@Alex
Danke für diese detaillierte lesenswerte Auseinandersetzung.
Ich mag dir da auch nicht wirklich widersprechen. a) Uns trennt inhaltlich nicht viel und die meisten Einreden wären nicht verifizierbare „Gefühlssache“. b) Ich habe nun für diesen Kommentar auch keine historische Presseschau gemacht und muss zugeben, in der Causa Lewandowski die Äußerungen der Protagonisten nicht wirklich intensiv verfolgt zu haben. Um den Grad der Zerknirschung oder des heimlichen Wohlwollens von Nagelsmann abzuleiten, bin ich dann tatsächlich der Falsche.
Nur eines:
Ich weiß nicht, ob ich diese Aussage richtig verstanden habe. Zumindest in meiner Vorstellung ist es so, dass die für den Kader Verantwortlichen für alle Positionen/Rollen - gerade für jene, wo auf Sicht potenzieller Handlungsbedarf nicht unwahrscheinlich erscheint - immer einen Scan auf den Markt haben. Beobachten, einschätzen, abwägen, Erkundigungen einholen. Letztlich wird man auf dieser Grundlage stets einen Pool von Spielern im Block stehen haben, die man als potenziell interessant einschätzt.
Nun sind wir wieder in der Mutmaßung; dennoch würde ich als normalen Arbeitsprozess unterstellen, dass man sich zu einem Zeitpunkt, wo sich der Abgang von Lewandowski manifestiert, an der Säbener zusammensetzt und diskutiert. Wie sind die Auswirkungen, wie reagiert man - intern, extern, usw.
Muss ich mir das dann wirklich so vorstellen, dass die Herren sich da gegenüber saßen und Brazzo in dem Sinne begann: „Also, Julian, es ist ja so. Du kennst mich, wie immer hab ich den Markt scannen lassen und natürlich gibt’s da einige interessante Kandidaten. Der eine eher in Richtung klassische 9, der andere etwas Mitspielender, der dritte mit ganz tiefer Spielweise. Natürlich müsste man sich jeweils die Machbarkeit ansehen. Ich hätte hier die Liste dabei, einige Namen wirst du kennen, aber ich würde vorschlagen, wir schauen sie uns gar nicht erst an.“ - „Ok Hasan, da rennst du bei mir offene Türen ein , so machen wir’s. Ich habe da ein Konzept entworfen, wie wir das im Kollektiv auffangen können und dabei unterm Strich noch besser sein werden, als bisher.“ - „Du willst wirklich nicht wenigstens mal die Optionen hören?“ - „Nein.“ - „Aber gerade der…“ - „SAGS NICHT, ICH WILLS NICHT WISSEN“. - „Ok Julian, aber den Tel holen wir trotzdem?“ - „Joa, gibt’s denn noch andere Kandidaten?“ - „Wenn du das wissen willst, muss ich dir aber doch zeigen, wen wir so gescoutet haben.“ - „NEIN.“
Ganz ehrlich, ich kann mir nicht vorstellen, dass man nicht über ein paar Externe diskutiert hat. Zuletzt deswegen, weil man es ja nicht immer zu schematisch sehen muss. Wenn es so war, dass Nagelsmann nicht begeistert vom festen zentralen Zielspieler war, hatte er doch dennoch nichts gegen Spieler mit 9er-Attributen an sich einzuwenden, insofern diese einen weniger omnipräsenten fluideren Spielstil haben. Ich würde Brazzo und Nagelsmann zugestehen und nicht substanziell kritisieren, wenn der Markt aus ihrer Sicht vergangenen Sommer keine wirtschaftlich vernünftige Option bot, welche den Kader mit Hinblick auf die Spielidee verbessert hätten. Da könnte ich unter dem Stichwort „Ja, aber“ noch etwas Namedropping betreiben, aber einen großen Vorwurf will ich da nicht machen. Wenn der eine aber gar nicht vernünftig gesucht hat oder der andere die Optionen gar nicht erst hören wollte, dann habe ich dafür auch rückblickend kein Verständnis.
Nun könnte man sicherlich Grundsätzlichkeiten aufrollen. Die mutmaßliche Ur-Katastrophe Brazzo, der die Fehlbesetzung Nagelsmann durchgedrückt hat, welcher in seiner Hybris dem Trugschluss erlag, dass ausgerechnet er es ohne Mittelstürmer schaffen würde, weil er so ein innovativer Bursche ist. Ich denke, den Entwurf einer solchen Polemik überlassen wir aber lieber der Sportbild.