Das ist ein total geiles Projekt, vielen Dank für den Tip. Let`s get united!
Playing for Change ist eines meiner absoluten Lieblingsprojekte, was Musik angeht. Da gibt es so viele tolle Coverversionen, die Menschen auf der ganzen Welt verbinden - und zusätzlich musikalisch auf oft ganz hohem Niveau. Ein Leuchtturmprojekt für mich, ohne Zweifel.
Mir haben es besonders ‚Ripple‘ und ‚The Weight‘ angetan.
Ich kann nur jedem empfehlen, da mal reinzuhören, so viele tolle Songs und Musikerinnen und Musiker!
Und einer gerade in diesen Tagen so wohltuenden Botschaft.
Jörg Hegemann und Stefan Ulbricht (beides Boogie-Woogie-Pianisten) mit dem Song „Sixth Avenue Express“ - ein großartiges vierhändiges Pianospiel (man beachte dabei vor allem die sprichwörtlich tanzenden Hämmer im geöffneten Klavier): das ist tolle „handgemachte“ Musik (egal, was man vom Boogie-Woogie hält):
Da kann ich ohne Oscar Peterson nicht an vorbei gehen. Vor allen anderen Pianisten war er der leuchtende Stern am Himmel meiner Klavierjugend. Wie so vieles am Klavier verdanke ich auch und vor allem ihn meinem Vater, der selber ein exzellenter Jazz-Pianist war.
Wir sind jahrelang nach Düsseldorf in die Tonhalle gepilgert, wenn Peterson Hof hielt (und mein Vatta hat ein Vermögen für die Karten ausgegeben). Noch heute habe ich beim Hören bestimmter CDs (meine ganzen Peterson-Platten lagern im Keller) Tränen in den Augen.
Peterson war vielleicht der Horowitz des Jazz - auf jeden Fall ein Pianist abseits jeder Schublade und jeder Entwicklung des Jazz. Seine Kritiker rümpften die Nase über sein Mainstream-Piano. Er schuf keine Neuentwicklung im Jazz - dafür aber sein eigenes Königreich. Hank Jones sagte über ihn: „Oscar Peterson is head and shoulders above any pianist alive today. Oscar is the apex. He’s the crowning ruler of all the pianists in the jazz world. No question about it.“
Und Duke Ellington nannte ihn den „Maharaja des Jazz-Pianos“.
Ich könnte Bücher über mein Leben mit Peterson schreiben. Heute will ich nur eines hervorheben: sein unglaubliches Stride-Piano der Linken Hand (quasi die Jazz-Variante der Linken Hand in Chopins Walzern und Mazurken => Basston - Akkord - Basston -Akkord im ständigen Wechsel, wobei die Bassstimme eine eigenständige Melodie -einen Walking Bass- formt).
Als Bewunderer von Art Tatum perfektionierte Peterson diese Technik der Linken Hand bis zu unglaublicher Virtuosität (die ich schlicht übermenschlich finde…).
Zwei Beispiele: Oscar Peterson „The Paris Concert“ von 1979 (neben dem Vienna-Concert, der letzten Live-CD vor seinem Tod, wohl mein liebstes Konzert - und das will was heißen: Peterson veröffentlichte weit über 100 Alben, von denen ich so um die siebzig in der Schublade habe)
mit Joe Pass (Gitarre) und dem sensationellen Niels-Henning Ørsted Pedersen am Bass. (NHOP wurde Peterson von seinem langjährigen Bassisten Ray Brown ans Herz gelegt mit den Worten: „Das ist der Einzige, den ich kenne, der vielleicht mit dir mithalten kann.“)
Peterson, Pass, Ørsted Pedersen mit
„Bennys Bugle“. Eigentlich ein simpler Blues. Auf den ersten Blick…
(Ab Minute 4:25 wird’s brutal…für alle, die glauben, Boogie-Woogie zu kennen…)
Aber auch das Four-Four-Four der drei Verrückten zu Beginn der Aufnahme zieht mir auch beim tausendsten Hören immer noch die Schuhe aus…
Und Nummer Zwei ist das Paradestück von Peterson, sein Rausschmeißer in jedem seiner über 1000 Konzerte: „Sweet Georgia Brown“. Hier in der Version Piano und zwei Bassisten - mit seinen beiden langjährigen Wegbegleitern Ray Brown UND Nils Pedersen gleichzeitig (!!!) vom Album „Live at Montreux 1977“. Auch hier zuerst die Audio-Version.
Es gibt davon auch einen Video-Mitschnitt - leider in grottiger Akustik-Qualität. Wer aber versuchen will, einen Blick zu erhaschen, wie Nils Pedersen sein Solo spielt, dem sei Minute 2:20 empfohlen. Ich habe dergleichen auf dem Kontrabass weder davor noch danach je wieder gesehengehört.
Der Solo-Part für Liebhaber des eskalierten Stride-Pianos beginnt nach Pedersens Solo bei 3:00.
Viel Vergnügen mit „handmade jazz at its best“.
Zum einen möchte ich die Filmreihe Small Axe bei ARTE vorstellen. des britischen Regisseurs Steve McQueen aus dem Jahr 2020, die er für die BBC inszenierte. Sie besteht aus fünf Filmen unterschiedlicher Länge, die über die Lebenswelten karibischer Einwanderer in London zwischen 1969 und 1985 berichten. Der erste und längste Film Mangrove erzählt vom Kampf der schwarzen Bevölkerung gegen Polizeigewalt und -willkür in den 1960er-Jahren, während der kürzeste Teil Education das rassistische Schulsystem Englands thematisiert. Mit Ausnahme von Lovers Rock , der eine junge Frau beim heimlichen Besuch einer Party begleitet, basieren alle Teile auf historischen Ereignissen beziehungsweise realen Biografien.
Zum anderen und eigentlichen picke ich mir für diesen Thread den Film Lovers Rock heraus, weil dieser mit einem tollen Soundtrack hinterlegt ist.
Entwickelt wurde Lovers Rock als Gegenbewegung zu dem eher militanten Stil des Roots-Reggae und wurde hauptsächlich von amerikanischen R&B und dem gefühlvollem Soul des jamaikanischen Rock Steady Sounds der sechziger Jahre beeinflusst. Trotz des Stils, der mit einer Anzahl an größeren UK Chart Hits zwar Mainstream-Erfolge erzielte, wurden die Mainstream-Medien erst auf das Genre aufmerksam, nach der Vorstellung von Steve McQueens preisgekrönter BBC TV Serie von 2020 »Small Axe«, in der eine Folge dem Lovers Rock und dessen Einfluss auf die britische Kultur gewidmet ist.
Mein Highlight ist Silly Games / Janet Kay, das im Laufe des Films von den Partygästen nochmals als eine Art von Acapella gesungen wird. Einfach toll.
Brian Wilson, Sänger und Mitbegründer der Beach Boys ist leider verstorben - ein ewig Suchender auf dem Weg zum „perfekten“ Song. Ihm zu Ehren daher der Song „Little Honda“ - ein Stück Zeitgeschichte und Lebensgefühl (auch im Video), vor allem angesichts der „lokalen Übermacht“ Harley Davidson in den USA:
Wahrscheinlich mit das größte Genie, das die Pop-Welt je gesehen hat.
Was den „perfekten“ Song betrifft:
Mindestens einmal hat er ihn gefunden.
Die Welt ist wieder sehr viel ärmer. Ich hoffe, Brian hört, wo immer seine Seele jetzt ist, die Klänge, die er immer im Kopf hatte. Dann kann es nur himmlisch sein. Ruhe in Frieden - und danke, danke, danke für unfassbar schöne Musik.
„Good vibrations“ ist übrigens auch nicht sehr weit entfernt von einem perfektem Pop-Song, finde ich. Es gibt so vieles von den Beach Boys, was man diesbezüglich zitieren könnte und müsste:
Möge Brian in Frieden ruhen, seine Songs bleiben uns erhalten.
Natürlich kann ein Film weder Zeit noch Musik der Beach Boys wiederaufleben lassen.
Aber „Love&Mercy“ war 2014 verdammt nah dran
Mit einem großartigen Schauspiel-Ensemble (Paul Dano, John Cusack, Paul Giamatti und Elizabeth Banks), einem fantastischen Soundtrack sowie der tragischen Geschichte um die toxische Beziehung zwischen dem umstrittenen Promi-Therapeuten Eugene Landy und seinem langjährigen Patienten Wilson - und der wunderbaren Liebesgeschichte zwischen Brian Wilson und seiner zweiten Frau, Melinda Ledbetter, die vor anderthalb Jahren starb.
Rest in Peace, Brian.
Und grüße Odysseus von uns - ihr beiden seid garantiert in derselben Abteilung untergebracht…
Ich liebe diesen Film…
Es gibt da einen besonders magischen Moment:
Als Paul Dano als junger Brian all die Studio-Cracks versammelt, um mit ihnen PET SOUNDS einzuspielen. Der Rest der Beach Boys zweifelt ein wenig an diesen seltsamen, schrägen, überkandidelten Sachen (wo sind die Party-Songs?), aber Brian schwebt da was vor. Also holt er sich die besten Musiker an ihren jeweiligen Instrumenten, die zu kriegen sind, absolute Super-Profis allesamt.
Er teilt die Noten für GOD ONLY KNOWS aus und lässt die Jungs und Mädels einen Block draufwerfen…
Das spricht ihn eine der Musikerinnen an:
Brian, sorry, kannst Du mal schauen? Irgendwas kann da nicht stimmen…
Und Brian schaut aufs Notenblatt, lächelt und sagt:
Doch, doch, das passt schon so. Ich hör das so in meinem Kopf…
Die folgende Session und wie sich dieses Meisterwerk Stück für Stück entwickelt zu beobachten, ist pure Magie. Und dank dieses Films konnten wir dabei sein - ich krieg heute noch Gänsehaut.
Dabei macht es einem LOVE & MERCY gar nicht einfach, indem er zwischen den Ebenen des jungen aktiven Musikers und des psychisch kranken älteren Mann wechselt. Noch dazu, weil Paul Dano dem jungen Brian Wilson fast aus dem Gesicht geschnitten ist, während John Cusack (der das zwar wirklich toll spielt) nicht nur keineswegs so aussieht wie Brian Wilson, sondern vor allem auch überhaupt nicht wie Paul Dano! Dadurch hat man fast das Gefühl, zwei verschiedene Filme zu sehen. Großes Lob also auch an den Schnitt und die Regie.
Giamatti hat natürlich auch eine undankbare Aufgabe: Er spielt eines der größten Arschlöcher, das jemals auf der Leinwand zu sehen war. Wie er das macht, hätte aber sämtliche Schauspielpreise verdient. Und so kann Elisabeth Banks als rettender Engel glänzen…
Wenn man weiß, dass all das wirklich so passiert ist, kann man eigentlich nur dankbar sein, dass Brian doch so ein schönes Alter erreicht hat, dass er weiter Musik gemacht hat und seine psychischen Probleme halbwegs im Griff hatte.
Ich glaube nicht, dass er die Klänge, die er im Kopf hatte, wirklich je komplett auf Platte bannen konnte, was eine Tragik für sich darstellt. Aber für uns Normalsterbliche waren so viele wunderschöne Sachen dabei…
Hier vielleicht noch ein Ausschnitt einer nicht ganz so bekannten großartigen Platte:
Seine Zusammenarbeit mit dem kongenialen Van Dyke Parks.
You name it.
Schon seit vielen Jahren ist Giamatti auf meiner persönlichen Hot-List der am wenigsten ausreichend gewertschätzten Schauspieler Hollywoods - wandlungsfähig wie ein De Niro.
(Trotz seiner drei Golden Globes…)
Seine Darstellung eines von Ehrgeiz, Neid und Eifersucht zerfressenenen Staatsanwaltes in „Billions“ hat mich immer wieder beeindruckt und zugleich sogar verstört - teilweise konnte ich nicht weitersehen, so stark ist das gespielt.
Kontrollsüchtige Psychopathen kann Giamatti wie kaum ein zweiter.
Aber offtopic - zurück zur Musik.
Im Schatten von Brian Wilson ist hier ungewürdigt ein weiterer Star der Musikszene am 9.6.25 verstorben. Sylvester „Sly Stone“ Stewart und seine „Familie“ sind neben James Brown die Begründer des Funk. Sie fusionieren Mitte der sechziger Jahre den Soul mit dem Rock und es entsteht dabei ein „Whole New Thing“. Sly tritt gegen den zuckersüßen Sound von Motown und Stax an. Dies tut er durch die Kombination der rhythmischen Energie des R’n’B, der Wildheit des Rock und des harmonischen Schmerzes des Soul. Das alles integriert die Band perfekt und so entsteht ein Offenbarungsritual, das 1969 in Woodstock 400.000 Menschen zu einem legendären „I Want To Take You Higher!“-Call-and-Response veranlasst. RIP
Legende!
Mit 15 fand ich Klaus Lage mittelprächtig - stand eher auf Wolfgang Niedecken.
Wenns heute in der Oldie-Wackelbude auf irgendner Party noch mal „Zoom“ macht, ist die Tanzfläche gerappelt voll.
Aber traut sich ja kaum noch einer zu spielen inner Disco…
Dass Du „Disco“ sagst, entlarvt übrigens sehr hübsch unser gemeinsames Alter, Alter…
Heutzutage heißt das doch Club, nicht wahr?
Mal unabhängig von Verkaufszahlen usw. die ich gar nicht kenne, was war das für ein Megahit.
Schöne, nostalgische Erinnerungen.
Es heißt auch nicht mehr „Alter“, Bro.