Ganz ehrlich: Bei einer Abtreibung geht es um ein Menschenleben – nicht um eine Kleinigkeit, die man mal eben abhakt. Wer das anders sieht und Abtreibung wie eine normale Behandlung abtun will, verkennt komplett, was auf dem Spiel steht. Die gesetzlichen Hürden sind nicht da, um Frauen zu bestrafen, sondern um den Respekt vor dem ungeborenen Leben zu wahren. Dieses Leben hat einen Wert, den man nicht einfach beiseiteschieben darf. Wenn wir anfangen, Abtreibung zur Routine werden zu lassen, verlieren wir den moralischen Kompass als Gesellschaft. Genau deshalb muss das Gesetz klar machen: Hier geht es um Verantwortung und um Schutz, nicht um Bequemlichkeit.
Und eine Zeugung passiert mal nicht einfach so… (Vergewaltigung und ähnliche Dinge können aus der Diskussion schonmal direkt raus das sind extreme Einzelfälle)
Wenn nur Betroffene über solche Fragen entscheiden dürften, könnten wir gleich alle Gesetze abschaffen, die Außenstehende betreffen.
Dass es Regeln geben muss, steht außer Frage. Desgleichen, dass es die Gesellschaft insgesamt betrifft. Etwas anderes ist die Strafbarkeit, diese ist aus den genannten Gründen problematisch.
EDIT: Man darf auch nicht außer acht lassen, dass wir in Deutschland vor nicht allzu langer Zeit eine Euthanasie-Problematik hatten. Und dass es zum Lebensrecht behindert geborener Menschen auch nach der NS-Herrschaft recht unterschiedliche Positionen gab. Der australische Philosoph Peter Singer etwa, selber Sohn vor den Nazis geflüchteter Juden, erregte um 1990 herum mit seinen schriftlich wie in Vorträgen postulierten utilitaristischen Thesen gerade hierzulande heftiges Aufsehen. Es ging u.a. um die Frage künftigen Lebensglücks geistig behinderter Kinder und um ein mögliches Tötungsrecht auch nach der Geburt. Ob er auch heute, knapp 80jährig, noch so denkt, weiß ich nicht.
Wenn die ansonsten nicht sehr von mir geschätzte frühere SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sich aktuell als Vorsitzende des Lebenshilfe-Vereins kritisch zur Kandidatin äußert, dann dürfte genau dieser Zusammenhang dafür maßgeblich sein.
Und wenn du mir jetzt noch sagst, wo ich das getan haben soll? Vielleicht einfach noch mal alles genau lesen?
Doch, genau das sind sie, wortwörtlich, egal was du glaubst:
Im Moment einer Abtreibung begeht die Frau grundsätzlich eine Straftat.
Die „Hürden“, von denen du sprichst, treten ja überhaupt erst ihren Zweck an, um die prinzipielle Strafbarkeit außer Kraft zu setzen. Und mein Menschenbild würde da eben mannigfaltige Hilfe, Beratung etc. anbieten - aber nicht als Hürde, über die Frau drüberzusteigen hat (was im schwangeren Zustand, metaphorisch und wortwörtlich gemeint, mühselig und belastend ist). Ich würde eher eine Menge (wieder metaphorisch) Kissen bereitlegen, in die man sich gerne reinlegt und die keine Strafandrohung, sondern Unterstützung und Hilfe symbolisieren.
Wo hab ich behauptet, dass du diese Aussage getätigt hast??
Also entweder ich nutze die „zitieren Funktion“ falsch oder du interpretierst sie falsch!
„Das ungeborene Leben genießt grundrechtlichen Schutz. Der Staat muss sich schützend und fördernd vor dieses Leben stellen.
Auch wenn ein Abbruch unter bestimmten Bedingungen straffrei bleibt, darf der Gesetzgeber nicht den Eindruck erwecken, als sei das Leben des Ungeborenen weniger wert.“
So sieht es das Bundesverfassungsgericht!
Wenn ich jemanden umbringe begehe ich grundsätzlich auch erst einmal eine Straftat. Bei Notwehr bleibe ich straffrei
Btw gibt es genügen Frauen die beim Thema Abtreibung eine eher konservative Meinung haben.
Teilweise wird es ja so dargestellt als hätten ALLE Frauen die Meinung, dass der Paragraph problematisch ist.
/EDIT
Sorry für die vielen Zitate und EDITs…
Aber ich habe eine Bekannte die vor nicht allzu langer Zeit eine Abtreibung hat vornehmen lassen. Weder bei dem Beratungsgespräch noch bei der Ärztin die die Abtreibung vorgenommen hat wurde mit Strafe gedroht! Niemand stand mit der Staatsanwaltschaft vor ihr! Niemand hat versucht ihr die Abtreibung auszureden! Es wurde ihre aktuelle Situation besprochen, sie wurde nach ihren Beweggründe gefragt und das war’s.
Sollten andere Frauen andere Erfahrungen gemacht haben liegt das nicht am Gesetz sondern an den Personen die diese Beratungen durchführen!
Nun ist die Abtreibung keine Notwehr, insofern passt der Vergleich nicht so ganz. Im Strafrecht gibt es Strafbarkeit ausschließende Rechtfertigungsgründe wie Notwehr und Nothilfe; und Entschuldigungsgründe wie z.B. Schuldunfähigkeit oder Verbotsirrtum, die nicht von vornherein wie die Rechtfertigungsgründe die Rechtswidrigkeit ausschließen, sondern bei bestehender Rechtswidrigkeit die Strafbarkeit. Die bekannten Indikationen wie Vergewaltigung folgen genau dieser Systematik.
Es gibt gute Gründe, grundsätzlich die Strafbarkeit von Abtreibung in Frage zu stellen. Aber wie oben erläutert, haben wir in Deutschland eine unselige Vergangenheit mitzubedenken, in der das Töten zu allen möglichen, teils wissenschaftlichen, teils ökonomischen, teils auch ideologischen Gründen (Gesundheit des Volkskörpers) systematisch betrieben wurde. Wenn ich neuerlich diesen letzteren Aspekt aus rechtsextremer Ecke vernehme, möchte ich dazu raten, bei solchen angestrebten Rechtsreformen mitzubedenken, welche Handlungsoptionen sich für diese Richtung ergeben könnten, sollte sie einmal die Macht dazu haben.
Die Ergänzung habe ich erst später gelesen. Unter dem Gesichtspunkt habe ich das ganze auch noch nicht betrachtet… deswegen ist auch die Sicht des Bundesverfassungsgerichts völlig logisch
Das kann man sicherlich immer wieder neu diskutieren. Nur darf man im Eifer des Gefechts nicht wesentliche Implikationen wie z.B. die von mir genannten übersehen.
Nun:
Zuvorderst durch politische Themensetzung. Ich denke, ich müsste den Damen und Herren Politikern nicht erklären, wie so etwas geht…
Aber da Du ja die Union verteidigt hast, nehme ich sie mal als Beispiel:
All die gesellschaftlichen Fortschritte, die sich die Union nur unter teilweise schweren Verrenkungen einverleibt hat die letzten Jahre, fast schon Jahrzehnte (den großen Teil unter Merkel) - ich glaube, es ist nicht allzu böse, der Union zu unterstellen, dass sie da schlicht auf eine gesellschaftliche Entwicklung reagiert hat (ob es nun um die Homo-Ehe oder ähnliches ging). Sprich, wollte sie mehrheitsfähig bleiben, musste sie sich bewegen.
Wenn ich richtig liege, dass es für diese Entwicklungen Gründe sowie Mehrheiten gibt, dann macht es für die Union keinen Sinn, das Rad wieder zurückzudrehen. Die AfD jedoch will in vielen Hinsichten ganz klar und enorm weitreichend gesellschaftliche Entwicklungen zurückschrauben, grade in familienpolitischer Hinsicht.
Dies gälte es herauszuarbeiten und offensiv zu vertreten:
Wir, die Union, sind modern und am Puls der Zeit! Wir mögen konservativ sein, aber wir sind nicht von gestern! Frauen sind bei uns gleichberechtigt und nicht nur für den Herd/die Care-Arbeit vorgesehen! Und verflucht, natürlich hissen wir die Regenbogenflagge am Bundestag, Frau Klöckner!!! Und zwar offensiv und mit Überzeugung und in Abgrenzung zur AfD!
Wie schon erwähnt, ist die Strategie der radikalen Rechten darauf ausgelegt, alles zum Kulturkampf machen zu können. Das Niveau ist teilweise sehr niedrig, aber die Methode wirksam.
Nun steht die Methodik aber jedem frei - ich würde keine Hemmungen haben, mich in der gleichen hämischen Art und Weise über die Lebensführung gewisser AfD-Leute herzumachen, nur halt eloquenter und auf intellektuell höherem Niveau und mit mehr Geschmack. Die Haltung, man könnte einen Kulturkampf nur auf höchst sachlichem Niveau bestreiten, ist angesichts des emotionalen Trigger-Potentials ehrenwert, aber illusionär. Anstatt aber der AfD ständig eine Backe hinzuhalten, müsste man ohne Hemmungen selbst mal austeilen, etwa indem man mal genau hinschaut, wie gewisse Burschenschaften zu feiern pflegen. Ich bin sicher, den allermeisten wäre es peinlich, bei einer solchen Veranstaltung mit Lederhose durch die Gegend zu hopsen, nicht wahr, Herr Kalbitz.
Wie gesagt, letztlich geht es bei einem kulturellen Kampf um Werte, um die Art, wie man leben will. Hast Du schon mal einen Unionspolitiker darüber sprechen hören? Das sollten sie!
Oha! Um ein Menschenleben bloß? Drei Interpretationen erscheinen mir hier denkbar:
a) das Leben des schwangeren Menschen kommt dir gar nicht erst in den Sinn
b) das Gefäß, in dem ein ungeborenes Menschlein heranwächst, hältst du nicht für einen Menschen
c) ungeborene Menschen gelten dir nicht als Menschen
b) würde ich ausschließen, das möchte ich dir nicht unterstellen. c) schließt du ja ausdrücklich selber aus. Bliebe a). Bitter genug. Keine Sorge, ich bin sicher, dass dir das Leben von Frauen, ob schwanger oder nicht, keineswegs gleichgültig ist. Nur… Da, wo’s drauf ankam, hast du sie unsichtbar gemacht.
Ah, das alte Spiel und schon ein Klassiker hier im Forum: Man nimmt eine Aussage, überinterpretiert sie ins Absurde, stellt dreimal die moralische Notbremse und hofft, der andere fällt drauf rein. Nein, ich halte Frauen nicht für ‘Gefäße’, nein, ich ignoriere nicht ihr Leben – ich nehme nur ernst, dass da noch eins ist. Wer daraus ein Entweder-Oder macht, will nicht diskutieren, sondern belehren
Offenbar hat die Kandidatin gestern bei Lanz öffentlich Stellung genommen, insbesondere auch zur Frage des Schwangerschaftsabbruchs. Nebenbei bestätigt sich übrigens die gestern von mir erwähnte Unterscheidung von Rechtswidrigkeit und Strafbarkeit. Der ZEIT-Kommentar ist lesenswert.
„Brosius-Gersdorf führt aus, dass man es hier mit einem verfassungsrechtlichen Dilemma zu tun habe. Wenn der Embryo bereits nach der Einnistung der Eizelle im Körper der Frau Träger der Menschenwürde nach Artikel 1 des Grundgesetzes sei, dann dürfe streng genommen überhaupt nicht abgetrieben werden. Denn die Menschenwürde sei nach gängiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „nicht abwägungsfähig“, sie könne also im Fall eines Konflikts mit anderen Rechtsgütern nicht eingeschränkt werden.“
Also wird hier diskutiert, ob man einfach so Artikel 1 des Grundgesetzes aushebelt weil (manche) Frauen „sich nicht leicht tun mit einer Abtreibung“??
Man kann ja über Kostenübernahmen diskutieren… aber das eigentliche Gesetz MUSS bestehen bleiben
Es ist ja nicht verwerflich, wenn man im Laufe einer solchen Diskussion feststellt, dass für die gewünschte Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen unter anderem juristische Expertise benötigt wird, über die wir als Laien nicht verfügen. Das entwertet nicht gleich die gesamte Debatte. Da hängen aber halt auch ein paar grundsätzliche Dinge dran, die man nicht ohne weiteres gleich mit im Blick hat. Zum Beispiel, dass die generell mögliche Rechtsgüterabwägung vor Art. 1 GG halt machen muss.
Der Beratungszwang ist sicherlich für einige eine Hürde, ich denke es ist für einige allerdings auch ein Schutz. Ich kann mir genügend Situtationen vorstellen, in denen vom Partner oder der Familie erheblicher Druck auf die Frau erzeugt wird (sei es nun für oder gegen die Abtreibung). Eine Beratung in einem neutralem Setting halte ich da schon für sinnvoll und dabei eben auch die Pflicht, ansonsten würden manche Frauen von ihrem Partner/Familie daran gehindert überhaupt hinzugehen.
@Gratschifter: Danke für die Erläuterung bzgl. straflos vs legal. Ich hatte das immer als legal unter den entsprechenden Vorraussetzungen abgespeichert. Daher sollte das auch geändert werden. Die Aufregung darüber kann ich aber trotzdem nicht ganz verstehen. Ich denke, dass den meisten der juristische Unterschied nicht bewusst oder letztlich auch egal ist.
Als angehender Vater hatte ich mir auch mit meiner Partnerin Gedanken gemacht, was wir tun würden, falls Befunde auf eine schwere Behinderung hindeuten würden. In die Situation sind wir zum Glück dann nicht gekommen und weiß auch nicht wie wir uns entschieden hätten. Ob das nun aber legal oder nur straffrei ist, hätte in der Entscheidung keine Rolle gespielt.