Der Politik- und Gesellschafts-Thread (Teil 3)

Jetzt wird es offiziell:
Merz nimmt sich ein Beispiel an Trump’schen Methodiken und ernennt einen völlig unbeleckten Golfkumpel vom Tegernsee zum neuen Zuständigen für den Bereich Kultur. Na servus.
Wolfram Weiner ist strammer Rechtsaußen selbst nach Unions-Maßstäben, ganz nahe an der Grenze zur AfD, CICERO-Gründer, Oberster der WELT und des FOCUS, oft zu Gast in zahllosen Talkshows mit provozierenden Thesen zu einer Neu-Erfindung des Neo-Konservatismus.

Ach so, und von Kultur hat er keinen blassen Schimmer, mindestens aber bisher keinen Bezug erkennen lassen. Aber ich bin sicher, er wird sehr gut kulturelle Subventionen kürzen können als Neo-Liberaler, der er ist.

Allen, die da noch sagen, warte doch erst mal ab, wir sind doch nicht in Amerika, beglückwünsche ich zu ihrer Naivität. Der Kulturkampf der Neu-Rechten ist längst auch bei uns angekommen.

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Ja, bei der Merz-CDU/CSU wird man immer wieder negativ überrascht.

Ich glaube es wird die nächsten 4 Jahre (sollten es überhaupt so viele sein) nur Stillstand und Rückstand geben trotz der 1000 mrd.
Das Personal der CDU/CSU hat wenig bis gar keine Kompetenz und/oder wird von Lobbyisten besetzt/kontrolliert.
Die SPD macht sich durch ihre Kompromisse auch den letzten Rest der Wählerschaft kaputt und wenn nicht bald entweder Habeck oder eine andere charismatische Person Verantwortung/Führung übernimmt, werden auch die Grünen weit unter 20% bleiben (Dank ÖRR und Springer)
Und so leid es mir tut, die Linken haben eine Grenze nach oben - Dank der DDR und den Medien.
Die Afd hingegen kann glaube ich mittlerweile bis zu 30% bis zur nächsten Wahl erreichen und Spahn und co stehen schon in den Startlöchern um mit ihnen zu koalieren.

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Und Alexander Dobrindt wird vermutlich der neue Minister für „Inneres und Heimat“ : das ist mit etwas absurd noch echt nett umschrieben. Merke: wer nachgewiesenerweise eine gewisse Inkompetenz, aber dafür Loyalität aufweist, der ist gut aufgehoben.

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Ich habe volles Verständnis für das Raunen hier. Natürlich ist der Anteil an Teilnehmern die mit der CDU/CSU in Grunde nichts anfangen können hier sehr hoch. Das ist per se ja überhaupt kein Problem.

Was ich schade finde, wenn die für sich selbst und seine Themen immer eingeforderte Sachlichkeit dann aus den Augen gerät.

Ich bin kein Fan von Dobrindt (mir ist die CSU intellektuell einfach grundsätzlich seit langer Zeit zu schmalbrüstig). Aber Dobrindt jetzt als komplett falsche und inkompetente Person hinzustellen?

Ich sehe die Personalie Dobrindt für das Innenministerium differenzierter. Sicher, seine bisherigen Schwerpunkte lagen woanders. Aber man sollte seine enorme politische Erfahrung nicht unterschlagen: Über 20 Jahre im Bundestag, Generalsekretär, Bundesminister und jetzt Chef der CSU-Landesgruppe. Er kennt das politische Berlin, weiß, wie man ein Ministerium führt und wie man Verhandlungen führt. Das sind Qualifikationen, die in einem so zentralen Amt wie dem Innenministerium durchaus zählen, auch wenn die fachliche Expertise im Detail vielleicht erst aufgebaut werden muss.

Ob man seine Politik gutheißt, ist eine andere Frage. Aber die Erfahrung in der Leitung eines großen Ministeriums und seine strategische Rolle in der Union sind Faktoren, die ihn für ein Spitzenamt wie das des Innenministers qualifizieren können. Die oft kritisierte Loyalität ist in einer Regierung ja auch ein Stück weit notwendig, um geschlossen agieren zu können."

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@ChrisCullen : ich würde durchaus zustimmen, dass Dobrindt ein erfahrener Politiker ist - und Loyalität ist ebenso wichtig. Wenn ich mir aber seine Bilanz als Verkehrsminister so ansehe, dann habe ich zumindest schon gewisse Zweifel daran, dass er ein Ministeramt kompetent besetzen kann (siehe Dieselaffäre und PKW-Maut z. B.). Das darf man natürlich gerne auch anders sehen.

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Neues aus Trump-USA:

Kinder mit US-Staatsbürgerschaft werden mit ihren Eltern abgeschoben.
Darunter ein 4-jähriges Kind mit Krebs im Endstadium.

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Dein Plädoyer für Sachlichkeit gefällt mir!
Und ich finds beeindruckend, was Du alles an positiv bewerteter Kompetenz in puncto
innerparteiliche Loyalität, Ministeriumsführung und 20jähriger Verwaltungserfahrung findest und zeigst.
Stimmt auch - Dobrindt ist kein Anfänger, er ist Politprofi. Und klar braucht eine Wackel-Regierung wie jene, die Friedrich grad zusammenschustert, ihre treuen Heinriche.
Dobrindt ist so n treuer Heinrich.

Aber ganz leise beschleicht mich das ungute Gefühl, dass ebendiese Tugenden vor 60 Jahren in Deutschland ebenso karrierefördernd waren wie weiland im neuen deutschen Vormerz. Will sagen: Walter Ulbricht hätte die Qualifikation seines neuen Innenministers Friedrich Dickel (nicht weiter verwandt mit dem Stadionsprecher der :honeybee:) anno 1963 im Staatsrat nicht besser beschreiben können. Treuer Parteisoldat, jahrzehntelange Verwaltungserfahrung, 10 Jahre Ministeriumserfahrung, von der Pike auf in der Volkspolizei ausgebildet, bis er schließlich deren Chef als DDR-Innenminister wurde. Und dann weitere 26 Jahre blieb, bis Schabowski sich anno 89 verstotterte.

Friedrich Dickel war übrigens als DDR-Minister ein weitgehend zahnloser SED-Apparatschik. Aber er war 26 Jahre lang Minister des Innern und Chef der VoPo. Die eigentliche Macht lag indes a) parteilich beim ZK der SED und dessen Vorsitzendem sowie b) beim Staatsrat und dessen Vorsitzendem.

Wenn s sich allerdings rückbetrachtend um ehemalige Politiker aus DDR und SED dreht, dann ist Loyalität gleich Kadavergehorsam. Und eine strategische Rolle in der Partei nicht mehr als ein Beweis für einen antidemokratischen Betonkopp. Wer im Dienste der SED 30 Jahre an seinem bürokratischen Aufstieg gefeilt hatte, war halt nicht mehr als eine lächerliche Marionette des Unterdrückungs-Systems.

Ähnlichkeiten mit noch lebenden CSU-Politikern sind hingegen rein zufällig.
Und überhaupt nicht beabsichtigt.

So leid mir das tut:
Aber Deutschland macht das auch. Wir machen das genauso!!
Wir schieben die Eltern in ihre Länder zurück, die ihre Kinder mitnehmen, obwohl sie in Deutschland geboren sind.
Und die Argumentation ist dann dieselbe wie in Trumpland: Der Außenminister Marco Rubio formuliert:
„Drei US-Bürger - im Alter von 4, 7 und 2 Jahren - wurden nicht abgeschoben. Ihre Mütter, die sich illegal in diesem Land aufhalten, wurden abgeschoben“, sagte Rubio. „Die Kinder gingen mit ihren Müttern. Diese Kinder sind US-Bürger. Sie können in die Vereinigten Staaten zurückkehren … aber letztendlich war die Deportierte ihre Mutter, ihre Mütter, die illegal hier waren.“

Anders gesagt: Die Kleinkinder und Kinder dürfen wieder einreisen. Ohne ihre Eltern halt. Pech halt - nich unser Problem.

Es fällt mir SEHR schwer, da nicht ausfallend zu werden.
Genauso wenig gelingt es mir, angesichts der menschenverachtenden Anti-Asylpolitik der SPD-Nancy Faeser sachlich zu bleiben.

Nicht viele haben das Glück wie Nazira und Nazima Khaizad, dass die Medien ihren Fall aufgreifen. Khaizad soll mit ihrer Familie nach Italien abgeschoben werden - das sichere Drittland. Rechtlich ist das einwandfrei - der Ampel sei Dank, unter tatkräftiger Mithilfe der schweigenden Grünen.
Wer Interesse an einer Asyl-Bilanz der unheiligen Koalition Habeck-Scholz-Lindner hat - ProAsyl hat detailliert Koalitionsvertrag mit der tatsächlichen Politik verglichen

Die Bilanz ist niederschmetternd. Auf der Flucht vor der AFD-Propaganda haben SPD und Grüne ihre „Rückführungsoffensive“ gestartet und stimmte schließlich der europäischen GEAS zu.
„In die Legislatur der Ampel-Regierung fiel die größte Asylrechtsverschärfung der EU: Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Auch die Bundesregierung stimmte den massiven Verschärfungen zu, die Haftlager an den Außengrenzen – selbst für Kinder -, mehr Freiheitsbeschränkungen für Asylsuchende sowie eine Senkung der Anforderungen an sogenannte sichere Drittstaaten und sichere Herkunftsstaaten vorsehen. PRO ASYL kritisierte die Einigung als einen historischen Tiefpunkt.“

Folge der rot-gelb-grünen (Anti-) Migrationspolitik:
Erstens die schlimmste Verschärfung des Asylrechts seit 30 Jahren.
Und zweitens hats die AfD selbst vor die CDU katapultiert - SPD und Grüne liegen weit abgeschlagen hinter schwarz-blau.

Die Strategie ist voll aufgegangen:
Volkes Stimme schreit nach restriktiverer Flüchtlingspolitik. Wir (Volkes Regierung) geben dem (Affen; hier: das) Volk ein bisschen Zucker. Und dann wählen die Affen (hier: das Volk) nicht mehr diese blöde Blaupartei.
Das habt ihr prima !!! hingekriegt. Toi-toi-toi.
Weiter so, SPD und Grüne!

PS: Ab hier übernimmt Dobrindt den Schutz von Heimat und Innerem. Und wenn er mal nicht weiter weiß, der Alex: Amtskollege Rubio überm Teich mit seiner Abschiebe-Agency ICE weiß, wie man‘s richtig macht mit dem „Ausländer Raus“.
(ICE: US Immigration and Customs Enforcement; das ist die moderne Fassung der Gestapo unterm Sternenbanner)

Edit: Das war jetzt unsachlich. Total. Und total beabsichtigt.

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Da mein Glas immer halbvoll ist, habe ich bei Dobrindt zumindest die Hoffnung, das er verstanden hat: man muss in einer Koalition zusammenarbeiten. Er ist von beiden Seiten gelobt worden, während der Gespräche Brücken zu bauen. Hoffen wir mal, dass es nach dem 06. Mai auch noch so ist.
Alexander Dobrindt: Bei ihm kann sich Friedrich Merz bedanken | ZEIT ONLINE

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Die Hoffnung der Sozialdemokratie stirbt bekanntlich zuletzt.
Aber okay - jeder verdient einen Vertrauensvorschuss - selbst ein Dobrindt; soviel „Glas halbvoll“ muss sein.

Edit: Vom Saulus zum Paulus - der Wolf hat Kreide gefressen, soviel, dass nicht mal die ZEIT ihn noch wiedererkennt.
„Kurz vor der Einigung mit der SPD hatte Dobrindt die Grünen umgarnt, dass diese einer Grundgesetzänderung zustimmten und somit die Anschubfinanzierung für die künftige Regierung bereitstellten. Ohne Dobrindt keine Einigung mit den Grünen, ohne Grüne kein Schuldenpaket, ohne Geld keine stabile Regierung. So kann man, leicht verkürzt, die Genese der vergangenen Wochen nacherzählen.“

Mit meinen Worten: Wir verdanken Dobrindts Kreidegesäusel das Sondervermögen. Und das mit Unterstützung der Grünen, als „Brandbeschleuniger für die Polarisierung in unserer Gesellschaft und maßgeblich verantwortlich für das weitere Aufwachsen von radikalen Parteien wie der AfD".
Zitat Dobrindt 2024. Das Gedächtnis der Menschheit für erlittene Leiden ist erstaunlich kurz. Und das Glas halbvoll.

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Wie @Faenger s ZEIT-Artikel über Dobrindt treffend erklärt, ist der CSU-Landesgruppenchef der Motor hinter Seehofers „Masterplan Migration“ gewesen:

Die ZEIT hierzu:
„Wahrscheinlich wird es an Dobrindt liegen, eines von Merz’ zentralen Wahlversprechen einzulösen – eine Migrationswende samt Zurückweisungen von Schutzsuchenden an Deutschlands Außengrenzen. Merz’ Schicksal liegt erneut in Dobrindts Geschick.
Dobrindt beackert das Thema ausdauernd, kalkuliert und mit kühlem Temperament und das bereits seit Jahren: Er galt als einer der treibenden Kräfte hinter dem sogenannten „Masterplan Migration“, den Seehofer als Bundesinnenminister im Sommer 2018 vorlegte – zentraler Streitpunkt schon damals: Darf die Bundespolizei illegale Einreisen an der Grenze unterbinden, auch wenn die Migranten angeben, „Asyl“ zu suchen? Kanzlerin Angela Merkel meinte: Nein. Seehofer sagte: Doch – und feuerte einen Streit an, der beinahe die Fraktionsgemeinschaft aus CDU und CSU zerriss. Nun könnte Dobrindt das Werk seines einstigen Parteichefs fortsetzen – diesmal mit voller Unterstützung der Schwesterpartei.“

Faeser hat ihren geistigen Erben bereits gefunden. Zurückweisung von Asylsuchenden bereits an der Grenze, Flüchtlings-Knastlager in den angrenzenden Drittstaaten, wo wir die Asylanträge abbügeln können, bevor die Migrant:innen überhaupt unseren Boden betreten…
Die AfD kriegt feuchte Augen: SPD und CDU bringen unsere Forderungen in die Realität. Und in der Zwischenzeit hängen wir die ehemaligen Volksparteien in der Wählergunst endgültig ab. Das könnten Benedikt Kaiser und Götz Kubitschek in ihren Strategie-Seminaren besser nicht geplant haben.

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Das warn noch Zeiten:


Würd ich gern heute wieder plakatieren.

(Anm: Wahlplakat der CDU 1948 zur Kommunalwahl in NRW, Quelle:SPIEGEL)

Die Alternative, Migration unreguliert zuzulassen, würde die AfD noch weit mehr stärken.
Anke Hassel von der DGB-nahen Böckler-Stiftung:

Da hat Chris auf jeden Fall einen Punkt.
Es wäre ja wenig sinnvoll, unter einem Union-Kanzler nicht auch eine entsprechende Riege an Politikern im Kabinett zu erwarten, verbunden mit einer gewissen Verschiebung ins Konservative.
Und so sollte eine Kritik auch sachlich sein, das ist klar.

Was Dobrindt betrifft, hab ich gar nicht sooo arge Bauchschmerzen. Nach allem, was zu hören war und hier ja auch schon angesprochen wurde, gäbe es heute wohl keine Koalition ohne seine Fähigkeit, sich auch in andere hineinzuversetzen. Bei allem Konservatismus, den er selbst verkörpert, scheint er in der Lage zu sein, Brücken zu bauen. Ob es dann das Innenministerium sein muss? Ehrlich gesagt, mir käme er sogar anhand der ausgewiesenen Qualitäten im Kanzleramt geeigneter vor. Falsches Parteibuch. Aber wir werden sehen.

Zu meiner Kritik an speziell Weimer stehe ich, das war keine Polemik. Diese Personalie ist für mich auch jenseits der selbst präferierten Politik ein ganz, ganz schlechtes Signal.
Gar nichts habe ich zum Beispiel gegen Prien und Wadephul. Das sind Fachpolitiker und die sind am richtigen Ort.

Es steht ja außer Frage, dass ich diese Regierung ganz schlimm finde :wink: und jetzt schon verzweifelt bin. Aber wie gesagt, Chris hat Recht, wenn er Sachlichkeit einfordert. Gespannt können wir sicher auch noch auf die Riege der Sozis sein. Da sehe ich nicht allzu viele kompetente Leute, die sich anbieten…

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Mein lieber @Gratschifter,
Ich habe ein Frage:
Wenn wir uns ein Asylrecht vorstellen, mit dem Du - und ich ebenso - glücklich und einverstanden wären (ich bin überzeugt, dass wir diesbezüglich sehr nah beieinander sind) - wie hoch würdest Du das Wählerpotential in Prozentzahlen einschätzen?

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Klasse Artikel von Anke Hassel, sehr differenzierte Betrachtung, der ich völlig zustimme.
Nur: Migration ist nicht gleich Flucht. Zuwanderung ist nicht gleich Asyl.
Und ich kenne keinen ernst zu nehmenden Politiker der Linken, der unregulierte Migration fordert.

Frau Hassel plädiert dafür, Zuwanderung zu regulieren. Mit dem Recht auf Asyl hat das wenig bis nichts zu tun.
Sie postuliert zurecht:
„Es wird für die Linke in den nächsten Jahren zentral darauf ankommen, wie sie mit dem Thema Migration umgeht. Da Verdrängungskonkurrenz real ist und der gesellschaftliche Diskurs verroht, sollte sie viel dafür tun, die gesellschaftliche Polarisierung zu reduzieren, anstatt sie anzuheizen.“
Exakt!

Die vier praktischen Grundforderungen des Direktorin der Böckler-Stiftung sind simpel und richtig:

  1. Fluchtursachen vor Ort bekämpfen (undzwar nicht mit den Beständen von Rheinmetall, Airbus Defense, Thyssen Krupp, KraussMaffei& Konsorten!)
  2. Anforderungen an Zuwanderung erhöhen
    (wohlgemerkt: an Zuwanderung, nicht an Flucht oder Asyl!)
  3. Integration verbessern (etwa durch Sonderinvestitionen in Bildung und sozialen Wohnungsbau)
  4. Arbeitsgerechtigkeit erhöhen (Zitat Hassel: „Folgen von Arbeitsmigration für die Regulierung der Arbeitsmärkte und die Arbeitsbedingungen von Migranten ernst nehmen. Ausbeutung von Migranten findet bereits heute tausendfach statt.“)

Die Punkte 1, 3 und 4 sind mehr oder weniger deckungsgleich mit den Programm-Positionen der Partei Die LINKEN.
Punkt 2 bedeutet in der Sprache der LINKEN: Deutschland ist ein Einwanderungsland und braucht eine gerechte und qualifizierte Einwanderungspolitik.

Es lohnt sich vielleicht, mal nachzulesen:

Und zu vergleichen mit den DGB-Positionen…

Nirgendwo fordert die LINKE unregulierte Migration. Das ist ein Mythos - und leider einer, den die AfD uns im herrlichen Einvernehmen mit den restlichen Parteien im Bundestag in unsere Köpfe gepflanzt hat.
Inzwischen sind sich sogar SPD und GRÜNE nicht zu blöde, dieses Narrativ (LINKE sind in puncto Migrationspolitik völlig unverantwortlich, naiv und schuld an den Zugewinnen der AfD) weiter zu verbreiten.

Robert Habeck kam vier Wochen vor der Wahl mit seinem 10-Punkte-Plan zu Asyl und Migration um die Ecke.
Grenzschließungen oder Zurückweisungen an den Grenzen lehnt Habeck ab. Stattdessen fordert er: „Wir brauchen eine Vollstreckungsoffensive mit Schwerpunkt auf Islamisten und anderen Extremisten.“ Details erläuterte er via „Bild“. (Tagesspiegel)

Klingt vertraut. Aber nicht aus dem Mund eines grünen Kanzlerkandidaten, schon eher Marke Söder oder Weidel. Früher hätte bei solchen Formulierungen eher ein Parteiausschlussverfahren gedroht. Heute wird man mit diesem Wording grüner Hoffnungsträger und Kanzlerkandidat.

Der Tagesspiegel schreibt darauf: „Nun geht Habeck der Ruf voraus, ein Guter zu sein. Wenn er von einer „Vollstreckungsoffensive“ spricht, wird das weniger kritisch aufgenommen, als wenn dieselbe Forderung von Friedrich Merz oder gar Alice Weidel erhoben würde. Je grüner eine Position, desto unverfänglicher klingt sie.

In der Wirtschaft nennt man das übrigens Greenwashing - Umweltschädliche Produktion mittels billiger Alibimassnahmen, die werbewirksam vermarktet werden, aus dem Fokus der Öffentlichkeit nehmen.
Mit Habeck erhält der Begriff nun eine zweite, mindestens ebenso gefährliche Bedeutung:
Greenwashing in politics = AfD-Positionen unter dem Grünen Feigenblatt wählbar, gesellschafts- und mehrheitsfähig machen.
Dem Rechtspopulismus wird jetzt von Grün her das Wasser abgegraben - das ist Habecks Plan. Hat in Dänemark mal vorübergehend geklappt, sonst eigentlich nirgendwo. Das Ergebnis ist immer dasselbe: Wenn selbst der Habeck das fordert , dann kann die AfD ja nicht völlig daneben liegen mit „Islam raus aus Deutschland“. So werden Rassismus und Xenophobie gesellschaftsfähig.
Und Frau Weidel verkündet unter Berufung auf Habeck stolz: „Wozu das Abziehbild wählen, wenn Sie doch das Original kriegen können!“

Die Mengeneinheit für „Greenwashing in politics“ wird demnächst in Habeck gemessen. 1 Habeck ist gleich dem Stimmenzuwachs der AfD bei der nächsten Wahl (egal, ob Kommune, Land, Bund oder Europa).

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Tückisch, wertgeschätzter Freund und Kollege: Tückische Frage.
Wenn heute nach Parteien gewählt würde, dann ca. 9% in Parteistimmen.
Wenn unser beider Wunsch-Asylrecht (etwa in einer Volksabstimmung) zur Wahl stünde (und kein neuer Wahlkampf vorher stattfände), dann gebe ich uns ein Viertel der Stimmen pro Asylrecht.

Heißt das aber, dass wir jetzt mit nach rechts rücken dürfen/sollen, weil unsere Position (noch) nicht wieder mehrheitsfähig ist??
Über 30 Jahre dauert die schrittweise Abschaffung des Asylrechts in unserer Heimat nun an.
Was ist das Ergebnis dieser Appeasement-Politik des deutschen Bürgertums ggü. dem Rechtsruck im Lande?

Wahl-Ergebnis der Rechtsaußen-Parteien direkt nach 1993, als 16GG durch 16a ersetzt wurde - im Bund 1-3 % (damals NPD, REP und Kleinstparteien), im Land 3-8%, in einzelnen Kommunen (STATT-Partei von Richter Gnadenlos, Bürger in Wut in Bremerhaven) über 5%.
Wahl-Ergebnis der Rechtsaußen-Parteien heute, nach unzähligen Verschärfungen des Asylrechts durch CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne in wechselnden Koalitionen:
Stabile 25-30 %.
Das ist das Ergebnis von 30 Jahren Asyl-Rückbau: eine stark entsolidarisierte und vielfach fremdenfeindliche Gesellschaft, in der rassistische und xenophobe Tendenzen kaum noch vom politischen Mainstream zu trennen sind.

Wie hoch war Ende 1932 das Wählerpotential einer deutschen Innen- und Außenpolitik, die Dich, mein lieber @cheffe, und mich gleichermaßen glücklich gemacht hätte?
Waren wir damals mehrheitsfähig? Und damals gab es sogar noch eine Sozialdemokratie, die das Wort verdiente…

Meine Antwort auf deine Frage ist einfach.
Wenn es uns gelänge, die Brandmauer in den Köppen zwischen SPD und Grünen einerseits und der LINKEN andererseits einzureißen, dann bestünde noch Hoffnung. Es kämen Jahre schwerster Überzeugungs- und Bildungsarbeit auf uns zu, aber egal: Wenn’s einfach wäre, könnt‘s ja jedeR machen.

Und unglaublich kompliziert zugleich.
Bis es soweit ist, wollen allerdings sowohl SPD als auch Grüne mit am Tisch der Mächtigen und Reichen sitzen. Und tun alles, um für Merz koalitionabel zu bleiben - auch um den Preis des völligen Identitätsverlustes und eines weiteren Rechtsruckes unserer Heimat. Der Stacheldraht des Rechtsrucks in unserem Land verläuft quer durch die Köpfe, und den kriegen wir da nicht innerhalb von vier Wochen wieder raus….

Außerdem: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass Grüne und SPD sich mit der LINKEN an einen Strategie-Tisch setzen. Die Feindschaft gegen die LINKE ist viel wichtiger und grundlegender, als es eine Asylpolitik je sein könnte, die uns beide glücklich und zufrieden zurückließe.

Also: einfache Frage - klare Antwort: siehe oben.

Ich glaube fest (im Sinne einer Religion) an den Sieg der Vernunft.
Ganz im Sinne von Tom Waits:

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Mein lieber @cheffe ,
Ich habe auch eine Frage.
Wenn unsere gewünschte Asylpolitik heute (noch) nicht mehrheitsfähig ist -
Was ist dann dein Vorschlag, wie wir weiter politisch handeln sollen?

Eine mehrheitsfähige Asylpolitik ist die von Markus Söder, Friedrich Merz und Alice Weidel. Wollen wir zustimmen? So wie beim Sondervermögen?
Hauptsache, wir dürfen auch jasagen am Tisch der Macht?
Ist Mehrheitsfähigkeit jetzt unser Maßstab für das richtige politische Handeln?

Ich schätze, auch hier liegen unser beider Positionen ziemlich nah beieinander.
Welche umwälzende Veränderung von Gesellschaft begann je als Position der Mehrheit?
Mahatma Gandhi begann um die vorletzte Jahrhundertwende mit seinem gewaltlosen Kampf für die Selbstbestimmung Indiens. Er saß insgesamt 8 Jahre im Gefängnis, bevor nach 50 Jahren der Proteste Indien 1947 die Unabhängigkeit erreichte. Noch bevor der Friedensnobelpreis 1948 an den zum zweiten Mal nominierten Gandhi vergeben werden konnte, wurde dieser ermordet. Tote kriegen keine Nobelpreise.
Rosa Parks Weigerung, im Bus für Weiße aufzustehen, war 1955. Erst ein Jahrzehnt später wurde daraus Martin Luther Kings „Dream“ und dessen Friedensnobelpreis.
Nelson Mandela saß 27 Jahre im Knast, bevor 1990 das rassistische Regime der Apartheid fiel. Noch drei Jahre zuvor bezeichnete Maggie Thatcher den Südafrikaner als „Terroristen“ - uno voce mit Ronald Reagan, der Mandela 1988 auf die Terroristen-WatchList der USA setzte. Fünf Jahre später erhielt der Terrorist Mandela den Friedensnobelpreis.

WelcheR deutsche Politiker:in wird in 5 Jahren den Friedensnobelpreis für seine eiserne Verteidigung und Wiederherstellung des Asylrechts erhalten?
Habecks Robby wird’s sicher nicht sein, Faesers Nancy ebensowenig.
Mal sehen, wer da auf die Bühne kommt - sie werden den/diejenigeN ausbuhen, niederbrüllen, auslachen und verhöhnen.
Das hat mann immer so gemacht mit den Visionären des Humanismus.

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Danke für die ausführliche Antwort.
Der LINKEN hatte ich früher mal Kompetenzen im Bereich Migration zugebilligt.
Heute jedoch nicht mehr.
Deren Parteichef van Aken möchte ja gern jedes Jahr eine Million Neuankömmlinge aufnehmen.
Selbst SPD-Politiker mit Migrationshintergrund lehnen das ab.

Die LINKE mag offiziell verklausulierte, differenziert klingende Papiere veröffentlichen. In Wahrheit herrscht dort ein realitätsfremder Open Border-Zeitgeist vor, der von einem früheren Fraktionsreferenten vor einigen Jahren aufs Korn genommen wurde.

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Nein, keine Bange.
Das war nicht meine Intention, das auszudrücken. Ich war wirklich nur auf Deine Einschätzung der Mehrheitsverhältnisse aus.

Das Thema Asyl/Zuwanderung begleitet uns seit Jahren durch diesen Thread. Gefühlt habe ich mir den Mund (respektive die Finger) fusselig argumentiert, ohne großen Erfolg, wie ich glaube.
Zwischendrin habe ich das Thema sogar verweigert, weil es weder mir noch anderen zu gelingen schien, die Debatte zu versachlichen oder zumindest sich auf grundsätzliche Fakten zu einigen. Da ging soviel durcheinander, verschiedene Narrative tauchten unbeeindruckt immer wieder auf, obwohl man glaubte, sie richtiggestellt zu haben. Und so weiter.

Als Beispiel sei erwähnt, dass ich überzeugt bin, dass die Tatsache, dass bereits die Ampel das Asylrecht enorm verschärft hatte, gar nicht in große Teile der Bevölkerung durchgedrungen ist.
Warum das so ist? Komplex, fürchte ich. Ich hab schon früh erwähnt, dass ich es strategisch für einen der größten Fehler im Umgang mit Radikalen halte, deren Themen und Narrative zu übernehmen und zu glauben, dies würde sie einhegen. Auf der anderen Seite war man mit einer Haltung wie meiner stets gefährdet, sich der vermeintlichen Verharmlosung von realen Problemen schuldig zu machen. Sehr beliebt ist auch das Argument, man könne auf Dauer nicht gegen eine Mehrheit der Bevölkerung Politik machen - und hier schließt sich der Kreis zu meiner Frage an Dich.

Es dürfte ja offensichtlich sein, dass weder die SPD noch die Grünen ihre Kehrtwende hin zu den Verschärfungen aus tiefster Überzeugung vollzogen, sondern unter dem Druck einer dysfunktionalen Koalition und abstürzenden Umfragewerten, die eine vermeintlich klare Sprache hinsichtlich des Willens der Mehrheit der Bevölkerung zeigten.
Ich sehe schon das Problem, dass sich daraus prinzipiell eine strategisch schwer zu handelnde Situation ergibt. Ich gehöre nicht zu jenen, die gern die reine Lehre verfechten und dafür eine natürliche Oppositionsrolle akzeptieren oder gar anstreben. Ich heiße ja nicht Wagenknecht.
Und mein Menschenbild ist leider nicht ganz so positiv wie Deines, glaube ich…

Hmmm. Kurz- und mittelfristig fällt mir das schwer.

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