Es war immer der Anfang vom Ende eines Bayern Trainers, wenn er die Aufstellung ängstlich am Gegner orientiert, siehe Kovac mit Liverpool…
Der eigentlich Fehler am gestrigen Abend bzw. in der Vorbereitung auf ihn war, die Aufgabe einer, zugegebenermaßen aktuell schwer zu entdeckenden eigenen Identität bzw. Spielanlage. In einem intakten „mia san Mia“ Gefüge und einer tragfähigen Grundausrichtung des eigenen Spiels wäre man als TOP3-Verein der CL nie auf die Idee gekommen seinen eigenen Stiefel aufzugeben, weil ein anderer Verein sein Ding durchzieht. Für Bayern und dem ihnen eigenen Selbstverständnis dürfte bereits dies das Abschenken der eigenen Dominanz bedeuten, zumindest symbolisch. Müllers Kritik trifft hier ins Mark, 90% des Kaders ist internationale Topklasse, aber dem Spiel fehlt es an Vertikalität. Diagonalpässe und somit Spielverlagerungen kommen zu langsam und, aufgrund der von Müller angesprochenen Probleme, fehlerhaft. Es ist vermutlich auch nicht sonderlich hilfreich einen Spieler wie Kimmich, der ohne Zweifel Weltklasse veranlagt ist, intern und extern ständig schlecht zu reden. Er ist nicht Müller oder Matthäus, wenn man so eine Führungsperson auf dem Platz braucht, muss ersterer von Beginn ran, einer wie Zweiterer gesucht und verpflichtet werden oder einer wie DeLigt, dem man so eine Rolle in Aussicht gestellt hat, nicht demontiert werden.
"Doch nicht nur taktisch profitierte Bayer von dem Ansatz der Münchner, die personell eine sehr auf defensive Stabilität ausgerichtete Startelf auf dem Spielberichtsbogen präsentierten. Eine Botschaft, die in der Bayer-Kabine einen überaus positiven Effekt hatte, wie Leverkusens Abwehrchef Jonathan Tah erklärte: „Es war ein schönes Gefühl, als wir das in der Kabine gesehen haben. Da haben wir nochmal gespürt, wieviel Respekt sie vor uns haben. Das hat uns jedenfalls für den Moment Mut gegeben, mit Selbstvertrauen ins Spiel zu gehen und zu sagen: ‚Okay, die wissen, was auf sie zu kommt und wir wollen denen auf jeden Fall die Stirn bieten.‘“
Auf den Punkt gebracht. Tatsächlich.
„Ins Risiko gehen“ ist sicherlich was anderes als „alles alleine machen“.
Es kann ja genügen, sich auf bestimmte Weise freizulaufen, mal gewagt die Seite zu verlagern, etc. etc.
Ich würde mal behaupten, es ist bei diesem Team zu 90% Kopfsache, dass Spiele so (schlecht) gespielt werden, wie es gestern zu sehen war. Erst fängt man sich ein 1:0, weil die gesamte Verteidigung pennt und eine Boey dann noch einen individuellen Komplettaussetzer oben drauf setzt. Aber dann, und das ist das schlimmste, hat man in den 80% Restspielzeit, die da noch zu spielen waren, auch nicht im Ansatz eine Antwort.
Aber du würdest schon zustimmen, dass man was riskiert, wenn man sich vornimmt, mit dem Ball am Fuß möglichst viele Gegenspieler auszuspielen? Was sonst damit gemeint sein könnte, verlangt alles Abstimmung, Kenntnis von Laufwegen, also Dinge, die man antizipieren oder voraussetzen muss, um sich darauf zu verlassen und so auch mal einen no-look-Pass anzusetzen oder sich freizulaufen. Letzteres bleibt allerdings müßig, wenn dann der Pass nicht kommt, obwohl der Passweg frei wäre, weil der Ballführende erst noch einen Vierten umdribbeln möchte - war gestern oft zu sehen, und nicht zum ersten Mal.
Meine Enttäuschung ist über Nacht einigermassen verflogen. Man soll die neuen Verantwortlichen jetzt mal machen lassen. Dass ein überragendes Leverkusen unter Alonso die Serie reissen lässt, ist mir allemal lieber als ein rumpeliges, spottendes Dortmund oder ein nerviger Energiedrink.
Wichtig ist jetzt Klarheit in der Analyse, was personell und taktisch gemacht werden soll. Die vielen Verletzungen muss man zu Tuchels Verteidigung anführen. Trotzdem sollte der Trainer im Rest der Saison zeigen, dass er eine klare Vision hat, wie man wieder auf das höchste Level kommen kann.
… oder an ein Jazz-Quartett, wo jeder weiß, was der andere kann, und ihn mal spielen lässt …
Das Mentale war doch schon letzte Saison ein Riesenproblem. Letztes Jahr konnte man die Konzetration 45, 60 Minuten halten und dann war „Land unter“.
Manchem Spieler würde vielleicht ein „digital detox“ mal ganz gut tun. Zwei mal 45 Minuten „flow“, wer das nicht zuverlässig Woche für Woche bringt, ist nix für Bayern.
Tuchel ist aber nicht dafür bekannt junge Spieler zu fördern…welche faulen Äpfel würdet ihr denn aussortieren? Muss dann ja auch ein Abnehmer für gefunden werden…
Wie oft ich das schon gehört habe, dass man nun die Jugend rauslassen soll.
Meinetwegen gerne … stellen wir eine Talenttruppe auf entwickeln diese. Natürlich werden alle, die das fordern, keine Kritik üben, wenn wir 12. werden und ganz in Ruhe drei bis vier Jahre abwarten, bis wir wieder Titel holen.
Geduld und Gelassenheit sind ja Grundtugenden unserer Fangemeinschaft.
Soviel kommen bei uns gar nicht in Frage. Und Pavlovic hat gestern gespielt. Der einzige über den man diskutieren kann ist TEL…
Es ist ja auch noch nichts verloren. Sind immer noch 39 Punkte zu vergeben und in der Champions League ist man auch noch dabei.
Sollte man im April aus der Champions League ausgeschieden sein und der Abstand auf Leverkusen angewachsen sein, aber gleichzeitig die Champions League Qualifikation sicher, kann man sicherlich darüber nachdenken, ob man junge Spieler heranführt.
Beide Mannschaften haben gestern ihre taktischen Formationen angepasst.
Bei der einen Mannschaft hat das sehr gut funktioniert. Bei der anderen überhaupt nicht.
How comes?
Ein paar Tage vor dem Topspiel hatte ich den Wunsch geäussert, dass man mit möglichst wenig Veränderung in dieses Spiel gehen solle. Es kam anders.
Aus meiner Sicht hat man die letzten Spiele zwar spielerisch überzeugt, aber man hat eine Art Gefüge gefunden, das so langsam zusammen gefunden hat. Das Spiel gegen den Angstgegner Gladbach machte Hoffnung, dass man auf einem guten Weg ist.
Trotzdem hat man immer noch gesehen, dass die Mannschaft nicht vor Selbstvertrauen strotzt. Selbstvertrauen scheint in dieser Saison ein zartes Pflänzchen zu sein, dass ganz langsam wächst. Dabei helfen Automatismen, dabei hilft eine nicht ständig wechselnde Aufstellung. Ein Stamm der sich herausbildet, eine Achse die sich bildet.
Wenn das mal gefunden ist und Erfolge da sind, wird das Selbstvertrauen immer stärker, man glaubt an sich, seine Fähigkeiten und auch an die des Trainers. Es schweißt sich eine Einheit.
Das sehen wir bei Leverkusen gerade ganz deutlich. Die Mannschaft hat riesiges Selbstvertrauen und volles Vertrauen in den Trainer. Mit dieser Mischung aus Selbstvertrauen und gegenseitigem Vertrauen ist es viel einfacher sein Spielsystem für ein besonderes Spiel umzustellen. Leverkusen hat also alle Bedingungen erfüllt um so einen taktischen Kniff erfolgreich umzusetzen.
Bei uns wiederum ist davon sehr wenig gegeben. Wenig Selbstvertrauen. Es bildet sich kein Stamm heraus. Spieler finden sich immer wieder auf der Bank, auch wenn sie gute Leistungen bringen (als Beispiel am Samstag de Light und Guerreiro). Dazu kommt, dass Trainer und einige Führungsspieler keine Einheit darstellen. Hier herrscht kein gegenseitiges Vertrauen.
Ich denke in dieser Ausgangslage war es psychologisch sehr unglücklich auf eine 3er Kette umzustellen. Dies erfordert neue Abläufe, neues Passspiel etc. All das was nötig ist, damit so eine Umstellung funktioniert, ist aktuell nicht vorhanden.
Dass zusätzlich die individuellen Leistungen katastrophal waren macht die Sache nicht besser.
Im Grunde fast logisch, dass man unter diesen Umständen das Spiel verliert. Hoch gepokert, Situation etwas falsch eingeschätzt und mit einem Totalschaden aus dem Stadion gegangen.
Die Niederlage ist ein Alarmzeichen. Egal ob man diese Saison einen Titel gewinnt oder nicht. Wir brauchen auf dem Platz und neben dem Platz wieder ein Team. Wir brauchen jetzt eine Spielweise die die Mannschaft umsetzen kann. Die ihr wieder Selbstvertrauen gibt. In der sich die Spieler in ihren Rolen wohl fühlen. Wir müssen einen Stamm finden für den Rest der Saison, der sich vertraut und so auch wieder besseren Fußball zeigt. Das ist jetzt verdammt schwierig. Dieser Herausforderung sollten sich jetzt alle im Klub stellen.
Da gibt’s ja so gut wie keine. Sind ja alle verliehen oder verkauft worden…wobei man natürlich sagen muss dass für einige von denen Bayern auch ne Nummer zu groß ist …
Und damit hast du vollkommen Recht. Das wäre der logische und erfolgversprechendste Ansatz für gestern gewesen… verstehe nicht was Tuchel da geritten hat …boey links hinten???
Mit Pavlovic, Tel, Zaragoza, Zvonarek und Aznou sind schon noch einige da. Man muss ja auch keine komplett neue Mannschaft aus Jugendspielern aufstellen.
Ja, Deine Zeitangabe dürfte durchaus hinkommen. Auch @KurtRambis schreibt ja, dass das Mentale schon letzte Saison ein Riesenproblem war.
Ein Burn-out-Syndrom ist ja nie eine Akuterkrankung, sondern hat einen monate- bis jahrelangen Vorlauf und entwickelt sich kumulativ immer schlimmer werdend.
Wenn ich mir, um nur wenige Beispiele zu nennen, einen Kimmich, Upamecano oder Min-jae Kim so ansehe, finde ich das mit dem Burn-out nicht so abwegig.
Die sind völlig überspielt, und irgendwann streikt dann auch der Körper, und Verletzungen werden nie richtig auskuriert. Auch Misserfolgserlebnisse wie z.B. bei der gestrigen Demontage - und das darauf folgende mediale Feuer - sind sicher nicht gerade stimmungsaufhellend, sondern kratzen weiter am Selbstbewusstsein.
Natürlich muss man, um „ausgebrannt“ zu sein, irgendwann vorher mal „gebrannt“ haben. Und das trifft auf viele FCB-Spieler absolut zu: die haben jahrelang am Limit gespielt und „gebrannt“ und waren sehr erfolgreich, doch mittlerweile ist das Feuer halt erloschen, und die Energiereserven sind verbraucht.
Wenn ich z.B. in Kimmichs Gesicht blicke, dann sehe ich dort nur Anspannung und Leere, aber keine „Freude am Spiel“.
Und ich kann mir schon vorstellen, wie jahrelanger Frust ihn „ausgebrannt“ hat: das katastrophale Scheitern bei den großen NM-Turnieren, das wiederholte frühe Rausfliegen aus der CL, die Corona-Thematik, der Abgang seiner Förderer Nagelsmann und Salihamidzic, Tuchels Kritik an seiner Position und Führungsrolle, dann das mitunter ziemlich unfaire Kimmich-Bashing in den Medien usw.
Dass all das gerade bei einem so ehrgeizigen und harmoniebedürftigen Spieler wie Kimmich kumulativ zu einer schweren psychischen Dauerbelastung geführt hat, kann ich mir unschwer vorstellen.
Man denke auch daran, wie sich Pavard (und früher Deisler) wegen ihrer Depressionen geoutet haben; von Enke gar nicht erst zu reden.
Ein Problem ist natürlich, dass das „Burn-out-Syndrom“ heutzutage in aller Munde ist, aber als medizinisches Krankheitsbild nicht richtig definiert und anerkannt ist.
Was sicher auch an dem hohen Überschneidungsbereich der Symptome mit denen einer (Erschöpfungs-)Depression liegt.
Soweit ich es verstehe, liegt der Unterschied zwischen beiden im Affekt: beim Burn-out-Syndrom fühlt man sich „nur“ extrem erschöpft und geistig abgespannt, während bei der Depression zusätzlich auch die Stimmung dauerhaft niedergeschlagen ist und man sich nicht mehr richtig freuen kann.
Ich stimme Dir aber zu, dass selbst Sportpsychologen ein Burn-out-Syndrom bei gleich einer ganzen Reihe von Spielern sicher nicht kurzfristig heilen können.
Und Maßnahmen, die ein Hausarzt ergreifen würde (wie z.B. längere Krankschreibung oder eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik), scheiden bei Profi-Fußballern ja von vornherein aus.
Ich bin mir noch nicht mal sicher, wie es sich mit der Verschreibung von Antidepressiva bei Spitzensportlern verhält. Also, ob es viele BL-Fußballer gibt, die Antidepressiva einnehmen, oder ob sich das mit den Doping-Richtlinien bzgl. psychoaktiver Substanzen beißt.
Einen hohen und v.a. kurzfristigen Nutzen wird meine Hypothese, wenn sie denn stimmt und auch so von den Mannschaftsbetreuern wahrgenommen wird, also wohl nicht haben. Ich suche halt nur nach einer Erklärung für den „roten Faden“, der sich seit Jahren durchs Team zieht und dafür sorgt, dass eigentlich hochbegabte Spitzenfußballer längst nicht mehr so gut performen, wie man es eigentlich von ihnen erwarten kann und muss.
Oder es sind eben doch nicht alle wirkliche Spitzenfussballer? Könnte ja auch sein.
Nach den Trainerwechseln und beinahe identischen Leistungen über Monate könnte man langsam schon auf diese Idee kommen…
Ich weiß keine Erklärung mehr.
Es sind jetzt noch 13 Spiele und damit 39 Punkte zu vergeben. Wenn wir 30 Punkte holen, sind wir bei 80 Punkte in der Tabelle, was wirklich sehr gut wäre. Das müsste zumindest jetzt der Anspruch aller Spieler und Verantwortlichen sein. Wenn Leverkusen 34+x Punkte holt und damit auch vor uns steht, haben sie es sich zu 100% verdient und man kann ihnen zu einer überragenden Saison gratulieren.
Von Xabis öffentlicher Analyse nach dem Match ist dies hier mMn die entscheidende Passage.
Nämlich die Leverkusener haben es geschafft, im Prinzip individuel und kollektiv fast immer die richtige Entscheidung zu treffen, gegen den Ball und mit dem Ball.
Unser Team hat es bis zum ersten Gegentor auch gut gemacht, aber Leverkusen danach eben viel besser und wir im Umkehrschluss fast jede Entscheidung auf dem Platz falsch getroffen- individuel und kollektiv.
Die Stärke eines Teams zeigt sich mMn immer dann besonders, wenn man die Spielkontrolle auch ohne und gegen den Ball beherrscht und behält. Etwas was Real immer besonders gut konnte.
Heute müssen top Teams beides können, Spielkontrolle mit und ohne Ball, Xabis Leverkusen können das gut, wir zzt nicht.
„I had in the back of my head that now they had Kim [Min-jae], now [Dayot] Upamecanowas getting fit so they had four centre-backs; they could make a back three. Thomas [Tuchel]has played brilliantly with that system so we were ready to control that as well. From the 4-2-3-1 to the 3-4-3 and I think we have controlled well, to find the right moment when to press, when to wait, who could have the ball, who could not have the ball, and defensively for me it was an outstanding performance.“ - Xabi Alonso
Nachdem viele wohl schon mit Spieltagsthread lesen restlos beschäftigt hier auch mal noch n’en Link rein nachdem es ja auch alles ums gestrige Spiel bei meinem Post sich dreht…