Kaderplanung: Transfermarkt (Teil 2)

Interessante Diskussion, danke dafür. Beim Aufholen der letzten Tage sind mir einige Fragen gekommen, vielleicht könnt Ihr mir helfen:

  1. Wo finde ich die Info, dass die Bayern ihren Personalaufwand um 20 % reduzieren wollen?
  2. Wo finde ich die Info, dass die Bayern zukünftig einem Spieler in der Regel nicht mehr mehr als €15 Mio. Gehalt pro Jahr zahlen wollen?
  3. Wo finde ich die Info, dass Pavlović bei den Bayern zukünftig die Nummer eins im zentralen Mittelfeld sein soll?
  4. Warum denkt Ihr in so großer Zahl, dass die Bayern Kimmich in diesem Jahr verkaufen wollen?

Dann noch zwei Gedanken zu Kimmich und de Ligt.

Kimmich:

Kimmich ist ein sehr guter Rechtsverteidiger und ein sehr guter Sechser. Aber er ist auf keiner der beiden Positionen Elite. Als kreativer Sechser ist er kein Rodri oder Kroos, als defensiver Sechser kein Palhinha oder Rice, als Rechtsverteidiger fehlt ihm der Speed, den das heutige Spiel braucht.

Aber Leute wie Rodri oder Kroos wachsen nicht auf den Bäumen und wenn man davon ausgeht, dass die Bayern in diesem Sommer keinen besseren kreativen Sechser und auch keinen besseren Rechtsverteidiger als Kimmich finden werden (einen mutmaßlich besseren defensiven Sechser haben sie ja gefunden), den sie kaufen können, und wenn sie zudem im eigenen Kader gegenwärtig auch keine besseren Leute für diese Positionen haben, oder höchstens für eine davon, und wenn man weiterhin annimmt, dass Kimmich auch in Zukunft grundsätzlich bereit ist, auf beiden Positionen eingesetzt zu werden, dann wäre es unklug, eine vielseitige Allzweckwaffe wie Kimmich, die sowohl im kreativen Mittelfeld als auch rechts hinten auf hohem Niveau spielen kann, abzugeben (wenn dem denn wirklich so ist, siehe Frage 4.). Das erscheint nicht sinnvoll.

de Ligt:

Manche fragen sich ja, wie es sein kann, dass die Bayern an jemandem wie Tah interessiert sind und Upamecano halten möchten, aber de Ligt abgeben wollen.

Ich kann dafür eine rationale Erklärung anbieten. Hier die Kurzform:

Die Erklärung basiert auf der Prämisse, dass Kompany ein System mit einer hohen letzten Linie spielen möchte, praktisch ähnlich vielleicht zu dem, was vor ihm Nagelsmann und insbesondere Flick haben spielen lassen. Dann basiert die auf der zweiten Prämisse, dass diese Überlegungen von Kompany Einfluss finden in die Kader- und damit Transferplanungen der Bayern für die nächste Saison.

Wenn die Bayern ein System mit einer hohen letzten Linie spielen, in dem die durchschnittliche Position der Innenverteidigung im Ballbesitz weit vor dem Tor liegt (vielleicht ~Mittellinie), werden für die Innenverteidiger zwei Fähigkeiten sehr interessant:

  1. Speed. Speed ist elementar. Speed ist deswegen elementar, damit die hoch aufgerückten IVs im Standardverteidigungsfall in diesem Szenario, dem schnellen Zurückfallen im defensiven Umschaltspiel (d. h. bei einem Konterangriff nach Ballverlust), die gegnerischen Spieler, die auf das Tor der Bayern zurennen, abfangen, abgrätschen oder im Laufduell zur Seitenauslinie abdrängen oder durch enge Begleitung als Passoption blockieren können. Egal was die Innenverteidiger in so einem System noch brauchen, um gut zu sein, Speed ist elementar.
  2. Passfähigkeiten. Wenn die bayerischen Innenverteidiger im Ballbesitz der Bayern regelmäßig bis in die Nähe der Mittellinie aufrücken, werden sie im Aufbauspiel relativ häufig Ballkontakte haben. Und damit wird plötzlich ihre Passsfähigkeit interessant. Ein Innenverteidiger, der ungefähr auf Höhe der Mittellinie oder knapp dahinter den Ball bekommt und der richtig gut passen kann, kann eine echte Waffe im Aufbauspiel seiner Mannschaft sein mit kreativen linienbrechechenden Bällen in die Spitze oder auch mit diagonalen Schwerpunktverlagerungen nach vorne links oder rechts. In einem System mit hoher letzter Linie ist die Fähigkeit, gut passen zu können, für einen Innenverteidiger nicht elementar (notwendig), wie es Speed ist, aber sie ist auch mehr als nur nice to have.

Hinzu kommt, dass die eigentliche fundamentale Schwäche von Upamecano, weshalb seine Bayerntauglichkeit ja überhaupt nur fraglich ist, nämlich sein nicht wegzudiskutierender Hang zu abenteuerlichen Fehlern im Ballbesitz in der Nähe des eigenen Tores, durch ein System mit hoher letzter Linie abgeschwächt wird bzw. weit weniger zum Tragen kommt, wahrend ein solches System seine Stärken, insbesondere seine Geschwindigkeit und Passfähigkeiten, betont bzw. sehr zur Geltung bringt.

Was haben Tah und Upamecano? Speed. Was hat de Ligt nicht? Speed. Was hat Upamecano (von Tah weiß ich es nicht)? Einen sehr guten kreativen Pass. Was hat de Ligt nicht? Einen sehr guten kreativen Pass. Wessen Stärken betont und Schwächen mildert ein System mit einer hohen letzten Linie? Die von Tah und Upamecano. Wessen Stärken betont und Schwächen mildert es nicht? Die von de Ligt.

There’s your explanation.

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