Nochmal zum Spiel gestern:
Ich fand es trotz des schnell allzu klaren Ausgangs in mehrerlei Hinsicht interessant und erkenntnisreich.
Zuallererst bestätigt der gestrige Verlauf eine Vermutung, die ich bezüglich der CL schon immer anstellte:
Sämtliche Planung und Organisation größtmöglichen Erfolgs wird geschlagen vom Zustand eines Flows, den man zum richtigen Zeitpunkt erwischt. Und passiert das, kann man den maximalen Titel abräumen, obwohl man ein paar Monate früher noch am Rand der größten Katastrophe stand - abzulesen an Paris’ nur knapp abgewendetem Scheitern in der Vorrunde.
Wenn ich mir in Erinnerung rufe, wie sehr die mittelmäßige Vorrunde unserer Bayern als vermeintlicher Beleg unseres Abstandes zur europäischen Spitze herhalten durfte, lässt sich das angesichts der PSG-Performance beim besten Willen nicht aufrecht erhalten. Oder sagen wir, es ist immer schlauer, eine Mannschaft nach ihrem grundsätzlichen Potential zu beurteilen, respektive ihrem Weg, dieses Potential auszuschöpfen. Beispielhaft kann man das an Desire Doue festmachen: der Junge hat lange gar nicht so viel gespielt, und wenn, dann hat das gar nicht immer so super geklappt - aber man konnte immer sehen: der hat was, das kann explodieren. Jetzt darf man Doue als Beleg dafür sehen, dass Freund/Eberl schon ein gutes Auge haben, welche Spieler uns helfen könnten, unabhängig davon, ob der Transfer klappt.
Dass der dann natürlich ausgerechnet im Finale so aufgeigt… Nun, auch ein gewisser King Coman hat in einem Finale mal einen Kopfball versenkt. Soll ja auch nicht allzu häufig passiert sein, oder gar Teil einer stringenten Planung.
Demgegenüber Inter:
Dass das gestern das gleiche Team gewesen sein soll, das uns und Barca besiegt hat, ist fast nicht möglich. Bis vor kurzem schwärmt man noch von der abgezockten Oldie-Truppe grade auch in der Defensive und Organisation - gestern konnte ich die Krater-großen Löcher in der Mitte und der Verteidigung kaum fassen. Natürlich war der Spielverlauf super für Paris, aber gestern hab ich auch einen der seltenen Fälle gesehen, wo wirklich eine Mannschaft super drauf war, und die andere grottenschlecht.
Normalerweise hängt das zusammen und täuscht auch, aber gestern hatte ich wirklich das Gefühl, Paris hätte zum einen jeden anderen Gegner ebenso hergespielt, aber Inter hätte auch gegen Bochum verloren.
Strange, sehr strange.
Mir zeigt das auch, das man vielleicht insgesamt hinter seine eigenen schnellen Grundsatzurteile öfter mal ein Fragezeichen setzen muss und nicht immer gleich anhand einen punktuellen Ergebnisses einen harten Punch verteilen sollte.
PSG hat gestern wie das perfekte Team gewirkt, nein, sie waren es.
Und trotzdem war Paris auch schon zur Mbappe-Galactico-Zeit nur minimal vom CL-Titel entfernt - damals hatte ein gewisser Manuel Neuer was dagegen. Die Erzählung, dieser Triumph heuer sei der endgültige Beweis für die Überlegenheit des Teamgedankens, steht also auf äußerst tönernen Füßen, auch wenn sie mir sehr sympathisch erscheint und ich prinzipiell auch zustimmen würde. (Nicht jedoch der Mär, Paris hätte eine Truppe von unbekannten, billigen, jungen Nicht-Stars.)