So meinte ich das. Bleiben wir doch einfach beim geschilderten Fall von ManU und Mazraoui. Seine Mitspieler sollten durchaus aushalten können, dass einer aus Glaubensgründen da nicht mitmachen möchte. Ich kann als Zuschauer aushalten, dass er eben keine Regenbogenjacke oder Pin trägt. ( Argumentation „ nicht mit seinem Glauben vereinbar“ finde ich persönlich Scheiße, dass sollte in meinem Post deutlich geworden sein -Stichwort Kant- und wenn es Spieler gibt, die es ebenso Scheiße fanden, hoffe ich, dass Nouss das auch mitgeteilt bekommen hat.)
Ich habe ja geschildert, wie man das hätte lösen und trotz Diskrepanzen im Team Zusammenhalt zeigen können.
man könnte solche unbelehrbaren und sturen Menschenfeinde auch einfach zum Teufel (an den glauben sie ja offenbar) jagen - dann muss man auch nichts aushalten!
Wenn man alle Gegner oder auch Feinde der LGBTQ+ Community Gen Teufel schicken würde, würde man wohl ziemlich alleine zurückbleiben. Nicht unbedingt in der westlichen Welt, aber global gesehen wahrscheinlich schon. Und ob damit der Gesellschaft geholfen wäre, würde ich auch anzweifeln.
Das Beste an diesen ganzen Debatten ist ja, dass man ständig das geile Vardy-Gif sieht.
Was ist denn das jetzt bitteschön?
Ist jetzt kein GIF sondern ein kurzes Video, aber der Inhalt ist gleich
Aber er soll nicht homophob sein
Gibts halt auch als Gif.
Ich habe ein Problem mit der Aktion der Premier League und der Bewertung von Mazraouis Verhalten in diesem Kontext, die hier im Thread geäußert wird.
Grundsätzlich finde ich Aktionen wie eine „Pride Week“, die die Selbstverständlichkeit queeren Lebens in einer Gesellschaft fördern sollen, gut und richtig. Ich bin ein liberaler Mensch und der Meinung, dass jeder Mensch seine Persönlichkeit in größtmöglicher individueller Freiheit so entfalten können soll, wie er es für richtig hält, solange die Freiheit anderer Menschen, dasselbe zu tun, nicht darunter leidet. Ich kann beim besten Willen nicht erkennen*, inwiefern die Freiheit meines schwulen Nachbarn, sein Schwulsein auf seine Weise und nach seiner Façon zu leben, wie er es gerne möchte, mich selbst in der Entfaltung meiner Persönlichkeit und in meiner Freiheit, mein Leben so zu führen, wie ich es möchte, in irgendeiner Weise beeinträchtigt.
(*oder nur auf eine absurd konstruierte Weise, die keine wirkliche Relevanz hat).
Die Ablehnung queeren Lebens und des Auslebens alternativer Lebensentwürfe bei anderen Menschen hat in meinen Augen, abgesehen von Grenzfällen wie aktiven medizinischen Eingriffen in den Körper Minderjähriger, z.B. durch Pubertätsblocker, sofern sie irreversible körperliche Veränderungen zur Folge haben, oder durch Transgenderoperationen (die ich für Minderjährige auch für falsch halte), keine rationale Grundlage und kann gesellschaftlich ebenso entlernt und überwunden werden, wie sie ursprünglich einmal gelernt wurde und sich verfestigt hat, und sie sollte das auch.
Wenn Aktionen wie eine gesellschaftliche Woche der Aufmerksamkeit für queeres Leben dazu beitragen können, Liberalität gegenüber alternativen Lebensentwürfen als allgemeine Grundhaltung aller Menschen in einer Gesellschaft zu stärken, dann bin ich von ganzem Herzen dafür.
Für Mazraoui und andere Spieler wie ihn, die sich geweigert haben, an dieser Pride-Aktion der Premier League teilzunehmen, stellt sich die Sache jedoch anders dar, und das gilt auch für meine Einschätzung dazu.
Eine wichtige Errungenschaft einer liberalen Gesellschaft ist die Freiheit des Einzelnen, sich zu Dingen, die in den Bereich seiner Privatsphäre fallen, nicht öffentlich bekennen zu müssen. Ob ich den Kommunismus für eine gute Sache halte, ob ich den Kanzler toll finde oder wie ich über Homosexualität nachdenke, ist in einer liberalen Gesellschaft meine Privatsache und muss es auch bleiben können. Wenn ich der LGBTQ-Community und ihren Anliegen im Kampf um gesellschaftliche Anerkennung sehr positiv gegenüberstehe, bin ich in einer liberalen Gesellschaft nicht verpflichtet, dies z. B. einmal am Tag, einmal in der Woche oder zu bestimmten Anlässen öffentlich zu bekunden. Wenn ich das von mir aus tue, indem ich zum Beispiel aus freien Stücken jeden Tag eine Pride-Nachricht in den sozialen Medien poste oder eine Regenbogenfahne in mein Fenster hänge, dann ist das gut und richtig und anerkennenswert und jedenfalls mit einer liberalen Gesellschaft völlig vereinbar. Es ist das Ergebnis meiner eigenen freien Entscheidung.
Aber eine Art Gewissensprüfung, ein nicht selbst gewählter, von außen auferlegter Zwang, sich zu einer Sache zu bekennen, die in die individuelle Privatsphäre fällt, wäre ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen, die das Zeug hat, neben der abstrakten Freiheitsbeschneidung, die schon an sich zu beklagen ist, auch handfeste gesellschaftliche Konsequenzen für den Betroffenen nach sich zu ziehen, indem er sich für eine Sache, die eigentlich seine Privatsache ist, im Gerichtssaal der öffentlichen Meinung verantworten muss, gegebenenfalls Empörungsstürme oder gar berufliche Konsequenzen zu erleiden hat. All dies würde eine Gesellschaft insgesamt illiberaler machen, unabhängig davon, wie gut die Sache ist, zu der man sich bekennen soll. Ein solcher Bekenntniszwang ist daher abzulehnen, ebenso wie es abzulehnen ist, Menschen in Situationen zu bringen, in denen sie sich zu etwas bekennen müssen, ohne eine Chance zu haben, dem zu entgehen.
Das nämlich ist genau das, was mit Mazraoui passiert ist. Mazraoui (und alle anderen Spieler der Premier League) waren durch die Aktion der Premier League gezwungen, sich zu einer Sache zu bekennen. Sie mussten sich, ob sie wollten oder nicht, zum Thema LGBTQ verhalten. In dem Moment, in dem die Premier League die Trikot-Idee umsetzte, hatten die Spieler nicht mehr die Freiheit, sich zum Thema LGBTQ nicht zu verhalten. Ihre Antwort, wie auch immer sie ausfiel (ich bin dabei/ich bin nicht dabei), war in jedem Fall eine Antwort, die nicht zu geben sie nicht die Wahl hatten und die als Bekenntnis für oder gegen LGBTQ-Rechte/Anerkennung/etc. interpretiert werden konnte.
Und damit komme ich zum zweiten Punkt, der mir in dieser Sache Bauchschmerzen bereitet.
Mazraoui hat sich geweigert, das Regenbogen-Trikot zu tragen (eine Entscheidung, die er nicht die Wahl hatte, nicht treffen zu müssen). Damit hat er sich geweigert, ein positives Bekenntnis für LGBTQ abzugeben. In der Öffentlichkeit, auch hier im Thread, wird diese Entscheidung nun aber als ein negatives Bekenntnis gegen LGBTQ interpretiert. Das ist aber ein Fehlschluss. Zwischen dem Zustand, sich nicht explizit affirmativ und positiv zu einer Sache zu bekennen und dem Zustand, diese Sache aktiv abzulehnen, gibt es ein breites Spektrum an Grautönen. Wenn ich Real Madrid nicht supertoll finde, heißt das nicht, dass ich sie folglich total besch***en finde.
Mazraoui mag total gegen LGBTQ sein, er mag es für eine Perversion menschlichen Daseins von kosmischen Ausmaßen halten, aber aus seiner Entscheidung, dieses Trikot nicht zu tragen, lässt sich das jedenfalls nicht ableiten (noch verstärkt durch den Umstand, dass er keine Wahl hatte, als sich in dieser Frage positionieren zu müssen). Viel aussagekräftiger über seine Haltung zum Thema LGBTQ als seine Weigerung, dieses Trikot zu tragen, wären zum Beispiel Postings in den sozialen Medien oder Interviews, in denen er sich (1) von sich aus (2) gegen LGBTQ, Homosexualität etc. positioniert, und nicht nur (1) nicht von sich aus (2) nicht für LGBTQ, Homosexualität etc.
TL;DR: Ich bin dafür, dass jeder sein Leben so leben können soll, wie er gerne möchte, und jeder gesellschaftliche Fortschritt in Richtung dieses Zustands ist zu begrüßen. Gleichzeitig finde ich Aktionen wie die der Premier League, die Menschen dazu zwingen, sich in weltanschaulichen Fragen öffentlich zu verhalten, ob sie es wollen oder nicht, suboptimal, selbst wenn die Intention dahinter eine gute ist. Solche Aktionen verletzen das Recht des Einzelnen auf die Privatheit seiner Privatsphäre. Wie jemand über LGBTQ denkt, geht niemanden etwas an. Niemand sollte dazu gezwungen werden, sich dazu öffentlich verhalten zu müssen. Hinzu kommt, dass Aussagen, die nicht explizit Stellung für etwas beziehen dann häufig so interpretiert werden, als würden sie explizit Stellung dagegen beziehen.
Gezwungen, sich öffentlich zu verhalten und mit der Chance auf eine lockere Interpretation, wird die Öffentlichkeit dann zum moralischen Gerichtshof, die über Leute wie Mazraoui ihr Urteil fällt, was den Betroffenen in verschiedenster Hinsicht stark in seinem Leben beeinflussen kann (von Hassmails bis zu Konsequenzen im Beruf).
Kurzum, solche Aktionen der wie die der Premier League sind trotz ihres untadeligen, noblen Zwecks in einer liberalen Gesellschaft mit Recht auf Bekenntnisfreiheit und Privatsphäre als problematisch zu bewerten und sollten zukünftig lieber unterbleiben.
Bravo Alex. 100% Zustimmung.
wahnsinn @Alex - in deinem (ich weiß gar nicht wie ich es nennen soll) Drang angeblich liberale Ideale zu postulieren sprichst du wieder einmal ausschließlich den Gegnern das Wort!
es ist eben nicht M’s Privatsache - denn er und seine Glaubensbrüder (egal welcher Religion) erwarten ja für sich sehr entschieden öffentliche Anerkennung, ja sogar staatliche Verquickung und Unterstützung und bekämpfen liberale und freiheitliche Ideale, die du so hoch hälst, aufs entschiedenste und mit jedweder Konsequenz!
das du das entweder nicht sieht oder nicht sehen willst und daraus erneut in die Toleranzfalle tappst, macht mich fürwahr nur eines: fassungslos!
Ich bin 100% @Alex Meinung, nachdem Toleranz eben explizit bedeutet, nicht nur die eigene Agenda zu vertreten, sondern auch tolerant gegenüber Andersdenkenden und Andershandelnden zu sein.
Anders gesagt: Auch wenn man, so wie Du, positive Werte wie Gleichberechtigung, Inklusion, Pazifismus, liberale Identitätspolitik etc. befürwortet, wird man genau dann intolerant, wenn man Anderen diese seine Meinung aufzwingen möchte.
Dahingehend lese ich Alex’ Post und bin vollkommen einverstanden. Natürlich gibt es dabei ein Dilemma, an dem sich schon Philosophen die Zähne ausgebissen haben: Grenzenlose Toleranz würde zu Ende gedacht bedeuten, auch gegenüber Rechtsextremen, Demokratiefeinden und militanten Dschihadisten tolerant zu sein. Letzteres kann natürlich niemand wollen, das ginge deutlich zu weit.
Dennoch ist es ein Stück weit intolerant, andere für den Dienst an der eigenen Sache vereinnahmen zu wollen, wenn sie nicht davon überzeugt sind. Wenn dagegen, wie bei der WM in Katar, alle deutschen Spieler davon überzeugt sind, die Regenbogenbinde überzuziehen, ist das in Ordnung - wenn die Wirkung auch reichlich bescheiden war.
Genau das Dilemma meinte ich! Popper nennt es eleganter Paradoxon.
Ohne mich auf diese Diskussion tiefer einzulassen dennoch ein Gedanke: losgelöst von der Betrachtungsebene der einzelnen Person könnte ich ja auch als Proficlub mit einem klaren Wertesystem schon bei der Verpflichtung von neuen Spielern darauf achten, dass diese vollumfänglich dazu passen. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, dürfte ich eben keinen Spieler verpflichten, der sich nicht vor der Unterschrift zu den Werten des Clubs klar bekennt und auch seine Bereitschaft erklärt, dies nach außen hin zu zeigen. Aber das scheint vielen Clubs eher doppelmoralig egal zu sein, wenn die fussballerische Qualität des Spielers passt.
Also vorab würde ich dir zustimmen, dass du in grundsätzlicher Bekenntniszwang abzulehnen ist. Aber im Fall von Mazraoui würde ich dir deutlich und vehement widersprechen. Ich zitiere dazu mal aus einem Artikel den ich dazu gelesen hatte:
Manchester United have previously worn customised kit in bid to promote the campaign, while stars such as Bruno Fernandes, Jonny Evans and Harry Maguire have all spoken out on the subject of inclusivity and the need for all the club’s fans to feel included and respected.
Die Aktion wurde also 1. von seinem Arbeitgeber organisiert und 2. wurde die Aktion zumindest von dem spezifischen Verein also auch schonmal durchgeführt.
Für mich ist daraus auch zu schließen, dass zumindest mit einer hohe Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen war, dass United eine solche Aktion wieder durchführen wird.
Bei Vertragsunterzeichnung musste also Mazraoui sich eigentlich bewusst gewesen sein, dass diese Situation auf ihn zukommen kann. Er hat diese Situation mit seiner Unterschrift billigend in Kauf genommen. Er hat sich dem Bekenntniszwang bereitwillig unterzogen. Es war seine freie Wahl des Arbeitgebers, die ihn in diese Situation gezwungen hat. Nicht ich, nicht folkfriend und auch nicht die Premier League (die zugegebener Maßen auch eine Form von Arbeitgeber ist).
Mazraoui ist vollständig selbst Verantwortlich für seine Situation. Er hat sich dann in dieser Situation frei entschieden und für diese Entscheidung darf ich ihn auch kritisieren. So wie er mich für meine Weltanschauung kritisieren dürfte.
Okay, danke für die Aufklärung. Ich dachte, diese Trikot-Sache sei eine Aktion der Premier League gewesen. War das nur eine Sache von Manchester United? Wenn ja, und wenn United eine Vorgeschichte bei solchen Pride-Aktionen hat, dann finde ich die aufgezwungene Bekenntnispflicht für die Spieler zwar im Prinzip immer noch falsch, aber wenn man die Schwere des Übergriffs in die individuelle Freiheit auf einer Skala betrachtet, ist er zumindest nicht mehr ganz so gravierend wie noch in dem von mir angenommenen Fall, aus den von Dir genannten Gründen (auch wenn ich im Urteil nicht so weit gehe wie Du).
mag ja alles sein, was du, Alex, wortreich beschreibst. Aber an der Stelle, wo du sinngemäß schreibst, nur weil M. das nicht unterstützt, heißt ja nicht, dass er dagegen ist, steige ich aus. Denn er hat ja sogar selbst gesagt, dass das mit seiner Religion nicht vereinbar ist. Das ist schon mehr als „ich will mich nicht dazu bekennen, habe aber auch nichts dagegen“. Und ich finde, anders als bei Hamas vs Israel geht es hier ja nicht um eine meine Glaubensbrüder mordende Gegenseite, der man feindlich gegenübersteht, sondern um eine Minderheit, die, wie du eingangs ausführlich darlegst, ja niemanden was tut. Wenn man dann dieses Zeichen nicht unterstützen kann, läßt schon tiefer blicken (zumal der Koran selbst ja Homosexualität gar nicht explizit ablehnt, d.h. seiner „Religion“ also auch noch eine etwas „extremere“ Auslegung - eine intolerante - zugrunde liegt. Ich tue mich dann auch schwer, diese (deine) „liberalen“ Gedanken genau dann anzuwenden, wenn es um Intoleranz eines anderen geht. Aber dieses Paradox haben andere ja schon angesprochen).
Ich bin da zu 100% bei @alex !
Egal, weshalb, warum jemand irgendeine Meinung hat, sollte er gezwungen werden, sich in einer gemeinschaftlichen, auch gutgemeinten Aktion zu bekennen/outen?
Ich muss als Person nicht für alles offen sein, alles tolerieren, egal aus welchen Gründen ich das auch immer anders sehe, als es von anderen gewünscht wird.
Weshalb muss ich mich immer zu allem erklären?
Für mich ist auch eine Vertragsunterschrift keine Akzeptanz aller Werte meines Arbeitgebers und umgekehrt auch nicht.
Der Verein hat doch ebenso im Vorfeld gewusst, wie der Spieler „tickt“.
Fair. Vielleicht habe ich in meinem Post zu sehr einer grundsätzlichen Überlegung Raum gegeben, als mich konkret mit dem Fall Mazraoui und seinen Spezifika auseinanderzusetzen.
Vielleicht habe ich auf Basis dieser grundsätzlichen Überlegungen Mazraoui stärker in Schutz genommen, als er es unter genauerer Berücksichtigung der konkreten Umstände seines Falls verdient gehabt hätte.