Aber man könnte ja aus den Fehlern von damals lernen und viele Dinge anders aufbauen und organisieren.
Zivildienst muss außerdem nicht automatisch im Pflegebereich sein und wenn dann nur für unterstützende Tätigkeiten, die die hauptamtlichen Kräfte entlasten, so dass sie tatsächlich mehr Zeit zur Verfügung haben, die sie den Patienten widmen können.
Freunde von mir machten ihren Zivi in einem Kloster und haben da entweder den Hausmeister oder den Gärtner unterstützt. In unserem Tennisverein hat auch mal ein schon seit Jugendtagen sehr engagierter Spieler seinen Zivildienst absolviert und da im Bereich Instandhaltung der Plätze aber auch im Bereich Kinder- und Jugendtraining viel geleistet und nebenbei noch den C-Trainerschein gemacht, wovon wir als Verein noch heute profitieren. Es muss also nicht nur der Job im Altersheim sein, wo man ausgenutzt wird um Geld zu sparen.
Auch die Jobs, die Jugendliche, die beim Bundesfreiwilligendienst arbeiten oder ein freiwilliges ökologisches Jahr machen, klingen häufig sehr attraktiv.
Bzgl. der Bundesfreiwilligendienstes hab ich heute auf BR24 eine Reportage gehört, die die Wichtigkeit dieses Dienstes für künftige hauptamtliche Arbeitskräfte betont. Es ging um Ambulanz und Pflege. Es ist eben so, dass ein erheblicher Teil derjenigen, die sich dann dafür entscheiden, einen Job in diesen Bereichen zu ergreifen, erst durch ihr freiwilliges Jahr in diese Richtung gehen. Gerade bei den Rettungsdiensten hat man aktuell ziemlichen Bammel, weil es in Bayern ja heuer wegen der vor Jahren erfolgten Umstellung vom achtjährigen auf das neunjährige Gymnasium keinen regulären Abiturjahrgang geben wird und somit die Anzahl der Bewerbungen deutlich geringer ist. Man befürchtet, dass man Projekte, die man sonst noch machen konnte, weil man Freiwillige hatte, die die Belegschaft unterstützen, wahrscheinlich erst einmal hinten wird anstellen müssen. Außerdem befürchtet man, dass es dann auch im Jahr darauf deutlich weniger Berufsanfänger geben wird. Es ist nunmal so, dass in diesen Bereichen viele junge Menschen erst durchs Reinschnuppern auf den Job aufmerksam werden. Jemand der ohne freiwilliges soziales Jahr gleich ein Studium begonnen hätte, würde wahrscheinlich nicht mehr in diesen Bereich gehen.
Genauso war es auch bei der Bundeswehr, als es noch die Wehrpflicht gab. Das zu leugnen, halte ich für falsch. Ob es rechtfertigt, dafür quasi ganze Jahrgänge zwangszuverpflichten, ist natürlich trotzdem eine Sache, die es zu diskutieren gilt.
Ich wäre auch sehr offen dafür, dass man sich den Dienst aufteilen kann. Warum sollte man nicht das Modell anbieten, dass jemand dafür über mehrere Jahre hinweg ein paar Stunden pro Monat für eine Organisation arbeitet, die für das öffentliche Wohl eintritt. Das kann auch eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem Verein sein.
Ich arbeite auch schon seit Jahrzehnten im Ehrenamt und bin aktuell sogar Vorstand eines Vereins. Was wir immer häufiger feststellen ist die Tatsache, dass engagierte Mitglieder sich zurückziehen, weil sie es nicht für gerecht empfinden, dass sie den Verein am Laufen halten, während andere Mitglieder quasi nur die positiven Seiten des Vereins für sich abschöpfen wollen. Bei einem Tennisverein ist es eben nötig, die Plätze im Frühjahr wieder spielfähig zu machen und das passiert bei uns in Eigenregie. Manche sind sehr eifrig dabei und investieren Stunden ihrer Freizeit bei Arbeitseinsätzen. Andere haben dafür keine Zeit, können aber dann sobald die Plätze eröffnet sind, auf einmal jeden 2. Tag 2 Stunden Tennis spielen. So etwas sorgt für Ärger und das ist für mich auch ein Argument dafür, dass bestimmte Dinge auf freiwilliger Basis nur bedingt funktionieren.
Topmotivierte Menschen wird das nicht davon abhalten, sich ehrenamtlich zu engagieren bzw. ein freiwilliges Jahr zu absolvieren. Aber was ist mit denjenigen, die darauf absolut keine Lust haben. Ich finde nicht, dass man das so ohne weiteres als Gesellschaft tolerieren muss.
Da ich in einem Beruf arbeite, in dem meine „Kundschaft“ größtenteils ja auch nur da ist, weil es für sie verpflichtend ist (Schule), bin ich bzgl. der Idee, dass man Dinge nur aus intrinsischer Motivation machen sollte, mittlerweile so weit, dass ich das für unrealistisch halte. Es mag für einen Teil zutreffen, aber sicherlich nicht für eine Mehrheit und diese muss man eben manchmal auch zu ihrem Glück zwingen, worüber ein gar nicht mal kleiner Teil dann im Nachhinein übrigens sehr froh ist. Wie oft hört man in Gesprächen mit ehemaligen Schülern, dass es gut war, dass man sie immer wieder „genervt“ hat und sie nicht einfach das machen ließ, was sie in dem Zeitpunkt für sinnvoll gehalten hätten. Und so geht es mir persönlich auch mit einem verpflichtenden Dienst für die Gesellschaft. Dass dieser nicht einfach ein Zivi reloaded sein kann sondern ein Zivi 2.0 werden müsste, ist für mich unbestritten.