@herrispezial: Danke für Deine Antwort!
Dass eine Effizienzbetrachtung das Geldeinsatzes in Hinblick auf den damit erzielten sportlichen Erfolg sinnvoll ist, darin sind wir uns ja beide einig. Die Frage ist nur, wo das ist sinnvoll ist und wie man das methodisch angeht.
In der Liga würden wir beide davon ausgehen, dass die Bayern aufgrund ihres massiven finanziellen Vorteils (z. B. allein in diesem Jahr 75% mehr Umsatz und 50% mehr Gehaltskosten als der jeweilige Ligazweite BVB) über 34 Punktspiele im Prinzip jedes Jahr gewinnen müssten - und das tun sie ja auch. Der elfte Meistertitel in Folge steht kurz bevor. Bang for the buck also voll gegeben, man könnte höchstens anführen, dass die Bayern denselben Erfolg womöglich auch mit geringerem Mitteleinsatz hätten erreichen können und insofern ineffizient gearbeitet haben.
Kommen wir zum Pokal: DFB-Pokal-Spiele sind immer K.O.-Spiele über einen Durchgang und spielentscheidungen über einen Durchgang sind, wie wir beide festgestellt haben, Zufallsereignisse mit hoher Varianz (Streuung). Dass heißt, dass selbst wenn die Bayern in jedem der Spiele, in denen sie zuletzt ausgeschieden sind, 80- oder 85-prozentiger Favorit waren, es immer noch eine nicht unbedeutende Chance gab, dass sie diese Spiele verlieren konnten. De metaphorische Münze konnte statt auf Zahl auch auf Kopf landen - und das ist in diesen Fällen nun einmal passiert. Ein finanzieller Vorteil, und sei er auch noch so groß, übersetzt sich ja nicht in eine 100-prozentige Siegeswahrscheinlichkeit.
Wenn du jetzt sagst, „okay, aber Ausscheiden dreimal hintereinander, das ist schon sehr unwahrscheinlich“, dann sage ich: Diese Aussage ist so nicht vollständig und damit auch nicht richtig, denn sie ignoriert diejenigen Spiele vor dem Ausscheiden der Bayern, die sie zuvor in dem jeweiligen Jahr in dem Wettbewerb schon gewonnen hatten. Im Übrigen darf man Spielausgänge auch als unabhängig verteilt ansehen, sodass ein frühes Ausscheiden im Jahr t keinen prädiktorischen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines frühen Ausscheidens im Jahr t+1 hat.
Hinzu kommt, dass sich nur die letzten drei Jahre herauszugreifen und dann zu sagen, die Bayern hätten im Pokal nicht genug Return on Invest gesehen, bewusst oder unabsichtlich einen stark verzerrenden und für statistisch belastbare Aussagen viel zu kurzen Betrachtungshorizont ansetzt. Hier mal eine etwas komplette Sicht auf die DFB-Pokal-Historie der Bayern der letzten 20 Jahre:
Zwölf Finalteilnahmen und zehn Siege in 20 Jahren, findest Du so gesehen den value for money der Bayern im Pokal immer noch so schlecht?
Zur Champions League: Im Grunde greift hier die gleiche Logik wie im Pokal: Ab der K.O.-Phase handelt es sich um Ausscheidungsspiele und damit probabilistische Prozesse mit einer hohen Varianz in den einzelnen Ergebnissen.
Statistisch zuverlässige analytische Ableitungen auf Basis des Erwartungswerts bedürfen also einer gewissen minimalen Stichprobengröße, um die Varianz soweit zu eliminieren, dass sie keine Rolle mehr spielt. Diese Stichprobengröße ist weit größer ist als nur drei oder vier Spielzeiten. Dein Blick nur auf die letzten Jahre überzeugt mich also schon schlicht aus methodischen Gründen nicht.
Aber ich frage mal anders: Die Bayern haben in den letzten zehn Jahren zwei Mal die Champions League gewonnen. Zu den Mannschaften, die jedes Jahr mit dem Anspruch in diesen Wettbewerb gehen, ihn am Ende auch gewinnen zu können oder wollen, gehören mindestens: Manchester City, FC Barcelona, Real Madrid, Chelsea, Manchester United (wenn sie teilnehmen), Liverpool, PSG, die Bayern, Juventus und Atlético. Mindestens. Das wären zehn Teams. Zehn Teams, die alle denselben Siegesanspuch erheben und finanziell ähnlich aufgestellt sind wie die Bayern. Wenn die Bayern nun in den letzten zehn Jahren die Champions League zwei Mal gewonnen haben, wie oft hätten sie sie vor diesem Hintergrund denn Deiner Meinung nach gewinnen sollen, damit Du sie nicht für finanziell unter Wert geschlagen sähest?