Eine Demokratisierung der gesamten arabischen Welt halte ich für die nächsten Jahrzehnte für völlig ausgeschlossen.
Egal, ob westliche Bomben die Regime dort stürzen oder ob es dem Volk gelingt, sich seiner Herrscher durch interne Umstürze zu entledigen, wird sich nichts daran ändern, dass diejenigen, die Demokratie als Gefahr sehen, zurückschlagen werden. Im Zuge von Demokratie werden auch Veränderungen der Traditionen befürchtet und die Mehrheit der Gesellschaft in diesen Ländern (wenn man mal eine progressive kleine Schicht in den Städten ausnimmt) ist fest in dem Rollenbild gefangen, das man ihnen seit Generationen vorbetet und da gibt es nur einen Gott, dessen Name Allah ist, da gibt es keine Gleichberechtigung von Mann und Frau, da gibt es keine straffreie Homosexualität. Das sind alles Versuchungen des Westens und je mehr man davon ins Land lässt, desto schlimmer. So wird auf jeden Diktator letzendlich wieder jemand folgen, der das Land entweder nach islamistischen Prinzipien regiert (siehe Syrien) oder der die Islamisten kleinhält (siehe Ägypten).
Wenn es gelingen sollte, das aus den Köpfen der Menschen rauszubringen, dann kann ein Umschwung auf friedliche Art und Weise gelingen.
Wir erleben in Europa aktuell einen Rechtsruck und eine Ablehnung von Werten, die wir eigentlich schon als völlig gefestigt erachteten. Es würde mich nicht wundern, wenn auch in der islamischen Welt ein Schwenk hin zu den alten Traditionen im Gange ist.
Ich war 1990 zum ersten Mal in Istanbul und 2010 noch einmal. Der Anteil an verschleierten Frauen und Lokalen, in denen kein Alkohol mehr ausgeschenkt werden durfte, hat sich massiv erhöht. Und das war noch bevor Erdogan quasi zum Alleinherrscher wurde und seine religiöse Entourage noch mehr Einfluss nehmen konnte.
Wenn selbst die mit Abstand westlichste Stadt der islamischen Welt sich diesem Druck nach und nach beugen muss, glauben wir ernsthaft daran, dass sich in den ländlich geprägten Gegenden dieser Länder bzw. von Ländern gegenüber denen die Türkei noch eine Vorzeigedemokratie ist, etwas ändert? Und solange die Hardliner hier ihre Rückzugsgebiete haben, wird der Widerstand gegen alles, was irgendwie mit dem Westen in Verbindung gebracht wird, niemals beseitigt werden können. So war es ja auch in Afghanistan. Die Kontrolle über die Städte brachte letztendlich überhaupt nichts, solange auf dem Land die gleichen Traditionen gelten, wie vor hunderten von Jahren.
Beim Iran habe ich hingegen etwas mehr Hoffnung darauf, dass die Fundamentalisten nicht so leicht wieder zurück an die Macht kommen würden. Ohne ihren Machtapparat, den die Israeli ja nebenbei auch noch treffen, wird es schwer, denn der Iran hat im Gegensatz zu den anderen arabischen Ländern eine lange Geschichte von eigenständigen Herrschern, die sich nicht auf eine erzkonservative Auslegung des Islam versteiften und war im Übrigen schon lange vorher eine Hochkultur, auf die viele Iraner noch heute stolz sind.
Ich könnte mir hier noch am ehesten vorstellen, dass Bomben nicht nur Diktatoren stürzen, sondern auch die Starthilfe für eine bessere Zukunft sind, wie es eben auch in der BRD der Fall war oder auch in Serbien nach 1999. Die wären Milosevic wahrscheinlich auch nicht von selbst losgeworden und da war die Welt auch gespalten, was die Legitimität der Luftangriffe auf Serbien betraf.

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