Ich finde, dass der Fußball sehr viel zum Standing eines Landes in der öffentlichen Wahrnehmung weltweit beiträgt, gerade in den Teilen der Welt, die nicht in der direkten Nachbarschaft liegen. Man kann - wie im Fall WM 2006 - beste Werbung für sein Land machen und vor allem mit Stereotypen aufräumen, was hier bestens gelungen ist. Das Bild vom ernsten, spießigen Deutschen wurde durch die WM 2006 ja geradezu ausradiert.
Das Auftreten der deutschen Nationalelf (vor allem der Führungsriege des DFB mit Bierhoff und Neuendorf), sowie der deutschen Politik bei der WM 2022 haben wiederum dazu geführt, dass man sich jetzt weltweit Häme einfängt und wir als ein Land dastehen, dass sich anderen Kulturen als überlegen empfindet. Hat schon einmal jemand darüber nachgedacht, dass das, was hier von deutscher Seite abgezogen wurde, in anderen Teilen der Welt als Arroganz gewertet werden könnte?
Scheinbar lernen wir Deutschen nichts aus unserer Geschichte. Im Zeitalter des Imperialismus und vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus sahen wir uns als die Krönung der Schöpfung und begründeten dies mit Herkunft bzw. irgendwelchen kruden Rassentheorien. Es dauerte Jahrzehnte, das Bild vom Deutschen, der sich anderen als überlegen empfindet, einigermaßen aus der Welt zu schaffen. Seit ein paar Jahren sind wir auf dem besten Weg uns wieder als ein Land der Besserwisser zu etablieren. Sei es in finanzpolitischer Hinsicht (bei Umfragen zur Beliebtheit schneiden wir in Griechenland teilweise schlechter als Russland oder China ab wurde einer Kollegin von mir auf einer Fortbildungsreise in Griechenland bestätigt), im Umgang mit Flüchtlingen (der osteuropäische Flügel der EU, sowie Italien und Teile von Spanien sind da ganz anderer Meinung als wir), Fragen der sexuellen Orientierung (nicht nur jetzt, sondern auch schon bei der EM bzgl. Ungarn): wir sind wie du oben schreibst in den Augen vieler der „leidige Moralprediger“. Warum kommt denn kaum Rückendeckung für das „moralische“ Flaggezeigen? Ich denke auch deswegen, weil viele andere Länder es mit gewisser Genugtuung sehen, dass sich Deutschland in Teilen der Welt ins Abseits manövriert.
Wenn wir wenigstens ein Moralprediger wären, der Worten auch Taten folgen lässt, könnte man sich wenigstens noch in den Spiegel schauen. Es kommt aber dazu (und das verschlimmert die Sache zusehends), dass wir nicht nur als Moralprediger gesehen werden, sondern als rückgratloser Moralprediger, der vor jedem Verbrecherregime dann doch wieder kuscht, um ja die Geschäftsbeziehungen nicht zu gefährden.
Vor diesem Hintergrund tun mir unsere Nationalspieler tatsächlich auch leid. Sie wurden vom DFB durch deren Inkompetenz in eine Rolle gedrängt, die sie augenscheinlich überforderte.
Jetzt ist ja auch bekannt geworden das offensichtlich nur Neuer und Goretzka unbedingt dieses Hand vor dem Mund Zeichen machen wollten. Und 7 Spieler !! am Vorabend stundenlang zusammen saßen.
Neuendorf und Bierhoff haben hier versagt, aber auch Flick. Letztlich geht es hier darum in 6 Wochen 7 Spiele zu gewinnen.
Trotzdem würde ich es nicht nur auf den Fußball reduzieren- wir sind doch schon seit Jahren eine Lachnummer mit dem sich selbst Verzwergen. Querbeet.
Bierhoff muss ganz klar abgelöst werden. Flick sollte weitermachen, wenn er selbstkritisch ist und einsieht das er Aufstellungs und Wechselfehler gemacht hat. Bzw das er zukünftig auch harte Entscheidungen treffen kann.
Dazu kommt das was Rüdiger moniert. Es fehlt etwas Gier, etwas das Dreckige. Nicht alle aber insbesondere in der Abwehr.
Zum sportlichen Aspekt deines mMn sehr guten Kommentars:
Bezüglich Flick gibt es mMn für ihn selbst nur eine Option, nämlich das Bestreben zu zeigen, weiterzumachen. Von einem Trainer zu erwarten, dass er freiwillig zurücktritt, ist nicht angemessen. Entweder Flick kann durch ein Konzept für die EM 2024 überzeugen oder sein Konzept fällt bei den Entscheidungsträgern durch und er wird entlassen.
Das schlimmste wäre ein Rücktritt, weil vielleicht ein paar Strukturen im unmittelbaren Umfeld der Nationalelf geändert werden oder weil von ihm gefordert wird, dass er ein paar Dinge an seiner Arbeit ändert, denn das würde mMn seinen Ruf beschädigen.
Ich gehe mal davon aus, dass Flick sich als Bundestrainer so ziemlich jedes Spiel ansieht, das seine Schützlinge abliefern und aufgrund der hohen Dichte an Bayernspielern in seinem Kader darf man wohl annehmen, dass er von Bayernspielen nicht nur die Zusammenfassung in der Sportschau sieht. Da müsste es ihm doch wie Millionen anderen deutschen Fußballfans auch aufgefallen sein, dass sich das Bayernspiel durch die Hereinnahme eines zentralen Strafraumstürmers nachhaltig verändert hat und zwar deutlich zum Besseren. Die Tatsache, dass er dann trotz Vorhandenseins einer guten Alternative mit starker Trefferquote in der Bundesliga auf ein System setzt, das dem der krisendeln Bayern aus dem September ähnelt, spricht nicht für ihn.
Dass einem Trainer im Misserfolgsfall jede Entscheidung um die Ohren gehauen wird ist im Übrigen Teil des Geschäfts.
Zunächst mal danke für die Blumen, lieber @willythegreat. Ist gar nicht meine Absicht, Flick von Fehlern freizusprechen. Kann mir vorstellen, dass er eventuell von Füllkrug auch nicht so restlos überzeugt war bzw. dieser erst so spät zum Kader hinzukam, so dass Flick womöglich bei der Risikoabwägung die Aspekte, die dagegen sprechen, ihn gleich von Anfang an zu bringen, favorisiert hat. Auch Nagelsmann hat ja nicht von heute auf morgen EMCM eingebaut. Denken wir nur mal dran, wie sehr hier anfangs ja auch die vermeintlichen Vorteile eines dezentralen Offensivspiels gelobt wurden, „Variabilität“ war da ja jedes zweite Wort. Bei der N11 malen meiner Meinung nach die Mühlen naturgemäß immer langsamer. Jetzt sind hoffentlich alle schlauer.
Da muss man aber auch sagen, dass Flick bis kurz vor der WM sich an ohne jegliche Leistungsgrundlage Nmecha klammerte und diesen wahrscheinlich auch Füllkrug vorgezogen hätte wenn er sich nicht verletzt hätte. Bei den letzten NL Spielen war auch schon klar, dass Füllkrug das Momentum hat. So gesehen war es sein eigenes verschulden, dass dieses so spät zum Kader kam. Natürlich kann er nicht auf jeden Trend der letzten 2 Spieltage reagieren. Aber er schleppt immer einen gewissen Überhang ohne leistungsgrundlage mit (Nmecha, Adeyemi). Da könnte er auch genau solche the trend is your friend Jungs früher einbauen.
Das gilt ja nicht nur für den Sturm. Man hat keinen defensiven 6er. Trotzdem testet man 100x wenns um nichts geht Maxi Arnold (bei dem eh klar ist dass er niemals mit seiner Art als Taktgeber an Kimmich und Gündogan vorbei kommt) und lässt ihn dann wie den nie getesteten Andrich zuhause, schliesslich müsste man „den ja erst noch integrieren“
Fandst du nicht, dass gegen Spanien das Dreier-Mittelfeld eine gute Lösung war? Auch ich würde zustimmen, dass Goretzka eventuell insgesamt das schwächste Glied im MF gewesen ist (mit Ausnahme der starken Leistung gegen Spanien). Gündogan und Kimmich garantieren den Erhalt der Struktur, konnten aber die Schwächephase gegen Costa Rica nicht verhindern. Zu sehen, wie sehr wir in dem Spiel ins Schwimmen gerieten und wirklich hilflos aussahen, war für mich der sportlich bitterste Moment der WM. Flick hat sich womöglich gewünscht, der fabulöse Gegenpressing-Goretzka, den er aus seiner Zeit als FCB-Trainer kannte, würde irgendwie wiederauferstehen.
Kann ich verstehen. Ich bin halt der Meinung, wenn man auf einen Block setzt und kaum Zeit hat, etwas zu trainieren, man dann auch einen Spielstil wählen sollte, der diesem Block zusagt. Dass sich Musiala, Sane, Gnabry und auch Müller deutlich wohler fühlen, wenn sie einen Stürmer vorne drin haben, der Bälle halten kann und die kantigen Abwehrspieler beschäftigt, sollte man schon erkennen. Meiner Meinung nach verzichtete Flick gegen Costa Rica auf Füllkrug, weil er alle 4 o.g. Bayernspieler aufs Feld schicken wollte. Auch die Versetzung Kimmichs auf die rechte Seite geschah aus dem Grund, weil er Goretzka nicht opfern wollte. Ich bin ein Freund davon, Spieler auf den Positionen spielen zu lassen, auf denen sie auch im Alltag spielen und da hat Flick gegen Costa Rica zweimal falsch gelegen, denn Kimmich ist mittlerweile Mittelfeldspieler und Müller war noch nie Mittelstürmer.
Was du schreibst, hat sicher seine Berechtigung. Gegen Costa Rica war allerdings gerade die Anfangsphase sehr gut, es gab ja auch das schnelle Tor, dann noch weitere Chancen, die nicht reingingen.
Interessanter Bericht. Da können wir gespannt sein, was wir in den nächsten Wochen noch dazu zu hören bekommen.
Wundert mich aber, dass man das Herz-Symbol abgelehnt haben soll. Auf mich hätte diese Geste viel verbindlicher gewirkt.
Nachdem man gestern unseren ehemaligen Coach van Gaal mal wieder bewundern durfte, stellt sich mir die Frage: Wer das ggf. eine Lösung auf der Trainerposition für die EM 2024?
Wäre ja überhaupt eine Frage für den DFB, ob man von der Tradition „Bundestrainer muss ein Deutscher sein“ weggehen sollte.
Vielleicht wäre jemand von außen in der Situation der Richtige?
Jemand der nicht von Seilschaften, Machenschaften, Altlasten geprägt wäre.
Er hat zwar ein stattliches Alter, aber er wäre wohl so einem Engagement gegenüber nicht abgeneigt.
Und wir kennen alle van Gaal. Das ist ein sturer Hund, der lässt sich von keinem reinreden und macht sein Ding.
Mission: Anderthalb Jahre, maximal möglicher Erfolg bei der EM 2024.
In dem Fall rechne ich mit einer Reaktivierung Schweinsteigers, und Müller spielt dann sowieso immer…
Man darf allerdings auch nicht vergessen, dass sich LvG bei seinen früheren Engagements als Elftal-Coach nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hat.
Das Dutt Interview war ja ganz interessant.
Ich befürchte das Bierhoff irgendwie nur der bekannteste Kopf ist, keine Ahnung wo da die Probleme noch liegen.
Vor allem will LvG nachdem er mit 71 gerade erst den Prostatakrebs überstanden hat, wohl noch etwas die Enkel geniessen und nicht ewig Trainer bleiben. Fände ein Viertelfinale oder mehr mit seinen Holländern einen runden Abschluss