Die Frage, die mich bezüglich Trump persönlich sehr viel mehr bewegt: wie konnte es eigentlich passieren, dass ein solcher Narzisst, Straftäter und vermeintlicher „Dealmaker“, der u. a. den Sturm auf das Kapitol veranlasst hat, überhaupt in dieses Amt erneut geraten ist, welches ihm eine politische Macht zusichert, die nahezu beispiellos auf der Welt ist? Es war ja kein militärischer Putsch oder ein Aufstand, sondern Trump wurde in einem System, welches eine lange demokratische Historie hat und „Checks and balances“ lange gepflegt hat, demokratisch gewählt.
Die Ursachen dafür sind sicher sehr vielfältig, aber im Kern gilt für mich: eine Demokratie muss unbedingt wehrhaft sein gegen diejenigen, die ihre Werte untergraben. Und diesbezüglich bedauere ich auch absolut die Entscheidung zu „Compact“, auch wenn ich sie natürlich akzeptiere.
Es ist manchmal ein sehr schmaler Grat, auf dem wir balancieren. Ich hoffe darauf, dass wir eine gute Abwägung finden werden.
Wieder mal einer der Posts, für die ein einfaches Like nicht ausreicht.
Das Problem ist lediglich: Der notorische Lügner, Narziss und Straftäter Trump ist halt nicht nur ein einfacher Lügner, Narziss und Straftäter. Dafür gäbs Lösungen: Das „Dschungelcamp“ wäre eine angemessene.
Donald ist ein Lügner, Narziss und Straftäter mit Zugriff auf den Nuclear Football - und der Macht, nachts Bomber loszuschicken, weil er Netanyahu die Publicity neidet und endlich wieder als erster in die Fox-News will.
Ja.
Nicht wenige Deutsche hat diese Frage nach 45 auch bewegt.
MbMn wirft das einige Fragen über die Belastbarkeit des US-amerikanischen Selbstverständnisses als leuchtender Fackel von Demokratie und Freiheit in der Welt auf.
Mich persönlich hat das Konzept einer Zwei-Parteien-„Diktatur“ (wohlgemerkt in Anführungsstrichen!) nie als besonders vorzeigedemokratisch überzeugt. Und angesichts des Finanzbedarfs für eine Präsidentschaftskandidatur funktioniert diese Form der Demokratie nur für superreiche Erben der finanzstärksten Eliten des Landes.
Republikaner und Demokraten - Pispers meinte einst: „Watt für ne Wahl! Wolln Sie mir Sch… in verschiedenen Geschmacksrichtungen servieren?“
Aber ein bisschen hatten Marx und Lenin wohl doch recht, wenn sie in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft eine Tendenz zur Monopolbildung diagnostizierten.
Und je Monopoler, desto erstarrt:
„Und sobald die Kapitalbildung ausschließlich in die Hände einiger wenigen, fertigen Großkapitale fiele, … wäre überhaupt das belebende Feuer der Produktion erloschen.“ Karl Marx - MEW 25, Das Kapital III, S. 269
Ersetze „Kapitalbildung“ mit „Parteienbildung“ - und Du hast amerikanische Verhältnisse.
Möchte ich in einem Land leben, in der meine einzigen Wahl-Alternative die zwischen Friedrich Merz und Olaf Scholz wäre?
Naja, leben vielleicht. Aber politisch denken und handeln sicher nicht.
Da finde ich unser Land in puncto politisches System (bei allen Schwächen) schon außerordentlich gut gelungen.
Tja. Eine mögliche Erklärung: viele wären gerne wie er. Dieses psychologische Moment hat bekanntlich im schönen Italien einem gleichermaßen notorischen „Cavaliere“ zum Phänomen der mehrfach erfolgreichen Wiederwahl verholfen.
Ich möchte hier wirklich keine Fundamentalkritik am Kapitalismus üben - auch ich halte den Kapitalismus in einer Extremversion wirklich nicht für zielführend, aber sozialistische Planwirtschaft ebensowenig. Das Abwägen zwischen mehr Staat und weniger Staat in wirtschaftlichen Dingen ist ein gewichtiger Teil demokratischer Politik, da kann ich gut mit leben, und letztlich ist es ein gesunder Mix, der es weiterbringt, denke ich zumindest.
Und da schließt sich dann mein weiterer Punkt an: mit dem Zwei-Parteien-Faktor in den USA sprichst zu einen wichtigen Teil an, der problematisch ist - die Verfassung der USA hat diesbezüglich meiner Ansicht nach durchaus große Nachteile gegenüber unserer Verfassung: es führt tendenziell eher zur Spaltung der Gesellschaft. Das hat lange Zeit trotz (de facto) Zwei-Parteien-System recht gut funktioniert (weil sich die meisten US-Präsidenten nicht so geriert haben wie Trump, sondern eine gewisse Verantwortung gespürt haben), zeigt aber heute seine Mängel sehr deutlich auf. In gewisser Weise ist es daher fast ironisch, dass unsere heutige Verfassung mit Mehrparteiensystem und im Wesentlichen mit einem Verhältniswahlrecht auch von den US-Amerikanern mitbestimmt wurde: fast so, als hätte man die eigenen Probleme erahnt…
legte es allerdings nahe, den Fokus auf den Inhalt des Gerichtsurteils zu richten. Denn die Unabhängigkeit der Justiz konnte ja nicht gemeint sein; das wird auch Dir klar gewesen sein.
Exakt denselben Gedanken hatte ich vorhin auch: Als hätten die Amis 45 geahnt, daß sie was Besseres installieren müssen als ihr eigenes System.
Haut aber chronologisch nicht hin - die Versteinerung des Zwei-Parteien-Systems war damals noch nicht so dramatisch wie heute. Und die oligarche Struktur des Präsidentenamtes ebensowenig.
Aber im Ernst: Ich find unser politisches System wirklich klasse. Das Grundgesetz sieht sogar die Möglichkeiten der Vergesellschaftung und Verstaatlichung vor.
Auf die Gefahr, mich zu wiederholen: Wenn ich den Kapitalismus kritisiere, dann denken binäre Köpfe gern, daß ich für eine sozialistische Planwirtschaft plädiere. Weiter fehlen geht nicht. Ich hab den Staatsmonopolkapitalismus in der UdSSR aus nächster Nähe erleben dürfen - ein Jahr sozialistische Planwirtschaft reicht mir für ein Leben.
Man kann Marx in puncto Histomat eine Menge Dämlichkeit und Hybris vorwerfen. Man kann ihm auch vorwerfen, für die fürchterlichen Folgen im 20. Jahrhundert verantwortlich zu sein. Und seine Theorie-Epigonen (Lenin, Stalin, Mao) müssen sich immer an den praktischen Seiten ihrer Theorien messen lassen. Da fällt ein Urteil leicht.
Aber die Marxschen Analysen der kapitalistisch-bürgerlichen Gesellschaft waren Mitte/Ende des 19. Jhdts. revolutionär und bahnbrechend. Ich halte sie nach wie vor für gültig.
Einfach gesagt: In der ökonomischen Analyse brilliant. Philosophisch bahnbrechend. Auch die verhemente Parteinahme für die Millionen, auf deren Schultern der Manchester-Kapitalismus sich Bahn brach, hat mich stets beeindruckt. Ohne Marx hätte es keine Arbeiterbewegung, keine Sozialdemokratie, keine soziale Marktwirtschaft gegeben.
In der politischen Schlussfolgerung (Historischer Materialismus) hingegen war Marx naiv („Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf“), anmaßend („der Kommunismus als Ende der Herrschaft des Menschen über den Menschen“) und letzten Endes für fatale Konsequenzen verantwortlich („Diktatur des Proletariats“).
Das geschieht mit allen Philosophen, die sich einbilden, den Lauf der Geschichte vorhersagen zu wollen. Und das geschieht ihnen recht.
Aber verstehen kann ich ihn schon - da in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Ja, stimmt. War unausgegoren und dämlich missverständlich.
Klartext: Auch wenn mir das praktische Ergebnis des Urteils nicht gefällt (Compact verbreitet weiterhin seinen Sch…), ist es doch juristisch begründet und korrekt. Das meint unabhängige Justiz (unabhängig von einer moralischen, inhaltlichen oder politischen Bewertung).
Und das meint bittere Kröte (Compact schlucken).
Korrekt hätte es lauten müssen:
Wir müssen die inhaltlich bittere Kröte des Urteils einer unabhängigen Justiz schlucken.
Da bist du am Holzweg.
Der Satzbau von Gratschifter war etwas missverständlich, ich hatte erst gedacht, dass er meint, die unabhängige Justiz wäre die bittere Kröte. Und das wäre bitter gewesen.
Erst nach seiner Antwort wars mir klar. Alles gut.
Bloody well right.
Gelegentlich brauche ich aufmerksame Leser:innen wie Dich und deren Feedback, um mir schlampiger Formulierungen bewußt zu werden.
Merke: Man(n) kann nicht oft genug Korrektur lesen.
Und: Gemeinsam sind wir besser.
Nun, bis dato konnte man als politischer Analyst eine Administration der USA bezüglich ihrer wahrscheinlichen Handlungen einschätzen. Da gab es Falken und Tauben, Schwerpunkte der Innen- oder Außenpolitik, Tendenzen zu Isolationismus oder überzeugte Transatlantiker, was auch immer. Aber wenn man wusste, mit wem man es zu tun hatte, war es zumindest in groben Zügen möglich, sich darauf einzustellen. Das betraf, wie gesagt, nicht nur zwingend den Präsidenten, sondern auch seine Entourage - vereinzelt gab es äußerst mächtige Strippenzieher im Vorder- oder auch Hintergrund. Als Beispiel sei etwa Kissinger genannt.
Trump hingegen hat nicht nur die gesamte Partei entkernt, sondern auch komplett auf sich ausgerichtet. Damit wird Expertise verzichtbar und Loyalität Zugangsvoraussetzung. Die politische Linie hingegen ist komplett wurscht, ich glaube weder, dass es ihn besonders interessiert, wofür seine Gang steht, noch würde er in der Lage sein, dieses Wissen strategisch einzusetzen.
Zur Wahl hat er sich ja wiederholt als Präsident bezeichnet, der keine Kriege führt, außer den an der eigenen Grenze. Das war ein wesentlicher Erfolgsanteil der MAGA-Bewegung. Jetzt aber hat er sich von Netanyahu klassisch auskarteln lassen, wobei ihm das bestimmt nicht bewusst ist. Das sprach ich in meinem Post ja auch bezüglich Putin an:
Wenn man Trump zu manipulieren weiß, kann man fast alles von ihm kriegen, jedenfalls so einiges, was er kurz zuvor noch komplett ausgeschlossen hätte. Er hat weder Programm noch Sinn für Zusammenhänge - @jep’s Posts gehen diesbezüglich in die richtige Richtung. Wie man mittlerweile wissen sollte, ist er ein Narziss ohne tiefere Einsichten in internationale Politik oder Historie. Und das lässt sich leider auch über die komplette Administration sagen. Aber selbst wenn, sagen wir, Hegseth oder ein anderer normale, kenntnisreiche Außenpolitiker wären:
Es reicht ein Gespräch, in dem man Trump irgendwie triggert, und am nächsten Tag entscheidet er das Gegenteil von dem, was er grade noch erzählt hat.
Ich weiß, dass es das Narrativ gibt, dass Trump einfach unberechenbar sein will und bewusst erratisch redet und handelt (ich erwähnte die bekannte Nixon-Doktrin) und sich dabei Vorteile verspricht. Das Dumme ist nur, selbst wenn Trump von letzterer schon mal gehört hätte (was wir angesichts der historischen Bildung dieses Mannes ausschließen können) - unberechenbar ist Trump, wie sich zeigt, vor allem für die eigenen Mannen und seine eigentlichen Verbündeten. Die können gar nicht so schnell schauen und ihr Reden anpassen, wie sich Trump von welchem Diktator auch immer einseifen lässt und fortan etwas entscheidet, was sich nur schwer wieder einfangen lässt.
All das, war so bisher bei keinem Präsidenten der USA der Fall.
Ja, auch die Jungs um Bush Jr. haben damals etwas getan, was das Völkerrecht ignorierte und unter einer (wie sich herausstellte) verbrämten Wahrheit einem Sicherheitsaspekt diente, den es so, wie er dargestellt wurde, nicht gab. Aber hier haben wir eben den Unterschied zwischen Lügen und Bullshit (frei nach dem Philosophen Harry G. Frankfurt):
Der Lügner weiß, dass er lügt, und bleibt somit prinzipiell berechenbar.
Der Bullshitter hingegen weiß selbst nicht, worum es geht, und bleibt sich und anderen ein Rätsel, übrig bleibt nur ein disruptives Element.
Habe ich Deine Nachfrage beantwortet?
Ich hoffe. Nur, ehrlich gesagt:
Ich tue mir fast schwer, dieses Debakel an der Macht "Qualität"zu nennen…
Vielleicht noch ein Unterschied zu den Lügnern um Bush Jr.:
Die hatten für das DANACH quasi keinen Plan, mindestens keinen, der funktioniert hätte. Aber trotzdem würde ich sagen, die wussten sehr genau, was sie tun (und nein, es hatte nicht nur mit Öl zu tun), unabhängig davon, was man davon hält.
Trump hat nicht nur keinen Plan für das DANACH, ihm ist abseits seiner Egozentrik schon die Gegenwart ein komplettes Rätsel. Ist ihm aber auch wurscht. Er tut halt, was er will, und dass er das kann, geilt ihn auf.
Sorry, aber anders kann man es nicht ausdrücken.
Es gibt auch Hoffnungsträger für ein anderes Amerika:
Zohran Mamdani, ein 33-jähriger Moslem und erklärter Sozialist, tritt zur Vorwahl der Demokraten zum Amt des Bürgermeisters von NYC heute gegen den ehemaligen Gouverneur Cuomo an - getragen von den Democratic Socialists of America, der größten demokratisch-sozialistischen Organisation in den USA, deren Mitglied Mamdani seit 2017 ist. Sozialist und Muslim - das reicht in den USA normalerweise, um nicht mal einen Job zu kriegen. Mamdanis Anhänger kümmert das nicht, und die sind ebenso zahllos wie prominent. Sein Gegenspieler Cuomo war ehemaliger Bauminister unter Clinton und musste als Gouverneur von NY 2021 wegen sexueller Belästigung in elf Fällen zurücktreten. Was ihn nicht daran hinderte, jetzt als Bürgermeisterkandidat anzutreten.
Alexandra Ocasio-Cortez, Kongressabgeordnete für New York, eine beeindruckende Frau, die mit Bernie Sanders seit drei Monaten durch die USA tourt - „Fight Oligarchy“.
Und seit Trumps Nationalgarden-Besetzung von LA steigt mit dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom ein neuer Stern am Demokratenhimmel auf.
Hoffentlich lesen wir morgen von einem neuen Bürgermeisterkandidaten in New York, der nicht Teil des alten, weißen Demokratenfilzes ist.
Mamdani ist eine echte Alternative.
Noch ein Satz dazu:
Die Unabhängigkeit bezieht sich schlicht auf die Gewaltenteilung.
Aber auch Richter sind Menschen mit einer Haltung und einer Meinung und spezifischen Fähigkeiten. Insofern tue ich mir schwer damit, Urteile zu verstehen, die zumindest meinem persönlichen Gerechtigkeitsempfinden oder auch meiner Vorstellung von Logik widersprechen, mögen sie juristisch noch so ausgefeilt begründet sein.
Ich habe mir grade nochmal die Urteilsbegründung in Sachen COMPACT reingezogen - und ich verstehe das wirklich nicht. Vielmehr fügt es sich in das ein oder andere seltsame Urteil, das in den letzten Monaten hie und da auftauchte. Ich finde es in sich nicht logisch, in der Stringenz fragwürdig, widersprüchlich. Die letztlich entscheidende Sentenz ist, soweit mein ausbaufähiges juristisches Verständnis mich nicht täuscht, formaljuristisch begründet, womit ich an sich schon ein Problem habe, wenn es solche Themen betrifft. Da kann ich mich, etwas polemisch formuliert, auch an den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten wenden. Von den beinharten Konservativen dort kann ich auch kein zeitgemäßes Urteil zu modernen gesellschaftlichen Herausforderungen erwarten.
Summa summarum kann ich also @TBS76 und seinen Ärger gut verstehen.
Und ich könnte mir gut vorstellen, dass es auch Juristen gibt, die bei dieser Urteilsbegründung arge Bauchschmerzen haben - und zwar nicht nur gesellschaftliche, sondern auch fachliche.
Absolut präzise und wichtige Schilderung des Bullyism von DonTrump - und dem Ende der (relativ) kalkulierbaren Geschichte.
(Hatte ich übrigens gestern vollends verstanden und möchte noch mal explizit sagen, daß ich Deine Analyse und Beschreibung Wort für Wort teile. Und falls ich Dich mit zu emotionalen Worten gestern gekränkt oder verletzt haben sollte, dann bedaure ich das sehr und bitte, das zu entschuldigen.)
Und ganz mit @cheffe:
Bei Trump sehe ich keine Qualität.
Das Novum, welches Trump in die US-amerikanische Politik eingeführt hat, hat @cheffe perfekt beschrieben.
Realpolitik hat mit Trump dieselbe Chance auf Erfolg wie Roulettespielen.