Auf der 6 hat er nichts verloren. Er macht das Spiel immer langsam, hat keine gute Übersicht, ist auch wenig pressingresistent. Auf der 8 kann er seine Chipbälle anbringen. Doch ob das reicht? Er ist ja auch nicht der Mann, der das Spiel an sich zieht, wenn es schwierig wird. Er versucht dann zwar alles zu machen und überall zu sein, doch genau so agiert ein überforderter Chef, der nicht deligieren kann und glaubt, dass die anderen nicht gut genug sind. Ein guter Chef, ordnet das Chaos und verteilt die Aufgaben (hier Bälle) anstatt selbst noch rumzuchaotisieren.
Lesenswerter post, @Mondrianus, dem ich aber inhaltlich etwas widersprechen möchte:
Der „tackle“ stirbt aus. Während es noch vor 15, 20 Jahren das Qualitätsmerkmal eines (Innen)Verteidigers war, seine Zweikämpfe zu gewinnen, ist heute die Zweikampfvermeidung das A & O.
Z.B., weil Stürmer heute beim „Hauch“ einer Berührung im Strafraum die Fallsucht bekommen und die Schiedsrichter das auch noch honorieren.
Aber generell: Kein Innenverteidiger wird eine bessere Zweikampfquote als - ich schätze mal - 60% (gewonnen) zu 40% (verloren) aufweisen. D.h. in zwei von fünf Situationen kommt es zu akuter Torgefahr.
Heute zählen neben so Dingen wie Antizipation vor allem auch das Ablaufen, Abdrängen. Neben dem Stürmer herzulaufen, diesen, ohne Berührung, so zu stören, dass er mit dem Ball in unkritische Bereiche des Spielfelds laufen muss, das ist „modernes Verteidigen“.
Edit: Taucht das eigentlich in den Statistiken auf? Jedenfalls nicht unter „tackels, won“, obwohl das Verteidigerverhalten viel schlauer (und nicht minder erfolgreich) war.
Den nachfolgenden Artikel (aus NY-times bzw. „the athletic“) hatte ich schon mal gepostet.
Und hier noch was zum modernen „Außenverteidiger“ (ääh, „full back“).
Es lohnt sich, da zu googlen.
Wenn man das auf sich wirken lässt, wird auch klar, dass der Typus „Augenthaler“ heute chancenlos wäre. Im eins zu eins zu langsam, die Stürmer würden ihn mit Ball auf wenigen Metern abhängen.
Du schreibst zwar, dass Du dir Aussenverteidiger wünschst, die wieder ins Tackle gehen, aber ich denke, das Geschriebene gilt für alle verteidigenden Positionen. Und für alle gilt außerdem, dass speed der entscheidende Faktor sein könnte (wodurch klar wird, was Bayern sich vom schnellen Tah erwartete).
Das interessante ist m.E. allerdings, dass es natürlich immer Spiele gibt, die anders laufen. Bei einem CL-Rückspiel im Bernabeu, wenn Real einen Rückstand aufholen muss, zählt dann natürlich auch die Zweikampfstärke. Darum war Tuchel m.E. schon „der Richtige“ für Bayern, weil er sich auf den Gegner eingestellt hat und er sich auch dann, wenn Bayern auf dem Papier unterlegen war, Lösungen ausgedacht hat.
Eben so sehe ich das auch… wäre kein so großer Verlust gewesen aber leider fand sich kein Abnehmer und Kimmich selbst wollte vermutlich auch nicht weg…wohin auch…PL traue ich ihm keine tragende Rolle zu …
Ich denke mir immer, wenn Musiala im Strafraum ist, was für ein Albtraum für die Verteidiger. Der ist so flink, den kannst Du praktisch gar nicht tacklen ohne einen Elfmeter zu riskieren. Bleibt nur passiv zu verteidigen und Schüsse zu blocken.
Now I am confused, because I thought if the ball came off the player, different judgments were made.
So it seems now , that doesnt matter because Palhinha hands are outstretched and shouldnt be
So I suppose we are asking players to keep their hands behind their backs, effectively saying dont try to block shots. Because, for me, Palhinha can’t do that block with his hands behind his back or even at his side
Oh I don’t know, am so confused
With regard to Kim and Upa, Kim was definitely better, and probably being on the left helped
With Upa, sure he did so much well BUT still he dives in with rash tackles, even on a yellow card
Why can’t he calm down a bit. He was lucky not to get a red with his repeated fouls
I think Kompany should have taken him off much earlier.
I can just see it now, in a big game like CL or Leverkusen he is going to get a red which costs us the game
He just doesn’t seem to learn
I would be tempted to say to him, okay Upa,one last chance to show you can play calmly after a yellow card. BUT if you won’t change your style every time you get a yellow, I’m taking you off even if it is in minute 2
I think, you got the point. They try to make defending difficult. When a defender jumps, with his arms thrown in the air, he is taking a risk. Then, contact between the ball and his arm, will be considered „deliberate“. In the end, the defender has to evaluate, whether he takes the risk (and jumps higher), or not.
The same with blocking: Defenders are allowed to block, but they try to make it difficult. Defender is allowed to run up to the player with the ball, but only with his arms behind him (or laterally attached to the sides of his body). So, he becomes slower. Again, defender has to decide whether he wants to take the risk.
As I said in earlier posts, I can live with any rule (or, „rule interpretation“). But, rules have to be applied on both sides equally.
It’s all very confusing. Naturally, like most fans, I like to see more goals not fewer. But this way of increasing the goal count by hindering defenders, I’m not sure about that.
Still as you say, the key is that the rules are applied consistently. Then maybe I wouldn’t mind more penalties, encouraging attackers. But is that consistency actually possible, as so many factors seem to come into play with handball and VAR
Vielen Dank für Deine Belehrung, @KurtRambis.
Deine profunden Ausführungen machen mir deutlich, dass ich in puncto „moderne Trainingslehre im Profifußball“ bei weitem nicht mehr auf dem neuesten Stand bin. Z.B. war mir nicht klar, dass es heute mehr darum geht, Zweikämpfe zu vermeiden, als sie zu gewinnen.
Ein Punkt erscheint mir allerdings nicht ganz logisch. Ich hätte eher gedacht, dass die früheren Tackling-Spezialisten à la Berti Vogts größere Angst haben mussten als heute, dass schon ein leichter Körperkontakt beim gegnerischen Stürmer zur „Fallsucht“ führt und mit Elfmeter oder Karten geahndet wird.
Und dass diese Gefahr in den heutigen Zeiten (Videoaufzeichnung, Zeitlupe, VAR) geringer ist, da der Schiedsrichter mit den o.g. technischen Hilfsmitteln mittlerweile ganz objektiv die „Wahrheit“ herausfinden kann.
Aber offenbar habe ich mich auch in diesem Punkt geirrt.
Natürlich ging es mir nicht um eine romantische Verklärung des alten Tacklings bzw. Grätschens, sondern einfach um kompromissloses Verteidigen.
Ich hatte da immer solche „Abwehr-Monster“ wie Kohler, Sergio Ramos, Wouters oder eben Lucas Hernandez vor Augen, die alleine schon mit ihrer körperlichen Präsenz und aggressiven Ausstrahlung dem heranstürmenden Gegner klar machten: „An mir kommst Du nicht vorbei, und wenn Du es versuchst, wird es tough werden!“.
Heute hingegen scheint es in allen Mannschaftsteilen fast nur noch um Speed, Flinkheit, Athletik, Dynamik und One-Touch-Fußball zu gehen, um den Ball schnellstmöglich mit Kurzpass-Stafetten wieder nach vorne zu treiben - was aber „unphysiologisch“ ist und mit logischer Konsequenz ständig zu langwierigen Muskelverletzungen führt.
Etwas vereinfacht könnte man sagen, dass früher gute Abwehrspieler „wie ein robuster Fels in der Brandung“ standen, während sie heute schon rein körperlich immer mehr den 100-Meter-Läufern in der Leichtathletik ähneln, gleichzeitig aber die Kondition eines 10.000-Meter-Läufers haben müssen.
Das Hauptargument aus meinem Beitrag war, dass z.B. Upamecanos und Kims „unerklärliche“ konzentrative Aussetzer m.E. darauf zurückzuführen sind, dass sie mit der unglaublichen Dynamik des z.B. schnellen Umschaltspiels und den ständigen 1:1-Situationen gedanklich überfordert sind.
Auch schon unter Nagelsmann hieß es ja, dass viele Spieler von den komplexen taktischen Anweisungen und Bewegungsabläufen, die er forderte, einfach intellektuell überfordert waren. Und bei Kim kommen auch noch die sprachlichen und kulturellen Unterschiede hinzu - so z.B., als er gegen Freiburg einen nicht Richtung eigenes Tor gehenden Ball unnötig zur Ecke köpfte, weil er Neuers Kommandos sprachlich nicht verstanden hatte.
Übrigens berichtet selbst der KICKER, den ich doch für ziemlich seriös halte, dass der FCB gegen Freiburg „einen sehr konfusen Auftritt“ geboten hätte.
Wahrscheinlich liegt es auch an meinem Älterwerden, dass ich mich mit der heute extremen „wissenschaftlichen Optimierung“ des Fußballspiels, der Matchpläne, der Schiedsrichterentscheidungen und der Trainingslehre nur schlecht anfreunden kann. Und ich wage mal zu behaupten, dass die heutigen BL-Spieler einen deutlich höheren IQ haben müssen, um das Spiel überhaupt noch zu verstehen, als dies noch zu Augenthalers, Berti Vogts´ und Gerd Müllers Zeiten der Fall war.
So kriege ich z.B. jedes Mal die Krise, wenn in einem hochdramatischen Spiel ein Spieler, der 10 Minuten vor dem Schlusspfiff eingewechselt wird, sich vorher noch an der Seitenlinie 2 Minuten lang alle möglichen Vektoren auf einem Bildschirm einprägen muss und gleichzeitig vom Assistenztrainer mit verbalen Handlungsanweisungen vollgequatscht wird.
Die Spiele, die mich im ersten Vierteljahrhundert am meisten begeistert haben, waren das 7:1 der NM gegen Brasilien bei der WM in Argentinien sowie das 8:2, mit dem der FCB in der CL 2020 den FC Barcelona abgefertigt hat.
Aber solche „romantischen“ Spielverläufe, die das Herz höher schlagen lassen, wird es in Zukunft wohl kaum mehr geben.
Good point again. In the end, a defender and his team will be punished for a movement, which is „natural“.
„belehren“ wollte ich dich jetzt nicht, @Mondrianus. Sorry, wenn das so rüberkam.
Ich habe hier ein Buch liegen, das ist schon über 10 Jahre alt, und ich habe es immer noch nicht komplett gelesen. „The Numbers Game - Why Everything You Know About Soccer is Wrong“. Auf der Rückseite steht da folgender Satz: „Why do the best defenders rarely touch the ball“. Das hat bei mir ein Umdenken ausgelöst.
In dem Buch kommt Xavi Alonso zu Wort (S. 127). Er wunderte sich darüber, dass seine Teamkollegen bei Liverpool „tackling“ als eine ihrer Stärke beschreiben. Das sei doch nur der letzte Ausweg, wenn alles andere nicht geklappt habe.
Wenn man überlegt, wer wohl die besten Verteidiger bei Bayern München in den letzen 20 Jahren waren - Lahm, Badstuber, Boateng, Alaba - hatten die es nötig, in Zweikämpfe zu gehen?
Was mich interessieren würde - warum wollte Bayern unbedingt Tah? Er war übrigens schon im Winter ein Thema, auch Tuchel hätte ihn wohl gern geholt. Geht es darum, gegen Gegner, die zu Zehnt hinten drinstehen, auch mit 10 Mann in deren Hälfte anzugreifen? Sprich, alle eigenen Spieler auf ca. 40, 50 Meter Länge zu komprimieren? So dass man schnelle Sprinter (nach hinten!) braucht, wenn doch mal einer durchbricht?
Kann es sein, dass Real Madrid eben deshalb den Sprinter Davies unbedingt haben will?
No need to apologize.
Ich habe das mit dem „Belehren“ nicht kritisch gemeint.
Du hast mich belehrt, und das war auch richtig so.
Ich war dankbar, da ich viel von Deinen Erklärungen gelernt und gesehen habe, wo ich mich geirrt habe oder zu naiv war.
Nehmen wir mal die Elfmeter aus. Aber ansonsten kann man die „Foul-Toleranz“ von damals nicht mit heute vergleichen. Ein Berti Vogts musste seinen Gegenspieler schon mindestes fünfmal umhauen, bevor überhaupt an eine Karte zu denken war.
Am Sonntag kam bei Upa nach dem zweiten oder dritten Foul schon der Gedanke an einen Platzverweis auf. Zu Vogts- oder Katsche-Zeiten hätte er noch nicht einmal eine Karte gehabt.
Könnte es sein, dass die Geschwindigkeit derart zugenommen hat, dass ein Foul eine höhere Verletzungswahrscheinlichkeit mit sich bringt und deshalb eher eingegriffen wird bzw. grundsätzlich die Verletzungen minimiert werden sollen?
Keine Ahnung, ob mein Einwand faktisch belegbar ist
Ich glaube, das siehst Du im Rückblick etwas verklärt. Die damalige Spielweise war einfach viel abwartender; man hat den Gegner erstmal mindestens bis zur Mittellinie gar nicht behelligt, und dann kam gerne ein langer Ball auf Außen nicht auf den Mann, sondern „in den Lauf“, sodass der Stürmer und sein Verteidiger ins Sprintduell mussten. Aufgabe des Verteidigers war primär nur, als erster an den Ball zu kommen und den unschädlich zu machen, sprich ins Aus zu dreschen. Da konnte man mit einer spektakulären Grätsche noch 1-2 Meter Vorsprung herausholen, und kam damit sauber und auch live erkennbar zuerst an den Ball, so dass ggf. der Gegner zwar zu Fall kommt, aber ganz kar, nachdem der Ball weg ist. Nur bei extrem schnellen Stürmern (U. Hoeneß zu seiner Zeit z.B.) oder unaufmerksamen Verteidigern konnte es auch mal knapp werden und Foul geben.
Im heutigen schnellen „One-Touch“-Fußball kommst du als Verteidiger im Regelfall nur an den Ball, wenn du den nächsten Pass antizipierst und versuchst, vor dem Gegner, der gerade angespielt werden soll, dran zu sein.
Da geht es immer um Sekundenbruchteile und gerne sind beide de facto gleichzeitig am Ball und krachen dabei mit den Füßen zusammen.
Alles weitere hängt stark vom Schiri ab. Der eine lässt so was grundsätzlich weiterlaufen, der andere sieht da eher schon als Regelfall die gelbe Karte für den Verteidiger …
Nochmal zum ersten Handelfmeter: das Hauptproblem der Entscheidung ist nicht mal die Ahndung des Handspiels an sich (der Arm war ja hoch und weg vom Körper), sondern dass VAR Situationen nicht in ihrer Gesamtheit bewertet sondern den Fussball in super, super slow motion bis hin zu Standbildern zerlegt. Der Gesamtkontext bleibt dabei auf der Strecke. Im konkreten Fall ist Kanes Aufstützen grenzwertig und erst dadurch geht Rosenfelders Arm überhaupt erst so nach oben. Diese extreme Sezierung war ursprünglich nicht die Intention des VAR sondern KLARE Fehlentscheidungen zu korregieren.
Noch eine Hörempfehlung: Rasenfunk schaut sich im Gegensatz zu früher Taktik jetzt durchaus genauer an. Die Analyse des Bayernspiels ist interessant und klingt positiv. Sie erwarten, dass Kompanys Ansatz offensiv noch richtig Power entwickeln wird. Mit etwas höherer Linie Freiburgs und etwas geringerer Intensität ging dem Ansatz in Halbzeit zwei dann aber auch erschreckend schnell die Luft aus.
Ein wirklich guter und plausibler Gedanke!
Da tut sich aber ein Widerspruch auf, den auch andere User hier schon angedeutet haben.
Einerseits gingen die Spieler früher viel „rustikaler“ zu Werke, spielten in viel schlechteren Schuhen und auf Plätzen, die speziell bei Regen einem umgepflügten Acker glichen. Den ganzen modernen Schnickschnack mit Auslaufen nach dem Spiel, Entmüdungsbecken, Elektrolytdrinks, Gym´s und Spa´s, Fitnesszentren und prophylaktischer Physiotherapie kannte man damals noch gar nicht. Und Zeitlupen, VARs usw. erst recht nicht.
Die Sportmedizin steckte noch in den Kinderschuhen, und das MRT war noch nicht erfunden.
Viele Spieler trugen bis zu den Knöcheln runtergezogene (oder gar keine) Schienbeinschoner. Viele rauchten (z.B. Netzer und Basler), aßen Schweinsbraten mit Knödeln, und nach einem Sieg ging in der Kabine der Bierkasten rum.
Zunächst waren GAR keine Auswechselspieler erlaubt, dann zwei und noch später drei (und nicht wie heute fünf).
Auch die Kader waren viel kleiner (wurde der FCB nicht einmal sogar Meister, obwohl in der gesamten Saison nur 13 Spieler eingesetzt wurden?).
Trotz all dem enormen Aufwand, der heutzutage um die Gesundheit und Fitness der Spieler getrieben wird, hat es früher (mit Ausnahme der legendären Verletzung von Ewald Lienen, dem eine gegnerische Schuhsohle mit Eisenstollen die ganze Schienbeinvorderseite bis auf den nackten Knochen aufgerissen hatte) deutlich weniger schwere Verletzungen gegeben.
Insbesondere die heute fast schon epidemischen muskulären Verletzungen, die sicher durch das extrem schnelle Spiel begünstigt werden, waren früher sehr viel seltener.
Letzteres ist sicher ein Punkt.
Grundsätzlich war das eine bewusste von der FIFA gesteuerte Strategie, um das Spiel sich wieder entfalten zu lassen und vor allem die Künstler und Feingeister vor allzu üblen Attacken zu schützen.
Das begann Mitte/Ende der 80-er Jahre, als beginnend mit den großen Turnieren Fouls wesentlich schneller und konsequenter geahndet wurden. Das wurde auch ganz klar kommuniziert und als Ziel ausgegeben.
Diese Leitlinie hat sich über die Jahre immer mehr durchgesetzt und ist selbstverständlich geworden.
Man sage nicht die FIFA hat immer nur Unsinn hervorgebracht.
Ich sage immer damit und mit der geänderten Rückpassregel Anfang der 90-er Jahre hat die FIFA mit diesen zwei strategischen Entscheidungen den Fußball „gerettet“.