Zwischendurch zur Entspannung von der unerträglichen Anspannung.
Was passt besser zum Deadline Day als High Noon.
Ich glaube in der Schaltzentrale an der Säbener geht es aktuell eher so zu…
…und jetzt so…
Textauszug:
We been talkin′ 'bout Jackson
Ever since the fire went out …
Zum Abschluss des Transferfensters: „Take it easy“ von den Eagles. Meine Lieblingszeile:
„We may lose and we may win
Though we will never be here again
So open up, I’m climbin’ in
So take it easy“
Ein heißer Junitag im Leflore County, Mississippi. Die Familie, von der dieser Song handelt, geht ihrer Arbeit nach – die jugendlichen Kinder, ein Sohn und eine Tochter, sind draußen auf dem Feld und kümmern sich um die Baumwollernte, Mutter bereitet das Mittagessen vor und Vater liest die Zeitung.
Als die beiden reinkommen, erzählt ihnen die Mutter den neuesten Tratsch aus dem Dorf. Ein junger Kerl – man stelle sich das einmal vor! – habe sich am Tag zuvor von der Brücke gestürzt. Also wirklich!
Der Vater brummt nur, dass der Kerl schon immer keinen Funken Verstand gehabt habe. Könnte ihm vielleicht mal jemand die Kekse rüberreichen?
Der Bruder erinnert sich, dass er mit diesem Burschen – er heißt Billie Joe McAllister – früher immer seiner Schwester Streiche im Kino gespielt habe; Frösche in den Ausschnitt stecken und so. Komisch… und jetzt isser tot. Ob er vielleicht – man ist schon zum Nachtisch übergegangen - noch ein Stückchen Apfelkuchen haben könne?
Endlich fällt der Mutter auf, dass ihre Tochter stumm und ohne was zu essen am Tisch hockt. Was sie sich einbilde?! Sie habe sich doch solche Mühe gegeben! Ach, und übrigens – am Sonntag komme dieser nette, junge Priester zum Essen vorbei… Der habe, erwähnt sie nebenher, auch erzählt, dass er die Tochter (oder jemanden, der ihr sehr ähnlich sehe) neulich oben auf der Brücke gesehen habe, mit Billie Joe zusammen, und die beiden hätten irgendwas in den Tallahatchie geworfen.
Spätestens an diesem Punkt wird dem Zuhörer deutlich, welche Tragödie sich möglicherweise – der Song verweigert eindeutige Antworten – hier abgespielt hat.
In der letzten Strophe des Liedes macht die Erzählerin einen Zeitsprung und berichtet lakonisch, was im Jahr danach aus ihrer Familie geworden ist: Papa ist gestorben, Mama hat allen Lebensmut verloren, ihr Bruder hat geheiratet und ist fortgezogen; nur sie selbst geht ihrem bisherigen Alltagsleben nach. Ab und zu wirft sie Blumen in den Tallahatchie River…
Man merkt schon an der langatmigen Zusammenfassung: Es wird viel scheinbar Nebensächliches erzählt in Bobbie Gentrys „Ode to Billie Joe“ (1967), und doch stellt jede Bohne, die verzehrt wird, jeder noch so banale Gesprächsfetzen beim Mittagessen ein Mosaiksteinchen dar, aus deren Zusammensetzung sich ein höchst differenziertes Bild des amerikanischen Südens, seiner sozialen Struktur und seiner Bigotterie in den 60er Jahren ergibt. Hat sich seither viel verändert? -
Der Song ist ein erzählerisches Meisterwerk in knapp viereinhalb Minuten und hat es ohne Probleme überstanden, dass er im Jahre 1976 zu einem Kinofilm von 105 Minuten Länge ausgewalzt wurde.
Bobbie Gentry war einige Jahre sehr erfolgreich im US-amerikanischen und britischen Showgeschäft, zog sich dann aber radikal aus der Öffentlichkeit zurück – so erfolgreich, dass sich Jill Sobule, eine US-Sängerin, 1994 besorgt fragte, Where is Bobbie Gentry? und sich dabei wieder und wieder auf die Ode to Billie Joe bezog. Jill Sobule selber kam übrigens im Mai dieses Jahres tragischerweise bei einem Hausbrand ums Leben.
Ode to Billie Joe: https://www.youtube.com/watch?v=RlPNjWEIrhQ
Where is Bobbie Gentry?: https://www.youtube.com/watch?v=099-EfA8DlM&list=RD099-EfA8DlM&start_radio=1
Wieder sehr schön aufbereitet… gern und bitte mehr davon!
Was die unvergleichliche Bobbie Gentry betrifft:
Ich empfehle, wer sie wirklich nicht kennt, als Einstieg gerne ihr „verlorenes“ Jazz-Album von 1969, das 2021 neu aufgelegt wurde:
THE WINDOWS OF THE WORLD.
heute Abend auf Arte:
Joan Baez - erst Doku, dann Konzert