Ich möchte zu etwas Bezug nehmen, was mir in den letzten Tagen sehr vereinzelt gespiegelt wurde: Miasanrot hat insgesamt kein gutes Bild in der Berichterstattung der Klub-WM abgegeben. So schrieb Max Ost vom Rasenfunk bspw., dass er sich doch sehr wundere, wie ernst wir das nehmen. Ein weiterer User kommentierte einen Klub-WM-kritischen Post von mir auf BlueSky mit den Worten, dass MSR hier jetzt auch nicht gerade ein tolles Bild abgegeben habe.
Das ist Kritik, die mich getroffen hat und im ersten Moment erstmal hat Schlucken lassen. Insbesondere von Max natürlich, den ich extrem wertschätze, weil ich selten in meinem Leben einen so netten, offenen und anständigen Menschen getroffen habe (wir haben danach auch nochmal privat darüber diskutiert, ich bin ihm sehr dankbar, für seine Anmerkungen). Insofern habe ich in den letzten Tagen auch mehrfach darüber reflektiert, was ich vielleicht hätte anders machen sollen – und das, obwohl die Meinung eher eine Minderheit war (zumindest in dem Kontext, was an uns herangetragen wurde).
Im Nachhinein finde ich es weiterhin wichtig, DASS wir darüber berichtet haben. Wie in meinem kritischen Artikel neulich in Bezug auf den FC Bayern bereits geschrieben: Wo zieht man die Grenze, wenn man dieses Turnier boykottiert? Wo hört Teilnahme aus unserer westlichen Perspektive heraus auf? Wo fängt Berichterstattung an, sinnvoll zu sein, wo hört diese auf?
Nehmen wir auf unsere Art Teil am Sportswashing in einem Staat, der auf dem besten Wege ist, bald faschistisch regiert zu werden? Irgendwie schon, davon kann ich mich nicht frei machen. Auch wenn wir da nur ein sehr kleines Zahnrad sind, muss ich diese Kritik akzeptieren. Würde ich trotzdem wieder über den FC Bayern berichten bei diesem Turnier? Ich denke schon. Das hat einerseits pragmatische Gründe: Wenn wir ein, zwei Monate Leerlauf machen, rutschen wir in allen Algorithmen derart ab, dass wir noch zwei Monate danach darunter leiden werden. Unser Projekt würde erheblichen Schaden nehmen. Andererseits hat es auch den Grund, dass ich der Überzeugung bin, dass ich mit einer Nicht-Berichterstattung etwas aufmachen würde, was ich nie mehr kontrolliert bekäme: Einen inneren Konflikt, der konsequenterweise dazu führen müsste, dass ich über fast nichts mehr berichte und letztlich den Blog schließe.
Was wie Whataboutism klingt, ist gar nicht so gemeint. Es gibt natürlich Abstufungen, es gibt natürlich Aspekte, die diese Klub-WM nochmal deutlich schlimmer machen, als Dinge, die in Europa ablaufen.
Der Punkt ist aus meiner Sicht aber: Wenn man darüber berichtet, dann darf man genau diese Grautöne und Zwischenbereiche nicht vergessen. Aus meiner Sicht wäre es ebenso falsch, zu behaupten, dass man die Klub-WM kritikfrei genießen kann, weil Saudi-Arabien in Europa immer mehr Macht bekommt und wir Europäer weit entfernt von „moralischer“ Perfektion sind. Es wäre falsch, auf Europa zu zeigen und sich die Klub-WM damit als weiteren Nebeneffekt schön zu reden. Es wäre falsch, Politik und Sport so zu trennen, wie es einem lieb ist. Nämlich nur so, dass letztlich der Sport für einen gefiltert übrig bleibt und man nicht mehr auf das schaut, was drumherum passiert. Und gleichzeitig wäre es aber ebenso falsch, die Klub-WM als einziges Übel in eine derartige Sonderposition zu stellen, dass man vergisst, was in anderen Bereichen des Fußballs abläuft. Für mich ist das auch der Grund, warum ich die Teilnahme des FC Bayern an diesem Wettbewerb gar nicht so kritisch per se sehe, sondern durchaus realistisch einzuordnen weiß, auch wenn ich es kacke finde.
Ist das alles furchtbar anstrengend, wenn man sich so komplex mit diesen Themen befasst und immer abwägen möchte? Sicherlich. Halte ich es dennoch für richtig? Ja. Und auch hier weiß ich abzuwägen: Verüble ich es Fans, wenn sie einfach nur Fußball schauen wollen? Nein. Aber dann verübelt es mir bitte auch nicht, wenn ich das so eben nicht kann.
Und jetzt wieder zum Ausgangspunkt der Kritik an uns: Sind wir einer komplexen Berichterstattung rund um diese Klub-WM gerecht geworden? Ich finde: Nicht ausreichend. Ich finde es nicht falsch, dass Georg die Klub-WM in einem Artikel abkulten durfte (überspitzt formuliert). Auch den würde ich jederzeit wieder veröffentlichen. Ich finde es nicht falsch, dass wir die Spiele analysiert haben. All das hat zu Recht seinen Platz bei uns gefunden, um ein Bild von diesem Turnier zu zeichnen. Ich fand es gut, dass wir mit Marc einen US-Autor hatten, der von der Stimmung vor Ort berichtet hat. Aber: Ich finde, wir haben uns viel zu wenig mit den Begleiterscheinungen, den USA als Standort, der FIFA, Saudi-Arabien und Co. beschäftigt. Das nehme ich einzig und allein auf meine Kappe.
Unterschwellig muss ich geglaubt haben, dass ein paar Kommentare im Podcast und ein Artikel zur Finanzierung der Klub-WM ausreichen würden. Vermutlich auch deshalb, weil ich dieses Projekt nebenberuflich mache und auch jetzt gerade wieder Zeit investiere, bevor ich ab 16 Uhr anfange, für andere Medien mein Geld zu verdienen. Manchmal habe ich Zehn-Stunden-Tage. Da geht in der Priosetzung auch mal was unter. Fatalerweise hat vor allem die Beleuchtung der kritischen Aspekte rund um diese Klub-WM darunter gelitten. Gern hätte ich im Nachhinein viel mehr dazu gemacht. Interviews mit Journalistinnen und/oder NGO’s. Mit Expertinnen. Eine komplexe und abwägende Einordnung dazu, was von diesem Turnier zu halten ist, bevor es richtig losgeht. All das eben neben den im Grundtenor etwas positiveren Artikeln und Bemerkungen im Podcast.
Unsere Berichterstattung war nicht vollständig und sie lässt am Ende ein Bild der Normalisierung dessen zurück, was passiert ist. Und das tut mir, weil ich einen anderen Anspruch an mich und diesen Blog habe, leid und etwas weh.
Für die Zukunft kann ich daraus nur lernen. Eine weitläufigere Planung hätte es mir vielleicht vereinfacht, komplexe Berichterstattung einerseits und Urlaub sowie Arbeit für andere Medien unter einen Hut zu bringen.
Und auch hier will ich einigen Nörglern gern Wind aus den Segeln nehmen: Es geht mir nicht perse darum, dass wir mehr hätten draufhauen müssen. Es geht mir um all die Grautöne, zu denen aber eben neben Weiß immer auch Schwarz gehört. Und bei uns war aus meiner Sicht ein bisschen zu viel Weiß.
Ich will auch gar nicht so sehr von euch lesen, dass ich mir nicht solche Gedanken machen sollte, falls das jemand von euch vorhat. Ihr dürft da natürlich wie immer anderer Meinung sein als ich. Aber für mich ist das das Fazit nach dieser Klub-WM. Immerhin – und das ist leider ziemlich sicher: Es wird wohl nicht die letzte Chance gewesen sein, so etwas angemessen zu begleiten.