Veröffentlicht unter: Szenenanalyse: Was Vincent Kompany schon jetzt anders macht als Thomas Tuchel
Wieder ein neuer Trainer beim FC Bayern München und die Frage: Was wird Vincent Kompany taktisch verändern? Im Testspiel gegen Tottenham haben wir Anpassungen auf den Flügeln wahrgenommen. Eine Szenenanalyse.
Szenenanalysen finde ich immer besonders toll, weil man über die 90 Minuten live nur schwer alles mitbekommt. Aber die Darstellung in Deinem gewählten Beispiel macht Sinn und Mut, dass unser Spiel wieder attraktiver wird. Auch, falls unser Kader nicht noch Zuwachs bekommt - wir haben ja eigentlich Leute, die bei passender Ausrichtung instinktiv die richtigen Laufwege und Pässe wählen, der alte Müller sowieso, aber auch Pavlovic.
Zum Thema Kompetenz in der Führungsetage mal ein Zitat aus dem Kicker vom Finanzvorstand:
„Wir haben über 100 Millionen Media-Reichweite erzielt“, bilanzierte Diederich, ohne genau zu erklären, was unter „Media-Reichweite“ genau gemeint ist.
Peinlich der Mann.
Und so Typen verdienen siebenstellig und leiten den Club.
Der Mann ist CFO und muss solche Begriffe nicht im Detail kennen. 100 Mio mal sind Menschen mit dem FC Bayern absichtlich oder nicht absichtlich in Berührung gekommen. Großartig.
Leider typisch, dass man den Irrglauben aufsitzt so ein Vorstandsmitglied müsse alles wissen. Der Mann muss wissen wie es finanziell aussieht. Da bitte ziemlich genau.
Manche Chefkritiker kennen selbst nicht den Unterschied zwischen sechs- und siebenstellig…
also nur weil er es nicht „genau“ (und das gleich 2x, also der Journalist müßte dann auch gefeuert werden für den Satz) erklärt hat, heißt dass doch nicht, dass er das nicht weiß. Also davon auf die Kompetenz zu schließen ist schon wieder interessant und sagt mehr über den Schreiber und seine Intention als über den, der kritisiert wird.
Ein hervorragender Artikel. Danke, @Justin.
Für catenaccio-Jünger - bin wahrscheinlich selber einer - dürfte die nachfolgende Aussage besorgniserregend sein.
Denn: Es ist ja schon auffallend, dass ausgerechnet derjenige Mannschaftsteil, in den Bayern die letzten Jahre das meiste Geld investiert hat, erneut komplett zur Disposition steht. de Ligt wurde vor wenigen Tagen von Eberl für verzichtbar erklärt, Dier beginnt ebenfalls Spiel für Spiel von der Bank. Dafür stehen Spieler hoch im Kurs, die vor allem „speed“ versprechen. Tah z.B., den man wohl unbedingt will. Was ist der Grund? Sind die, die für teures Geld gekauft wurden, für dieses „riskante“ Spiel nicht die richtigen?
Unterstellt man, dass es diese Änderungen in der Abwehr geben wird - will man dann Bälle, die verlorengehen - das wird dann in der Hälfte des Gegners sein - auch mit weit aufgerückte Innvenvereidigern einfach „ablaufen“? Und wäre(n) de Ligt (und Dier) dafür nicht die Richtigen?
Vielleicht zwei Punkte, über die man diskutieren könnte: Du schreibst, Tuchel wollte mehr Kontrolle - nun, erstens, hat Kompany den Spieler bekommen, den Tuchel gern gehabt hätte (Palinha). Und zweitens: Eine Bundesliga-Rückrunde, und eine CL-ko-Phase, sind etwas anderes als eine Hinrunde / CL-Gruppenphase. Ist die Dynamik vor allem in der ersten Saisonhälfte zu erwarten (wo man in der CL-Gruppenphase möglichst viele Spiele gewinnen sollte, um Vorteile in der ko-Runde zu haben), und in der zweiten sehen wir dann „Tuchel-Statik“?
Die Betonung liegt ja auf „sehr“. Das sehe ich bei Kompany aktuell aber nicht. Also keine Anzeichen, dass da irgendwas extrem dynamisch oder offensiv wäre. Aus meiner Sicht ist das bisher sehr normaler produktiver Fußball.
Nun. Unter Tuchel gab es wenig Pressing - und das ist ja auch Teil Kompanys Spiel. Und wir waren unter Tuchel der Meister der Dribblings und auch des Bälleschleppens. Ballverluste in schwierigen Zonen eingeschlossen!
Mit besserer Rotation und größerem Team sollte man eigentlich auch nicht so sehr abbauen. Passierte uns so auch unter Flick nicht, wenn man Hin- und Rückrunde 20/21 vergleicht.
In aller Kürze, weil weder Diederich noch Media-Reichweite zum Thema Kompany und Boey-Gnabry-Rotation gehören, aber da ich zufällig im Raum saß und Diederich mit dieser Auskunft im Prinzip meine Frage vom Donnerstag nach den KPI der Reise beantwortete:
Ich bin überrascht, dass man Diederich aus dieser Aussage einen Strick drehen will. Zum einen ist Reichweite ein Standard-Wert für Messung von (Social-)Media-Aktivität. Dieser Post x.com des FC Bayern hat zum Beispiel (zum Zeitpunkt als ich ihn jetzt hier verlinke) eine Reichweite von 27.182.
Zum anderen zählte Diederich in einem kurzen Eingangsstatement 3-4 Kennzahlen auf, die er alle nicht genau erläuterte. Zu den Trikotverkäufen gab es eine Nachfrage, zu der Reichweite nicht. Hätte es jemand im Raum genauer wissen wollen, er hätte ihn fragen können. Passierte aber nicht.
Jetzt entwertest Du aber ein wenig die Aussage deines eigenen Artikels, @Justin. Du schilderst immerhin einen Spielzug, an dem (zunächst) fünf Feldspieler beteiligt waren (bis Vidovic mit Kimmich einen weiteren Spieler einbezog, weil er die Unordnung bei Tottenham nicht genutzt hatte). Das lässt einen ja schon hoffen, dass sich etwas ändern wird unter Kompany. Gab es denn solche Spielzüge zu Kovac-Zeiten … ?
Hoffen wir mal, dass die von dir beschriebenen Abläufe in den nächsten zwei Wochen weiter verinnerlicht werden (immerhin sind jetzt auch die EM-Spieler im Kader). Dann steht das Pokalspiel in Ulm an (die zweite Liga spielt ja schon). Da darf es kein zweites Düren geben, sonst brennt bereits das Dach.
Es ist ja immer schwer, den Trainer anhand von Fernsehbilder zu bewerten.
Aber den meisten Einsatz bzw. das meiste Leben, hat man bei Kompany genau in diesen Momenten des Ballverlustes gesehen, wenn es an das Umschalten in die Defensive geht.
Man sah in da mit beiden Armen rudert, die Richtung (nach hinten) anzeigend, hereinrufend.
Wie er in einem Interview vorab, schon so richtig wie banal und sinngemäß sagte: Abwehrarbeit ist immer eine Gemeinschaftsaufgabe.
Prima, dann kann man Palhinha ja wieder verkaufen
Der wird dann Thomas Tuchel folgen.
Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass es eine Skala gibt, um es mal metaphorisch zu erklären:
Maximal statisch ist meinetwegen die 1 und maximal dynamisch ist meinetwegen die 100
Auf 1 hast du ein maximal statisches System, in dem du die Abstände zueinander immer halten kannst. Bedeutet aber gleichzeitig, dass du sehr wenig Bewegung in der Offensive hast und sehr wahrscheinlich keine Tore erzielen wirst.
Auf 100 hast du ein maximal dynamisches System, in dem der Innenverteidiger plötzlich Sechser, der Außenstürmer plötzlich Neuner und der Sechser plötzlich Zehner ist. Du verwirrst deinen Gegner, öffnest Räume, verlierst aber auch mal den Ball und hast dann Spieler in Positionen, die du dort nicht haben willst. Dazu kommen riesige Abstände, die es erschweren, einen Ballverlust zu verteidigen.
Nun habe ich eine Szene exemplarisch analysiert, die zeigt, dass Kompany den Regler womöglich wieder mehr in Richtung Dynamik verschiebt. Ob das aber bedeutet, dass man vorher bei 30 war und in Zukunft bei 40, 50 oder 60 ist, lässt sich noch gar nicht absehen.
Die analysierte Szene ist keine Revolution. Sie ist dynamischer als das, was man unter Tuchel meistens sah. Aber sie ist auch nicht gefährlich dynamisch. Natürlich hat man bei einem Ballverlust lieber Boey als Rechtsverteidiger als Gnabry, aber dramatisch wäre ein Ballverlust hier nicht geworden und es ist ein Risiko, das man eingehen kann. Schlimmer wären große Abstände zueinander, Boey auf der Neun und Tel als Rechtsverteidiger.
Insofern: Ich sehe im Moment keinen Anlass zur Sorge, dass Kompany den Regler so weit in Richtung 100 schiebt, dass man wegen solcher Positionswechsel defensiv anfällig wird. Die Hauptgründe für die bisherigen Gegentore und Chancen der Gegner sehe ich woanders.
Dynamische Rotation der Positionen. Das ist Totaler Fußball für Sie. Sie müssen dynamisch gegen Teams mit hohem Pressing spielen. Unter Tuchel war der Spielaufbau schrecklich. Man sieht, dass in diesem Bereich unter Kompany gearbeitet wird (was gut ist). Beim Tuchel-Fußball ging es um statische Kontrolle, aber die Mannschaft kassierte viele Gegentore.
Daran musste ich in der Tat bei @Justin’s Beschreibungen auch denken.
Wobei ich die Vorwürfe an Tuchel nicht teilen möchte. Tuchel bekam Kane und Kim. Aber keine Mittelfeldspieler.
Die große Hoffnung in Kompany ist ja, ob er eine neue „Idee“ vermittelt. Ob er der „Fußballlehrer“ sein wird, den man sich bei Nagelsmann und Tuchel erhofft hatte.
(ich gebe mich gerade einem leicht irrationalen „off-season-Optimismus“ hin …)
Ernsthaft: Was für Spieler braucht man für die im Artikel beschriebene Spielsituation? Spieler, die handlungsschnell sind, Spieler, die fünf Abspiele vorausdenken können (Müller? Fritz Walter, am Ende gar Kimmich)? Einen co-Spielertrainer, der solche Systeme ansagt (Müller?). Pass-sichere Spieler (Laimer kann das nicht). Antrittsschnelle Aussenbahnspieler (Gnabry, Davies (!)).
Vor allem wird man polyvalente Spieler benötigen. Bei denen nicht gleich „Land unter“ ist, wenn sie mal vor einer positionsfremden Aufgabe stehen.
Ich denke, es wird spannend, was Kompany von seinen Spielern verlangen wird. Und welche Spieler das dann erfüllen
Die aus den Vorjahren gewohnten Startaufstellungen könnten ordentlich durcheinander gewirbelt werden.
Wie es der Teufel oder wer auch immer will, kenne ich Herrn Diederich persönlich. Und nicht nur vom „Hallo-Sagen“. Der Mann ist zurückhaltend und keine Rampensau, aber wenn er eines NICHT ist, dann ist das „peinlich“!
Es gab unter Tuchel weniger Angriffspressing (weit in der gegnerischen Hälfte). Das Pressing erfolgt in der Regel als Mittelfeld- oder Abwehrpressing. Der Fokus wird unter Kompany bei gegnerischen Ballbesitz auf hohe Ballgewinne sein. Unter den Offensiven wird die Spielweise meines Erachtens vor allem Müller und Gnarby und mit Abstrichen Kane und Sane entgegen kommen. Daher steht Coman auch auf der Liste für mögliche Abgänge. Wobei ich ihn persönlich behalten würde, da er im Kader als einziger als originärer Flügelstürmer agieren kann. Ich würde eher Tel verleihen, damit er Spielpraxis bekommt und Vidoivic den Kaderplatz geben. In wie weit Olise gut im Angriffspresing funktioniert kann ich nicht sagen, dafür war er in England beim falschen Verein. Im Mittelfeld sollte eigentlich Laimer als altes RB-Kind mit diesem Pressing sehr gut klar kommen. Aufgrund des Angriffspressings steht die Abwehrkette auch höher und man benötigt schneller Spieler, daher ist nun Dier hinten dran und de Light wurde verkauft. Der FCB geht nun einen Weg, bei der der Trainer wieder mehr bei den Transfers mitreden kann, was nach meinem Dafürhalten nicht verkehrt ist. Rotation ist bei der derzeitigen Kadergröße ein Muß!
Das ist in der Tat eine spannende Personalie. Es ist noch lägst nicht ausgemacht, dass Laimer zu einem „Kompany-Verlierer“ wird. Ganz im Gegenteil, mit Laimer im offensiven Mittelfeld hat Kompany vielleicht sogar viel Variabilität, etwa in schwierigen ko-Spielen.