Der Politik- und Gesellschafts-Thread (Teil 4)

Weniger hitzig. Auch für mich ein Dauerbrenner, gerade weil sich ja nichts so richtig tut.
Aber im öffentlichen Diskurs nur ein Randthema, über das nur in der eigenen Blase, wenn überhaupt, hitzig debattiert wird.
Ich gehöre jedenfalls eher zur Fraktion Revolution als Flickenteppich. Du?

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Zum Thema NATO-Osterweiterung kann ich allen Interessierten nur das Buch von Mary E. Sarotte empfehlen. In „Nicht einen Schritt weiter nach Osten. Amerika, Russland und die wahre Geschichte der Nato-Osterweiterung “ beschreibt sie aufgrund von vielen Quellen und Zeitzeugenaussagen aus den späten 80ern, 90ern und frühen 2000ern, wie es damals so gelaufen ist.
Es gab in den 90ern Zeiten, in denen versucht wurde, im Rahmen von Partnership for Peace (PfP) ein Konzept zu schaffen, das für Frieden eintritt und da war u.a. auch Russland einbezogen.
Irgendwann setzten sich in Washington die Kräfte durch, die es für nicht passend hielten, zu sehr mit Russland zusammenzuarbeiten. Russland selbst hat dazu natürlich in großem Maße beigetragen, denn als man im Westen sah, wie man innerhalb seines eigenen Landes Unruhen erstickt (Stichwort Tschetschenien), wuchsen überall Zweifel, ob dieses Land jemals ein verlässlicher Partner werden könnte.
Es wird aber auch klar, dass man Russland teilweise wie einen Bären am Nasenring durch die Manege zog und immer wieder die finanziellen Probleme ausnutzte, nur um gegen großzügige Spenden dann wieder Zugeständnisse zu erlangen.
Auch die „Verarschung“ der Ukraine wurde gut thematisiert. Als die UdSSR am Zerfallen war, war absolut unklar, was mit ihrem Atomwaffenarsenal, das ja über das gesamte Territorium verstreut gelagert wurde, passieren würde. Die NATO hatte großes Interesse daran, dass das Arsenal komplett auf Russland übergeht, damit man verhindert, dass auch andere ehemalige Sowjetrepubliken plötzlich zu Atommächten werden. Die Ukraine wäre so z.B. mit einem Schlag zu einer der größten Atommächte der Welt geworden, wenn sie alle auf ihrem Territorium stationierten Raketen behalten hätten. Mit dem Versprechen von Sicherheitsgarantien inklusive der Perspektive eines NATO-Beitritts schaffte man es, dass die Ukraine alle Nuklearwaffen an Russland aushändigte. Dann wurde es dem Westen aber irgendwann doch zu heiß, nach dem Baltikum und den ehemaligen sowjetischen Verbündeten aus dem Warschauer Pakt auch noch die Ukraine in die NATO aufzunehmen. Außerdem waren dann längere Zeit prorussische Kräfte in Kiew am Ruder und so war diese Thematik solange „eingefroren“, bis die westlich orientierten Kräfte in der Ukraine die Oberhand bekamen und die Westorientierung pushten. Blöderweise war zu dem Zeitpunkt in Russland aber kein von Alkohol und Krankheit schwer gezeichneter Jelzin mehr am Ruder, sondern ein knallharter imperialistischer Diktator mit felsenfest gesicherter Macht, der - anders als Jelzin in den 90ern - seine Ideologie von einem Global Player Russland auch mit Gewalt durchzusetzen bereit war und ist.
Deshalb ist auch die Frage der Schuld am Ukrainekonflikt komplett eindeutig zu beantworten, denn die liegt klar bei Putin.
Dass in den 90ern aber auf beiden Seiten eine Chance vertan wurde, Russland näher an Europa zu binden (auch in Sachen Verteidigung), sollte man auch nicht verleugnen und dass dabei sicherlich Kräfte in Washington eine Rolle spielten, die wissen, dass sich ein Feindbild wirtschaftlich lohnt, ist sicherlich keine Verschwörungstheorie.
Wie gesagt: Lest das Buch. Es ist sehr erhellend und man bekommt eine Menge Einblick und hat Argumente, um sowohl Russlands Opfermythos zu entkräften als auch dem Westen einige Versäumnisse und Verfehlungen vorwerfen zu können.

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Ein anderes Thema, das hier noch nicht thematisiert wurde:
Wie seht ihr eigentlich die Entgleisung(en) von Jette Nietzard? Ist so jemand noch tragbar für ein Amt innerhalb einer demokratischen Partei?
Wo hört linke Politik auf und wo beginnt Linksextremismus?
Erfreulich finde ich, dass es innerhalb der Grünen genug etablierte Kräfte gibt, die den Konflikt mit ihrer Jugendorganisation nicht scheuen und ihr ausdrucksstark mitteilen, was sie von ihr halten.
Am besten trifft es wohl Kretschmann: „Sucht euch die richtige Partei aus und verlasst uns einfach. Wir sind nicht die richtige Adresse für die Art von Gesinnung, die ihr habt“. Er findet, dass sie bei den Linken besser aufgehoben wäre.

Ich will Dir noch einmal kurz antworten, weil Du höflich darum gebeten hast. Aber deine Irritation kann ich sicher nicht ausräumen.

Die NATO ist per Selbstdefinition ein euroatlantisches Militärbündnis.
„Die drei Kernaufgaben der NATO sind Kollektive Verteidigung, Krisenprävention und -bewältigung und kooperative Sicherheit . Sie sind im Strategischen Konzept der Allianz von 2022 festgeschrieben.“

Du siehst die NATO gem. mit @Ibiza als reines Verteidigungsbündnis.

Ich sehe in der Militärpolitik von USA und NATO geopolitische Interessen vertreten wie in der Militärpolitik von UdSSR oder Russland.

Vielleicht wäre mein Standpunkt mit dem Wort „geopolitisch“ anstelle von „imperialistisch“ weniger alarmierend und anstößig gewesen. Aber ich glaube nicht, dass das irgendetwas geändert hätte.

Gemäß der Definition der Bundeszentrale für politische Bildung

Blockzitat
bezeichnet (Imperialismus) das Streben von Staaten, ihre Macht weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus auszudehnen . Das kann dadurch erfolgen, dass schwächere Länder gezielt politisch, wirtschaftlich, kulturell oder mit anderen Methoden vom stärkeren Land abhängig gemacht werden.
Blockzitat

Eurer Meinung nach trifft dies nur auf Russland zu.
MbMn nicht nur.

Aber ich habe inzwischen eingesehen, dass aus all meinen Argumentationslinien nur eine einzige herausgegriffen wird:
Nicht nur Russland verfolgt geopolitische Interessen.
Aber schon mit dieser Äußerung übernehme ich indirekt laut @Faenger die Position der Putin-Befürworter:

„Wenn s wie Putin klingt, und quakt wie Putin, dann isset Putin-Propaganda.“

Ich bin’s müde, mich gegen diesen absurden Vorwurf zu wehren, dass ich Putin Vorschub leiste, wenn ich versuche, beide Seiten dieser „toxischen Beziehung“ nachvollziehen.

Die NATO verfolgt nur friedliche und defensive Ziele. Es gab nie und gibt keine NATO-Expansion. Die Bedrohung durch Atomwaffen der NATO bildet der Kreml sich ein - dies dient lediglich der Abschreckung. Die Atomwaffen des Kreml hingegen dienen imperialistisch lediglich einem Zweck:

Ich halte mich an @jep :

Ich hätte es geschätzt, wenn mal jemand auf meine „konträre Beweisführung“ (imo besser:„ergänzende Beweisführung“) argumentativ eingegangen wäre. Aber statt dessen beschränken wir uns darauf, einander aus dem Zusammenhang gerissene Zitate im Munde herumzudrehen. Und des bin ich wirklich müde. Da lohnt sich das ganze mühsame Recherchieren und Aufzählen nicht mehr. Geht ja eh keineR drauf ein…

Also belassen wir’s dabei. Und trennen uns im Frieden.

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Ich sehe kein bisschen wie sich das (selbst in der ironischen Verneinung) widersprechen soll.

Jedes europäische Land (auch Russland hätte das gekonnt, hat es aber nicht mal versucht!) kann sich um Nato Mitgliedschaft bewerben. Wenn das nach dem Fall des eisernen Vorhangs vermehrt geschehen ist - ist das eine imperialistische Betreibung der Nato? Oder ist das völlig normal, dass mehr Länder (und gerade auch welche wo noch vor kurzem russische Panzer für Recht und Ordnung gesorgt haben) unter einen Schutzschirm wollen, der sich eben bewährt hat?

Für mich ist eher der große Unterschied, dass wie @willythegreat das sehr ausführlich dargelegt der Westen sich durchaus selbstkritisch hinterfragt ob das alles so optimal gehandhabt wurde.

Sowas findet auf der Seite von Russland aber natürlich 0,0 statt. Schuld sind immer nur die anderen wenn man selber Länder überfällt…

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Der renommierte US-Politologe John Mearsheimer, Unterstützer Bernie Sanders, mit einer kleinen Portion Polemik:
«Ich hätte dasselbe getan wie Putin. Ich hätte die Ukraine sogar noch früher überfallen»

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Ja und es gibt auch heute noch Wissenschaftler die den Klimawandel leugnen.

Das ist aber natürlich harmlos (Polemik hin oder her, solche Aussagen gehen leider überhaupt nicht) im Vergleich zu „ich hätte die Ukraine noch früher überfallen“ - Verbrecher gibt es aber leider eben überall…

Werter @gratschifter: ich verstehe durchaus deine Argumentation. Und aus der Sicht Putin-Russlands ist die Gefahr, dass die Ukraine ein NATO-Gebiet werden könnte, durchaus verständlich - denke ich zumindest.

Wie es aber andere schon vorher geäußert haben: ist es aber nicht vielleicht eher die Befürchtung Putins, dass sich die Demokratie und „westliche“ Werte in Russland einschleichen könnten, die die Ursache dieses unsäglichen Krieges war? Wir reden ja hier nicht bei Putin über einen Verteidiger der Menschenrechte, sondern über einen Kriegsverbrecher, der täglich neu Raketen und Drohnen auf die Ukraine als souveränen Staat abfeuern lässt, und einen Autokraten, der es mit der Demokratie so gar nicht hält (um es ganz deutlich zu formulieren).

Die NATO ist im Zuge der Osterweiterung expandiert, das ist ohne Zweifel richtig. Das sieht Russland unter Putin als Bedrohung. Rechtfertigt das einen Krieg gegen die Ukraine? Das ist für mich die Kernfrage. Meine Antwort ist klar: Nein.

Abgesehen davon: ich schätze deine politischen Einwürfe hier wirklich sehr - eine lebendige Diskussionskultur lebt von konträren Beiträgen. Danke dafür.

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Die Nato ist doch ein Verteidigungsbündnis oder nicht? Oder gab aus auch schon koordinierte Angriffe der Bündnispartner gegen ein Land?
Ich meine Russland hätte ja nur was zu befürchten sollte man ein Bündnisland angreifen, was ja eigentlich sowieso nicht sein sollte. Klar mag die Vorstellung nicht besonders geil sein „umzingelt“ zu sein, aber wirklich Angst vor Angriffen der Nato braucht man ja nicht haben, es sein denn man plant eben selbst einen Angriff. Oder ist die Sicht zu einfach gedacht? Ich meine, ich weiß die Dinge sind in der Realität wesentlich komplexer, aber das von so vielen unterschiedlich geführten Staaten sich alle Parteien auf einen koordinierten Angriff gegenüber Russland einigen muss doch selbst Putin unwahrscheinlich vorkommen.

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Werter Lucky Luke !

Auch hier noch mal explizit: Niemand, der bei Verstand ist, rechtfertigt den Angriffskrieg Putins. Precht nicht. Ich nicht. Nicht einmal der von @Mitschnacker höchst unglücklich zitierte und verkürzt präsentierte John Mearsheimer tut dies in seinem durchaus bedenkenswerten Interview mit der NZZ . Mal lesen, empfehle ich.

Die Antwort von niemandem hier aus diese Frage ist Ja. Auch kein kleinstes bisschen.!!!

Die Kernfrage ist aber mbMn nicht Putins Propaganda als Rechtfertigung des Krieges.
Die Kernfrage ist: Wie beenden wir den Krieg in der Ukraine? Und wenn ihr nicht Atomwaffen auf Moskau als Lösung vorschlagt (sprich: Befreiungskrieg gegen den Aggressor), dann müssen wir einen Weg gehen, der zu einem Friedensvertrag zwischen Ukraine und Russland führt. Das wird nicht funktionieren, wenn wir uns nicht für beide Sichtweisen interessieren.

Und genau das meine ich damit, wenn ich sage: Die Ukraine ist ein Spielball der geopolitischen Interessen von USA/Westeuropa (repräsentiert durch die NATO) einerseits und dem Kreml andererseits. Wir verheizen die Ukraine.
Wird der Westen der Ukraine jemals militärischen Beistand leisten? Nein, natürlich nicht: Putin würde Atomwaffen in der Ukraine einsetzen. Und der Westen würde den Atomkrieg nicht erwidern.
Wir schicken Waffen und schauen aus gesicherter Entfernung zu, wie das Land über Jahre vor die Hunde geht.

Und all das macht mich maßlos wütend.

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Aber kommen wir denn weiter in dieser Frage wenn wir wirklich davon ausgehen dass die Nato Expansion das große Problem ist?

Wir garantieren, dass die Ukraine nie in die Nato aufgenommen wird - Russland zieht zieht sich aus der Ukraine zurück und alles ist wunderbar?

Das ist doch völlig illusorisch. Eben weil das ganze Nato Thema in echt nur ein wunderbarer Vorwand (ebenso wie sein BS über Nazis in der Ukraine) für Putin ist - in echt geht es ihm aber nur um Ausweitung seiner Macht…

Hätte die Nato ein Problem damit auf die Ukraine zu verzichten? Doch nicht wirklich? Bringt der restlichen Nato durch nur potentielle enorme Probleme statt Vorteile!

Klar ist aber halt auch, dass man selbst wenn es zu einer Einigung käme irgendwelche Sicherheitsgarantien für die Ukraine bräuchte - nicht weil der Westen das unbedingt will sondern weil die Ukraine natürlich zu Recht befürchtet dass sonst Russland nach kurzer Ausrüstungsphase erneut einmarschiert.

Und wie wir diese Sicherheitsgarantien auch nennen (Nato oder sonstwie) - sie werden Putin nicht gefallen weil er alles in die Richtung Sicherheit für andere als Begrenzung seiner Macht sehen wird…

Wo liegt also dann die Lösung, @Gratschifter ? Würde mich schon wirklich interessieren wie du glaubst, dass wir da weiterkommen könnten…

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Das - mit Verlaub - ist doch nicht wirklich richtig: der Westen hat die Ukraine bisher massiv unterstützt, wenn auch nicht direkt mit Truppeneinsatz. Aber ist genau das nicht das Ziel der NATO, zu verteidigen?

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Selbst das wie genau unterstützt wird ist gar nicht klar fixiert was ich heute so gelesen habe - das kann anscheinend eher jedes Land selber entscheiden was es da für angemessenen Beistand hält.

Wie gesagt - war nur ne Kurzrecherche, klingt aber keineswegs so als wäre das wirklich klar…

„However, each country decides what kind of support it provides—this can include military force, but could also mean other actions such as political, economic, or logistical aid. The response is not automatically military and is intentionally left vague to allow flexibility for each member state“

https://www.perplexity.ai/search/how-do-other-nato-members-have-.M_MRNbWQBOArDyLInosFw

Sorry, unpräzise formuliert.

Statt militärischen Beistand hätte ich formulieren müssen „aktiven Truppenbeistand“.

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Ich schließe mich an.
Auch wenn wir mal unterschiedlicher Meinung sind, ich schätze das saubere, faire, bemühte Argumentieren. @Lukenwolf1970 hat das wieder einmal perfekt und verbindlich auf den Punkt gebracht.

Das Thema Putin/Ukraine/NATO ist so groß, so ernst, so komplex, dass wir uns da natürlich leidenschaftlich exponieren. Ich bin, so gestehe ich, in einigen Dingen anderer Auffassung als @Gratschifter, ohne jetzt nochmal wiederholen zu müssen, was andere bereits gesagt haben. Aber ich käme nie auf die Idee, da eine auch nur minimale Nähe zu Putin rauszulesen - und ich denke, dass das tatsächlich niemand tut; dafür hast Du Dich schon viel zu oft positioniert, @Gratschifter, und zwar auf Seiten des Humanismus. Dass Du vieles am westlichen Militärbündnis kritischer siehst, ist Dein gutes Recht und wird ja auch mit Argumenten gestützt, über die man dann debattieren kann.

Ich betone das so explizit deswegen, weil es ja auch ganz anders geht - und ich gestehe weiter, dass ich zum Beispiel die „kleine Polemik“, die vielmehr eine geschmacklose, riesige Entgleisung darstellt, gemeldet habe - ich verstehe beim besten Willen nicht, was der Sinn sein soll, in einer leidenschaftlichen, aufgeheizten Diskussion (die ich aber als weitgehend fair und zivilisiert wahrnehme) mit so einem Post um die Ecke zu kommen.

Und doch, vielleicht noch ein Wort zum Thema.
Ich glaube, was manche von uns so triggert bei @Gratschifter’s Argumentation, ist die tendenzielle Gleichsetzung zweier militärisch-industrieller Komplexe:
Beide haben Interessen, beide haben Dreck am Stecken, beide treffen auch mal schmutzige strategische Entscheidungen, beiden geht es um Macht.

Soweit stimme ich @Gratschifter zu. Und Selbstkritik ist immer angemessen, Reflexion sowieso. Trotzdem sehe ich einen klaren Unterschied in der Handhabung vor allem zweier Dinge:

  1. Das Prinzip der atomaren Abschreckung ist der Besitz dieser Waffen, um sie nie benutzen zu müssen, aber auch, um nicht mit ihnen zu drohen. Man besitzt diese Waffe, um sie nie anwenden zu müssen. Die Logik des Kalten Krieges.
    Diese Logik hat Putin einseitig aufgelöst.
  2. Die NATO hat, wie @Ibiza schon angedeutet hat, ihre Erweiterung meines Erachtens keineswegs irgendwelchen Strategien zu verdanken, die man als fragwürdig betrachten kann. Die Anziehung besteht vielmehr in ihrer Attraktivität, Stichwort: Bündnisfreiheit. Und wir sind uns doch sicher einig, dass Putins Russland so etwas nicht kennt, nicht akzeptiert - und dies im direkten Gegensatz zu bereits Garantiertem und Gesagtem. Ganz der alte KGB-Agent, der er immer noch ist.

Es geht zweifellos nicht an, der NATO ausschließlich positive Motive zu unterstellen. Niemand von uns ist naiv. Und gerade in der Außen-/Geopolitik hat Naivität keinen Platz. Aber ich gestehe für mich ein, dass ich mir bezüglich Russland vergleichsweise leicht tue, deutliche Position zu beziehen. Früher schrieb ich mal: sehr, sehr selten in außenpolitischen Problemfeldern kann man so deutlich eine Frage der Verantwortung/Schuld erkennen wie rund um den Angriff auf die Ukraine. Daher wirkt manche eventuell angebrachte Selbstkritik des Westens schnell wie eine Relativierung. Dass die Widerworte sich dann auf jemanden richten, der der Sympathie mit Putins Russland wirklich gänzlich unverdächtig ist, ist unglücklich.

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Vielleicht ist nach dem Wissen über die tatsächlichen Anforderungen im Bündnisfall aber doch eher das Gegenteil naiv: Der Nato große Macht anzudichten?

Eben a la Macrons „brain-dead“ Aussage, Trump’s in Frage Stellung jeglicher Verpflichtungen - ist in einer Nicht-naiven Sichtweise nicht eher (mittlerweile allemal) die Frage ob die ganze Nato noch viel mehr als heisse Luft darstellt?

Also eher das exakte Gegenteil davon was uns Putin als die große Bedrohung verkaufen will - ist sie überhaupt sonderlich viel wert, selbst als Verteidigungsbündnis?

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Ich fürchte, dass ein weiteres Setzen auf militärische Lösung ähnlich wie im Gaza-Streifen zu einer allmählichen Auslöschung der dort lebenden Menschen führen wird.

John Mearsheimer benennt die Forderungen des Kriegs-Aggressors Putin wie folgt:

Blockzitat
Was sind die wichtigsten Forderungen Russlands?
Es gibt drei. Erstens muss die Ukraine neutral sein. Das bedeutet, dass sie nicht der Nato beitreten darf und dass es keine Sicherheitsgarantien seitens des Westens geben darf. Zweitens muss die Ukraine akzeptieren, dass sie die Krim und die vier östlichen Oblaste verloren hat, die derzeit grösstenteils von Russland kontrolliert werden. Mit anderen Worten: Die Ukraine und der Westen müssen akzeptieren, dass dieses Gebiet jetzt und für immer russisches Territorium ist. Drittens bestehen die Russen auf einer erheblichen Entmilitarisierung der ukrainischen Armee, damit die Ukraine keine offensive Bedrohung für Russland darstellt. Selbst wenn Sie eine Einigung über diese Fragen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten erzielen, werden Sie die Ukraine und die Europäer nicht zur Einigung bringen.

Putin wird ohne Neutralität der Ukraine ohne Sicherheitszusagen durch die NATO nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Wenn wir den Krieg und das Töten beenden wollen, geht dies mMn nur so:
Zuerst eine Neutralität der Ukraine unter UN-Kontrolle ermöglichen. Allererstes Ziel: Waffenstillstand. Und dann in den Verhandlungen für die von Russland kontrollierten Gebiete (Krim, Ostukraine) international kontrollierte Zwei-Staaten-Lösungen suchen. Zur Not eine Abkopplung der mehrheitlich russisch bewohnten Verwaltungsbezirke im Osten akzeptieren, um eine international kontrollierte Krim zu erreichen.
Stationierung von Blauhelm-Truppen zur Aufrechterhaltung des Friedens während und nach einem russischen Truppenabzug.
Die Neutralität einer freien Ukraine ist für den Kreml Conditio Sine Qua Non für den Verhandlungstisch.

Die Alternative sind ein ewig weiter schwärender Krieg. Oder eine Eskalation mit Atomwaffen auf Kiew. Zu beidem ist der Kreml sowohl bereit als auch in der Lage.

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Ich sehe da auf Seite der Europäer nicht so die Riesenprobleme - ich denke die wollen einfach nur dass das ganze Grauen endlich ein Ende hat!

Aber dass die Ukraine den 3 Forderungen des Kremls zustimmt - da denke ich können weder die Amis noch die Europäer die Ukraine zu zwingen?

Vor allem wo alles, womit wir sie wenn dann zwingen könnten (Einstellung unseres Supports) nur vor allem den Russen in die Karten spielen würde.

Ich sehe nicht so wirklich wie man das von außerhalb auflösen soll solange die Ukraine weiterkämpfen will?

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Richtig - mit zwanzig Buchstaben.

Ich fände es schade, wenn dieser Post zwischen den größeren Themen untergeht - weil ich glaube, dass hier auch ein größeres Thema lauert, das uns alle betrifft.
Deswegen wollte ich @willythegreat hier antworten.

Also:
Mal ganz abgesehen davon, dass ich Jette und ihre Fettnäpfe, in die sie wiederholt tappt, als Indiz wahrnehme, dass so jemand im Bereich des Aktivismus besser aufgehoben wäre als in der aktiven Politik…
Die neue Nummer mit mit dem ACAP-Shirt ist für eine Politikerin schon grenzwertig doof. Alternativ könnte man sich freuen, dass da jemand klare Haltungen hat, für die er offensichtlich brennt, und dem strategische Überlegungen bezüglich der Erreichung größerer Zielgruppen gnadenlos wurscht sind. (Und damit habe ich hoffentlich nichts darüber gesagt, wie ich persönlich thematisch zu ihren Ansichten stehe.)

So oder so:
Interessant finde ich, dass sie (so würde ich unterstellen, auch weil ich viele Kontakte zu ähnlichen Denk-und Sprechweisen hatte) ganz offensichtlich fest davon überzeugt ist, auf der sogenannten richtigen Seite zu stehen. Aus Erfahrung weiß ich, dass solche Shirts zwar mit einem gewissen folkloristischen Effekt getragen werden, dass sich dahinter aber oft eine Grundüberzeugung verbirgt, nämlich:
Dem Glauben daran, für das Gute zu kämpfen.

Die Ironie besteht nun darin, dass man sich als aufrechte Linke verortet und demgemäß Verallgemeinerungen ideologisch ablehnen muss - selbst aber problemlos verallgemeinert, wenn nur der richtige Gegner lauert. Stets im Dienste für die gute Sache.

So ein Phänomen ist natürlich ein Stück weit das Privileg der Jugend. Gleichzeitig gibt es genug Fälle, wo sich solch fehlendes Reflexionsvermögen bis ins hohe Alter fortsetzt. Und dann wird es problematisch, ganz egal, ob man sich links oder woanders verortet:
Denn das Wesen der Demokratie besteht dezidiert eben im Betrachten der Möglichkeit, dass der jeweils andere Recht haben könnte.

Man darf gespannt sein, ob die Jette diesen Entwicklungssprung noch durchläuft. Übrigens bin ich der Meinung, dass sie mit ihrer momentanen Ausrichtung weder zu den Grünen noch zur Linken passt - noch überhaupt in die aktive Politik.
Nochmal zur Betonung:
Ich finde ihre Fettnäpfe gar nicht mal besonders schlimm, eher erheiternd. Aber wie gesagt:
Politik braucht Brückenbauer, keine Spalter, die sich keine korrekte Haltung außer ihrer eigenen vorstellen können (selbst wenn ich der Meinung wäre, Jette Nietzard hätte die korrekte Haltung!).

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