Die Wiedererstarkung von Upamecano ist ein illustratives Beispiel dafür, wie bei der Bewertung von Spielern ganz allgemein viel zu viel auf deren intrinsische Fähigkeiten und viel zu wenig auf Kontextfaktoren wie das Spielsystem oder die Rolle in der Mannschaft geschaut wird.
Mich überrascht die gewaltige Leistungssteigerung von Upamecano (und in Maßen auch Kim) nicht.
Ich habe schon im Juli 2024, da hatte die Saison noch nicht mal angefangen, im Kontext der Diskussion über den Verkauf von de Ligt hier im Forum geschrieben, wie das System von Kompany mit hochstehenden Innenverteidigern an der Mittellinie dem Spieler Upamecano mit seinem spezifischen Stärken und Schwächen entgegenkommt:
Ich hatte sogar schon im April 2024, als gerade diskutiert wurde, ob Julian Nagelsmann der neue alte Trainer der Bayern werden könnte (es wurde schließlich Kompany), geschrieben, Zitat:
Man kann den Namen „Nagelsmann“ durch „Kompany“ ersetzen, das Argument bleibt das gleiche, und es bleibt genauso richtig.
Im Oktober 2024 schrieb ich unter einem Beitrag von @justin, in dem es darum ging, in welchen Mannschaftsteilen die Bayern prioritär investieren sollten, zur Innenverteidigung geschrieben (mit dem fettgedruckten Fazit endend, dass die Bayern bei Upamecano und Kim bleiben sollten):
IV: Abstrakt betrachtet halte ich weder Upamecano noch Kim für gut genug für Bayern. Upamecano macht für eine Spitzenmannschaft zu viele kritische unforced errors und Kim wirkt in meinen Augen zu oft überfordert mit dem Spiel der Bayern, trifft falsche Entscheidungen, spielt Fehlpässe, steht falsch, bewegt sich falsch. Dennoch würde, wenn Kompany bleibt, ein Ersatz für einen der beiden (oder beide) in der Rangfolge meiner Investitionsprioritäten noch hinter der Torhüterposition rangieren. Meine Gründe dafür habe ich gestern schon in einem anderen Kommentar detailliert erläutert; sie liegen, kurz gesagt, in der Spielweise der Bayern unter Kompany. Zum einen haben die Innenverteidiger in diesem System in ihrem Kernbereich, der klassischen Defensivarbeit, relativ wenig zu tun, können also auch durch Fehler relativ wenig kaputt machen, und zum anderen findet in diesem System die entscheidende Defensivarbeit im vorderen Teil des Spielfeldes statt, nicht im hinteren. Wenn der Gegner zu einer Chance kommt, ist der entscheidende Fehler im Angriffsdrittel gemacht worden, nicht im Verteidigungsdrittel. Upamecano und Kim können dann nur noch versuchen, auf den letzten Drücker auszubügeln, was ihre Vorderleute verbockt haben. Soll heißen: Wenn man die Defensive der Bayern, gemessen an den Chancen, die der Gegner bekommt, verbessern will, sollte man im vorderen Teil des Feldes optimieren und nicht im hinteren bei der IV. Fazit: Upamecano und Kim.
Lange Rede, kurzer Sinn: Dass Upamecano in einem System Kompany im Vergleich zur Zeit davor wieder deutlich aufblühen würde, war aufgrund einfacher logischer Überlegungen absehbar, mich jedenfalls hat es nicht überrascht.
Und dieses Aufblühen jetzt auf Upamecanos innere Qualitäten zurückzuführen, die unter Tuchel nur kurz verschüttet waren, ist genauso falsch, wie seine schwachen Leistungen zuvor auf einen Mangel an inneren Qualitäten zurückzuführen.
Upamecano war nie so schlecht, wie er aussah, so wie er heute nicht so gut ist, wie er aussieht. Sein Hang zu katastrophalen Fehlern ist nicht plötzlich und über Nacht einfach so verschwunden. Upamecano ist heute vor allem deshalb (wieder) ein guter Spieler, mit dem wir zu Recht zufrieden sind, weil ihm mit seinen spezifischen Stärken und Schwächen das System Kompany enorm entgegenkommt.
Die Lektion von Upamecanos Wiederauferstehung? Context matters! Dass dies eigentlich immer und für alle Spieler gilt, sollten wir bei all unseren Urteilen über die Qualität von Spielern immer im Hinterkopf behalten.