Ja, Du hast recht, @Ibiza. Hat schon was.
Wollte auch noch nachtragen, dass Dein Hinweis neulich (Olise = ähnlicher Aha-Effekt wie damals Robben) doch mehr Sinn macht als ich ursprünglich zugeben wollte.
Vielleicht bin ich aufgrund meines Alters manchmal zu konservativ, um solche innovativen Spielsysteme wie jetzt unter Kompany gebührend würdigen zu können (obwohl ich ihm hier auf MSR schon zweimal als Schulnote eine „glatte Eins“ gegeben habe und inzwischen richtig begeistert bin) und brauche etwas Zeit, um mich an diese unglaubliche Schnelligkeit und Dynamik zu gewöhnen.
Und hänge in womöglich übertriebener nostalgischer Verklärung der Vergangenheit manchmal noch zu sehr an den alten Helden, bevor ich mich wirklich an die neuen gewöhnt habe. Olise ist halt auch erst ein paar Wochen bei uns, und als Menschen kennt man ihn noch kaum. Ich jedenfalls nicht.
Leidenschaftlicher FCB-Fan wurde ich nämlich als kleiner Knirps bei der legendären Heim-WM 1974 mit einem ganzen Ensemble von Weltklassespielern mit bis heute enormer Reputation (die „Lichtgestalt“ Beckenbauer, der „Bomber der Nation“ Gerd Müller, der „Maoist“ Paul Breitner, Uli Hoeneß, Sepp Maier, „Katsche“ Schwarzenbeck usw.).
Diese absolute Dominanz des FCB von damals in nationalen und internationalen Wettbewerben war natürlich die denkbar höchste „Einstiegs-Messlatte“ in meine Fußballwelt, die im Grunde nie wieder erreicht wurde.
Von den heute ja wissenschaftlich akribisch erfassten „Leistungsdaten“ her, also der Athletik, dem Top-Speed, dem brutalen (Gegen)Pressing und dem extrem schnellen Umschaltspiel usw., sind die heutigen Stars heute natürlich sehr viel besser als die Obengenannten.
Die waren gedanklich damals wesentlich langsamer als heute, und physisch sowieso. Ein Alphonso Davies z.B. würde die „Alten“ (als die im selben Alter waren) natürlich in JEDER Laufdistanz als Lachnummer erscheinen lassen.
Aber vom Nimbus, der Persönlichkeit und der Ausstrahlung her sind die genannten alten Helden wahrscheinlich nie wieder erreicht worden.
Und für einen kleinen Jungen waren sie extrem wirkmächtige Identifikationsfiguren. U.a. natürlich auch deshalb, weil der FCB-Kader (lange vor dem Bosman-Urteil und dem Wegfall der Ausländerbegrenzung) damals nicht nur fast ausschließlich aus Deutschen bestand, sondern sogar größtenteils aus waschechten Bayern, wie man auch am Idiom erkannte.
Damals war man erst dann ein richtiger FCB-Spieler und verdiente sich die identitätsstiftende „Mia san mir“-Identität, wenn man auch beim gemeinsamen Schafkopfen seinen Mann stand. Das ist natürlich Nostalgie, und wenn erst Thomas Müller verschwunden ist, wird davon nichts mehr übrig bleiben.
Heute, wo der Fußball sehr viel professioneller und dynamischer geworden ist und die „nationale“ deutsche Identität auch politisch aufgegangen ist in einer europäischen oder sogar globalisierten Identität, bestehen verständlicherweise praktisch ALLE europäischen Spitzen- und auch die meisten BL-Teams aus einem Ensemble extrem guter Profis, die vielleicht in 10 oder mehr verschiedenen Ländern geboren sind und mitunter mehr wegen des im Vergleich zu damals gigantischen Geldes bei einem Club spielen als etwa wegen Verwurzelung in der Region und Kultur.
„Damals“ hingegen spielte man quasi lebenslang bei „seinem“ Verein; auch Beckenbauer und Müller wechselten erst am Ende ihrer Karriere in die USA.
Das ist weder gut noch schlecht, es ist halt der Lauf der Zeit.
Und ich bin mir nicht sicher, ob sich ein kleiner bayrischer FCB-Fan genau so gut und schnell z.B. mit einem Coman (der technisch um ein Vielfaches besser und schneller ist als ein Katsche Schwarzenbeck) oder eben Olise identifizieren kann wie früher mit einem Beckenbauer, Müller oder Sepp Maier.
Aber um auf Deinen Punkt zurückzukommen: Olise hat zuletzt absolut fantastisch gespielt, da hast Du 100% recht.
Und wenn er dieses Niveau auf Dauer beibehält, stimme ich Dir zu, dass er eines Tages einem Robben um nichts mehr nachstehen wird, sondern womöglich sogar noch deutlich besser sein wird als dieser.
Und ich muss mich vielleicht etwas mehr von der nostalgischen Verklärung der Vergangenheit lösen. Weltmeister Katsche Schwarzenbeck würde vom spielerischen Niveau her heute womöglich gerade noch in einem Club im unteren 2. Liga reüssieren. Damals war er halt der „Wasserträger“ eines Beckenbauer, der erst durch ihn so richtig glänzen konnte.
Trotzdem waren die 1974er Weltmeister absolute Legenden, die eine fantastische Ära (gerade auch des FCB) geprägt haben; da werden mir die älteren MSR-Blogger sicher zustimmen.