Und diese Haltung spricht ja für Dich. Ich kenne dieses Problem aus meinem Berufsleben. Ich war ja Verkaufsleiter, und immer zum Ende eines Monats wurde es eng. Der sog. Produktionsschluss führte dazu, dass vermehrt Vertragsabschlüsse von den Vertretern eingereicht wurden, die von der Verwaltung noch verarbeitet werden mussten. Selbstverständlich unterstützte ich das nach Kräften, denn davon hing ab, wann die Provisionen ausgezahlt wurden. Mehr als einmal hieß es dann: „Was soll der ganze Stress? Die sind einfach faul, und am 25. d.M. fällt ihnen plötzlich ein, dass sie noch was verdienen müssen.“ In den meisten Fällen lagen die Dinge völlig anders, aber ich war - schon qua Funktion - auch jemand, der manchmal „zu viel Verständnis“ hatte.
Dennoch gibt es auch dieses Phänomen natürlich. Als nach NineEleven aus allen Richtungen nach Gründen für die Motivation der Täter gesucht wurde, hielten andere diese Erwägungen für Rationalisierungen, die weniger erklärten als verschleierten. Jan Philipp Reemtsma etwa, Begründer des Hamburger Instituts für Sozialforschung, hielt diese mehr oder weniger verständnisvolle Suche nach Hintergründen wie die Kolonialgeschichte oder auch ein aktuelles Gefühl des Abgehängtseins für nebensächlich und auch falsch. Für ihn war der zentrale Aspekt ein Nihilismus, der nicht durch irgendwelche Arten von Unterprivilegierung verursacht wird - eine Sichtweise, die mich an „Die Dämonen“ von Dostojewski denken ließ, wo eine kleine Gruppe von „Oppositionellen“, irregeleitet von einem skrupellosen Demagogen, völlig sinnlose Morde plant und z.T. auch ausführt.
Und damit zur AfD: es mag 1000 Gründe geben, warum jemand von den „Ideen“ dieser Partei angefixt ist. Interessant, aber auch beunruhigend finde ich, dass ähnliche Richtungen all around the world auf dem Vormarsch sind. Da gibt es aber keine Ampelregierung, kein Heizungsgesetz, keine Kindergrundsicherung u.ä. Und auch keineswegs überall eine hohe Zahl von Migranten. Deshalb vermute ich, dass derartige Begründungen womöglich zu kurz greifen, weil sie Rationalisierungen für eine irrationale Angst vor sozialem Abstieg sind, befeuert von Demagogen, die z.T. selbst von der zugrundeliegenden ökonomischen Entwicklung profitieren (Trump) und ihrer Gefolgschaft einreden, ein Zuwachs an national(istisch)em Selbstwertgefühl könne ihre Probleme lösen. Dabei wird ein gerade für ihre Wählerschaft existenzbedrohendes wirtschaftliches Desaster sehenden Auges in Kauf genommen (siehe die neulich von mir vorgestellte Studie zu den katastrophalen Auswirkungen eines Dexit).
Angesichts dessen, dass ich ihn zuletzt wirklich ernsthaft gelesen habe bei seinem Traum von einer besseren Welt, in der die faule Jugend zum Arbeiten fürs Volk gezwungen wird, muss ich sagen: Das war jetzt wirklich witzig. Argumente und moderater Tonfall. Klar.
Zuletzt? Das war vor 1 1/2 Jahren. Dazu zwei Dinge:
Diese Debatte, die übrigens nicht von ihm angestoßen wurde, ist in der Tat aus dem Ruder gelaufen. Alles andere als ein Glanzstück, da stimme ich Dir zu.
Seitdem habe ich aber auch ganz anderes, durchaus Nachvollziehbares und Gutinformiertes von ihm gelesen, insbesondere im Israel-/Palästina-Thread.
@anon2519908 Übrigens habe ich ähnliche Diskussionen hier auch schon seitenverkehrt geführt, in denen man sich über Dich und Deinen manchmal schon sehr speziellen Stil beschwerte und ich aber auch andere, positive Erfahrungen mit Dir anführte. Zum Beispiel unseren ausführlichen, in der Sache kontroversen, im Umgang miteinander aber wertschätzenden Dialog nach dem Pokalfinale 2022, RBL vs. SCF, das auch in der Nachbereitung hier viel Konfliktstoff barg.
Vielleicht sollten wir alle etwas nachsichtiger miteinander, auch mit offensichtlichen Schwächen sein. Kontrahenten in der Debatte sind in aller Regel keine Feinde, sondern allenfalls Gegner - und bei anderen Themen plötzlich Kombattanten. Da ist es dann hilfreich, wenn das Tischtuch nicht schon komplett zerschnitten ist.
Hierzu zwei Dinge.
Wenn ralph behauptet, dass er sich zuletzt im Thread „I have a dream“ mit meinen Posts beschäftigt hat, ist das entweder dreist gelogen oder er hat ein schlechtes Gedächtnis.
Ich habe gestern mal wieder im alten Politik-Thread nachgelesen und bei Post 2364 einen mMn ganz interessanten Dialog gefunden zwischen ihm und mir gefunden, der mMn mal wieder nur so vor Arroganz von einer Seite strotzt. Das war im Übrigen im Oktober 2023 also deutlich später als in dem von ralph kolportierten Zeitraum.
Noch einmal zurück zum angesprochenen „I have a dream“ Thread, der ja immer noch offensteht. Hier wurde im Dezember 2022 als erstes Thema die Idee eines sozialen Pflichtjahres diskutiert. Man kann freilich dagegen sein, aber man wird sowohl in der Bevölkerung als auch unter den Politikern über alle Alters- und Parteigrenzen hinweg auch genügend Befürworter finden, die so einer Idee positiv gegenüberstehen. Ich finde, dass die ersten Tage in diesem Thread auch kontrovers aber in angemessenem Rahmen diskutiert wurde, bevor dann ein Elefant im Porzellanladen anfing, allen Befürwortern das Wort im Mund umzudrehen und die Idee mit Begriffen wie „Zwangsarbeit“ ins Lächerliche zog. Es war im Übrigen nicht das erste Mal, dass es in einem Thread zu einer Eskalation kam, wenn besagter User uns mit seiner Meinung beehrte.
Übrigens ist es mMn einfach nur ein Zeichen von einem schlechten Charakter und schäbigstes Diskussionsverhalten, mir Wörter wie
in den Mund zu legen, denn das habe ich nie so gesagt auch wenn ich die Idee eines sozialen Pflichtjahres nach wie vor gut finde.
Der Witz des Tages ist für mich ohnehin, wenn ralph plötzlich so tut als wie wenn er auf Argumente und einen moderaten Tonfall wert legen würde.
Ich will mich jetzt nicht erneut in die Lektüre der damaligen länglichen Debatte vertiefen, kann mich aber gut entsinnen, dass da u.a. auch Ideen zur Durchsetzung des Pflichtjahrs diskutiert wurden, die mich in ihrem autoritären Charakter an meinen zehnjährigen Kampf zunächst um Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer, dann um die Vermeidung von Zumutungen seitens des Bundesamts für Zivildienst und der in dessen Auftrag vor Ort tätigen, sich hart am Rande der Strafbarkeit bewegenden Arbeitgeber erinnerten. Vielleicht war das ja alles nicht so böse gemeint, aber wer das mitgemacht hat in Zeiten, deren Klima die meisten hier nicht persönlich erlebten, kann verstehen, wenn jemand dicke Haare in einer Suppe entdeckt, die andere für schmackhaft zubereitet halten („I have a dream“).
Das obige von @anon2519908 angeführte Zitat von Kurt mit dem Like von wohlfarth aus dem Herbst 2021 richtete sich damals auch an meine Adresse. Das würde Kurt sich heute mir gegenüber nicht mehr herausnehmen, und auch wohlfarth würde sich zügeln („du bist Mod und kannst machen, was du willst“). Eben. Das Imperium schlägt beinhart zurück.
Wenn ich mich recht entsinne, kam es zum dramatic turn of events, als plötzlich der Vorschlag im Raum stand, dass statt der rotzfaulen Jugend doch alle Älteren vor der Rente noch 1-2 Jahre was für die Gesellschaft tun könnten. Während die Idee des sozialen Pflichtjahres für andere noch sehr wohlwollend aufgenommen wurde, schien die Aussicht, plötzlich selbst betroffen zu sein, nicht ganz so gut anzukommen.
Das ist sachlich falsch. Die Impfstoffe waren getestet und keineswegs unbekannt. Mit Gewalt wurde gar nix gemacht. Wenn man sich nicht impfen lassen wollte, konnte man das tun, hatte dann aber gewisse Einschränkungen zu tragen. (Neben dem Risiko einer schwereren Erkrankung) Und ja, ich bin (im Gegensatz zu Dir, nehme ich an) vom Fach, ich kann nicht nur Trommeln, sondern habe diesen ganzen Kram studiert. Was ist Deine Qualifikation?
Nun ja, als Befürworter der Corona-Impfung war ich da eben mit in Deiner Schusslinie. Wir sollten aber jetzt das Kriegsbeil begraben. Deiner PN entnehme, dass Du Dich von den damaligen Formulierungen distanzierst. Das akzeptiere ich. @anon2519908 fordere ich auf, dieses Zitat nicht mehr zu verwenden.
Allgemein gilt: wer künftig solche Malaise vermeiden will, sollte heute schon mal über die eigenen Formulierungen nachdenken. Dann können einen solche unliebsamen Zitate nicht belästigen, für die man letztlich ja selbst verantwortlich ist.
Am Wahrheitsgehalt einer Aussage ändert sich ja nichts, ob ich es nun ausspreche oder nicht. Aber ja, ich würde es so nicht mehr formulieren.
Nein, das gilt eben nicht allgemein, wenn man davon ausgehen muss, dass ein Nolife im Internet akribische Screenshot-Sammlungen anlegt, um diese dann gezielt herauszuholen. Auf so etwas muss man sich in normalen Diskussionen/Streitgesprächen auch nicht einlassen, weshalb Entgleisungen auch nur unmittelbar geahndet werden. Was dieser User aber macht, ist die systematische Diskreditierung anderer, für das er überhaupt kein Mandat hat. Oder hab ich was verpasst und ihr habt ihn zum Mod gemacht?
Die Debatte darum hast du als Mann vom Fach aber schon mitbekommen?
Welches Fach erlaubt dir die Einschränkungen mit einem lapidaren „gewisse“ wegzushruggen?
Ansonsten akzeptiere ich an dieser Stelle deine Expertise und nehme das Wort „unbekannt“ zurück. Das war eine falsche Formulierung. Ich will auch gar nicht das Corona-Fass aufmachen. Das Ding ist durch. Es ging mir nur um den Schlag Mensch.