Telepolis… ganz tolle Quelle…
Wird Salzburg in zwei Wochen kommunistisch?
t-online hat ein Interview mit dem Ökonomen Peter Bofinger (Von 2004 bis 2019 einer der fünf „Wirtschaftsweisen“) zur Rolle des Staates in der aktuellen Wirtschaftslage veröffentlicht.
Da wir das Thema hier auch immer mal wieder besprochen haben, teile ich ein paar Aussagen:
Der Höhepunkt der Globalisierung liegt hinter uns, wir können uns nicht mehr allein auf unsere Exportstärke verlassen, sondern müssen mehr von innen heraus wachsen.[…] Indem wir die Nachfrage in Deutschland stärken. Am schnellsten wirken würde dabei ein umfassendes staatliches Wohnungsbauprogramm. Es würde sowohl die Konjunktur beleben als auch die Wohnungsnot in vielen Städten mindern. […] Die Menschen in Deutschland würden damit sehen: Der Staat tut was für uns, er kümmert sich um eines der drängendsten Themen, das viele Menschen beschäftigt.
Das wäre eine Maßnahme um der AfD das Wasser abzugraben.
Der Finanzminister feiert sich dafür, dass Deutschland im internationalen Vergleich eine der niedrigsten Staatsschuldenquoten hat. […] In keiner anderen wichtigen Volkswirtschaft der Welt werden Zukunftsinvestitionen zurückgestellt, weil man Angst vor der Staatsverschuldung hat.
Diese Einschätzung wird ja von vielen geteilt. Ich persönlich habe den Verdacht, dass die Schuldenbremse solange für die CDU, zumindest mal unter Merz (gibt ja auch andere Stimmen in der Union), gesetzt ist, wie sie selbst in der Opposition ist.
In der CDU bröckelt ja schon die Front.
Ministerpräsidenten wie Haseloff, Wegner oder Wüst sind offen für eine Reform.
Das ideologische Konstrukt wurde im neoliberalen Wahn der 2000er Jahre ins Grundgesetz gehievt - und erweist sich immer mehr als Investitions- und Zukunftsbremse.
100% d’accord!
Staatlicher Wohnungsbau hat ein sehr schlechtes Image - zB auch hier in UK/London wo das mit der Wohnungsnot eher schon ein Jahrzehnte altes Problem ist.
Mit ein entscheidender Grund - als das einzige Mal in wirklich großem Maßstab staatlich gebaut wurde im dem 60/70ern: Da war dummerweise der furchtbarste Baustil ever gerade schwer angesagt - Plattenbauten oder Brutalismus (kommend vom frz „beton brut“, Rohbeton) in deren Erhalt dann üblicherweise noch kaum investiert wurde…
Das müsste aber in keinster Weise so sein - in Singapur zB leben satte 80% der Bevölkerung in staatlich gebauten Wohnung und was da heutzutage gebaut wird ist äußerst ansehnlich!
Und ja, die Schuldenbremse speziell für solche Zufallsprojekte (anders als bei den da eher üblichen Infrastrukturprojekten würden beim staatlichen Wohnungsbau ja sogar noch relativ direkt fette zukünftige - Miete - Einnahmen bei rausspringen, nötig wäre aber natürlich absolut beides) aufzuweichen, da kann im Grunde eigentlich niemand dagegen sein?
Das hat zb 0,0 damit zu tun wenn man mit sowas wie Rente mit 63 die Steuergelder verjubelt (was natürlich nicht heißen soll, dass zB ein Dachdecker nicht früher in Rente gehen dürfte, aber die meisten Jobs könnten die meisten locker länger machen - und wer das auch will sollte das zB auch nach den heutzutage sonst üblichen 66/67 dürfen und vorallem auch entsprechend honoriert werden!) und noch dazu dem Arbeitsmarkt dringend benötigte Kräfte unnötig früh entzieht!
An der Stelle mal eine ganz allgemeine Frage: Ist es Aufgabe des Staates überall im Land (also auch in allen Großstädten) für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen?
Sehr viele Menschen, die in Großstädten wohnen, müssten das mMn nicht tun, weil sie auch im ländlichen Raum, wo es mitunter viel günstigere Wohnungen gibt und teilweise auch Leerstand herrscht, Arbeit finden würden und zwar sogar exakt in ihrem bisherigen Betätigungsfeld. Wenn sich eine Familie München nicht mehr leisten kann, aber z.B. im Bayerischen Wald eine deutlich größere Wohnung für das gleiche Geld bekäme, bzw. deutlich weniger Miete für ein vergleichbares Objekt ausgeben müsste, soll die Allgemeinheit dafür bezahlen? Das ist mMn schwierig. Würden mehr Leute die Großstädte verlassen, würde sich auch für diejenigen, die dort wohnen müssen, weil es ihre Jobs anderswo in Deutschland nicht gibt, die Anzahl an Wohnungen erhöhen und sich das möglicherweise irgendwann auch auf die Preise auswirken.
Wo es noch kniffliger wird ist die Frage, ob man bei Empfängern von staatlichen Bezügen nicht nach einer gewissen Zeit die Option haben sollte, einen Umzug anzuordnen. Das ist gewiss ein radikaler Vorschlag, aber wieso nicht auch darüber diskutieren, bevor man den Schuldenberg für künftige Generationen noch weiter erhöht.
Bei vielen Berufsgruppen (u.a. auch bei den vom Staat bezahlten Beamten) ist ein berufsbedingter Umzug gang und gäbe. Der Freistaat Bayern macht - wenn auch nur in kleinem Stil - z.B. durch die Verlagerung von Behörden aus den Großstädten in die ländlichen Regionen einen Schritt dahingehend. Nicht alle Beamten, die davon betroffen sind, werden Jubelsprünge vollführen.
In eher linksorientierten Kreisen wird ja des Öfteren von möglichen Enteignungen auf dem Wohnungsmarkt „geträumt“. Da kann man mMn ruhig auch einmal darüber diskutieren, ob man jedem ein Leben in der Stadt seiner Wahl auf Kosten der Allgemeinheit ermöglichen muss, wenn es Alternativen gäbe. Das könnte im Übrigen auch - z.B. gemeinsam mit einer Erhöhung des Renteneintrittsalters - helfen, um den Fachkräftemangel in bestimmten Regionen zu entschärfen.
dafür müsste es aber auf dem Land entsprechende Infrastruktur und Jobs geben - gibt es aber nicht im benötigten Umfang…
Natürlich aktuell nicht für alle Menschen, die in der Stadt wohnen. Für viele wären aber auf dem Land durchaus passende Jobs vorhanden.
Was auf dem Land auch leichter gehen sollte, ist es Wohnraum zu schaffen. Ein richtiges Problem gibt es mMn vor allem für diejenigen ohne Auto.
Ich sage ja auch nicht, dass ich die Städte leer kriegen möchte. Aber ich vermisse eben den Weg hin dazu, mehr Menschen aus den Städten aufs Land zu bringen und das könnte man mMn auch dadurch schaffen, indem man klar kommuniziert, dass niemand einen Anspruch auf einen Wohnsitz im Wohnort seiner Wahl hat und es auch nicht die Aufgabe des Staates ist, das zu ermöglichen.
Ich bin da eher bei @anon49020724. Es braucht Pull-Faktoren auf dem Land und nicht Push-Faktoren in der Stadt.
Aufgabe des Staates ist es unter anderem die Kosten niedrig zu halten. Wenn immer weniger Menschen auf dem Land wohnen, teilen diese sich eine pro Person immer kostspieligere Infrastruktur. Glasfaser für 15.000 Einwohner kostet pro Person mehr, als Glasfaser für 20.000. Leere Busse kosten pro Bürger, (fast) genau so viel wie volle Busse…
Das heißt aber nicht, dass der Staat die Umstände, die zu Push-Faktoren werden, bekämpfen muss geschweige denn kann. Wenn so viele Leute in Großstädten leben wollen, dass die Mietpreise immer weiter steigen, ist das eben so.
Das Grundgesetz (Art. 72, Absatz 2) formuliert das Staatsziel gleichwertiger Lebensverhältnisse.
In den letzten 30 Jahren hat die politische Kaste gegen das GG den Staat immer weiter runtergewirtschaftet - zugunsten einer neoliberalen Wünschelruten-Religion.
Und jetzt stellt man „plötzlich“ fest, dass bezahlbarer Wohnraum fehlt - übrigens sowohl auf dem Land als auch in der Stadt…
Es wäre mal interessant zu wissen, was Pull-Faktoren für ein Leben auf dem Land aus der Sicht von Stadtmenschen sein könnten.
Wenn die bereits vorhandenen Faktoren wie mehr Wohnraum für weniger Geld, niedrigere Preise für Freizeitaktivitäten, mehr Natur, weniger Abgase, weniger Disziplinprobleme an Schulen… nicht ziehen, was soll der Staat denn noch anbieten?
Ich persönlich glaube nicht, dass sich die meisten Stadtmenschen gegen ein Leben auf dem Land entscheiden, weil es dort keinen guten ÖPNV gibt oder weil dort die Geschwindigkeit des Internets bzw. die Reichweite des Handys im Vergleich zur Stadt eingeschränkt ist. Das mag bei einigen wenigen eine Rolle spielen, wenn es darum geht, dass man von zu Hause aus arbeiten möchte, aber nicht bei einem Großteil der Menschen. Der Großteil der Menschen, die in der Stadt bleiben wollen, obwohl sie eine ähnliche oder sogar identische Tätigkeit auch auf dem Land ausüben könnten, hat sich für ein Leben in der Stadt entschieden, weil es dort Dinge gibt, die es auf dem Land nie in dieser Ausprägung geben wird und kann. Ich rede hier vor allem vom Freizeitangebot. Das kann man nicht kopieren. Wenn man sich als Stadtbewohner dieses üppige Freizeitangebot aber nur noch bedingt leisten kann, weil vom Gehalt wegen der hohen Mieten zu wenig Geld dafür übrig bleibt, sollte aber nicht die Allgemeinheit sprich der Steuerzahler einspringen müssen, indem Steuergelder dafür sorgen, dass am Ende des Monats wieder mehr Geld zur Verfügung steht.
Meine Gegenfrage: Why NOT?
Klar kann man diskutieren ob es zwingend notwendig ist. Aber wenn man dieses Investment als separat vom restlichen Bundeshaushalt (Sonderfond?) sehen würde also nicht als direkt konkurrierend mit sonstigen Staatsausgaben weil es eben völlig anderen Cost/Return Charakter hat durch die garantierten zukünftigen Miet/Wohnungsverkaufeinnahmen?
Was spricht dagegen explodierende Wohnungskosten in Räumen mit zu krassem Nachfrageüberschuss so einzugrenzen?
Ist das nicht durchaus im Sinne der „sozialen Marktwirtschaft“ (an die als Grundprinzip wir ja wohl alle glauben) und gegen einen Turbokapitalismus wo explodierende Preise man als wurscht ansieht und drauf hofft dass sich der Markt von selber regelt was er aber so offensichtlich wies geht (zu den Gründen in den letzten Dekaden könnte ich da auch sehr sehr viel zu schreiben) NICHT tut!?!
Kann ich als überzeugter Stadtbewohner absolut bestätigen. Genau das ist tatsächlich, Vorsicht, anekdotische Evidenz, mein Grund, nur in der Großstadt leben zu wollen. Ich würde nur präzisieren: nennen wir es weniger Freizeit-Angebot, dafür eher kulturelles Angebot.
„Freizeit“ klingt immer so nach „nice to have“, nach „kann man auch mal drauf verzichten in harten Zeiten“, das mag ich nicht, weil Kultur ist für mich das wichtigste überhaupt, kein Zeitvertreib, sndern ganz sicher wichtiger als etwa Arbeit.
Sorry für die Pedanterie, da hab ich noch von der Corona-Zeit nen Schaden weg…
ABER:
Ich würde zwar deine Meinung teilen, dass für meinen spezifischen Lebensentwurf keinesfalls der allgemeine Steuerzahler gradestehen muss, nur ich finde, dass das Problem einer gewissen Steuerung des Wohnungsmarktes eben doch Aufgabe des Staates ist. Freier Markt ist gut und schön, aber bei Grundbedürfnissen des Lebens, wozu Wohnen ganz sicher gehört, bin ich schon der Ansicht, dass da mehr Staat sein muss und weniger Markt. Und was den Wohnungsbau betrifft, hat man in den letzten Jahrzehnten soviel falsch gemacht wie nur möglich (unter anderem hat man in Bayern Zigtausende im städtischen Besitz befindliche Wohnungen auf dem freien Markt verschleudert. Genau diese fehlen jetzt, und zwar nicht den oberen Zehntausend, sondern dem unteren Drittel).
Diese Wohnungen sind ja nicht weg, da wohnt jetzt nur ein anderes Klientel drin
Doch, diese Wohnungen sind jetzt weg, das sind jetzt andere Wohnungen. Die unter anderem teilweise leerstehen, weil sie kein Schwein bezahlen kann. Gesetz des freien Marktes. Nicht immer eine gute Idee.
Eine leerstehende Wohnung ist wohl kaum im Interesse eines Investors.
Aber wer schon mal vermietet hat, weiß, dass es oft besser ist, lieber ein paar Monate auf Mieteinnahmen zu verzichten als die falschen Leute in der Wohnung zu haben.
Allzuviele Mieter mussten schon feststellen, dass den falschen Leuten die Wohnungen gehören.
Da bin ich sogar mal bei Dir - das eigentliche Problem sind nicht die paar tausend (egal wieviel genau nun, sie werden jedenfalls ziemlich sicher größtenteils weiter bewohnt, richtig, das ist schon das entscheidende bzgl. Wohnungsnot - in ner Stadt wie München muss man ja heutzutage selbst zu den Wucherpreisen froh sein wenn dafür dann überhaupt irgendeine Wohnung wirklich mieten darf und nicht einer von den Horden vor einem bei der Besichtigung!) verkauften Wohnungen aus Staatsbesitz.
Sondern wohl eher über ner Mio fehlende/nicht genug gebaute Wohnungen in Großstadt Nähe, halt einfach überall dort wo die Mieten die letzten 10/15 Jahre total explodiert sind.
Da kann ich auch mal noch drauf verweisen dass die dt. Bevölkerung zwischen den letzten beiden Volkszählungen um so 3 Millionen zugenommen hat!
Und nein, es ist nicht die Zuwanderung das eigentliche Problem das ich hier sehe. Sondern dass man den Folgen dieser Zuwanderung (Wohnungsnot) nicht begegnet - ohne Zuwanderung hätten wir ein noch massiv größeres Rentenproblem als eh schon und noch mehr Fachkräftemangel ebenso.
Aber solche Zuwanderung ohne massiv mehr Wohnungen zu bauen da wo die Leute auch arbeiten (statt dass sie endlos aus der Pampa einpendeln müssen - ihre Zeit vergeuden, die Luft verpesten und den Klimawandel befördern) können - wie soll das „verträglich“ gut gehen?