (Nianzou, de Ligt), zu einigen hatte und habe ich nur eine diffus positive Meinung aufgrund der wahrscheinlichen sportlichen Wertentwicklung, ohne dass dieses Urteil von irgendwelchen sportlichen Erwägungen beeinflusst wäre (z. B. Gravenberch, Mazraoui, Tel).
Würden wir jetzt vom Individuellen ins Numerische gehen (wie ich in meinem Roundtable-Beitrag), dann ergäbe sich gleich ein ganz anderer und deutlich erweiterter Bezugsrahmen mit neuen, zusätzlichen relevanten Bewertungskriterien für die Beurteilung von Transfers, aber das ist Stoff für einen anderen Post…