Es geht aus meiner Sicht nicht immer darum, Leute vom Gegenteil zu überzeugen, die in ihrer Meinung da recht klar oder festgefahren sind.
Im Prinzip geht es hier um Grundsätze, auf die man sich als Gesellschaft eigentlich einigen können sollte, die aber nicht der Realität entsprechen:
alle Menschen haben es verdient, gleich behandelt zu werden
jeder Mensch sollte das Recht haben, zu lieben – egal wen
jeder Mensch sollte das Recht darauf haben, sich in seinem Körper wohlzufühlen und sich als das Gender zu identifizieren, das dieser Mensch für richtig empfindet
Niemand sollte sich für irgendetwas davon rechtfertigen müssen und niemand sollte dafür angegriffen werden – weder verbal, noch im Internet, noch auf den Tribünen, noch auf der Straße, noch physisch oder sonst wie
Wer sich mit dem Thema auseinandersetzt und mit Betroffenen spricht, der lernt meist im Kern zwei Dinge:
die Realität ist eine andere und diese Menschen leben im ständigen Unwohlsein, weil sie eben doch angegriffen werden, sie nicht gleich behandelt werden und es für einen recht großen Teil der Gesellschaft nicht als normal angesehen wird.
Präsenz im öffentlichen Raum ist wichtig, dass Menschen eben nicht den falschen Schluss aus der Stille ziehen, dass diese Menschen bereits gleichgestellt sind, die absolut gleichen Rechte haben und in der Gesellschaft als „normal“ angesehen werden. Präsenz hilft dabei, darauf aufmerksam zu machen, dass diese Menschen immer noch tagtäglich Opfer von Angriffen werden, dass sie weniger Rechte haben. Und es zeigt ihnen, dass es Menschen gibt, die sich auf ihre Seite stellen.
Nun stelle ich folgende Frage: Was genau triggert jemanden daran, sich dafür einzusetzen, dass es Menschen auf unserem Planeten gut geht? Ich verstehe es nicht. Ich verstehe auch nicht, warum das Tragen der Regenbogenfahne negative Gefühle bei manchem auslöst. Die Regenbogenfahne steht für viele der oben beschriebenen Werte.
Nun kann man sich sicher an der Diskussion darüber aufhängen, wie groß der Wert tatsächlich ist, wenn Manchester United mit einer Regenbogenfahne aufläuft. Ich sage: Es gibt eine mindestens kleine Außenwirkung. Und wenn es nur die ist, dass queere Fans von United sich gesehen fühlen und dass sie sich von ihrem Klub unterstützt fühlen. Ich sehe auch nicht, was dagegen sprechen soll, das zu tun, denn negative Auswirkungen gibt es nicht.
Die gibt es nun sicherlich deshalb, weil die Spieler es nicht getragen haben und sich umentschieden. Denn was ist jetzt die Signalwirkung an die queeren Fans von United und auch andere queere Menschen? Wer nur mal 20 Sekunden dafür aufwendet, sich kurz in deren Lage zu versetzen, wird mit etwas Empathie vlt. einen Teil des Schmerzes spüren.
Soll das Learning daraus aber nun sein, denen die Bühne zu überlassen, die dagegen argumentieren? Dann kommen wir nicht auf einen Nenner.
Man sollte auch immer wieder betonen, dass die Regenbogenfarbe und die LGBTQ±Szene will, dass sich ALLE Menschen in ihrem Körper wohlfühlen und lieben können, wen sie wollen. Man möchte da keinen unterdrücken sondern dafür sorgen, dass es ALLEN gut geht und ALLE GLEICH behandelt werden und somit sind auch heterosexuelle und cis-Personen immer mit gemeint.
Mir als Heide sollte dieses Glaubensdisaster auf der Welt relativ egal sein, aber diskriminiere ich nicht diese Leute, die auf Grund ihres Glaubens gar nicht den Intellekt dazu haben, dies so zu sehen, wie es gewollt wird?
Das man auf Grund eines Spielers, als Verein zurückzieht, ist natürlich sehr überraschend. Anderseits frage ich mich, wenn ein Spieler, aus seinem Glauben heraus, weil er an alles Glauben kann, was er möchte, da alleine aufs Feld geschickt wird, ohne diese Jacke, wie das ankommen würde? Hätten die Fans im Stadion dafür das Verständnis? Ich fordere einerseits, bin aber nicht bereit auf der anderen Seite zu respektieren.
Ich finde es eher diskriminierend, Menschen einer Religion fehlenden Intellekt zu unterstellen. Schon deshalb, weil es auch Menschen innerhalb dieser Religion gibt, die sehr progressiv handeln und denken.
Das ist mMn eine gängige falsche Interpretation von Demokratie, demokratischen Grundwerten und Meinungsfreiheit. Es steht Mazraoui natürlich frei, den Regenbogen nicht zu tragen. Aus Überzeugung, aus anderen Gründen. Das ist vollkommen egal. Er muss sich dafür auch nicht rechtfertigen. Aber das bedeutet doch nicht, dass das alle schweigend akzeptieren müssen. Im Gegenteil: Das ist ja genau der falsche Weg, wenn man für Sensibilität in solchen Themen sorgen möchte. Natürlich muss das angesprochen werden und natürlich muss man in Frage stellen, warum es für jemanden ein Problem zu sein scheint, dass es anderen Menschen gut geht.
Meinungsfreiheit bedeutet ja auch nicht, dass jemand in der Öffentlichkeit mit menschenfeindlichen Beleidigungen um sich werfen darf und keine Reaktion darauf erwarten muss. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass man auf die eigene Intoleranz keine Reaktion erwarten muss. Und Toleranz bedeutet nicht, dass man Intoleranz in Form von Queerfeindlichkeit tolerieren muss.
Wir wissen an der Stelle nicht, ob Mazraoui zutiefst queerfeindliche Meinungen vertritt, wir haben hier nur eine Tendenz. Das ist wichtig zu erwähnen. Mir ging es um ein allgemeines Bild im vorigen Absatz. Aber wir wissen, dass er zumindest ein Problem damit zu haben scheint, einen Regenbogen zu tragen. Dazu dann wieder das, was ich oben geschrieben habe.
Meine Kritik richtet sich z.B. hauptsächlich an Mitspieler, Mannschaft und Klub. Dass Mazraoui so denkt wie er denkt ist längst bekannt, da er sich auch schon mehrmals öffentlich dazu geäußert hat. Und beide Parteien (LGBTQ+ und Mazraoui) werden weiterhin auf ihre Position beharren und sich nicht bewegen. Man kann das natürlich weiterhin kritisieren, aber eine Diskussion ist sinnlos, weil man zu keinem Kompromiss gelangen wird. Stattdessen ist es eben wirklich traurig, dass im Verein niemand dagegen etwas sagt, obwohl es statistisch sehr unwahrscheinlich ist, dass dort keine Menschen arbeiten, die Teil dieser Szene sind oder sich mindestens davon nicht so gestört fühlen. Und damit sendet man eben das Signal, dass es keinen Unterschied macht, ob man sich wehrt oder widerspricht, obwohl es natürlich einen Unterschied macht.
Ich denke nicht das es Diskriminierung ist, wenn man einigen Gläubigen die Fähigkeit abspricht Dinge zu verstehen und umzusetzen, die mit ihrem Glauben nicht vereinbar sind. Da geht es auch nicht um ein Pauschalurteil, falls dies so interpretiert wurde.
Wir haben auch radikale Gläubige in den unterschiedlichsten Religionen und auch da handelt es sich nicht um alle.
Für mich ist das ein unauflösbarer Widerspruch in der Verankerung der Menschenrechte: einerseits gibt es das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung, andererseits das Recht auf freie Religionsausübung. Und nicht wenige Religionen (beileibe nicht nur muslimische, auch evangelikale Ideen kommen mir da schnell in den Sinn) schränken in ihrem Denken die freie Persönlichkeitsentfaltung ein.
Im Falle Mazraoui und United: wem hätte es geschadet, wenn diejenigen, die mit der Jacke konform gehen können, diese tragen, und diejenigen, die nicht damit konform gehen können, sie eben nicht tragen? Das wäre Toleranz in jeglicher Hinsicht. Und dann soll sich jeder selbst dazu denken, was er will.
Man sendet immer eine Botschaft, also auch durchs Nichttragen. Nachdem jeder eh den üblichen Verweis auf Unvereinbarkeit mit dem Glauben im Hinterkopf hat bei solchen Themen, könnte man das durchaus auch mal einfach so stehen lassen. Dann stehen eben Spieler mit Regenbogenjacke neben solchen ohne. Und bestenfalls zeigen sie demonstrativ trotzdem Geschlossenheit und Teamspirit, indem sie sich bspw. an der Hand halten oder die Arme über die Schulter des Nebenmanns legen. Fertig.
Es ist Solidariät ad absurdum, wenn sich eine ganze Mannschaft vermeintlich tolerant zeigen möchte, genau dazu aber die intolerante Haltung von Mazraoui unterstützt.
Es geht doch immer auch ums Aushalten. Beide Seiten können ja auf ihren Standpunkt beharren, aber es muss eine Art Kompromiss her, der gesichtswahrend für beide ist.
Und was den Intellekt angeht … war das auf Kant bezogen? Ich habe das so verstanden, dass sich aus meiner Sicht zu Recht daran gestört oder sagen wir in Frage gestellt wurde, dass es sich intolerante Menschen schlicht zu einfach machen, indem man u.a. hinsichtlich Homophobie oder Misogynie mit Verweis auf religiöse Überzeugungen ( ganz sanft „mein Glaube“) argumentiert.
In dem Sinne, SAPERE AUDE, liebe Fußballspieler !!!
Hintergrund der ganzen Geschichte ist wohl eine gut gemeinte Aktionswoche der Premier League für die Belange der LGBTQ-Minderheiten. Da sollen dann wohl Trainigsjacken, Anstecker und Accesoires in diesem Sinne getragen werden, um das hehre Anliegen eine Woche lang deutlich sichtbar herauszukehren.
Über Sinn und Unsinn solcher Los Wochos des guten Gewissens lässt sich trefflich streiten…
ich bin erstaunt aus der weiblichen Ecke so etwas zu lesen!
weshalb muss man in einer aufgeklärten, offenen Demokratie religiös verblendete Fanatiker aushalten, die gleichberechtigte Menschen unterdrücken (um es mal vorsichtig zu formulieren)?
gilt das dann auch für die Frauenhasser? muss man die als Frau und Gesellschaft auch aushalten, wenn sie mal wieder ausgrenzen, beschimpfen oder zuschlagen im Namen ihres Glaubens?
Man sollte keine rechtswidrigen sexistischen, homophoben, rassistischen oder anders geartete diskriminierenden Äußerungen oder Aktionen aushalten müssen. Aber wenn jemand z.B. aufgrund seiner Religion jetzt nicht unbedingt offen gegenüber LGBTQ+ steht, aber diese Meinung niemanden anderen aufzwingen oder jemanden unterdrücken will, muss man das mMn aushalten können. Ein anderes Beispiel ist die Politik. Natürlich kann es sein, dass die Partei gewählt wird, die im politischen Spektrum gegen über der eigenen Partei auf der anderen Seite steht.und diese Wahl muss man auch aushalten.