Der Politik- und Gesellschafts-Thread (Teil 2)

Wieso fragst du überhaupt, wenn du es anscheinend eh besser weißt?

Ich vermute mal frech, um dich über die Antworten zu amüsieren.

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Nein, ich weiß es nicht besser. Ich habe auch nur Vermutungen. Diese auszusprechen ist aber hier schwierig und würde zu nichts führen.

Lieber @Alex, ich würde Dir gerne die umgekehrte Frage stellen:
Wie viel Vertrauen hast Du denn?

Das, was Ralph da beschreibt, ist keineswegs abwegig. In dem Moment, wenn die AFD einen Ministerpräsidenten stellt, ist es die Wirklichkeit - oder besser, es ist ein geringer Auszug aus der Wirklichkeit. Kommunalpolitik sollte man nicht unterschätzen. Ich will jetzt hier keinen Vortrag über politische Systeme halten, aber die Einflussmöglichkeiten sind wesentlich größer, als so mancher denkt.
Insofern kann man das auch kaum als Pessimismus beschreiben, es ist vielmehr absolut realistisch. Meinst Du nicht auch?

Auch das ist keineswegs eine „katastrophische Vorstellung“, es beschreibt den Status Quo. Und dieser ist, dass wir in Zeiten von Fake News und Manipulation leben und es die Wahrheit immer schwerer hat, durchzudringen. Schlimmer noch:
Wir befinden uns abseits realer Kriege faktisch in einer hybriden Kriegssituation mit unseren systemischen Rivalen. Und sind dabei sicher nicht die Angreifer.
Weltweit sagen Experten aus Politik und Wissenschaft, dass die Demokratie (auf dem Erdball ohnehin eine Minderheit) vor der schwierigsten Lage ihrer Geschichte steht, zuletzt äußerte sich so der renommierte Historiker Heinrich August Winkler. Sind das alle nur Pessimisten?
Und was die „politische Intelligenz“ unserer Bevölkerung betrifft:
Ich weiß nicht, ob Du schonmal Jürgen Habermas „Theorie des kommunikativen Handelns“ gelesen hast. Mit Sicherheit der bedeutendste, einflussreichste lebende deutsche Philosoph. Es mag nicht jedem bewusst sein, aber unser gewissermaßen unsichtbarer Gesellschaftsvertrag basiert seit Jahrzehnten wesentlich auf seiner Vorstellung von Diskurs und Meinungsbildung. Die Kraft des besseren Arguments setzt sich letzten Endes mittels Sprechakten durch: so Habermas’ optimistischer Entwurf (stark verkürzt natürlich jetzt), den er wohl überzeugt vertrat und genial ausformulierte und herleitete.
Jetzt ist der Mann 94 Jahre alt, geistig noch topfit. Und was soll ich sagen: was zuletzt von ihm zu hören und lesen war, klang verdächtig nach: Sorry Leute, ich habe mich geirrt. Die Welt hat sich verändert, die Parameter verzerren die Abläufe, oder ich sag’s in meinen eigenen ordinären Worten:
Moderne Medien und Techniken versauen den Diskurs und hebeln seine geile Theorie aus.
Ich würde mich also nicht allzu sehr auf die „politische Intelligenz“ verlassen, denn diese ist ja schließlich nicht genetisch bedingt, sondern bildet sich im Idealfall erst aus: durch Information, Bildung, Kommunikation.


Ich möchte also @ralph zur Seite springen und die gesamte Fragestellung umkehren:
Wie schafft man es, so gelassen zu bleiben, wenn Trump bald das zweite Mal Präsident wird und dann unter anderem die weltweite Sicherheitsarchitektonik zerstören wird?
Wenn zum zweiten Mal binnen 80 Jahren Juden Angst haben, sich in Deutschland zu erkennen zu geben und mit dem Gedanken der Auswanderung spielen?
Wenn die Strategien der rechten Vordenker weltweit greifen, also alles ziemlich genau (sogar in dem Tempo) so voranschreitet, wie sie sich das vorstellen, heißen sie nun Steve Bannon oder Götz Kubitschek? (Was sie übrigens durchaus offen kommunizieren, man kann das alles nachlesen.)
Natürlich stirbt die Demokratie nicht binnen zwei, drei Jahren. Sie stirbt schleichend, aber spürbar.

Ich könnte übrigens diese Punkte noch um einiges erweitern. Ich will nur nicht als katastrophischer Denker wahrgenommen werden.

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Ich spreche jetzt mal nur für mich (alles andere wäre ja auch vollkommen absurd) : ich teile die politische (ich nenne es mal eher konservative) Einstellung von @wohlfarth, @Schoengeist75, @kurt oder dir vielleicht nicht - aber ich „ächte“ diese Einstellung nicht. Ich teile sie halt nur nicht. Und versuche, Gegenargumente zu bringen, die andere dann wieder nicht teilen, das ist in Ordnung - das ist Demokratie, denke ich. Eine Grenze gibt es für mich, wenn man sich jenseits der Verfassungsgrenze bewegt. Das ist manchmal ein sehr schmaler Grat, aber da bin ich persönlich zumindest der Meinung, dass das hier im Forum eher nicht passiert (das sehen andere vielleicht anders).

Nur als ein Beispiel aus einem anderen Thread: @wohlfarth schätze ich durchaus für seine Vorliebe von Iron Maiden :smirk:, auch @kurt hat im Musikthread interessante Beiträge geliefert - die sogar @folkfriend gut fand…

Wir sind nicht immer der gleichen Meinung, und das ist gut so. Das ist gelebte Demokratie, es wird gestritten, im Idealfall in der Sache. Es darf nur nicht über die Grenzen der Verfassung hinausgehen. Wie schon mehrfach erwähnt: „We have far more in common than which divides us“ (Jo Cox). Das bedeutet nicht: „Friede, Freude, Eierkuchen“, dafür ist Politik - denke ich - nicht geeignet.

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Bei den genannten gibt es aber auch Unterschiede. @Kurt bekennt sich ja klar zur AfD und würde ein Leben in Russland interessant finden. Da fehlt mir dann einfach die Zeit, näher auf ihn einzugehen. Obwohl er im Bereich Fußball oft gute Meinungen hat.

Das sehe ich bei den anderen nicht so. Da teile ich nicht alle Ansichten - einige übrigens schon - finde aber auch diese völlig ok im demokratischen Spektrum.

Man muss aber auch Widerspruch aushalten können.

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Diejenigen die immer gerne von Demokratie und den ach so wichtigen konservativen Kräften reden, sollten sich vielleicht mal Gedanken darüber machen wie das ganze 33 schonmal ganz hervorragend zu Ende ging.

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Beim Thema Dystopien ist mir aktuell wieder ein Gedanke in den Sinn gekommen.
Bei der Einschätzung der Jungwähler ist den demokratischen Parteien ja scheinbar eine ziemliche Fehleinschätzung bzgl. Stimmen für die AfD unterlaufen und die eine oder andere Partei hätte sich wohl selber höhere Zustimmungswerte aus dieser Wählergruppe erhofft.
Beim Blick in die Zukunft blicke ich mit Skepsis darauf, was passieren wird, wenn mehr und mehr Muslime in den nächsten Jahren wahlberechtigt werden. Die Anzahl wird aufgrund höherer Geburtenraten und zu erwartender höherer Einbürgerungsquoten zunehmen, sowohl von den absoluten Zahlen her als auch vom prozentualen Anteil an den Wahlberechtigten. Es ist mMn anzunehmen, dass sich dann auch Parteien etablieren werden, die konservative islamische Werte stark in ihrem Programm betonen. Wie viel Zulauf solche Parteien erreichen könnten, ist schwer abzuschätzen, aber ich denke, jeder Politiker der Union, der damit rechnet, dass eher konservative Muslime im Zweifelsfall der Union das Vertrauen schenken anstatt eine islamische Partei zu wählen, sollte als leichtgläubig betrachtet werden. Auch bei den etwas progressiveren Moslems (die aktuell aber mMn immer weniger werden in Deutschland) könnte ich mir vorstellen, dass sie - entgegen der Hoffnung von Politkern der Grünen oder der SPD - nicht unbedingt rot oder grün wählen, sondern sich in einem tendenziell immer aggressiver werdenden Klima eher ihren „Glaubensbrüdern“ zuwenden.
Somit könnte sich der Anteil der Stimmen für Union, SPD und Grünen sogar noch weiter verringern und der von AfD und islamischen Parteien eher wachsen.
Und jetzt kommt meine große Angst: das was der französische Autor Michel Houellebecq schon vor Jahren in seinem Buch Unterwerfung skizziert hat, könnte auch hierzulande Wahrheit werden: Es gibt irgendwann eine eigentlich unmöglich erscheinende Allianz von AfD und einer konservativen islamischen Partei an der vorbei keine Koalition aus demokratischen Parteien mehr möglich ist. Hätte 1939 jemand gedacht, dass Hitler so pragmatisch wäre, mit Stalin einen Nichtangriffspakt einzugehen?
Bei den Überschneidungen von AfD und konservativen Moslems lässt sich so einiges finden und das ist vor allem die Abneigung gegenüber vielen Themen, die rot-grün besonders am Herzen liegen. Und auch das Thema Migration wird von einigen Muslimen, die schon länger in Deutschland leben, durchaus kritisch gesehen. Viele Moslems sind seit 2014 durchaus skeptisch gegenüber den Hunderttausenden von Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan und Nordafrika eingestellt, weil sie befürchten, dass sich der schlechte Ruf, den manche dieser Flüchtlinge in einigen Bevölkerungsgruppen haben, auch auf sie negativ zurückfällt. Außerdem haben sie Angst davor, dass sich durch die enorm gestiegenen Kosten für Flüchtlinge ihre eigene finanzielle Lage verschlechtern könnte. Schon vor Jahren gab es Berichte darüber, dass im mittlerweile stark islamisch geprägten Duisburg-Marxloh die AfD im NRW-Vergleich relativ stark abgeschnitten hat, weil auch einige Muslime mit deutscher Staatsbürgerschaft diese Partei gewählt haben.
Wenn sich eine nennenswerte Zahl, der immer größer werdenden muslimischen Gemeinde in Deutschland einer eher der Türkei oder arabischen Staaten zugewandten islamischen Partei, die gerade mal so noch demokratischen Grundsätzen genügt, zuwendet und die AfD noch zulegt, hätten wir wie in der Weimarer Republik eine doppelte Bedrohung der Demokratie. Damals waren es NSDAP und KPD, die eine demokratische Regierungsbildung verhinderten. Irgendwann könnten es AfD und konservative Moslems sein, denen das auch gelingt. Eines hat uns die Geschichte nämlich auch gelernt: Um an die Macht zu kommen, ist radikalen, antidemokratischen Elementen jedes Mittel recht.
Ist das ein unrealistisches Schreckensszenario? Ich finde nicht.
Es bereitet mir ehrlich gesagt auf lange Sicht sogar mehr Sorgen als 4 weitere Jahre Trump oder eine mögliche Niederlage der Ukraine gegen Russland inklusive Gebietsabtretungen.

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Dir ist schon bekannt, wie Hitler an die Macht kam?
Er wurde vom antidemokratischen Reichspräsidenten Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Dieser wurde 1925 nur deshalb Reichspräsident, weil sich KPD und andere linke Parteien weigerten, im 2. Wahlgang den demokratischen, aber konservativen Kandidaten Marx zu wählen und auf ihrem Kandidaten Thälmann beharrten, der dann ca. 6% der Stimmen holte. Hindenburg gewann übrigens mit einem Punkt Vorsprung vor Marx. SPD, Zentrum und DDP hatten sich auf Marx geeinigt und die SPD hat dabei sogar akzeptiert, dass ihr Kandidat Braun, der im 1. Wahlgang mehr Stimmen holte als Marx auf eine Kandidatur im 2. Wahlgang verzichtet.
Das war der wirkliche Anfang vom Ende. Und somit könnte man genauso gut sagen, dass es die Linken in der Weimarer Republik schon mal ganz hervorragend hingekriegt haben, antidemokratische Politiker in Führungsämtern zu verhindern.
Alles eine Frage der Perspektive, oder?

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Hitler und den Nazis wurde nicht von der KPD, sondern vom Großkapital und den bürgerlichen Parteien an die Macht geholfen.
Der Düsseldorfer Industrieclub hofierte ihn.

Und dem Ermächtigungsgesetz stimmten die bürgerlich-‚demokratischen‘ Parteien zu (die SPD stimmte mit Nein, die Kommunisten waren schon in die Illegalität gedrängt worden).

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Aber hätte auch ein demokratischer Reichspräsident diesen Schritt vollzogen?
Das wird immer eine offene Frage bleiben.

Kannst du mir bitte nochmal genau erläutern, inwiefern sich deine Dystopie von der „Great Replacement“-Verschwörung unterscheidet?

Es gab auch ein Geheimtreffen Hitlers mit den Chefs der wichtigsten Industrieunternehmen im Februar 1933. Davon sowie den Vorbereitungen für den „Anschluss“ Österreichs 1938 handelt dieses ungeachtet des ernsten Themas höchst unterhaltsame Buch.

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Wo genau beziehe ich mich auf eine Verschwörung von irgendwelchen angeblichen Eliten, die das Ziel haben, die weiße Bevölkerung zu einer Minderheit zu machen und diese irgendwann sogar auszulöschen?
Dass die Anzahl der Muslime bei uns ansteigt ist keine Verschwörung. Dass Menschen, die längere Zeit in Deutschland leben, die Chance auf eine deutsche Staatsbürgerschaft haben, ist ebenfalls ein Fakt und durch demokratische Gesetze geregelt. Dass viele muslimische Türken, die in Deutschland leben, bei Wahlen für den strenggläubigen Autokraten Erdogan stimmen, haben wir ebenfalls immer wieder erlebt und uns teilweise verwundert die Augen gerieben.
Die Schlussfolgerung, die ich deswegen angestellt habe, erscheint mir deswegen nicht so unwahrscheinlich. Ich denke schon, dass wir in absehbarer Zeit eine muslimische Partei haben könnten, die in Sachen Zusammensetzung der Wählerschaft der Zentrumspartei aus dem Kaiserreich und der Weimarer Republik ähnelt. Diese Partei hatte als einendes Band den katholischen Glauben und vielen Katholiken aller gesellschaftlichen Schichten war dieses Alleinstellungsmerkmal entscheidend für ihre Stimmabgabe auch wenn sie politisch gesehen vielleicht sogar eher der SPD oder einer liberalen oder auch einer nationalen Partei zugewandt gewesen wären.
Gelingt es einer solchen Partei, die Stimmen möglichst vieler Muslime in Deutschland zu holen und irgendwann vielleicht eine Zustimmung von mehr als 10% zu erlangen, hat man schon wieder ein Partei mehr, mit der man nicht unbedingt einen Wunsch-Koalitionspartner mehr im Parlament sitzen hat. Sollte die AfD ebenfalls noch mehr Zuwachs bekommen, hat man tatsächlich - ganz schwarz gemalt - vielleicht mal die Konstellation, dass beide Parteien zusammen eine Koalition bilden könnten.
Und sollte dieser Fall eintreten, dann würde ich eine solche Allianz nicht in den Bereich der Fabel verweisen.
Im Übrigen sollte dir gerade anhand dieser letzten Hypothese auffallen, wie weit die Idee vom Great Replacement entfernt ist, denn kaum ein Anhänger dieser Theorie, die ja aus dem rechtsextremen Spektrum stammt, würde wohl zustimmen, dass rechtsextreme Parteien und muslimische Parteien mal gemeinsame Sache machen könnten. Sie sehen sich ja schließlich als letzte Bastion gegen die Muslime und diese als Feinde und nicht als mögliche Partner, um an die Macht zu kommen.
Ich hoffe, ich konnte dir die Unterschiede klar machen.

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@jep und @mitschnacker:
Mir ist schon auch bewusst, dass bei Hitlers Aufstieg und Ernennung zum Reichskanzler rein auf die Jahre von 1930 bis 1933 bezogen konservative Kreise eine wichtige Rolle spielten.
Man sollte aber schon auch differenzieren und feststellen, dass konservative Kreise damals und heute sich deutlich unterschieden. Konservativ hieß damals sehr häufig, dass man gegen die Republik war und entweder die Monarchie zurückwollte oder einen starken Anführer an der Spitze, der ohne Parlament regieren kann. Solche Positionen würde ich keinem Vertreter heutiger konservativer Parteien andichten wollen.
Es war natürlich nicht die KPD, die Hitler an die Macht brachte, aber die Entscheidung der KPD, sich 1925 nicht auf die Seite der demokratischen Parteien zu stellen, sondern auf dem eigenen Kandidaten zu beharren, war eben ein weiterer Sargnagel für die Weimarer Republik, weil dadurch ein erklärter Feind der Republik das wichtigste Amt der Weimarer Republik erlangen konnte. Nicht umsonst trug der Reichspräsident den Beinamen „Ersatzkaiser“. Nur durch einen antidemokratischen Reichspräsidenten war es möglich, jahrelang am Parlament vorbei zu regieren und dieses quasi als überflüssig erscheinen zu lassen.
Der zweite gravierende Fehler der 1920er Jahre liegt natürlich daran, dass Hitler als Initiator eines Putsches nicht härter bestraft wurde. Die Rechtsprechung hätte es hergegeben, dass er zur Zeit der Weltwirtschaftskrise, die ja seinen Aufstieg erst möglich macht, noch lange Zeit im Gefängnis gewesen wäre.
Das Thema ist wahrlich zu komplex, als dass man hier klar nur einer Seite die Verantwortung zuschieben könnte, wie das aber weiter oben geschehen ist. Deshalb sah ich mich genötigt, auch mal die Rolle der extremen Linken einzubringen.

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Eine recht eigenwillige Interpretation des Forumgeschehens.

Diese Frage ist ja durchaus berechtigt:

Antwort:

Da ist er also: unausgesprochen, aber doch unüberseh- oder hörbar, der Vorwurf der Ächtung. Ein Meisterwerk der Infamie: die Gegner sich um Erklärungen bemühen lassen, selbst nichts beitragen außer den Daumen zu senken - und am Ende sich wieder mal als Opfer gerieren, das ja eh kein Gehör finde (o.ä.).

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Wunderbar auf den Punkt gebracht. Danke. Deswegen blieb am Ende dann auch nichts anderes übrig, als zumindest die Mitläufer ohne eigenen Argumentationswillen auf die Igno zu packen, da es ihnen überhaupt nicht um geistigen Inhalt, sondern lediglich um regelmäßige Stänkerei und Provokation geht.

Es gibt hier User mit extremen Positionen, die aber zumindest eigene Argumentationsketten aufmachen. Deren Positionen sind zwar oft unerträglich und hart an der Grenze, aber innerhalb eines hinzunehmenden Spektrums mit einer Daseinsberechtigung ausgestattet. Das sollte man sich im Sinn einer Diskussion auch anhören, da es schädlicher wäre, dem total auszuweichen und nicht klar Position zu beziehen.

Das ganze Gekläffe von einigen Usern außenrum, die immer nur bei bestimmten Triggern nervige und geistlose Stänker-Einzeiler raushauen, also sozusagen nicht mehr sind, als inhaltslose verbale Schlägertrupps, ist absolut verzichtbar und muss man nicht lesen.

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Die Verschwörung hat ja mehr Facetten: Wiki beschreibt den ideologischen Kontext so:

Der „Große Austausch“ ist Kern der neurechten Ideologie und eng mit deren Konzept des Ethnopluralismus verbunden: Mit dem Anspruch, die Vielfalt und Eigenart verschiedener Kulturen zu bewahren, wird deren „Vermischung“ durch den Multikulturalismus abgelehnt. Dabei ersetzt der Begriff Kultur den der Rasse, wird aber wie im biologistischen Rassismus als ethnisch homogenes, in sich stabiles völkisches Kollektiv verstanden, dem sich das Individuum und die Menschenrechte unterzuordnen hätten. Die Kulturen sollen demnach zwar gleichgestellt sein, doch die Gleichstellung von als fremd wahrgenommenen Menschen innerhalb der eigenen Kultur wird abgelehnt. Folglich wird der durch Zuwanderung mitbeeinflusste demografische Wandel negativ als „großer Austausch“ der einheimischen durch angeblich fremde Kulturen aufgefasst.

Und da sehe ich dann schon große Übereinstimmungen zu deinem Szenario.

Deine Schlussfolgerung beinhalten:

  • eine überzogene Anzahl von Muslimen (aktuell unter 7% der Bevölkerung)
  • die Darstellung von Muslimen als homogene Wählergruppe, die geschlossen eine Parte wählen würde
  • die freie Spekulation, dass Menschen, die bisher keinen deutschen Pass haben und diesen bald bekommen können, ihr bisheriges Wahlverhalten (ich wähle Erdogans Ableger) beibehalten.

Ich kann natürlich nachvollziehen, dass ein Konservativer dies kritisch sieht.

Aber ich schätze die positiven Effekte der Integration deutlich größer ein, als die negativen. Aktuell bestimmen Türken in Deutschland die Wahl Erdogans, die keine Möglichkeit haben, die politische Entwicklung in ihrem Umfeld zu beeinflussen. Sie zahlen Steuern, haben aber keine politische Teilhabe. Ich würde sogar soweit gehen, dass Muslime und Menschen mit Migrationshintergrund deutlich unterrepräsentiert sind in der deutschen Politik und im öffentlichen Dienst.
Ich kann mich doch nicht als Kartoffel-Deutscher (nicht als Beleidigung gemeint) hinstellen und sagen: „Hey Ihr! Integriert euch mal gefälligst mal!“ und gleichzeitig keine Angebote, keine Teilhabe, keine Chancen bieten.

Deine Vision zeigt aus meiner Sicht keinerlei Möglichkeit auf, Migration erfolgreich zu gestalten, sondern das Gegenteil. Und wenn man daran glaubt, dass Migration keine positiven Effekte hat, kann man sein Kreuz nur Rechtsaußen setzen.

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Lieber @cheffe, ich freue mich über Deine Antwort, vielen Dank. Deine Antwort ist eine Tour d’Horizon durch einen ganzen Strauß von Themen, die ich einmal versuchen möchte, auf das Ausgangsproblem zurückzuführen:

Ich habe so viel Vertrauen in die Stärke der politischen und gesellschaftlichen Institutionen unseres Landes und in die strukturelle Bedingtheit politischen Handelns, dass ich nicht in den „Untergang des Abendlandes“ glaube, wenn die AfD in einem Landesparlament die Mehrheit und in der dazugehörigen Landesregierung den Ministerpräsidenten stellt. Für die kommunale Ebene, weil Du sie ansprichst, gilt dies erst recht. Die AfD sitzt bereits in Dutzenden, wenn nicht Hunderten Kommunalparlamenten Deutschlands und stellt inzwischen die ersten Landräte und Bürgermeister. Aus der Tatsache, dass unser politisches System bisher trotzdem noch nicht zusammengebrochen ist, leite ich ab, dass entweder das Destruktionspotential der kommunalen Ebene für die Stabilität des politischen Systems Deutschlands als Ganzes relativ unbedeutend ist oder dass unser politisches System insgesamt relativ widerstandsfähig („resilient“) ist oder, der Vollständigkeit halber, dass eine AfD in
Positionen politischer Macht schlussendlich doch nicht so schlimm ist. Auf Landesebene ist dieser Test bisher noch nicht erfolgt, aber in Ermangelung von Empirie oder notwendiger Urteile a priori zu der Frage, welche Konsequenzen eine AfD-Regierung auf Landesebene für den Fortbestand unseres politischen Systems, das heißt unserer Demokratie und unseres Rechtsstaats hätte, entscheide ich mich für den Optimismus! Crux stat dum volvitur orbis.

Für diese Argumentation habe ich ja bereits vorausgesetzt, dass die AfD irgendwann einmal in einem Land an der Regierung ist. Wie ich gestern bereits sagte, sehe ich dafür keine Notwendigkeit. Weder sehe ich die geschichtliche Notwendigkeit einer immer stärker werdenden AfD, noch halte ich die Nachfragekurve der Wahlbevölkerung in Deutschland im Aggregat für so geformt, dass die AfD in ihrer gegenwärtigen Form mit Ausnahme vielleicht einiger Taschen im Osten Deutschlands aus eigener Überzeugungskraft 30 Prozent oder mehr bei einer landesweiten oder gar bundesweiten Wahl erreichen kann. Ich sehe es einfach nicht. Die AfD hat meiner Überzeugung nach weder inhaltlich noch personell noch stilistisch ein Politikangebot, was positiv verstanden mehr als 30 Prozent der Wähler erreichen kann (und das ist schon hoch gegriffen).

Damit haben die etablierten Parteien es selbst in der Hand, wie stark die AfD werden kann.

Der katastrophische Gedanke war: hohes Wahlergebnis für die AfD → globaler Untergang der Demokratie. Du hast meine Formulierung aus ihrem Kontext gerissen.

Das Thema war die Bedrohung des politischen Systems Deutschlands (und gar der Welt) durch die AfD, nicht die Bedrohung durch Kriege, hybride oder andere.

Das ist interessant. Du setzt für die Möglichkeit des Vorhandenseins politischer Intelligenz in der Bevölkerung die Gültigkeit der Theorie des Kommunikativen Handelns voraus (aber das folgt nicht, Du setzt das einfach so) und leitest dann in einem zweiten Schritt aus dem behaupteten Scheitern dieser Theorie ab, dass es in der Bevölkerung keine ausgeprägte politische Intelligenz geben kann - was aber nur folgen kann, weil Du im ersten Schritt bereits (willkürlich) die Gültigkeit der Theorie als notwendige Bedingung dafür vorausgesetzt hast.

Die Theorie das Kommunikativen Handelns, so erhaben sie als intellektuelles Monument ist, ist hinsichtlich ihrer Konzeptionalisierung des politischen Diskurses als totalen gesellschaftlichen, kommunikativen Verständnisprozess aller Gesellschaftsmitglieder sicherlich als utopisches Ideal und keinesfalls als realistische Beschreibung einzuschätzen. Dass alle Teilnehmer an einem gesellschaftlichen Diskurs gleichberechtigt, auf Basis gemeinsam geteilter Werte durch den Austausch richtiger und aufrichtiger Argumente das Ziel einer gemeinsam geteilten Wahrheit anstreben, war glaube ich auch schon vor den Zeiten der AfD und des Rechtsextremismus keine richtige Beschreibung der Wirklichkeit. Und wenn sie keine richtige Beschreibung der Wirklichkeit ist, dann folgt aus ihrer Unrichtigkeit auch nichts - oder alles (ex falso quodlibet).

Ich dachte, Du wolltest nicht als katastrophischer Denker wahrgenommen werden.

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Falls sie eine doppelte Staatsbürgerschaft haben, dürfen sie meines Wissens in beiden Ländern wählen. Und wer Erdogan wählt, wird möglicherweise - falls es eine muslimische Partei in Deutschland geben würde - diese Partei auch wählen. Dass das nicht für alle Muslime in Deutschland gilt, ist mir auch klar.
Dass man aber in einigen Migrantenfamilien, die bereits in der dritten Generation in Deutschland leben, durchaus Tendenzen erkennen kann, dass sie ihre eigene Kultur und Religion sogar konservativer interpretieren als ihre Eltern oder Großeltern, ist kein Mythos. Es ist auch kein Mythos, dass nicht gerade wenige streng konservative Muslime unter den Flüchtlingen sind, die entsprechend auch ihr Kreuz eher bei einer konservativen muslimischen Partei machen würden als bei der SPD oder den Grünen.
Wenn du der Meinung bist, dass sich das durch gelungene Integration in großem Maße beeinflussen lässt, sind meine Befürchtungen unbegründet.
Ich würde mir wünschen, dass dies eintritt, bin aber eher skeptisch. Die Realität in meiner Kreisstadt sieht so aus, dass sich innerhalb der syrischen Gemeinde diejenigen Familien durchgesetzt haben, die aus dem ländlichen und streng religiösen Teil des Landes stammen. Das führt dazu, dass eher säkulare und gut ausgebildete Muslime, die aus Städten wie Damaskus oder Aleppo stammen, sich entweder anpassen oder so schnell wie möglich versuchen, in einen anderen Kreis zu kommen. Die haben verständlicherweise keine Lust darauf, dass ihnen von einem Oberhaupt vorgeschrieben wird, dass ihr Kind gefälligst in der Schule verschleiert sein soll oder den Kontakt mit Jungen zu vermeiden hat.

Ich rede bewusst von einer Dystopie, also einer möglichen Gefahr für die Zukunft, einer nicht wünschenswerten Gesellschaftsordnung und nicht davon, dass ich mir wünsche, dass es so kommt.
Und ich rede auch nicht von einer Entwicklung, die ich bei der nächsten Bundestagswahl 2025 erwarte, sondern in möglicherweise 15-20 Jahren. Bis dahin wird die Zahl der potentiellen Wählern einer muslimischen Partei wahrscheinlich etwas höher sein, wenn ich mir die Geburtenrate bei Muslimen im Vergleich zu Nichtmuslimen anschaue und die hohe Anzahl an Rentnern und entsprechend Todesfällen der nächsten Jahrzehnte gegenrechne.
Wie gesagt: dieser Fakt an sich ist für mich kein Problem. Ich sehe nur die Gefahr, dass daraus ein Problem entstehen könnte.
Unterschiedliche Kulturen sind für mich kein Problem und sogar eine Bereicherung.
Ich habe auch kein Problem mit unterschiedlichen Wertvorstellungen, bin aber massiv intolerant gegenüber allen, die bestimmte Werte nicht anerkennen und die finde ich aktuell im rechtsextremen Spektrum, aber eben auch bei einigen Muslimen und deshalb bereitet mir der Gedanke, dass diese beiden Gruppen aufgrund ihrer gemeinsamen Nenner den Weg zueinander finden könnten.
Wo ist denn in Deutschland die Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter, noch teilweise in Stein gemeißelt?
Wo ist die Abneigung gegenüber Transgender, Homosexualität etc. am größten?
Wo findet man am meisten Menschen, die andere aufgrund ihrer Herkunft pauschal ablehnen und als unwürdigen Umgang z.B. für das eigene Kind erachten?
Wo findet man die meisten Antisemiten?
Die Antwort kann eigentlich nur lauten: SOWOHL bei der Kernwählerschaft der AfD ALS AUCH bei konservativen Muslimen.
Und ich habe meine Bedenken, dass sich diese Einstellungen weder bei der einen noch bei der anderen Gruppe so schnell ändern werden. Dystopie eben.

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Das hab ich allerdings nicht geschrieben/gemeint. Es ging schon um einen größeren Trend, in vielen Ländern.