Der Politik- und Gesellschafts-Thread (Teil 3)

Zuletzt fiel mir in der SZ folgende Podcast Empfehlung zum Thema Alkohol auf :
Ich verlinke den wirklich gut geschriebenen Artikel von Johanna Adorjàn, der „Aufsturz“ hervorragend zusammenfasst.

Auch wer keinen Alkohol trinkt, nie trank und an sich kein Problem mit dem Thema hat, sei Aufsturz wärmstens empfohlen, mir gefällt allein schon die Art wie Lasse und Holger miteinander reden. Das ist berührend, wie auch Adorjàn konstatiert.

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Many thanks. Freue mich auf mein Gute-Nacht-Hör-Betthupferl für heute - grace à toi.

Eins trifft zu. Zwei nicht. Und drei nicht mehr seit eins. :wink:

Hier der großartige Artikel nochmal ohne Paywall
https://archive.ph/2025.04.08-171400/https://www.sueddeutsche.de/medien/aufsturz-podcast-alkohol-maenner-abstinent-lasse-nolte-li.3232711

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Zuwenig Alk ist auch keine Lösung. :face_with_spiral_eyes:

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Ist in Frankreich doch auch ein Problem, frag mal bei den Winzern nach.

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Fällt mir wenig bis nix mehr zu ein.
So wie in den 80ern „Schweigen für den Frieden“ heißt es dann analog:
Saufen gegen das Haushaltsdefizit!
Oder Rauchen für weniger Sondervermögen!

Frag Dich nicht, was Dein Land für Dich tun kann - frag Dich, was Du für Dein Land tun kannst!
Hol Dir Lungenkrebs! Werd Alkoholiker!

Unglaublich, was diese Welt alles anstellt…

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Das ist so ähnlich wie in der Therapie:
Zu wissen, was genau abläuft und was man falsch macht, ist das eine. Es zu ändern, das andere… :wink:
Und sehr viel über das Leben zu wissen oder darüber nachzudenken, kann überdies manche Alltagshandlung durchaus erschweren. Ich würde das Wort praktisch in Deiner Definition auch ehrlich gesagt gerne streichen :smile:.

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Das sind aus meiner persönlichen Sicht sehr wahre und kluge Worte, lieber @cheffe. Ich kenne (leider) einige Personen, die ich für sehr gebildet und als hochintellligent erachte, denen aber genau dies nicht selten zu einer Hürde im „praktischen“ Leben wird und wurde. Mit leider meine ich diesbezüglich, als dass es diesen Menschen eine echte Last ist, sich im Alltag frei zu bewegen.

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Lesenswerte Analyse zu Russlands Aggression:

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Der Titel ist etwas irreführend.

Ja, der Westen mit seiner

soften" westliche Kultur und Praxis der Kompromisse mit ihren beinahe unbegrenzten Freiheiten

Das scheinen ja auch nicht mehr so viele zu wollen. Scheint leider ein Auslaufmodell zu werden. :frowning:

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Ich denke, das ist Absicht.

Wer könnte daran wohl ein Interesse haben? :thinking:

Das sollte man auch bei jedem Artikel über Wärmepumpen und E-Autos im Kopf haben. Wer hat ein Interesse daran, dass wir weiterhin fossile Brennstoffe verfeuern?
Und damit will ich nicht sagen, dass die Wärmepumpenbauer und E-Auto-Produzenten keinen Lobbyismus betreiben oder nicht ihre eigenen Interessen vertreten. Aber aus meiner Sicht sind deren „Schäden“ in Summe geringer als die der Öl-und Gasindustrie.

Mich interessiert jetzt mehr der freie Geist. Die Freiheit per se.

Die AfD will keine Freiheit. Andere auch nicht. Trump sowieso nicht.
Ich will hier jetzt keine Diskussion anzetteln. Aber das ging mir durch den Kopf als ich in dem Artikel das Hohelied auf die Werte des Westens las.

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Die hatte ich in der Tat. Ich muss Dich aber korrigieren: Im vierten Kapitel der „Dialektik der Aufklärung“ über die Kulturindustrie geht es nicht so sehr um den Menschen als Konsumenten von (Kultur-)Waren im Dienste einer profitmaximierenden Kulturindustrie, sondern um den Nutzen von industriell hergestellter, moralisch und ästhetisch normierter Massenkultur als Herrschaftsinstrument, die den Einzelnen durch Amüsement ablenkt und in seiner Produktivkraft erholt, mit gesellschaftlich funktionalen Idealen und Träumen versorgt, mit dem Zustand seiner Bedeutungslosigkeit versöhnt sowie jeden Impuls echten kritischen Denkens, z. B. über die gesellschaftlichen Zustände, abtötet. Es geht also mehr um den Nutzen von Massenkultur als Herrschaftsinstrument denn um ihre Eignung als Mittel zum Zwecke der Profitmaximierung (soweit jedenfalls grob mein Verständnis).

Ich bin übrigens beeindruckt, dass Du das Werk „verschlingen“ konntest und dass es eins der spannendsten Bücher ist, die Du je gelesen hast (was für mich eine gewisse Unmittelbarkeit des Verständnisses des Gelesenen voraussetzt). Denn ich fand die „Dialektik der Aufklärung“ stellenweise schwer zu lesen, was nicht nur an den verschachtelten Sätzen mit teilweise unklaren Rückbezügen, sondern auch an der dichten Schreibweise, aus der sich mir die Bedeutung des Gesagten nicht immer sofort erschloss, sowie an der fragmentarischen Struktur des Textes, die einen durchgehenden, stringenten und logischen Argumentationsfaden vermissen lässt, liegt. Viele Sätze und einige Abschnitte musste ich zweimal lesen, und wahrscheinlich würde die ganze Lektüre von einem zweiten Durchgang profitieren. Ein „Verschlingen“ war damit für mich schon rein formal ausgeschlossen und mit Spannung in einem detektivischen Sinne wie beim Lesen eines Krimis würde ich es auch nicht unmittelbar in Verbindung bringen. (Man könnte vermuten, dass Horkheimer und Adorno ihren Text bewusst so dicht und hermetisch gehalten haben, um ihn nicht als das Produkt desselben massenkulturellen Kulturbetriebs dastehen zu lassen, den sie in ihrem Werk so wortreich verdammen.)

Wie immer völlig korrekte Korrektur von deiner Seite.
Ich hab (aus dem Zusammenhang gerissen) das herausgegriffen, was mir im Zusammenhang mit Aufklärung am wichtigsten erschien. Und während Marx und Engels u.a. die Religion verantwortlich machten für das Verharren des Menschen in „seiner selbstgewählten Unmündigkeit“, hat mich halt an der „Dialektik der Aufklärung“ so beeindruckt, dass sie eine dialektische Erklärung für das Scheitern der Kultur im Angesicht von Auschwitz lieferte: Die industrielle Fertigung von Kultur verkehrt ihren ursprünglich potentiell aufklärerischen, emanzipatorischen Charakter ins Gegenteil, so wie die industrielle Tötung von Menschen das Fließband Henry Fords in ein Mordinstrument verwandelte.
Und während Marx und Engels die Welt (vermittels ihres Historischen Materialismus’) in eine glückliche kommunistische Zukunft schicken wollten, waren Adorno und Horkheimer da bedeutend skeptischer: Ja, Aufklärung ist nach wie vor möglich, aber sie beinhaltet im industriellen Kapitalismus gleichzeitig das Potential zur Barbarei. Leni Riefenstahl ist ein Beispiel für diesen immanenten Widerspruch des „Sowohl als auch“ einer kapitalistischen Kulturindustrie, die sowjetische Agitprop-Kultur ein anderes.

Mit „Verschlingen“ meinte ich lediglich mein inhaltliches Aufsaugen. Die Erarbeitung der „DdA“ hat mich in der Schule Monate unter der geduldigen Anleitung meines Philolehrers gekostet, der ständig mit neuer Begleitlektüre ankam. Er war ein größerer Benjamin-Anhänger, weshalb wir vergleichend dessen „Kunstwerk im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit“ lasen. Walter Benjamin war 1935 noch etwas optimistischer, was den Ausgang der Menschheit angeht.
So steht es um die Ästhetisierung der Politik, welche der Faschismus betreibt. Der Kommunismus antwortet ihm mit der Politisierung der Kunst.

Mein engster Schulfreund „verschlang“ derweil die blauen MEW-Bücher, die er aus Ostberlin für Pfennige mitbrachte. Er war ein intellektuelles Monster und mir in Lesegeschwindigkeit und Literaturkenntnis weit über - auf ihn traf das Wort „Verschlingen“ tatsächlich zu. Während ich noch in den 30er Jahren rumdümpelte, war er schon bei Marcuse, Dutschke und Meinhof angelangt. Und wenn er sich langweilte, las er inzwischen Texte von Stalin und Mao - kenne Deinen Feind! Aus ihm ist später wirklich ein hohes Tier geworden - allerdings nicht auf dem damals beabsichtigten Weg zum Revolutionär in Mittelamerika.

Für mich hingegen war der Ausflug in die Philosophie eine biografische Episode - ganz im Gegensatz zu @cheffe oder Dir.
Ich war interessierter Zaungast, ging aber dann Mitte meiner 20er aus einer desillusionierten Laune heraus als Zimmermann auf den Bau. Fortan bestimmten statische Tabellen, Bauanträge, Abbund-Programme und technische Neuerungen im Holzwerkstoffbereich mein alltägliches Leben. Die amerikanischen Revolutionen des Holzrahmenbaus, japanische Schärfkunst oder die Entwicklung vom NEH zum Passivhaus standen neben den blauen Bänden im Regal, die mit den Jahren Staub ansetzten. Und „nebenher“ war ich im Alltag halt 25 Jahre lang Zimmereiunternehmer: ganz banale betriebliche und auftragsbezogene Themen bestimmten den Tages- (und nicht selten Nacht-)Ablauf.

Das problematische Verhältnis zwischen Adorno/Horkheimer mit ihrem mächtigen „Institut für Sozialforschung“ und dem zunehmend verarmenden Benjamin, der im Exil auf die Unterstützung des IfS angewiesen war, ist übrigens ein bitteres und unrühmliches Kapitel der Frankfurter Schule.
Benjamin nahm sich 1940 auf der Flucht vor der Nazi-Besetzung an der spanischen Grenze sein Leben, das ein schillerndes Kaleidoskop an Beziehungen, Erlebnissen und brillanten Werkschöpfungen war. Er wurde nur 48 Jahre alt.

Man könnte, wenn man ihnen wohl wollte. Man könnte allerdings auch die Position vertreten, die in den letzten Tagen Gegenstand unseres kleinen Disputs über die Niederungen der Philosophie in der heutigen Zeit war: Im Elfenbeinturm einer hermetisch abgeriegelten Sprachlichkeit klopft einem auch kaum einer auf die Finger. Da muss man erstmal eindringen - und wieviel Spaß das bereitet, hast Du ja pointiert und wie immer höchst präzise seziert.
Es braucht halt auch die Übersetzer - wie meinen Philolehrer, wie @cheffe und Dich - oder Charlys Richard David :wink:. Sonst veröden die Gipfel des menschlichen Geistes in der einsamen Abgeschiedenheit alpinistisch-intellektueller Unerreichbarkeit.

Großes Vergnügen beim Lesen @Alex - wie immer!

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Aus Sefanie Stahls:“Das Kind in dir muss Heimat finden.“

Da mag das eine manchmal mit dem anderen zusammenhängen. Ja.

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Hundling, du !:wink:

1. [D-Südost (Altbayern), A, salopp] […]

    1. a) [scherzhaft] [bewundernswert erfolgreiche oder zielstrebige männliche Person (die ihre Ziele auch mit zweifelhaften Mitteln verfolgt)*
    1. b) [abwertend] [Synonym zu Mistkerl]*
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Hier sicher im Sinne von zwei gemeint.
Aber liebevoll :hugs:!

Von mir hingegen war‘s ausnahmsweise mal ohne Stirnrunzeln gemeint - ganz im Ernst: Übersetzer:innen im Infotainment-Dschungel braucht diese Welt. Und ich am allermeisten!
Kaffeefilter halt!

Aber: Wer einmal spottet, dem glaubt man nicht. Auch wenn er hier die Wahrheit spricht… (ausnahmsweise mal :wink:)

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Ich bin da einerseits bei @Alex:
Ich brauchte auch teilweise Sekundärliteratur, um mir die faszinierenden Gedankengänge des Adorno/Horkheimer’schen Werks komplett zu erschließen. Im Original wirklich anspruchsvoll zu lesen.
Andererseits glaube ich auch, dass @Gratschifter bezüglich des warum? auf der richtigen Spur ist. Die Frankfurter Schule war großbürgerlich, extrem gebildet, durchaus elitär. Wobei letzteres damals noch nicht diesen Dünkel und negativen Touch hatte.

Ich wollte euch qua Interesse noch das für mich beste (populär-)philosophische Buch über die Frankfurter Schule nahebringen:
Das ist Stuart Jeffries’ GRAND HOTEL ABGRUND, erschienen bei Klett-Cotta. Noch gar nicht alt, von 2016. Liest sich flüssig und sehr unterhaltsam, grade auch die Benjamin-Geschichte wird da auch behandelt.

Und über Benjamin komme ich zu Wolfram Eilenberger. Den kennen hier vielleicht manche, weil er schon als Gast im Doppelpass zu sehen war (Bayern-Fan, Inhaber der B-Lizenz, Spieler der Autoren-Nationalmannschaft).
Naja, eigentlich ist der Mann natürlich Philosoph und Autor. Von ihm stammt die Trilogie Zeit der Zauberer - Feuer der Freiheit - Geister der Gegenwart. Allesamt auch bei Klett-Cotta erschienen, bildet jedes Buch eine bestimmte Epoche der Philosophie ab, und zwar anhand von jeweils vier Personen. Und das sind:
Heidegger, Wittgenstein, Benjamin, Cassirer.
De Beauvoir, Arendt, Simone Weil, Ayn Rand.
Adorno, Susan Sontag, Foucault, Feyerabend.

Ich könnte das natürlich auch im Buch-Thread posten, aber hier passt es thematisch grad so schön rein.
Jedenfalls, weil wir es grad mit Precht und Co. hatten und der Frage, ob man da so streng sein muss:
Ich kann jedem, der sich nur ein wenig mit Philosophie beschäftigen will, diese drei Bücher nur wärmstens empfehlen. Man braucht kein Vorwissen und wird trotzdem nicht unterfordert. Ganz im Gegenteil, Eilenberger schreibt so spannend, dass sich alles wie ein dramatischer Roman liest. Gleichzeitig vermittelt er brillant alles Wissenswerte und Wichtige, baut Querverbindungen, ordnet historisch ein.

Also: diese vier Bücher intus, und man spart sich definitiv eine Menge Originaltexte… :wink:

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Dann werd ich jetzt mal bei momox ne Bestellung aufgeben.
Danke vielmals!

PS: Ayn Rand im „Feuer der Freiheit“ in einer Reihe mit Arendt, Simone Weil und de Beauvoir - das hebt mein Weltbild aus den Angeln. Mega-gespannt…

PPS: Cassirer bisher völlig außerhalb meines Radars.

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Zurecht :slightly_smiling_face:.
Aber hinterher ist man schlauer, und Du weißt doch: Know your enemy!

Zu Unrecht!
Der Ernst, ganz schwer unterschätzt. Ein verdienter Mann und (leider) letztlich erfolgloser Gegenpart des Nazi-Bazis Heidegger. Jahrzehnt-Debatte inclusive. Ultraspannende Story.

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Jetzt kann ich die Lieferung kaum noch abwarten.

Muss ich die Reihenfolge der Trilogie einhalten?
Blöde Frage wahrscheinlich…
Aber jetzt gilt mein Hauptinteresse natürlich Know your Enemy!
Du verstehst sicher… :wink:

Im Ernst: Ich freue mich wirklich auf die vier Bücher! Dank Dir!