Je mehr ich zu den USA von heute recherchiere (war bisher nicht mein Steckenpferd …), desto größer wird mein fassungsloses Entsetzen.
Ja Bush junior war eine Beleidigung für Menschen, die des Denkens mächtig sind.
Aber die Typen, die jetzt dort an der Macht sind, stellen das alles in den Schatten!
Beschäftige mich grade mit dem amtierenden Verteidigungsminister Pete Hegseth - zum Schütteln.
Das ist ein definitives Must Read - das Gesamtbild ist schlicht unglaublich!
Ein paar Highlights:
„Die Nominierung von Hegseth wurde in Teilen der Republikanischen Partei skeptisch aufgenommen, weil Hegseth keinerlei administrative Erfahrung hat. Der US-Verteidigungsminister ist verantwortlich für fast 750.000 Zivilangestellte, für über 1,3 Millionen Soldaten und für ein Budget von rund 850 Milliarden Dollar.“ Seine Qualifikation für diesen Job: Militärdienst und TV-Moderator.
Er konnte aufgrund eines Patts im Senat nur dank der Stimme des Vize-Präsidenten Vance durchgeboxt werden - sowas gabs zuvor erst einmal (2017 ebenfalls unter Trump) in der US-Geschichte!
Hegseth kaufte sich einmal mit Schweigegeld vom Vorwurf der Vergewaltigung frei (2017) und wird immer wieder schwerer sexueller Übergriffe beschuldigt. Pete Hegseth’s Secret History | The New Yorker
Er stand zwei gemeinnützige Vereinigungen vor: Veterans for Freedom wie auch bei Concerned Veterans for America - bei beiden betrieb er fortgesetzte massive Veruntreuung. Veterans for Freedom hat sich durch sein Missmanagement am Rande des Bankrotts befunden.
Hegseth ist schwerer Alkoholiker - weit entfernt von der Trockenheit des George Dabbeljuh. (auch hierzu dringend den NewYorker Artikel als Quelle lesen!)
Hegseth ist eng mit der reformierten Rekonstruktionismus-Bewegung verbunden, Er trägt Tätowierungen des extremen christlichen Nationalismus: das Jerusalem-Kreuz , Deus vult, Sturmgewehr vor US-Flagge.
Aufgrund dieser Tattoos wurde er -obwohl jahrelang Nationalgardist- bei der Amtseinführung Jörg Bidens als einer von 12 Nationalgardisten als potenzielles Sicherheitsrisiko eingestuft und von der Aufgabe abberufen. Insgesamt dienten an dem Tag 20.000 Nationalgardisten. 12 wurden nicht zugelassen. Einer von den 12 ist jetzt US-Verteidigungsminister!
Der christliche Fundamentalist Hegseth ist zweimal geschieden, hat sieben Kinder mit mehreren Frauen, mehrere davon außerehelich - eines davon, während er verheiratet war.
Auf diesen Ehebruch hin 2025 befragt vor dem Verteidigungsausschuss - Hegseth erklärte dazu, Jesus Christus habe ihm persönlich verziehen, und so sei er mit Gott und der Welt im Reinen und könne das Pentagon leiten, damit Amerika Kriege nicht nur endlos führen müsse, sondern gewinnen möge.
Und so geht das endlos weiter, je tiefer mensch gräbt.
Aber zumindest, was die Glaubwürdigkeit Hegseth‘ als Vertreter konservativer, evangelikaler Familienwerte anbelangt,
befindet er sich im Weißen Haus in bester Gesellschaft:
Es ist alles nur noch traurig, bitter, irrsinnig. Wieviel Gehirnwäschen musste man durchmachen, um diese Typen sehenden Auges in eine Regierung zu bringen?
Ich setze als Antidot wenigstens eine winzig kleine ironische Pointe. Nachdem der Orangene ja prophezeit hat, dass THE ATLANTIC wohl bald pleite gehen wird - nun, wenn Jeffrey Goldberg auch in Zukunft exklusiv Sicherheits- und militärische Planungs-Chats veröffentlichen kann, ist wohl eher das Gegenteil der Fall…
Wenn du schon dabei bist, dich einzulesen, empfehle ich dir den Wikipedia-Artikel „Kabinett Trump II“ :
Und dann einfach mal den Links zu den einzelnen Mitgliedern folgen. Nur die Highlights:
Vizepräsident JD Vance, ehemals scharfer Kritiker von Trump (die Kritik äußerte er u. a. in „The Atlantic“), dann unterstützt von Peter Thiel und nun Trumpscher Glaubensjünger
Scott Bessent, Milliardär, ist Finanzminister und der erste offen homosexuelle Finanzminister (und das im „Wertesystem“ Trump). Hat Trump mit so einigen Millionen im Wahlkampf unterstützt
zu Pete Hegseth hast du ja schon alles oben geschrieben
Justizministerin Pam Bondi: arbeitete u. a. als Lobbyistin für Katar, war Mitglied des Anwaltsteams von Donald Trump bei seinen Amtsenthebungsverfahren, hat Verbindungen zu Scientology
Agrarministerin Brooke Rollins gründete u. a. 2021 das America First Policy Institut, eine konservative Denkfabrik, um Trump zu unterstützen. Die Agenda dieser Denkfabrik liest sich heute wie eine Vorlage für das, was Trump in den ersten Monaten umgesetzt hat. Vorsitzende dieser Denkfabrik ist übrigens:
Bildungsministerin Linda McMahon, die 29 Jahre lang eine finanziell erfolgreiche Wrestling-Gesellschaft geleitet hat (damit für Bildung natürlich prädestiniert ist…) und dem Vorstand der Muttergesellschaft von Truth Social, Trumps Version von X angehört
Energieminister Chris Wright kommt aus der Frackingbranche, den Klimawandel gibt es für ihn schlicht nicht. Laut ihm braucht die Welt mehr fossile Energie, nicht weniger
Und so geht es fast endlos weiter: das ist ohne Übertreibung ein Kabinett des Grauens, voller Trumphöriger. Und Bigotterie ist noch viel zu nett formuliert.
Und dennoch wird man mit diesem berechtigterweise als Kabinett des Grauens bezeichneten „Haufen“ zusammenarbeiten müssen und in den nächsten Jahren wahrscheinlich einige bittere Pillen schlucken müssen, gerade wenn es um den Bereich Verteidigung geht.
Ich war gestern auf einer Fortbildung zum Thema Sicherheit organisiert von einem Jugendoffizier der Bundeswehr und man muss einfach feststellen, dass Europa ohne die USA aktuell ziemlich blank dastehen würde.
Selbst wenn man sich dazu durchzuringen scheint, dass man sich von den USA unabhängiger machen will, so wird das enorm viel Zeit kosten und Putin - falls er vorhaben sollte das Baltikum und andere Teile Europas unter seine Kontrolle zu bringen - wird nicht so blöd sein, damit zu warten, bis die Europäer sich in einen verteidigungfähigen Zustand bringen.
In Litauen ist man aktuell noch in der Planungsphase und die Unterkünfte für die deutschen Brigaden könnten frühestens 2027 bezogen werden. Aktuell könnte man ein paar tausend Soldaten innerhalb von 10 Tagen dorthin verlegen, andere nach 30 Tagen. Auch in Lettland und Estland laufen die Vorbereitungen, aber das alles benötigt noch Zeit. Am besten gesichert ist die Suwalki-Lücke, also der Korridor, der Litauen und Polen miteinander verbindet, was in erster Linie daran liegt, dass Polen natürlich über eine viel größerer Armee verfügt als die baltischen Staaten, aber auch daran, dass die USA die NATO-Führungsnation in Polen sind, während Deutschland, Großbritannien und Kanada jeweils die „Obhut“ über eines der baltischen Länder haben.
Unter vorgehaltener Hand hörte man gestern immer wieder, dass ein schneller Waffenstillstand und ein mögliches Kriegsende in der Ukraine für die Vorbereitungen an der Ostflanke der NATO absolut kontraproduktiv sein könnten, weil Russland dann schnell Kapazitäten frei hätte für eine Schlag gegen den Westen. Somit müsste Europa eigentlich aus Eigennutz Interesse daran haben, dass der Krieg noch lange dauert.
Wir befinden uns in einem Zustand wie im Kalten Krieg und sind aber noch weit von den Ausgaben entfernt, die man während des Kalten Krieges innerhalb der NATO in Verteidigung steckte. (im Verhältnis zum BIP, nicht in absoluten Zahlen). Wir haben sämtliche Strukturen, die man bräuchte, um im Verteidigungsfall einigermaßen wehrhaft zu sein, in den letzten 15 Jahren geradezu geschliffen und sind noch nicht einmal in einer ernsthaften Diskussion angelangt, wie wir das wieder rückgängig machen wollen. Wahrscheinlich wären wir in Deutschland aktuell nicht einmal in der Lage, einen Spannungsfall bzw. einen Verteidigungsfall im Bundestag zu erklären, da man dazu eine 2/3 Mehrheit aller anwesenden Abgeordneten benötigt.
Und vor diesem Hintergrund muss man sich mMn zweimal überlegen, ob man sich trotz aller moralischen Bedenken nicht doch dem amerikanischen Kabinett des Schreckens anbiedern sollte, denn mit Moral halten wir Putin aktuell nicht auf.
Auch wenn es weh tun sollte, aber man wird dem Deal-Maker ein paar Gaben bringen müssen wie einem mittelalterlichen Lehnsherren, um sich weiterhin dessen Unterstützung zu sichern.
Der Leak war peinlich, aber sehr aufschlussreich: wenn Europa ordentlich zahlt, greifen die USA auch weiterhin ein, kann man als einen Tenor dieses Chatverlaufs, an dem ja nicht gerade unwichtige Personen der Administration beteiligt waren, herauslesen.
Es ist bitter, aber man ist aus Eigenverschulden in diese Situation hineingeschlittert, indem man viel zu lange mit absoluter Naivität oder völlig falschen Einschätzungen Putin zugeschaut hat.
Aber moralische Flexibilität ist ja ohnehin etwas, was die Europäer beherrschen, siehe aktuell Serbien und die Türkei oder generell der Umgang mit China, Saudi-Arabien, Katar oder dem Iran und das weiß man auch in den USA mit ihrer neuerdings noch mehr an Big Deals interessierten Administration.
Mein Gefühl ist, dass die Öffentlichkeit diesem Fakt viel zu wenig Bedeutung schenkt. Da können wir uns noch so einen hohen Kreditrahmen geben. Das hilft nicht.
Diese Zeit wird man sich teuer erkaufen müssen, aber zumindest dafür ist ja aktuell auch Geld da.
Trotzdem muss jetzt bald eine wichtige Entscheidung getroffen werden von der neuen Regierung:
Wenn man das Militär vergrößern möchte, gibt es dafür 2 Optionen und eine davon beinhaltet eben eine Wiedereinführung der Wehrpflicht.
Diese ist aktuell nicht durchführbar, weil es gar nicht genug Kapazitäten gäbe, um die Wehrpflichtigen auszubilden und unterzubringen. Aktuell verfügt die Bundeswehr ja nicht einmal über eine Erlaubnis, überhaupt zu erfassen, wer wehrfähig wäre. Fehlende Kapazitäten bei Ausbildern und Unterbringung müsste man - falls man eine Wehrpflicht wieder einführen möchte - schnell in Angriff nehmen.
Entscheidet man sich dafür, muss schnell mit Baumaßnahmen begonnen werden und die Qualifizierung von Soldaten zu Ausbildern anfangen.
Entscheidet man sich gegen die Wehrpflicht, dann muss darüber nachgedacht werden, wie man mehr Freiwillige rekrutieren kann.
Die Argumentation „Wir brauchen gar nicht darüber zu diskutieren, weil wir die Wehrpflicht momentan ohnehin nicht umsetzen können, weil es die Infrastruktur nicht hergibt.“ erscheint mir wenig zielführend.
Option 3 wäre natürlich jedes Jahr Milliarden an andere Länder zu überweisen, damit diese die Verteidigung Deutschlands übernehmen. Deutschland stellt den Verbündeten dann seine Infrastrukur zur Verfügung und unterstützt im Rahmen der eigenen Fähigkeiten mit dem bestehenden Kontingent und eben mit großzügiger finanzieller Unterstützung diejenigen, die bereit sind, für ihre und unsere Freiheit zu kämpfen. Deshalb müsste die neue Regierung auch mit einer Erfassung beginnen, um festzustellen, wer überhaupt bereit wäre, im Fall der Fälle sein Land zu verteidigen. Vielleicht ist diese Option 3 dann tatsächlich diejenige, die für uns am sinnvollsten wäre.
Ganz einfach: Kreuze an, ob du bereit wärst, im Falle eines Angriffes auf Deutschland dein Land mit einer Waffe zu verteidigen.
Wer hier mit nein antwortet, hat im Übrigen mein vollstes Verständnis.
Starck-Zimmermann hat das gestern ähnlich gesagt. Wenn die USA 65% der Kosten der Nato tragen und die Europäer knapp 30, dann hat Trump hier halt einen Punkt. Wir haben uns da lange drauf ausgeruht, dass die Amis das schon machen.
Und jetzt müssen wir halt im Schweinsgalopp den Rückstand aufholen.
Während aus der anderen Richtung ein Bär entgegenläuft.
Man kann von Trump gerne wenig halten, aber seine Einschätzung bzgl. Putin war deutlich näher an der Realität als das was viele europäische Politiker sich zusammenfabuliert bzw. erhofft haben.
Ich meinte seine erste Amtszeit, als er z.B. bezüglich Nord Stream 2 immer wieder warnte, dass die Europäer sich nicht zu sehr an Russland binden sollten. Trump hat auch während seiner ersten Amtszeit massiv Waffen an die Ukraine geliefert, als Europa auch nach der Annexion der Krim und der Invasion im Donbass einen Angriff Russlands auf die Ukraine nicht als wirklich realistische Option erachtete und entsprechend viele Waffengattungen gar nicht lieferte.
Und wenn die Europäer damals schon umgedacht hätten, wäre man heute deutlich weiter in Sachen Sicherheit vor Russland, weil man schon vorher mit der notwendigen Aufrüstung begonnen hätte.
Ein paar Verständnisfragen von einem, der höheren Militärausgaben grundsätzlich erst mal kritisch ggü stand:
Ich kenne das Putin-holt-sich-den-Ostblock-zurück-Szenario. Heute Ukraine, dann Baltikum, dann Polen - und morgen ganz Europa.
Gibt es konkrete Belege dafür, dass Putin das plant?
Wenn wir die Person Putin als Bedrohung sehen, sollte dann nicht u.a. unser Hauptaugenmerk darauf liegen, die demokratische Opposition in Russland mit vereinter europäischer Diplomatie zu stärken, um für einen russischen Frühling zu sorgen? Und Putin endlich in Rente zu schicken?
Ich weiß: nicht-militärische Denkmuster wirken in Militärdebatten selten überzeugend. Aber eins weiß ich sicher (u.a. weil ich ein Jahr in Russland gelebt habe): Solange der Westen in Russland stets den potentiellen Aggressor und Kriegsgegner sieht, werden im Kreml nie Demokraten das Sagen bekommen. Und ein Denken und Handeln des Westens wie zu Zeiten des Kalten Krieges stärkt Putin und treibt ihm auch noch die Zweifler in die Fänge. (Wieso haben die Sowjetbürger:innen 70 Jahre still gehalten und dem Politbüro mitgespielt, obwohl es keine Bananen in den Regalen gab? Weil es dem Politbüro gelang, das Feindbild vom imperialistischen Westen aufrecht zu erhalten. Nix anderes ist heute der Fall.)
Wessen vorgehaltene Hand flüstert das? Nicht zufällig Angehörige des Militärs?
Tut mir leid, aber diese Sichtweise ist mir zuwider. Lasst noch ein paar Tausend Ukrainer verrecken, damit wir genug Zeit kriegen, um still und heimlich den Westen wieder aufzurüsten? Klingt für mich ein bisschen nach USA 1941 - die Juden und Russen in Osteuropa müssen noch ein paar Jahre ohne Hilfe klarkommen: wir müssen erstmal aufrüsten. Bis dahin zahlt die Rote Armee den Blutzoll alleine, is eigentlich eh praktisch, dann werden wir Nazis und Kommunisten auf einen Schlag los.
Auch hier: Es braucht **viel mehr diplomatischen und v.a. wirtschaftlichen Druck von Gesamt-Europa auf den Kreml. Lasst den Kreml an Sanktionen ersticken!
Genau das ist unsere unzerbrüchliche Partnerschaft mit den USA (an deren Seite wir so unerschütterlich stehen) unter Trump: Die USA beherrschen die NATO nach Belieben, Europa und Deutschland haben zu tanzen, wenn die amerikanische Pfeife ruft.
Solange Trump (der Putin hofiert) im Weißen Haus das Regiment führt, graust‘s mir bei der Vorstellung, dass wir sein Militär finanzieren.
Vielleicht hat West-Europa nicht nur seit Jahrzehnten versäumt, seine Ostfront zu befestigen. Vielleicht haben wir vor allem versäumt, eine eigene von Amerika unabhängige, eigene Identität (militärisch wie politisch) aufzubauen. Wie sehr unser Großer Bruder überm Teich seinen kleinen europäischen Bruder schätzt, zeigt u.a. ChatGate überdeutlich. Wir sind für die neokonservativen Think Tanks der lästige Pickel am Hintern, mehr nicht. Hier möchte ich an Volker Pispers erinnern - weit vor Trump, noch zu Schröders Zeiten: „der Kanzler hat jesacht, wir dürfen jetzt nicht in einen oberflächlichen Antiamerikanismus verfallen. Ja klar - nur: mein Antiamerikanismus is gar nich oberflächlich!“
Logisch. Ein Europa, das Russland einbindet in das ökonomische Netz des europäischen Kontinents, schwächt die Hegemonialmacht der USA. Und die pax americana wird weltweit überall verteidigt - nicht nur am Hindukusch. Ein Europa hingegen, das die NATO nicht mehr braucht…? Das wäre ein real nightmare for Donald.
Vielleicht wäre es an der Zeit, einen Weg zu forcieren, der Russland (nicht Putin!) nach Europa holt. Vielleicht ist der richtige Weg nicht die Wiederholung des Kalten Krieges. Es sei denn, das Ziel ist erneut das wirtschaftliche Totrüsten Russlands: Hat ja beim ersten Mal super geklappt. (Nur hinter vorgehaltener Hand natürlich).
Wie gehen wir mit dem aggressiven Russland Putins um, bis wir eine eigenständige europäische Sicherheitsarchitektur erbaut haben werden, die NATO-unabhängig ist? (und das wird dauern!! Schließlich haben wir 35 Jahre diesbezüglich weitgehend verschlafen).
Offenes diplomatisches, politisches und wirtschaftliches Kontra - politische Isolation - viel schärfere Sanktionen.
Vehemente Initiativen zum sofortigen Ende des Krieges in der Ukraine. Es ist eine Schande für Europa, dass dort nach vollen 3 Kriegsjahren immer noch Putins Waffen herrschen.
Klar brauchen wir ohne die NATO in der Hinterhand eine verteidigungsfähige Bundeswehr in einem europäischen Verteidigungskonzept. Wenn das eine Wehrpflicht erfordert, dann sollten wir gefälligst damit anfangen, anstatt weiter über den Teich zu schielen und rumzujammern, dass Uncle Sam‘s schon richten wird. Uns allerdings (Option 3) weiterhin freizukaufen, indem wir die amerikanische Rüstungsindustrie subventionieren, halte ich für dieselbe Strategie wie seit 1949. Solange „der Russe vor unserer Tür steht“, werden wir weiterhin 15 % unseres Haushaltes (70 Mrd. €) für Aufrüstung ausgeben. Ums mit Einstein zu sagen: „Die Definition von Wahnsinn ist: immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. “
Aber zu sagen, es wäre ebendieser Wahnsinn, dass wir seit 75 Jahren immer denselben Denkansatz verfolgen (der russische Bär bedroht Europa) - das ist natürlich Quatsch. Das sind ja keine militärischen Denkansätze. Und werden sicher weiterhin als naiv, weltfremd und oberflächlich verlacht.
Auf gar keinen Fall sollten wir - bei aller angebrachten Selbstkritik - die Nerven verlieren und in zynischem Fatalismus das tun, was die Ukraine unterlassen zu haben sich von Trump bereits vorwerfen lassen musste: die Selbstachtung aufgeben und uns der Macht des Autoritarismus unterwerfen.
Worin gründet die Selbstachtung? Unter anderem darin, dass wir unsere Regierungen demokratisch wählen. Dass wir über eine funktionierende Gewaltenteilung verfügen, die dem Individuum weitestgehende Rechtssicherheit garantiert, es durch eine erstklassige Ausstattung mit Grundrechten vor Übergriffen seitens der Obrigkeit schützt.
Dass ein pragmatischer Umgang mit autoritären Regierungen erforderlich ist, liegt auf der Hand. Dafür müssen wir uns nicht verachten. Aber auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und uns der Macht der Autoritären unterwerfen, die dem Individuum und seinen lebensnotwendigen Rechten so wenig Bedeutung beimessen.
Und wie erklärst du dir dann, dass Putin genau in der Phase, in der Europa wohl am freundlichsten gegenüber Russland agierte, die Zügel immer straffer anziehen konnte und sämtliche demokratischen Prinzipien nach und nach beseitigen konnte? Gerade die 2000er Jahre waren doch eigentlich eine Zeit, in der es in Sachen Kriegsrhetorik, Feindbild etc. mehr als ruhig zuging. Trotzdem war Putin am Ende dieses Jahrzehnts fest im Sattel und zwar mMn aus einem Grund:
weil er den Russen das Gefühl zurückgab, Russland wieder zu Ruhm und Glanz zurück zu verhelfen. Ich habe deutlich weniger Erfahrung mit Russen als du, aber ist es nicht auch in diesem Land so, dass es eine nicht gerade geringe Gruppe an Menschen gibt, die immer noch von alter Größe träumen?
Und das bringt mich zu der nächsten Frage:
So etwas wie „Mein Kampf“ hat Putin meines Wissens nach nicht geschrieben, weshalb man sich auf Analysen verlassen muss und ein paar Analysten, die wahrscheinlich mehr Ahnung als du und ich haben, entwerfen ein Szenario, in dem Putin sich nach einem Erfolg in der Ukraine noch mehr in die Belange von ehemals sowjetischen Teilrepubliken westlich von Russland einmischen wird. In Transnistrien stehen eine Menge russischer Soldaten, in Lettland gibt es eine nicht gerade geringe russische Gemeinde. Das Szenario, dass Russland hier zuschlägt und damit auch einen Bresche zwischen Estland und Litauen schlägt und damit auch die Befestigung der litauisch-weißrussischen Grenze obsolet macht, ist nicht komplett von der Hand zu weisen. Dass die Russen das Manöver Zapad schon einmal zur Vorbereitung eines Angriffs genutzt haben, sollte auch bekannt sein. Und so ein Manöver steht erneut an. Es würde mich nicht wundern, wenn hier nicht zumindest von russischer Seite gezündelt wird, auch um zu testen, inwieweit die NATO sich für das Baltikum ins Zeug legen würde.
Artikel 5 des NATO-Vertrages schreibt keinen Einsatz eigener Truppen vor, sondern nur eine Hilfe in einem vom jeweiligen Land selbst für sinnvoll erachteten Rahmen. Und das weiß auch Putin. Und ihm imperialistische Absichten zu unterstellen, halte ich jetzt nicht für zu weit hergeholt. Er wird mMn niemals die Existenz Russlands gefährden, aber dass er jeden Quadratmeter ehemaliger UdSSR, den er mit für ihn vertretbaren Risiken zurückholen kann, liebend gerne haben würde, halte ich für sehr wahrscheinlich.
Es ist absolut richtig, dass der Umgang Amerikas unter Trump mit Europa zu verabscheuen ist. Es ist aber aktuell wohl unabdingbar, diese bittere Pille zu schlucken, außer natürlich man erwartet keinerlei Gefahr von Russland und erachtet einen friedlichen Wechsel dort durch eine Mischung aus Sanktionen, Abrüstung, Unterstützung der Zivilgesellschaft und wirtschaftlicher Zusammenarbeit für realistisch. Dann wäre es in der Tat verwerflich, sich den tatsächlich nur nach eigenem Vorteil gierenden Trumpisten, an den Hals zu schmeißen. Da ich auf absehbare Zeit nicht glaube, dass:
sich in Russland etwas ändert in Sachen Autokratie und imperialistischer Tendenzen
die Europäer eine wirksame Abschreckung ohne amerikanische Unterstützung hinbekommen
bleibt wohl erst einmal nur der Weg, gute Miene zum bösen amerikanischen Spiel zu machen und sich nebenbei zu emanzipieren. Wenn diese Emanzipation gelungen sein sollte, kann man gerne auch versuchen, Russland in einen gesamteuropäischen Kontext einzubetten und somit den amerikanischen Einfluss einzudämmen.
Ehe die Europäer sich allerdings auf eine gemeinsame Verteidigungsstrategie einigen und das umsetzen, bzw. ehe Russland demokratisch wird, haben wir mMn realistischerweise wieder einen demokratischen Präsidenten in den USA und somit dann auch wieder einen Partner, der evtl. auch aus demokratischen Gründen Europa unterstützt. Bis dahin wird man mMn nicht daran vorbeikommen, dass man sein Schutzgeld am besten an die Amerikaner bezahlt, weil sie von allen „Paten“ im Vergleich zu China und Russland dann doch noch die am wenigsten widerlichen sind.
PS:
So etwas muss einem mit einigermaßen funktionierendem Kompass auch zutiefst zuwider sein. Dennoch gibt es bei denjenigen, die eine Unterstützung der Ukraine fordern, sicherlich neben den Menschen, denen die Selbstbestimmung der Ukrainer wichtig ist, auch diejenigen, die genauso denken und ich wage zu behaupten, dass diese Menschen nicht nur Angehörige des Militärs sind.
Zu deiner nächsten Frage: Was den autokratischen Potentaten Putin im Kreml anbelangt, bin ich mit dir einer Meinung.
Das befürchte ich sogar als hoch wahrscheinlich. Das ist das Wesen bei imperialistischer Gröfazze - wann immer sich ihnen die Gelegenheit bietet, vergrößern sie ihren Machtbereich.
(Das unterscheidet ihn übrigens nicht wesentlich von Trump und seinen republikanischen Vorgängern. Auch nicht der Gebrauch von militärischer Gewalt…)
Ich teile deine Meinung in deinem PS:
Im Gegenteil: das ist die derzeit herrschende Meinung und weiß Gott nicht nur die von Militär-Angehörigen.
Gerade deshalb plädiere ich so für einen Richtungswechsel, für einen neuen Blickwinkel, für eine nicht prioritär militärische Strategie.
Deshalb argumentiere ich so vehement dafür, alles politisch Mögliche zu tun, um in Russland demokratische Kräfte an die Macht zu bringen (und die Putin-Bande zu verjagen). Aber, verzeih mir, alles politisch Mögliche - das ist nicht, was Deutschland und Europa tun. Nicht nur der Genosse Schröder saß gern mit am Tisch Wladimirs. Auch die Sanktionen der Habeck-Baerbock-Ägide sind mMn ein viel zu sanftes Lüftchen gewesen.
Ich stimme dir auch zu, dass ein Umbau der europäischen Sicherheitsarchitektur ein langfristiges Projekt sein wird.
Einzig und allein in der Schlussfolgerung aus dieser „langfristigen Perspektive“ bin ich anderer Meinung.
Ich finde, dass es höchste Zeit ist, andere, neue, bislang nicht ausgelatschte Wege zu gehen.
Ich möchte, dass unser „Schutzgeld“ einem neuen Paten gezahlt wird - nicht mehr der am wenigsten widerlichen US-NATO, sondern einem Europa, das immer mehr erstarkt und zu einer echten Alternative der von dir aufgezählten Widerlinge USA, Russland und China wird.
Dass das auf den ersten Blick eher einer Vision, einer Utopie gleicht als einem politisch-pragmatischen Konzept, weiß ich. Höre ich nicht zum ersten Mal. Und sicher auch nicht zum letzten.
Zum Schluss bin ich wieder ganz deiner Meinung, bin ich mit dir auf dem
Nur die Reihenfolge der Prioritäten ist bei mir umgekehrt: Prio 1 ist die wirtschaftliche und militärische Stärkung Europas und die Einbettung Russlands in den gesamt-europäischen Kontext. Und das geht mMn nicht, indem wir uns parallel weiterhin lieb Kind in Pentagon und White House machen (wie es seit 49 unsere einzige Strategie ist).
Ein bisschen böse wird der große Bruder schon werden müssen. Aber das isser doch eh schon.
PS:
Und was droht uns noch Schlimmes von Seiten der USA?
Wirtschaftlicher Druck, Strafzölle - ham wer schon.
Politische Geringschätzung bis zur Ignoranz - ham wer schon.
Bliebe noch eine militärische Drohung… na dann wäre die Frage nach dem am wenigsten
widerlichen Paten auch endlich beantwortet.
Ich wäre äußerst skeptisch, was potentielle demokratische Bewegungen innerhalb Russlands angeht. Das hat dieses Riesenreich in seiner gesamten Geschichte nicht ansatzweise hinbekommen, woher soll das kommen?
Ich würde auch darauf aufmerksam machen, dass nach allem, was ich von Analysten und Politologen und Exil-Russen so lese, man nicht von einer Opposition innerhalb Russlands sprechen kann. Die gibt es nicht. Es gibt ja nicht mal etwas, was den Namen Zivilgesellschaft verdient. Die einzigen oppositionellen Stimmen befinden sich außerhalb Russlands und werden daher innerhalb nicht für voll genommen, die Bevölkerung registriert diese Stimmen nicht einmal. Und nimmt man sie doch mal Ernst, schickt Putin seine Killer-Kommandos los.
Es gibt unter den momentan ansatzweise denkbaren Alternativen zu Putin übrigens auch nur die Variante Schlimmer geht immer.
Es fehlen also jegliche Ansatzpunkte einer möglichen Unterstützung.
Nein, da müssen noch viele, viele Jahrzehnte ins Land gehen, bis Russland tatsächlich wieder in den europäischen Schoß zurückkehren kann.
Ich liege irgendwo zwischen oder neben @willythegreat und @Gratschifter:
Ich würde es ebenso für einen großen Fehler halten, alle Drähte zu den USA zu kappen. Allerdings würde ich mich darauf konzentrieren, Kontakt/Freundschaft zur richtigen Hälfte zu halten… die hoffentlich, hoffentlich bei nächster Gelegenheit schon mal einen kleinen Pflock einschlagen kann, nämlich bei den Midterms.
Eine Zusammenarbeit mit den jetzigen Irren halte ich für nahezu ausgeschlossen, und ich halte auch nichts davon, sich in einzelnen Punkten zu beugen. Man kann sich sowieso auf nichts verlassen, es macht keinen Sinn, etwas zuzugestehen, um dann wieder verarscht zu werden. Trump ist die gesamte NATO-Strategie wurscht, wieso sollte er sonstige Verträge oder irgendeinen guten Willen honorieren? Das zu glauben oder sich gar darauf zu verlassen, wäre ein riesiger Fehler. Zumal man sich dann sowieso durch die Hintertür nur die Rolle des nützlichen Idioten einfängt - genau das, was Trump für Putin und vor allem für China ist: ein Schwachkopf mit genug Eitelkeit, um leicht manipulierbar zu sein.
Ganz bei @Gratschifter bin ich bezüglich der Hauptstrategie momentan:
Europa, Europa, Europa.
Der noch größere Fehler als die fehlerhafte Einschätzung Russlands oder das Verstecken hinter dem großen Bruder USA war es über Jahre der Merkel- und Scholz-Zeit, dass man sich den vielfältigen Initiativen Macrons gegenüber so borniert gezeigt hat. Innenpolitisch kann man von Macron halten was man will, aber was die globale Bündnis-Architektur betrifft, begreifen er und nun auch Keir Starmer absolut, was Sache ist.
Wenn Frankreich, die Briten und wir mal richtig zusammenarbeiten und Gas geben, kann da verhältnismäßig schnell eine Sicherheitsarchitektur entstehen, die diesen Namen dann auch verdient. Macron bietet das sogar an, und auch wenn er dafür eigennützige Gründe haben mag: wir sollten darauf eingehen, auch weil der außenpolitische Erfolg für ihn die erfolgversprechendste Methode ist, Marine Le Pen in Schach zu halten. Und Keir Starmer ist der Joker in der Gleichung: mit den Briten könnte Europa wirklich ein starkes Gegengewicht zu der Achse der Irren (USA, Russland, China, und ja, auch Indien) bilden.
Was wäre die Alternative?
Und sollten die Amis wieder die richtige Hälfte an die Hebel schicken, wäre dies ohnehin eine Arbeit, die ihnen ganz Recht wäre. Kulturell und von der Lebensweise her, das sollte man nicht vergessen, haben wir mit den Amis sehr viel gemeinsam - viel, viel mehr als mit Russland.
Jeffrey Goldberg hat nun den gesamten Chat-Verlauf veröffentlicht. Sogar in der MAGA-Bewegung breitet sich Entsetzen darüber aus, dass Hegseth Details wie diese ausplauderte: ’ „1410: More F-18s LAUNCH (2nd strike package)“, steht dort etwa, also als zweiter Schritt um 14.10 Uhr Beschuss aus F-18-Kampfflugzeugen. Und auch – in bemerkenswerter Ironie angesichts der Tatsache, dass Hegseth dies in einer nicht autorisierten Chatgruppe schrieb – diese Ansage: „We are currently clean on OPSEC“, auf Deutsch wörtlich: „Wir sind sauber, was operative Sicherheit betrifft.“ Der Begriff „operational security“ bezieht sich darauf, ob bei einer Militäroperation gewährleistet ist, dass kritische Informationen nicht in feindliche Hände fallen können.’
Das allmorgendliche Grusel-Monster: Paula White, TV-Predigerin und seit Januar Leiterin des von Präsident Trump neu geschaffenen White House Faith Office
Wikipedia:
„White wird der Gruppe von Geistlichen zugerechnet, die das umstrittene Wohlstandsevangelium predigen, nach dem materieller Reichtum ein Zeichen für Gottes Gunst sei. Sie gilt als spirituelle Beraterin und Vertraute von Donald Trump.“
Wie viel mehr Charme verströmte da doch gestern nachmittag, als mein Weg mich an der Kirche vorbeiführte, in der ich einst geheiratet hatte, jenes Grüppchen acht- bis zehnjähriger Kinder, die mich temperamentvoll und überaus höflich einluden, ihre „wunderschöne Kirche einmal anzuschauen“, worauf ich mich angesichts so freundlicher Ansprache natürlich einließ. Noch bevor ich sie betrat, boten sie mir eine Art Amulett an: sie hatten Bindfäden durch winzige Schneckenhäuser gezogen. Darin stecke Gott, mir könne nichts mehr geschehen, etwa ein Unfall. Sie habe eine große, gefährliche Straße überquert, ohne Schaden zu nehmen; Gott habe aufgepasst, sagte die größte. - „Und du hoffentlich auch.“
Wer glaubte, dem Orangenen geht es nur um Deal-Making (wie immer er dies definiert), kann sich jetzt mal ehrlich machen.
Es geht darum, die Gesellschaft zu verändern und die Kultur radikal auf Linie zu bringen. Heißt: ein Kinder-Musical, das sich für die Toleranz gegenüber Minderheiten einsetzt - weg damit. Drag-Shows? Zur Hölle, es gibt nur zwei Geschlechter. Übrigens ist das Programm des Kennedy-Centers keineswegs ausschließlich ein Hort des Progressiven - vergleichbar wäre hierzulande vielleicht das Deutsche Theater in München. Es richtet sich an die breite Gesellschaft; aber es läuft halt auch mal eine neue Ausgabe der Rocky Horror Picture Show.
Damit das läuft, setzt sich der Orangene gleich mal an die Spitze des Aufsichtsrats und den altbekannten Richard Grenell auf den Chefposten. Zwei Männer also, die schließlich bekannte Fachleute sind für kulturelle Belange, so wie bei uns die AfD-Leute für deutsche Lyrik.
Mich persönlich trifft so ein Vorgang noch mehr als die sonstigen Geschichten, nicht nur, weil mir Kunst und Kultur so wichtig ist.
Nein, weil jetzt endgültig klar wird, dass es der Administration des Schwachmaten im weißen Haus nicht nur um ihre Politik für die Reichen Weißen Männer geht, sondern es geht darum, das Denken selbst anzugreifen.
Trump und Genossen sind keine Faschisten - nein, sie sind etwas Neues und noch Schlimmeres.
Aber welche Diktaturen und totalitären Regimes waren berüchtigt für die Gleichschaltung der Kultur?
Oder anders gefragt: Ich schätze, Trumps Bande hat ihren Orwell gründlich gelesen.
Gleichschaltung der Medien. Der Kulturschaffenden. Sogar der Sprache und damit des Denkens. Über all das haben wir hier schon gesprochen.
Ja, das ist richtig. Vieles an MuskTrump ist kein Faschismus im tradiert-gewohnten Gewand. Aber die Konsequenz, mit der innerhalb weniger Wochen auf allen Ebenen Opposition in allen Ebenen, Einrichtungen und Ämtern attackiert und eliminiert wird, erinnert halt an…
Das Feindbild, das es unter Trump auszumerzen gilt, ist nicht wie in Deutschland 33ff der Jude, nicht der Untermensch oder der Kommunist. Nicht der Klassenfeind, der Bourgeois, der Trotzkist wie in der Sowjetunion 36ff.
Es ist nicht der Lehrer, der Intellektuelle, der Wissenschaftler, der Künstler wie im China der sog. Kulturrevolution 66ff.
Es ist nicht Emanuel Goldstein wie im Ozeanien 84ff.
Die Trump-Bande (nicht unbeabsichtigte Analogie zur Vierer-Bande Maos) benutzt (größtenteils) alte Feindbilder in neuen Sprachgewändern und betreibt die Restauration einer weiß-maskulinistischen, plutokratischen, patriarchalen Herrschaft der Anti-Aufklärung - unter dem christlichen Segen des evangelikalen Fundamentalismus‘.
Mir graust‘s im Angesicht dieses neuen Großen Vorsitzenden: quasi ein moderner Ausschuss für Unamerikanische Umtriebe.
Und unamerikanisch ist alles, was in den Augen MuskTrumps anders ist: Die Liste dessen, was es aus Trump-Amerika rauszuschmeißen gilt, ist lang. Für einen ersten Eindruck reicht die Liste der 250+ -Worte, die US-Beamte nicht mehr benutzen dürfen. Zur Gedächtnis-Auffrischung hier noch einmal der Link https://www.instagram.com/share/BBPlOxbVsN
250 Jahre Aufklärung werden negiert und schließlich ausgelöscht. Damit schließt sich der Kreis zu den historischen Vorbildern doch - die Ausrottung alles Andersartigen ist der Kern der Fremdenfeindlichkeit und des Rassismus.
Was ist, wenn wir erst dem Anfang der US-amerikanischen Kulturrevolution des Neuen Großen Vorsitzenden beiwohnen?
8 Wochen ist der Orangene im Amt.
Hat noch 200 weitere Wochen Zeit.
Jede Menge Zeit, um Amerika in die Zeit vor der Aufklärung zurückzustürzen. Jede Menge Zeit, um jede Menge historischer Räder zurückzudrehen. Und jede Menge Zeit, um kulturell, medial und moralisch Strukturen zu schaffen, die die neu gewonnene Macht in die Zukunft hinein zementieren.
Was, wenn das hier erst der Aufgalopp ist?
Was, wenn Trumps kultureller und politischer Kahlschlag in den kommenden 200 Wochen mit gleicher Geschwindigkeit und rücksichtsloser Radikalität fortgesetzt wird?
Mein historischer Optimismus (insgesamt entwickelt sich die Menschheit zum Besseren) bröckelt gewaltig.