Elend und Ekstase: Eine Topographie des Bayern-Fans

Dann kannst du kein Neuzugang sein.
It‘s simple :wink:.

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Ich sagte doch: ich sortiere mich aus Solidarität da ein. Sicher: auch ich kann, wie einige andere auch, mit einer bestimmten Art von Anspruchsdenken - und schon gerade mit Blick auf die Leistungen eines Fußballteams - nicht viel anfangen. Aber das ist womöglich auch eine Generationsfrage. Wir sind nun mal eine Dienstleistungsgesellschaft; das war nicht schon immer so. Bei jüngeren Menschen stelle ich dementsprechend sehr viel konkretere Vorstellungen von dem fest, was sie von einem Dienstleister erwarten können, als ich sie im Einzelfall habe. Bzw. wo ich gar nicht zwingend eine Dienstleistung voraussetzen würde. Ich finde, es liegt auf der Hand, dass sich solche divergierende Wahrnehmungen und Werturteile auch in Bereichen bemerkbar machen können, wohin sie aus dem Blickwinkel des älteren Beobachters vielleicht nicht gehören.

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Wenn’s aber nicht passt?

Wie würdest du Dienstleister im Sinne des FC Bayern definieren?

Einen Dienstleister wechselt man ganz einfach, wenn man nicht mehr zufrieden ist oder man an der Dienstleistung nicht mehr interessiert ist.

Ich bin FC Bayern Fan fast seit ich denken kann. Ich könnte niemals den „Dienstleister“ wechseln in Sachen Fußball.

Meiner Tochter (25) geht’s aber genau so. Das hat was mit Identität zu tun.

Ich weiß nicht wie das beim Fan in China ist. Da würde ich eher davon ausgehen, dass es austauschbar ist.

In den USA eher nicht, weil das dort auch mit Herkunft zu tun hat.

Dieses fast bedingungslose Festhalten an seinem Klub ist doch das was es ausmacht. Natürlich sind die Ansprüche und Erwartungen nicht homogen unter den Fans. Aber nach wie vor ist ein Großteil am Ende dann doch Fan und hat ein rotes Herz.

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„Ihr habt optimale Voraussetzungen, zu denen auch ich monetär und mit allem Möglichen sonst noch beitrage. Nun solltet ihr aber auch liefern und an den Maifeiertagen diese und/oder jene Silberware in unseren schönen weißblauen Frühlingshimmel recken.“

Ok, der Anspruch auf die Meisterschaft.
Der ist natürlich schon weit verbreitet. Da würde ich mich auch mit in Sippenhaft nehmen.

Wobei man hier schon differenzieren muss. Wird ein anderes Team Meister, obwohl Bayern seine Leistung einigermaßen gebracht hat, dann wird das mMn von einem Großteil der Fans schon anders eingeschätzt wie eine verpasste Meisterschaft, die in erster Linie an eigenem „Versagen“ liegt.
Hätte Bayern z.B. in der Saison 2023/24 die Leistung und Punkteausbeute aus der Vorrunde einigermaßen bestätigt, wäre es für mich (und ich glaube stellvertretend für viele andere hier sprechen zu dürfen) absolut in Ordnung gewesen, auch mal „nur“ Zweiter zu werden angesichts der fabelhaften Punkteausbeute der Leverkusener. Bei einem engen Rennen hätte wahrscheinlich jeder Bayernfan zwei bis drei neue Fernsehgeräte gebraucht angesichts der vielen Last Minute Tore von Leverkusen. :wink:
Hätte Bayern hingegen in der Saison 2022/23 den Titel noch verspielt, obwohl sich die Konkurrenz (bis auf eine gute Serie des BVB von Februar bis April) wirklich nicht mit Ruhm bekleckert hat, dann wäre das in meinen Augen etwas anderes.
Von daher würde ich sagen, dass es für den Großteil der Bayernfans eher eine Rolle spielt, inwieweit die Mannschaft ihr Potential abruft. Wenn sie das einigermaßen hinbekommt, dann ist die Meisterschaft aktuell ohnehin ziemlich sicher, wenn nicht gerade einem Konkurrenten etwas Außergewöhnliches glückt. Dass ich mit dieser Einschätzung nicht ganz falsch liege, sieht man auch daran, dass es - und hier ist Bayern wirklich speziell - selbst in Jahren, in denen die Meisterschaft geholt wurde, oftmals nur gedämpften Jubel und vor allem viel Kritik gibt.

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das würde ich für mich in Anspruch nehmen. Seit 1980 eigentlich als 10jähriger Bayern Fan geworden und bis jetzt Höhen und Tiefen mit diesem Verein miterlebt.

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In welche Schublade ich gesteckt würde ist mir herzlich egal.

Ich hab 1978 mein Herz an den FC Bayern verloren und seitdem gehen wir zusammen durch gute, sehr gute und auch mal schlechte Zeiten. Was andere Leute, andere Fans des FC Bayern und Fans anderer Vereine dazu sagen juckt mich wenig. „Der FC Bayern und ich gehören nun einmal zusammen und sind untrennbar voneinander“. Dieser Landauer-Spruch trifft perfekt auf mich zu.

Oft hab ich mich schon selbst verflucht dafür, dass meine Laune vom Ergebnis eines Fußballspiels abhängig ist und ich oftmals leide wie ein Hund, aber ich kann aus meiner Haut halt auch nicht raus.
Andererseits bemitleide ich die Menschen, die mit richtigem Fansein nichts am Hut haben. Diese Gefühlsexplosionen und dieses langanhaltende glückselige Gefühl nach großen Siegen werden diese nie erleben. Die wissen gar nicht was ihnen entgeht :slight_smile:

P.S. Kalle ist Gott. Unantastbar.

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Da ist was dran. Geht mir ähnlich. Früher habe ich allerdings länger gelitten als heutzutage. Trotzdem tun Niederlagen immer noch brutal weh, vor allem in grossen Spielen. Und da hatten wir in den letzten Jahren zuviel davon. Aber das ist wohl der Preis dafür, dass die Freude bei Siegen gross ist und bei grossen Siegen riesig.

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Habts Geduld, ihr Lieben.
Ich bin gebremst optimistisch, watt aufm Platz angeht. Zumal ich zwei Eisen im Feuer habe - das Herren- und das Frauen-Team. Größere Chance auf epische Siege…

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ich bin wohl eine Mischung aus vielen…

mittlerweile seit über 35 Jahren Fan… (bin 45)
NRWler, immer schon gewesen - aber Familie in Augsburg… über die kam die Liebe zum Land Bayern (also bevor ich verstand, welch menschenverachtende Politik dort herrscht) und dadurch zum Verein…

ich bin romantischer Tradionalist - bin als Mitglied ausgetreten als der Hype endgültig durchschlug (mit Amtsantritt von Pep)…

begleite den Verein und vor allem die handelnden Personen sehr kritisch…

verdrücke immer noch Tränen bei wichtigen Siegen, krassen Niederlagen oder außergewöhnlichen Ereignissen (z.B. Abschied Thomas Müller)…

war jahrelang in der Ultraszene unterwegs…

habe hier vor Ort lokale und unterklassige Vereine die ich begleite…

verpasse quasi kein Spiel im TV - lese jeden Beitrag im Forum…

passe von meinem restlichen Leben 0,0 zu diesem Verein…

keine Ahnung, wo ich mich da einordnen sollte… :zany_face::man_shrugging:t3::rofl:

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Ohne Worte :roll_eyes:

Auch wenn ich weit oben im Nordosten des Freistaates lebe, kriege ich die Landespolitik natürlich ungetrübt mit. Und die ist jetzt nicht generell menschenverachtend, die Mehrheitsgesellschaft wird von der Regierung durchaus gut behandelt.

Allerdings glaube ich, dass die Situation für Zugewanderte und Geringverdiener in anderen Bundesländern, die sich eine fortschrittliche Politik auf die Fahnen schreiben, keineswegs besser ist …

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Wir schreiben hier über das Fan Dasein. Ein schönes und im Grunde auch verbindendes Thema.

Es wäre schön, wenn das in diesem Thread auch weiterhin die Diskussionsgrundlage wäre.

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Nun, um abermals mit Bob Dylan zu scherzen - I contain multitudes…
Ernsthaft:
Ich selber sehe mich als Mischung aus LOKALPATRIOT und VERLIEBTER, zu ziemlich gleichen Anteilen.
Übrigens war das Erstellen der Typen gar nicht so schwer:
Ich hab einfach (und frecherweise) von den Thread-Beiträgen auf eine innere Verfasstheit rückgeschlossen :grinning_face_with_smiling_eyes:

In der Tat wäre ich sehr neugierig gewesen, grade von @justin und der ganzen MSR-Redaktion eine Selbst-Einschätzung zu lesen… die müssten ja quasi „berufsbedingt“ ein Quantum an G’SCHEIDHAFERL in sich tragen, aber der Rest wäre natürlich sehr interessant :wink:.

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Na gut. Ich habe die Löschung aufgehoben. Er ist jetzt ganz oben im Thread wieder sichtbar.

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Großer Applaus! Noch vorm Lesen!
Danke fürs Rückgängig-Machen.

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Und nach dem Lesen: Andächtiges Schweigen. Hab Dank für Dein aufrichtiges und ehrliches Teilen - das hat mich wirklich berührt.

Aber:

An Deiner Selbstwahrnehmung müssen wir noch arbeiten. „Schrecklich“ ist wirklich was ganz anderes - eine über alle Maßen würdige Fortsetzung von @cheffe s Impuls.

PS: Ich hatte es einfach. @Lukenwolf1970 hatte mir einfach das Wort aus dem Mund genommen. Aber ich werde mir ein Beispiel an dir nehmen und mich beizeiten noch mal dransetzen: an eine Gratschifter-Variante von „Elend und Ekstase“.

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Kann man Fan sein ohne emotionale Bindung? Für mich ist das unvorstellbar.

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Jetzt mal noch was Exotisches: Der ZUFALLSFAN

Sein Lebensweg hat ihn auf verschlungenen Wegen eines Tages, vor vielen, vielen Jahren, nach München verschlagen - wo er seitdem hängengeblieben ist.

Für Fußball interessierte er sich ursprünglich eigentlich nicht sonderlich. Aber für Menschen und Nachrichten. Er las schon immer gerne Zeitung. In München Zeitung zu lesen, ohne alle Naselang über Fußball- oder Fußballer-Berichte zu stolpern, ist quasi unmöglich. So hörte bzw. las der Zufallsfan im Laufe der Zeit über den einen oder anderen Fußballer des FC Bayern diesen oder jenen menschlich interessanten Bericht. Manchmal sah er auch einen Ausschnitt aus einem Spiel im Fernsehen, und wenn dann ein Name auftauchte, den er aus der Zeitung kannte, freute er sich. Eine Mannschaft, in der er niemanden schon mal gesehen oder aus der er noch nie etwas über einen der Spieler gehört hat, ist für ihn ziemlich uninteressant, aber wenn er ein paar Leute wiedererkennt, sieht er sich schon auch mal das eine oder andere Spiel vollständig im Fernsehen an. Die ersten Namen, die er mit einem Gesicht und einem Spielstil verbinden konnte, waren Arjen Robben, Miroslav Klose, auch Mario Götze natürlich, Philipp Lahm…

So fing es an. Nach und nach kamen immer mehr Namen dazu, auch Trainer, z. B. Pep, und sogar Fußballfunktionäre. Eine Zeitlang beherrschte und polarisierte Uli Hoeneß derartig die Zeitungslandschaft, daß man unweigerlich Partei ergreifen mußte. Der Zufallsfan entschied sich für „pro Uli“. Damit war der letzte Grundstein für eine immer weiter sich festigende Beziehung zum FC Bayern gelegt. In guten wie in schlechten Zeiten.

Und dann kam auch noch Miasanrot. Erst die Blog-Artikel, aber dann in zunehmendem Ausmaß die Diskussionen in der Miasanrot-Kurve. Was die für eine explosionsartige Ausweitung des individuellen Einblicks in den Kosmos des FC Bayern und vor allem seiner Fans bedeuten, braucht man sicher niemandem, der hier mitliest, zu erklären.

Es ist nicht so, daß der Zufallsfan für andere Fußballvereine absolut nichts übrig hätte. Wenn er jemanden „kennt“ und schätzt, der da mitspielt, läßt er sich schon auch für einen anderen Verein erwärmen. Demnächst könnte z. B. Vancouver Whitecaps an Bedeutung für ihn gewinnen. Er hat allerdings Miasanrot entnommen, daß es ganz und gar verpönt, absolut geradezu das Schlimmstdenkbare ist, Menschen über Vereine zu stellen, und ist deswegen sehr vorsichtig mit der Bekanntgabe etwaiger Fremdgänger-Gedanken.

Aber die Gefahr, dem FC Bayern wirklich untreu zu werden, ist doch relativ gering. Dafür sorgen schon die Anfeindungen von Anhängern anderer Fußballvereine und generell von außerhalb Münchens beheimateter Nicht-FC-Bayern-Fans. Der Zufallsfan ist kein fanatischer Fan - aber ein gerechter. Solidarität muß Solidarität bleiben.

Der Zufallsfan ahnt bzw. man kann schon sagen: ist sich bewußt, daß ihn viele seiner Mitfans im strengen Sinn überhaupt nicht zu den echten Fans zählen würden (wenn sie denn seinen Hintergrund kennen würden). Das ist der Grund, warum er hier im allgemeinen mit Meinungsäußerungen zu Fußballthemen eher zurückhaltend ist.

Aber andererseits ficht es ihn auch nicht wirklich an, sich weiter am FC Bayern zu erfreuen. Egal, unter welcher Kategorie er einsortiert wird :wink:

PS: Und was Sieg und/oder Niederlagen des FC Bayern angeht: Die nimmt er nicht persönlich. Erwartet keine immerwährenden Siege, brütet nicht exorbitant über Niederlagen. Sondern freut sich oder ist auch mal traurig, je nach Lage der Dinge. Und dann wieder andersherum.

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