THEMEN: KIMMICH - STANDARDSITUATIONEN
Mich würde interessieren, was Ihr über die Ausführung der Standards beim FC Bayern München denkt.
Schon längere Zeit wundere bzw. ärgere ich mich darüber, dass Kimmich bei uns soviele (in manchen Spielen sogar fast ALLE) Eckstöße sowohl von links als auch von rechts schießt.
Gibt es dafür irgendeinen objektiven Grund?
Was m.W. noch kaum diskutiert worden ist, ist der damit einhergehende enorme Zeitverlust, der unser Angriffsspiel immer wieder verlangsamt.
Schon oft habe ich mir die Haare gerauft, wenn wir einen schnellen Angriff spielen und dann z.B. ein Torschuss von Lewandowski oder anderen zur Ecke abgefälscht wird.
Dann sieht man immer wieder Kimmich, der z.B. kurz hinter der Mittellinie an der rechten Außenlinie steht, im Trab-Tempo zur linken Eckfahne joggen. Wenn er sich dann den Ball zurechtlegt oder dessen Position womöglich noch einmal mit den Händen korrigiert, dann 5 Sekunden lang einen oder beide Arme senkrecht in die Luft hält und danach erst Anlauf nimmt, dann vergehen zwischen Eckball-Pfiff und Ausführung insgesamt manchmal unglaubliche 30-40 Sekunden oder länger.
Unser Angriff wird dadurch unzumutbar lange verzögert.
Wenn Kimmich auf solche Art das Tempo rausnimmt, ist bis zur Ausführung des Eckballs auch noch der letzte gegnerische Spieler, der vielleicht schon in unserer Spielhälfte stand, zurück in den eigenen Strafraum geeilt, und die Verteidigung hat alle Zeit der Welt, um sich in Ruhe zu positionieren usw.
WENN Kimmich ein solch überragender Eckballschütze wäre, dass jede 2. oder 3. Ecke von ihm zu einer guten Torchance führt, dann wäre das ja vielleicht in Kauf zu nehmen.
Da dies jedoch eindeutig nicht der Fall ist, halte ich die offenbar interne oder von Nagelsmann vorgegebene Absprache, dass Kimmich fast alle Eckstöße schießt, für kontraproduktiv.
Gibt es eigentlich irgendwelche halbwegs objektiven Bewertungskriterien oder Statistiken darüber, wie die Qualität von Kimmichs Eckbällen im Vergleich zu anderen FCB-Eckballschützen sowie zu Eckballschützen anderen BL- oder europäischen Mannschaften einzuschätzen ist?
Mein Eindruck ist jedenfalls, dass Kimmichs Eckbälle oftmals höchstens von durchschnittlicher Qualität sind. Und wenn das der Fall ist, kann es sich ein Spitzenteam wie unseres einfach nicht leisten, immer wieder unseren Angriffsschwung dermaßen auszubremsen.
Wenn Ihr Euch vorstellt, dass wir in einem Spiel vielleicht 10-15 Eckbälle haben, wieviele MINUTEN unserem Spiel dann insgesamt dadurch verlorengehen, dass 22 Spieler jeweils 30-40 Sekunden in der Gegend herumstehen und abwarten müssen, bis Kimmichs Ecke endlich in den Strafraum segelt…
Hunzu kommt noch, dass er den ganzen langen (und m.E. überflüssigen) Weg z.B. von rechts in Höhe der Mittellinie bis zur linken Eckfahne hinterher ja auch wieder zurücklaufen muss, um in wieder in der ihm zugedachten Position im mittleren bzw. halbrechten (defensiven) Mittelfeld anzukommen, was sich als fatal erweisen kann, falls sein Eckball in einen sofortigen Tempo-Gegenstoß mündet und er dann hinten fehlt.
Vermutlich wird sich bei seinem Eckball dann ein anderer unserer Spieler nach hinten orientieren und seinen Platz einnehmen, aber das bringt dann ja noch mehr Durcheinander in unser Stellungsspiel, und ich Frage mich: WOZU der ganze Aufwand?
Kimmich verlangsamt dadurch unsere Angriffe nicht nur beträchtlich, sondern das ganze geht auch unnötig auf Kosten seiner Kondition. Diese „Körner“ sollte er sich doch lieber für das Spiel aufheben.
Ist es außerdem wegen des „Einwärts-Effets“ nicht tendenziell eher besser, wenn ein Rechtsfuß die Ecken von links und ein Linksfuß die Ecken von recht schießt?
Ich frage mich schon länger, was eigentlich der Grund für diese zeitraubende Bevorzugung von Kimmich als Eckballschütze ist. Ist es sein Ego bzw. Narzissmus, der ihn glauben lässt, er dürfe keine Verantwortung delegieren, und die anderen Mitspieler könnten es nicht so gut wie er?
Und wie kommt das bei den Mitspielern an? Muss sich z.B. ein zum Zeitpunkt des Schiedsrichter-Pfiffs vielleicht 10 Meter vor der linken Eckfahne stehender Sané nicht degradiert fühlen, wenn er von der Eckfahne wegtraben und erst abwarten muss, bis endlich „der Boss“ (= Kimmich) angejoggt kommt?
Ist es in Zeiten des heutigen Tempofussballs nicht besser, wenn einfach der am nächsten zur betreffenden Eckfahne stehende Spieler (bzw. z.B. der „Linksaußen“ Sané) sofort den Eckball schießt, so dass zwischen Eckballpfiff und Ausführung vielleicht nur 10 Sekunden vergehen, BEVOR sich die gegnerische Abwehr formiert hat und somit der Spielfluss nicht unnötig unterbrochen wird?
Hat nicht Pep Guardiola auch deshalb bevorzugt kurze Ecken schießen lassen, damit unser Angriffsschwung nicht versiegt und der Gegner gar nicht erst zur Ruhe kommt?
Ist hier auf MSR eigentlich schon einmal die Qualität und Effizienz aller unserer Standards untersucht worden, bzw. gibt es Datenbanken dafür? Es gibt ja Mannschaften, die ein Drittel oder Viertel aller ihrer Tore im Zusammenhang mit Standards erzielen (gehören z.B. Atletico Madrid oder Union Berlin nicht dazu?). Beim FCB finde ich nämlich nicht nur die Eckbälle, sondern auch die Freistöße und Einwürfe insgesamt noch „ausbaufähig“. Haben wir eigentlich einen Standard-Trainer? Ich glaube, nicht.
Ich kann mich erinnern, immer mal wieder Teams gesehen zu haben, in denen ein paar besonders geeignete Spieler (groß, lange Arme usw.) in Sonderschichten extra dahingehend trainiert worden sind, dass ihre langen Einwürfe von der Seitenlinie aus fast wie mit dem Fuß geschossene Flanken in den Strafraum segeln. Würde sowas unserem Angriffsspiel nicht auch gut tun?
Wenn wir im weiteren Verlauf der CL z.B. auf europäische Spitzenteams stoßen, gegen die wir spielerisch bzw. kombinatorisch nicht so leicht zu Torchancen kommen wie gegen die schwächeren Bundesliga-Teams, wäre es da nicht ein unschätzbarer Vorteil (für den sich Sondertrainings lohnen würden), wenn wir durch Eck- und Freistöße sowie lange, „flankenähnliche“ Einwürfe pro Spiel zu 2-3 Großchancen kommen würden?
Gibt es Statistiken darüber, wieviel (oder besser: wie wenig) Prozent der Kimmich-Flanken zu klaren Torchancen führen?
Zum Schluß noch eine Verständnisfrage: schon seit Jahren wundere ich mich darüber, dass Eckballschützen (Kimmich z.B. tut das praktisch jedes Mal, fast so vorhersehbar wie Neuers „Reklamierarm“…) vor dem Anlauf zum Eckball immer diese seltsame Zeremonie inszenieren (wodurch wieder 5 weitere Sekunden bis zur Ausführung verlorengehen), wie ein Feldherr einen oder manchmal sogar beide Arme senkrecht in die Höhe zu halten.
Warum tun sie das? Soll darin irgendeine kryptische Botschaft für die eigenen Stürmer verborgen sein wie z.B. „Achtung, ich schieße den Ball in Kopfhöhe“?
Oder aber: „Ein Arm hoch = der Ball geht auf den kurzen Pfosten“ und „Zwei Arme hoch = der Ball geht auf den langen Posten“???
Wenn ja, fände ich das ziemlich albern, denn es werden doch nur selten Eckbälle in Fußhöhe in den Strafraum geschossen, weil die Gefahr zu groß ist, dass sie nicht durchkommen.
Und wenn sich das Armhochstrecken auf den kurzen oder langen Pfosten bezieht, wäre diese Botschaft doch auch von gringem Wert, da die gegnerischen Abwehrspieler dadurch ja genau dieselbe Information erhalten.
Es wäre doch geradezu dämlich, dem Torhüter vorher anzukündigen, wohin die Ecke zielen wird…
M.a.W.: Als dynamischer Mittelfeldspieler und „Motor“ unseres Spiels schätze ich Kimmich SEHR.
Aber diese oben beschriebene, m.E. viel zu zeitaufwendige „Zelebrierung“ seiner (im Endeffekt dann auch noch ziemlich mittelmäßig geschossenen) Eckstöße, für die er oft erst 40 Meter hin und nach Ausführung wieder 40 Meter zurück laufen muss, halte ich für nicht optimal.
Mein Wunsch wäre, dass sich bis zu den CL-K.O.-Runden hieran (und auch ganz generell an der Effizienz unserer Standards) noch etwas ändern wird.
Wie seht Ihr das?
Viele Grüße und Daumendrücken für das Spiel gleich in Berlin!
Mondrianus