Der Politik- und Gesellschafts-Thread (Teil 3)

Die Frage „Wehrpflicht oder nicht“ ist für mich wirklich keine leichte Frage - ich versuche mich mal in einer Begründung, warum:

Ich habe 1989 nach der Schule (damals gab es noch die Wehrpflicht) den Kriegsdienst verweigert und Ersatzdienst bei der Johanniter-Unfallhilfe abgeleistet (das bedeutete damals, sich 10 Jahre zu verpflichten für einen Abend alle zwei Wochen). Völlig klar war für mich selbst: kein Wehrdienst. Ich will keine Waffe in der Hand tragen, ich will nicht töten. Andere aus meiner Jahrgangsstufe damals haben sich anders entschieden, sie sind „zum Bund“ gegangen und haben den Wehrdienst abgeleistet. Das Recht auf Wehrdienstverweigerung ist in unserem Grundgesetz verankert - niemand darf zum Dienst an der Waffe gezwungen werden, selbst im Verteidigungsfall nicht (dieser Artikel in unserem Grundgesetz ist gewissermaßen die Lehre aus zwei Weltkriegen, und Deutschland war übrigens das erste Land weltweit, welches diesem Paragraphen Verfassungsrang gegeben hat). Die Wehrdienstverweigerer leisteten dann alternativ Zivildienst oder Ersatzdienst (so wie ich). Obwohl ich es damals (natürlich, als 19-jähriger) als eine mehr als lästige Pflicht empfunden habe, diesen Ersatzdienst abzuleisten: ich habe sehr viel gelernt dort, auch als Mensch. Es gab und gibt (bei einer Wehrpflicht) eine freie Entscheidung: leiste ich Dienst an der Waffe oder nicht? Und da möchte ich @faenger zustimmen, der ja oben geschrieben hat

Ich möchte es vielleicht ein klein wenig umformulieren: „der Dienst am Land“ ist (wie von @faenger selbst ja schon bemerkt) vielleicht etwas zu pathetisch ausgedrückt, und einer Nation oder einem Land fühle ich mich auch nicht direkt verpflichtet. Aber eine Gesellschaft, die demokratische Werte schätzt und auch aktiv leben will (und solch eine Gesellschaft schätze ich sehr), benötigt definitiv auch die aktive Mitwirkung der Gesellschaft (die Frage ist andererseits natürlich berechtigt: brauche ich dazu wirklich eine Wehrpflicht?).

Ich kann aus eigener Erfahrung nur sagen: wenn man als 19-jähriger so wie ich damals mal mit der Fragestellung konfrontiert wird: Wehrdienst, Zivildienst oder Ersatzdienst und sich für eines entscheiden muss, dann ist das eine freie Entscheidung für eine der drei Alternativen. Geschadet hat mir mein Ersatzdienst sicher nicht, auch wenn ich das damals vielleicht manchmal anders gesehen habe :smirk:. Und ich verstehe auch jeden heute, der die Wehrpflicht als für sich problematisch ansieht.

Wie gesagt: keine leichte Frage…

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und auf der ganzen Welt. (wie du richtigerweise schreibst)
Wie viele Briten, die für den Brexit stimmten, haben wohl insgeheim von einer Wiederauferstehung des Empire geträumt, wenn man sich mal von den Fesseln der EU gelöst hat.
Quer über den Planeten träumen Menschen in aller Herren Länder von Expansion und Erweiterung des eigenen Machtbereiches auf Kosten anderer und entsprechend sind Politiker bzw. Diktatoren, die diese Gefühle bespielen, gern gesehen in Teilen ihrer Länder.
Und dabei ist es völlig egal, ob die Menschen in Ländern wohnen, die früher einmal deutlich mächtiger waren und zu diesem Zustand zurück wollen (siehe Russland) oder in Ländern, die es vielleicht noch gar nicht mal so lange gibt (siehe Ruanda). Und weil man nicht ausschließen kann, dass solche Menschen mit Großmachtfantasien in einem Land die Oberhand gewinnen, muss man immer bereit und fähig sein, eine Armee zu haben, die Angriffe abwehren kann, egal in welchem Teil der Welt man sich befindet.
Zu deinen Ausführungen gegenüber Russland sei noch eines gesagt:
Lieber gehasst als ignoriert bzw. als unbedeutend abgestempelt ist in Russland wohl in weiten Teilen common sense.
Angesichts eines Präsidenten Trump ist es eigentlich unvorstellbar, dass man den wohl überflüssigsten (weil folgenschwersten) Satz in Bezug auf Außenpolitik im 21. Jahrhundert ausgerechnet Obama zuschreiben muss. Die Verspottung Russland als Regionalmacht war beste Werbung für Putin und dürfte die Zustimmung für seine Expansionen im eigenen Land noch deutlich erhöht haben.
Schon bizarr: Obama bekommt quasi fürs Nichtstun den Friedensnobelpreis als Vorschusslorbeeren und sorgt dann im Verlauf seiner Präsidentschaft durch seine Aussagen dafür, dass ein Autokrat noch fester im Sattel sitzt.

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Immer schön, gleich so eine freundliche Ansage als ersten Post zu verfassen.

Dann bin ich auch gleich mal so freundlich und empfehle erst mal einen Benimmkurs.

Und zum Inhaltlichen:
Ich füge in meinen Satz zur Präzisierung ein hauptsächlich ein. Und ich bezog mich nicht auf den Ukraine-Krieg, sondern auf Kriege, in die ein Land wie Deutschland verwickelt werden könnte (oder bereits verwickelt ist, wie etwa im Cyber-Bereich), schließlich geht es hier um eine mögliche Wehrpflicht in Deutschland. Und glaub’s oder nicht, ich verstehe was von Sicherheitspolitik, weil ich es studiert habe und mich auf dem Laufenden halte.

Aber ansonsten habe ich wirklich keine Lust, mich mit Typen in eine Debatte einzulassen, die so einen Tonfall in den Raum tragen. Also beende ich das hier. Du kannst natürlich gerne weiter witzige und tragfähige Bemerkungen über Geburtsjahre machen, mein Lieber.

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Werter @pain : erst einmal herzlich Willkommen in der Kurve.

Wir schätzen hier kontroverse Diskussionen, die mit guten Argumenten unterlegt sind, sehr. Dein erster Beitrag beginnt sehr konfrontativ („also weißt du quasi nichts über Sicherheitspolitik“) und endet mit einer pauschalen Beleidigung („Aber klar, als Baujahr 69er ist man ja nun wirklich komplett raus, was das echte Leben angeht.“).

Vielleicht überdenkst du deinen Diskussionsstil hier zukünftig ein klein wenig? Gegensätzliche Positionen zu beziehen und sie argumentativ gut zu begründen, ist völlig in Ordnung. Aber bitte in einem anderen Stil. Danke dir!

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Olà @pain .

Das klingt wirklich, als ob Du ein Experte für Sicherheitspolitik bist….
Argumentativ darfst Du gern ein bisschen mehr liefern, um uns alten Säcken mal das real Life so richtich von Grund auf zu erklären.

Erst mal einen raushauen und kucken, wer zurückschlägt - das ist nicht der Stil von MSR. Aber gut, vielleicht fehlt mir altersbedingt dazu die rechte Lebenserfahrung.

Wo sich aber meine Nackenhaare aufstellen, ist deine Formulierung

Da erreichst Du eine Grenze. Von da ist’s nicht mehr weit bis zu „Homos an die Front oder ins Lager“! Pass gut auf, wes Geistes Kind Du bist, wenn Du lospöbelst.

Von mir aus darfst Du @pain deinen Stil gern mehr als nur ein bisschen überdenken.
Für Jokes über meinen Geburtstag bin ich immer zu haben - die haben allerdings nix im Politik-Thread verloren. Wir sind hier nicht auf X, wo jeder Troll freie Bahn hat!

War nur ne kleine Anmerkung aus dem Baujahr 68. Wie Du ja bereits weißt: Komplett raus, was das echte Leben angeht.

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Das ist schon ne üble Aussage. Dafür, dass justin so ehrlich ist und es frei heraus sagt.

89 Beiträge…sorry, ich hab dich hier noch nie gesehen. Also verzeih mir, dass ich mir von dir nicht erzählen lasse, welcher Stil auf MSR an den Tag gelegt wird.

In drei Tagen wohlgemerkt :face_with_peeking_eye:

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Ich würde mich nicht als reinen Pazifist bezeichnen. Ich bin für Aufrüstung, wie ich mehrfach geschrieben habe. Unter gewissen Umständen. Aber ich bin in dieser Sicht vermutlich Egoist. Wenn es darum ginge, mich in einen Krieg zu schicken, dann denke ich an mich, meine Engsten, mein Leben und dass ich nie wieder froh werden würde. Und daran, dass ich nicht das Gefühl hatte bisher, dass meine Zukunft in diesem Land etwas wert ist. Ich fühle mich deshalb nicht verpflichtet, solche Kämpfe auszutragen.

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Wie auch, ich bin erst drei Tage hier. Und Du erst eine Stunde. Kein Wunder, dass wir zwei uns noch nie über den Weg gelaufen sind…

Und ja: das verzeihe ich dir gern…

Dann übernehmen das die anderen Kollegen von der Alten-Säcke-Fraktion - die mit mehr MSR-Laufzeit :+1:

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Haifischgebiss - kaum wird ein Fascho gesperrt, rückt ein neuer Fascho nach.

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Wer wurde denn gesperrt? Hier verliert man den Überblick.

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Was ich geschrieben habe, war nicht als Vorwurf oder gar Angriff gemeint, ich hoffe, Du hast es nicht so aufgenommen. Ich habe Dich auch gar nicht als pazifistisch wahrgenommen. Zitiert habe ich wegen des Begriffs Nation, den ich für unterschiedlich lesbar halte. Ich denke auch, dass es keinesfalls eine Verpflichtung geben kann, als individueller Bürger in etwaige Kriege zu ziehen.
Ich wollte nur mein persönliches Mindset darstellen. Ich bin letztlich schon froh, in Deutschland leben zu können, und halte Situationen für möglich, in denen ich aus Überzeugung bereit sein könnte, Wehrdienst zu leisten. Aber das gilt explizit für mich und ist kein Werturteil über andere individuelle Zugänge.

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Alles gut. Keine negativen Gefühle gehabt.

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Definitiv.

Hilf mir eins zu verstehen: Die Ukraine MUSS gewinnen (hier hat übrigens immer noch keiner schlüssig erklärt wie dieser Sieg aussehen soll) zur Not mit dem letzten Mann. Aber bei einem Konflikt im eigenen Land würde man sofort das Weite suchen?!
Wie kann man einerseits von einem fremden Land von fremden Menschen mit denen man nichts zu tun hat das verlangen oder erwarten wenn man im gleichen Atemzug nicht bereit ist dies für das eigene Land zu tun in dem man geboren und aufgewachsen ist, in dem man zu dem wurde was man ist?!

Ich kann deine Meinung verstehen wenn es darum geht andere Länder anzugreifen (ich verstehe da z.B. keinen einzigen russischen Soldaten der dort „mitmacht“) aber im Falle der Verteidigung gegen einen Aggressor verstehe ich diese Haltung nicht.

[quote=„MiaSanFCB, post:2249, topic:6324“]
Wie kann man einerseits von einem fremden Land von fremden Menschen mit denen man nichts zu tun hat das verlangen oder erwarten wenn man im gleichen Atemzug nicht bereit ist dies für das eigene Land zu tun in dem man geboren und aufgewachsen ist, in dem man zu dem wurde was man ist?!
[/quote] (Hervorhebung von mir)

Das lässt sich recht leicht aufklären. Ich kenne niemanden, der das tut. Wir können andererseits auch nicht von der Ukraine verlangen, sich zu ergeben. Trump verfügt über die nötige Brutalität, es zu tun und Selenskyj sogar die Verantwortung für den Krieg zuzuschreiben. Für Putin, Bruder im Geiste, hat er mehr Verständnis. Diese Haltung können wir uns von einer deutschen Regierung nicht wünschen. Andererseits leben ukrainische Deserteure, auch durch Art. 4 GG geschützt, in Deutschland. Auslieferungsanträge seitens der Ukraine hätten keine Chance, werden aber auch nicht gestellt. Ihrerseits hat die Ukraine im eigenen Land rückkehrbereiten Deserteuren Straffreiheit zugesichert. Insgesamt eine komplizierte Gemengelage, zu der auch die halbherzige Unterstützung des Westens gehört. Mit Schwarz-Weiß-Argumenten kommt man hier nicht weiter.

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Kurz zum Thema Wehrdienst.

In der aktuellen Zeit in der Kriege vor allem durch hochtechnologische Waffen geführt werden braucht es doch meiner Ansicht auch hochprofessionelle, sprich Berufssoldaten.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Zivile die in einem Ernstfall einberufen werden, einen Krieg gewinnen können. Ich bin jetzt bestimmt kein Sicherheitsexperte, aber alles andere erscheint mir nicht logisch.

Noch dazu wird der Russe ja nicht einfach so vor der Tür stehen oder wie Udo Lindenberg mal besungen hat in 15 Minuten auf dem Kurfürstendamm stehen (die Sodaten brachten im Song aber dann Geschenke mit).

Der würde wahrscheinlich erstmal anderes NATO Gebiet angreifen oder über Luftangriffe. Das sind jetzt alles Szenarien die den Einsatz von Küchenbauern, Journalisten oder Mathematikern an der Front erstmal obsolet machen.

Wahrscheinlich brauchen wir auf Dauer ein größeres Heer. Aber ob die Lösung nun darin besteht Zivile an die Front zu zerren kann ich mir nicht vorstellen.

Wer zum Bund wollte, konnte das machen, gezwungen wurde meines Wissens nie jemand dazu. Ich denke, das ist doch ein guter Umgang mit dem Thema.

Darum verstehe ich diese Diskussionen nicht so ganz.

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Verweigerer hatten es aber teilweise schwer. Ich hatte einen in meiner Grundausbildung dessen Verweigerungsantrag war noch nicht abgeschlossen eingezogen wurde er aber. Der hatte halt wirklich die A-Karte in der Kompanie :man_shrugging:

Mal von der Bundswehr abgesehen brauchen wir aber eigtl auch Leute die Zivildienst leisten. Der Bundesfreiwilligendienst ist kein wirklicher Ersatz für den Zivildienst.
Also würde auch aus dem Gesichtspunkt eine Wehrpflicht Sinn machen wenn man dann den Zivildienst als Alternative wieder reaktiviert

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Auch hier gibt es verschiedene Sichtweisen, die ich allesamt verstehen kann. Ist mir mein Leben in meinem freien Heimatland wichtiger als möglicherweise ein Leben in einem anderen Land oder ein Leben unter einer fremden Besatzungsmacht?
Wer diese Frage für sich mit ja beantwortet, wird sich an die Front stellen in der Hoffnung sein bisheriges Leben nach dem Krieg wieder weiterführen zu können oder zumindest mit seinem Leben dazu beigetragen zu haben, dass der Krieg gewonnen wurde, immer auch verbunden mit dem Risiko, dass er/ sie den Krieg nicht überlebt.
Wem dieses Risiko zu groß ist, der kann entweder den Weg einer Flucht wählen oder den Gedanken akzeptieren, dass man in der alten Heimat unter fremden Herrschern weiterlebt. Man muss ja nicht immer davon ausgehen, dass die Besatzungsmacht sich so verhält, wie das z.B. die Nazis in Polen und der UdSSR machten oder ethnische Säuberungen plant, wie die Serben im Jugoslawienkrieg.
Ich denke, dass es auch in der Ukraine viele Menschen gibt, die lieber in einer freien Ukraine leben würden als unter einem russischen Diktator, die aber trotzdem ein Leben unter russischer Besatzung noch einem möglichen Tod an der Front vorziehen und sich deshalb nicht zum Kriegsdienst melden. Und die kann ich sehr gut verstehen.

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Ich denke, das ist sicherlich ein Thema über das man diskutieren kann. Vielleicht gar muss.
Erstmal sollte aber ein stringenter Plan her, wie denn eine moderne deutsche Bundeswehr auszusehen hat. Jetzt alte Pläne aus der Schublade zu kramen, wie man das nach der Scholz Bazooka gemacht hat wäre fatal. Ich glaube dieser Schritt muss zuerst gemacht werden. Wenn man sieht, dass es eine Wehrpflicht inkl. Zivildienst bräuchte, es gar ein wichtiger Baustein wäre, dann ist es Zeit für eine Diskussion. Aktuell finde ich es verfrüht.

Aus meiner Sicht ist auch klar und darüber sollte man der Bevölkerung möglichst schnell reinen Wein einschenken, dass sich Deutschland alleine nicht verteidigen kann. Es ist egal wieviel wir da jetzt investieren auch fraglich, ob das in den nächsten 20 oder 30 Jahren überhaupt ohne die USA funktionieren kann. Da wird uns wohl auch das „Atomschirmchen“ der Franzosen nicht helfen. Ich vermisse da bis jetzt ehrliche Diskussionen.

Dass jetzt Geld da ist für eine „Zeitenwende“ ist schön. Es löst die Probleme aber noch lange nicht.

Das ist nicht verwunderlich (auch wenn ich persönlich es blöd finde).

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