So, jetzt haben wir den Urheber. Aber mit Fontane hätte ich jetzt auch nicht gerechnet…
Also alles aus der Emotion raus?
Das setzt Du jetzt einfach mal so als gegeben an.
Kann man so machen, ob das dann so ist, ist eine ganz andere Frage.
Um die Sache von einer etwas anderer Ebene zu sehen, fällt mir ein kluger Satz über Stars der Musikerin Electra ein, den ich im Spiegel gelesen habe.
Deswegen würden Fans ihre Stars auch vermehrt dazu drängen, sich politisch zu positionieren. »Um die politische Substanz des Statements geht es ihnen dabei gar nicht. ›Wir haben dich erschaffen, wir können dich auch vernichten‹ – das ist die Logik dahinter.« Gleichzeitig sei die Dynamik befeuert durch eine, wie Dorian Electra es nennt, »narzisstische Kultur des politischen Bekenntnisses«.
Der Satz passt jetzt zu dem Thema nicht die Faust aufs Auge, da hier keine Fans jemanden zu einem Statement gedrängt haben.
Die Sache, dass der ehemalige verdienter Spieler des FC Bayern (in dem Fall MartÍnez) eine andere Meinung äussert gleich vom Sockel geholt wird, passt aber ganz gut zu dieser Aussage.
Eine narzisstische Kultur des politischen Bekenntnisses ist in diesem Forum (wie grundsätzlich in den sozialen Medien) eh omnipräsent.
Wenn wir jetzt wieder eine Ebene runter gehen, dann wissen wir alle, dass Fußballer in erster Line gute Fußballer sind. In Fußballspielen sind sie herausragend gut. Was natürlich nicht per se bedeutet, dass sie in anderen Bereichen besondere Fähigkeiten oder Kenntnisse haben. Die Idee, dass Fußballer darum höchsten moralischen oder anderen Standarts (ich meine das jetzt grundsätzlich, nicht auf Xavi gemünzt und auch nicht auf den Fall Boateng) genügen müssten, empfinde ich (sorry to say) als leicht naiv. Idealerweise bewertet man Fußballer an Dingen die mit dem Fußball zu tun haben. Das kann auch vereinstreue oder ähnliche „soft facts“ beinhalten.
Darum sollte ein Statement in welchem man einen ehemaligen Mitspieler (mit dem man viele Jahre zusammen gespielt hat) stützt (bei der Frage nach einem neuen Arbeitgeber) nicht verwundern.
Ob es moralisch eine höhere Leistung gewesen wäre seinen alten Kumpel medial das Recht auf einen neuen Vertrag abzusprechen finde ich ebenfalls diskussionswürdig (als Beispiel, er hätte gesagt, gut, dass der Frauenschläger keinen neuen Vertrag bekommt, wäre das besser gewesen? Macht man das, bei Menschen die man persönlich kennt?).
Persönlich möchte ich noch anmerken, dass ich mit der Entscheidung Boateng nicht zu verpflichten absolut d’accord gehe. Ihm jetzt aber medial den Prozess zu machen keine gute Idee finde. Da gebe ich das Urteil dann doch lieber in die Hände der Rechtssprechung. Ich sehe keine Instanz, die das besser beurteilen könnte.
es ist ganz simpel:
ich habe ganz persönliche Überzeugungen & Vorlieben!
politische, gesellschaftliche, zwischenmenschliche, kulturelle und so weiter…
diese lege ich als u.a. Maßstab an (neben der Leistung in der Kernkompetenz (Musik, Sport, was auch immer)), ob ich jemanden meine Bewunderung/Zuneigung/Zustimmung entgegenbringe…
ich kann und möchte Dinge nicht isoliert betrachten und deshalb ist ein Sportler für mich nicht nur Sportler!
manche der Maßstäbe wiegen stärker - andere schwächer… und werden diese nicht zu meiner Zufriedenheit erfüllt, möchte ich mit diesem Menschen ab einem gewissen Punkt nichts mehr zu tun haben oder entziehe ihm meine Bewunderung (und ja, eine berühmte Persönlichkeit wird das nicht jucken).
dies gilt auch im privaten Umfeld und nennt sich schlicht Anspruch/Erwartungshaltung oder wie auch immer und gilt selbstverständlich auch vice versa…
Gewalt (gegen Frauen/Schwächere) ist als Maßstab sehr weit oben angesiedelt - und auf Grund allem was bekannt ist, bin ich von der Schuld Boatengs überzeugt!
und somit ist für mich jeder, der ihm (ungefragt) Absolution erteilt, diese Tat ausklammert, ihn als ganz normalen Menschen behandelt schlicht ein Mittäter und sinkt somit in meinem Ansehen massiv!
und ich nehme mir das Recht heraus, dies zu kommunizieren (dafür ist das hier ja da)…
ganz einfach!
Also nicht wie hier behauptet wurde aus der Emotion raus.
@anon49020724 Es sei Dir selbstverständlich unbenommen über diese Menschen moralisch zu urteilen.
Ich finde diese Einschätzungen auf Sicht (man kennt ja diese Menschen selten persönlich) schwierig.
Alles legitim.
Bei mir ist das aber zum Beispiel ganz anders. Ich erwarte von den Profis außerhalb des Platzes gar nichts, respektive es interessiert mich nicht. Bewunderung oder gar Zuneigung zu Menschen, die ich nie persönlich getroffen habe, ist mir fremd.
Nehmen wir das Beispiel Boateng: ich habe des öfteren seine Leistung auf dem Platz bewundert, ebenso oft auch verflucht (), aber sobald ich ihn im Interview gehört habe, gedacht dass er offenbar nicht die hellste Kerze auf der Torte ist. Was er privat macht, hat mich nie interessiert, geschweige denn, dass ich nur im entferntesten ihn als Vorbild gesehen hätte.
Wie war das, als du Kind warst? Und du nimmst schon wahr, wie sehr Fußballer von anderen angehimmelt werden und welchen Einfluss das auf den Fußball an sich hat?
Vor sieben Jahren ragte Boateng in mehrfacher Hinsicht heraus.
Aber auch dies (05:00) war eine ikonische Rettungsaktion in seinem vielleicht besten und fraglos wichtigsten Spiel.
Wenngleich es auch damals keinen Grund gab, ihn zu einem Vorbild über das Sportliche hinaus zu stilisieren, kann sein tiefer Fall als Mensch einen schon traurig stimmen.
ich urteile auch nicht über ihn als Gesamtmensch - wie käme ich dazu!?!?
er mag ganz wundervolle Eigenschaften haben, sein fußballerisches Können steht außer Frage und grundsätzlich wünsche ich auch ihm alles Gute - und dennoch:
in meinen Augen hat er schwere Schuld auf sich geladen (das ist alles hinreichend dokumentiert) und diesen einen Punkt kritisiere ich aufs Schärfste und daraus leite ich weiteres ab…
das heißt:
wäre er ein persönlciher Freund, würde ich den Kontakt mit ihm beenden.
ignorieren andere diese Schuld, sinken sie in meiner „Gunst“.
das darf jeder für sich frei entscheiden - um es etwas pathetisch auszudrücken:
ich möchte morgens in den Spiegel schauen können und wissen, dass ich mit mir und meinen Werten im reinen bin.
Selbstverständlich hinterfrage ich mich und diese Werte immer wieder und sie sind in Teilen auch Veränderungen unterworfen - das bringt das normale Leben mit sich.
aber unterm Strich wäre ich lieber alleine, als diese Werte zu verraten…
das war jetzt sehr persönlich - aber ich glaube es passt in diesen Kontext, da sich dieses Beispiel „Boateng“ ja auch auf unser privates Umfeld übertragen lässt.
als letztes kleines Beispiel:
ich habe erst vor kurzem einem guten und langjährigen Freund die Freundschaft gekündigt, weil er sich absolut asozial seiner Frau gegenüber verhalten hat und sie aufs schäbigste hat sitzen lassen.
Mir ist natürlich sonnenklar, dass Fußballer (wie auch andere Prominente, z.B. Popstars) für viele totale Idole sind und dass sie sich von deren „Vorbild“-Verhalten stark beeinflussen lassen. So wie heutzutage ja auch x-beliebige Quatschköpfe sich als „Influencer“ betätigen können und denen Hunderttausende nacheifern …
Ich habe ja nur konstatiert, dass das bei mir überhaupt nicht der Fall ist und in meiner Erinnerung auch schon als Kind nicht war. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mir von einem Prominenten ein Autogramm geben zu lassen - was um Himmels Willen soll ich mit ein wenig Filzstift-Gekritzel auf einem schlechten Foto oder gar auf einem T-Shirt anfangen??

Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mir von einem Prominenten ein Autogramm geben zu lassen - was um Himmels Willen soll ich mit ein wenig Filzstift-Gekritzel auf einem schlechten Foto oder gar auf einem T-Shirt anfangen??
Einmal habe ich es getan, als 12jähriger kurz vor der WM 1966. Ein anderes Zeitalter. Der wirklich schon damals legendäre Fritz Walter, Kapitän der 54er Weltmeistermannschaft, sollte in einem Sportgeschäft Autogramme geben. Der sagenhafte Titelgewinn, eine Woche nach meiner Taufe, existierte medial ja nur auf dem Papier. Was mich also bewog, dorthin zu gehen, war weniger das Autogramm als die Gelegenheit, einer solchen Sagengestalt einmal von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen. Es gab, jedenfalls als ich dort eintraf, nicht den geringsten Andrang von Autogrammjägern. Fritz Walter saß in einer Ecke ganz bescheiden auf seinem Stuhl und war nach meiner Erinnerung kaum weniger schüchtern als ich. Er lächelte freundlich, unterschrieb mit einem Kugelschreiber: das war’s. Heute kaum vorstellbar.

wäre er ein persönlciher Freund, würde ich den Kontakt mit ihm beenden.
ignorieren andere diese Schuld, sinken sie in meiner „Gunst“.
Ich würde genau andersrum handeln. Wäre er mein Freund, dann wäre ich für ihn da. Ich würde Gewalt nie gut heißen, aber als Freund würde ich ihn nicht im Stich lassen.
Opfer brauchen natürlich in erster Linie unsere Zuneigung und Hilfe.
Täter bis zu einem bestimmten Punkt aber auch. Ich glaube nicht, dass man einfach so zum Schläger von Frauen wird. Da muss etwas im Leben ganz schön schief gelaufen sein.
Ich bin gespannt, wie sich Boateng nach dem endgültigen Urteil geben wird.
Dann sind ja Gauland und folkfriend einer Meinung. Beide wollen Boateng nicht als Nachbarn haben
Gauland war seiner Zeit weit voraus, er wusste vor langem schon dass Boateng ein unangenehmer Zeitgenosse ist
Beide Sichtweisen haben etwas für sich. Ich glaube, es kommt immer auf die tausend Besonderheiten im Einzelfall an, wozu auch die Art der Freundschaft zu dem Betreffenden gehört.
ich verstehe deinen Ansatz und gehe ihn bei vielen Themen auch mit - es gibt aber Grenzen!
ich sehe es so:
wenn ich ein Freund bin, dann begleite ich im Vorfeld, nehme Veränderungen wahr und versuche darauf einzuwirken.
solche Gewalttaten geschehen in der Regel nicht aus dem Nichts heraus sondern kündigen sich an - durch verändertes Verhalten etc. - da ist es meine Aufgabe als Freund zu wirken!
ist aber ein gewisser Punkt überschritten, ziehe ich Konsequenzen und dann liegt es am Täter, sich Vertrauen zurückzuholen, Reue zu zeigen, sein Verhalten zu ändern etc. - geschieht dies, kann auch wieder Vertrauen wachsen!
Mein Bruder hat sich vor ein paar Jahren von seiner Frau getrennt und beide haben sich dabei sehr schäbig verhalten, worunter vor allem der gemeinsame Sohn leiden musste. War nicht schön.
Ich komme aber mit beiden immer noch gut aus, ihr Kampf untereinander, der bis zum blanken Hass ging, hat mein Verhältnis zu ihnen wenig bis gar nicht beeinträchtigt.
Und hätten wir (auch andere Familienmitglieder und Freunde) dies nicht so gehandhabt und mäßigend auf beide eingewirkt, ohne dabei Partei zu ergreifen, hätte der Junge noch viel mehr leiden müssen.
Man muss trennen können.
Wobei ja nach Deiner Beschreibung sich beide nicht gut verhalten haben. Das ist dann vielleicht etwas anderes, als wenn die Verantwortung deutlich mehr auf einer Seite liegt. Zumal Du ja völlig richtig sagst, dass es hier um das Wohl des Kindes geht.
Naja, Du weißt aber schon, dass Gauland dies aus sehr niedrigen Beweggründen gesagt hat. Da ging es ja nicht um das Verhalten von Boateng, sondern nur um das „Sein“.
Weil sich beide schäbig verhalten haben, macht die Sache deshalb nicht für jeden besser.
Mir ging es sowohl um das Wohl des Kindes, aber auch um das Verhältnis zu jeder der beiden Parteien. ich mag beide gern, es hätte mich geschmerzt wenn sich das Verhältnis zu einem oder beiden wegen Ihrer Scheidungsgeschichte verschlechtert hätte. Die beiden reden kein Wort mehr miteinander, stritten um jeden Cent. Aber ich rede mit beiden wie vorher, ihren Scheidungskrieg ignoriere ich.
Meine Einstellung ist zu diesen Themen sehr zwiespältig. Ich würde mich als sehr loyale Person bezeichnen, bei der schon sehr viel passieren muss, bis ich diese Loyalität aufgebe. Habe früher mal gesagt: Die Definition eines Freundes ist: Wenn ich anrufe und sage, ich habe meine Frau umgebracht, sollte er als erstes sagen: Wo bringen wir die Leiche hin?
Ganz so sehe ich das nicht mehr, aber es beschreibt es ganz gut.
Auf der anderen Seite hat man natürlich eine Meinung und Haltung und kommuniziert diese - wie wir alle hier. Das ist auch gut so. Ob jetzt unsere Stars und Lieblinge dies auch tun müssen oder sollen, hängt ja oft davon ab, ob sie unserer Meinung sind.
Und da halte ich es dann mit Ricky Gervais (schaut Euch alles von ihm an, er ist großartig):