Das ist einfach südamerikanischer Fußball in all seinen Facetten und ist da auch normaler Ligaalltag. Entweder man liebt es oder man hasst es. Dazwischen gibt es wenig.
Ich habe mal kurz eine Quelle dazu gesucht. Hier von der DFL/Bundesliga:
- Kein besonderer Schutz für den Torwart: Als hartnäckiges Gerücht hält sich die Behauptung, es gelte im Torraum ein besonderer Schutz für den Torwart. Zurückzuführen ist das auf eine im DFB-Regelwerk bis 2012 enthaltene Anweisung: Sie besagte, dass der Torwart nicht gerempelt werden darf – es sei denn, er hält den Ball. Seit der Saison 2012/2013 bewerten Schiedsrichter die Zweikämpfe zwischen Feldspielern und Torhütern im Fünf-Meter-Raum jedoch nach den gleichen Kriterien wie bei einem normalen Zweikampf im Mittelkreis.
So weit ich weiß, gab es diese Formulierung auch nur in deutschen Regeln. Bei der FIFA gab es das, glaube ich, auch früher schon nicht. Da bin ich mir aber nicht sicher.
Ich nehme eigentlich kaum noch war, dass Schiedsrichter bei Eckbällen irgendetwas machen. Egal ob Feldspieler oder Torhüter. Im Zweifelsfall lassen sie es eh vom VAR checken.
oder wenn Donnarumma umfällt.
Ja, das nennt man andere Kultur. Und auch wenn man vieles nicht nachvollziehen kann muss man nicht immer gleich urteilen. Ich versichere Dir, einem Südanerikaner ist die deutsche Mentalität auch in ganz vielem fremd und unverständlich. In 18 Jahren hier hab ich mich aber nie irgendwie beurteilt gefühlt.
Warum ein Boca-Fan bei einem Tor in der Vorrunde weint? Weisst Du wie das Leben dieses Fans ins Argentien aussieht? Wie gross der finanziellen Aufwand für ihn ist, dort dabei zu sein? Oder wie lange er als Immigrant in den USA lebt und darauf gewartet hat, dieses Spiel zu sehen? Welchen Stellenwert die Klub-WM in Südamerika hat? Ich persönlich kann diese Emotionalität auch nur schwer nachvollziehen, sehe aber da nichts Negatives.
Zum Spielstil: Eine Mannschaften wie Boca Juniors dürfte in etwa die finanziellen Mitteln wie ein St Pauli haben. Die sind qualitativ von den Einzelspielern den europäischen Mannschaften hoffnungslos unterlegen. Also versuchen sie es mit „Raça“ wettzumachen. Zugegebenerweise übertreiben sie es damit bisweilen, aber das ist der Reiz dieses Wettbewerbs: Underdogs gegen Weltelite. Naturgemäss für die Underdogs reizvoller als die Superstars.
Die Emotionalität der Argentinier ist leicht zu erklären, sie sind ja Nachfahren von Italienern und Spaniern. Leider haben sie von beiden nur die Emotion und keinerlei Ratio vererbt bekommen. Beim Fußball ist das immer besonders heftig. Wenn Du im Stadion auf einmal die eigentlich ganz manierlich bürgerlich erscheinende Dame neben Dir aufspringt und im allerschlimmsten fluchenden Spanisch den Schiedsrichter fünf Minuten lang verflucht, dann weißt Du in welchem Land Du bist.
Ich weiß nicht, was Raca heißt, aber Unsportlichkeit hat nichts mit „Underdog“ zu tun. Und das, was du den „Reiz dieses Wettbewerbs“ nennst, soll es ja laut FIFA eben nicht sein. Sondern da misst sich aus deren Sicht die Elite der Elite des Klubfussballs und krönt den wahren Champion. Sei’s drum.
Deine Gedanken zum Hintergrund der Fan-Emotionen hatte ich auch, kann ich auch nachvollziehen. Und (ver)urteilen tu ich das bestimmt nicht. naja, vielleicht ein bisschen, wenn ich es „theatralisch“ nenne. Sorry dafür.
Ups, das kann dir in der AA neben mir (auch wenn ich keine manierliche Dame bin) aber auch passieren. Wobei die Tirade bei mir eher nach 50 Sekunden wieder vorbei ist.
Als ob die Bayern nicht genauso ständig gemotzt hätten und bei vielen Foulspielen nicht auch auf Theatralik gesetzt hätten (war es Kimmich der sich erst tot stellt und dann als es kein Foul gab schnell wieder aufsteht und nach hinten eilt?). Sei’s drum, schaue auch fast keinen südamerikanischen Fussball, weil er qualitativ einfach nicht dem europäischen Niveau entspricht. Ja, die Schiedsrichter auch nicht. Dieses deutsche Naserümpfen kann ich aber einfach nicht ab.
…und galt vorher auch nur in der Luft.
Abgesehen davon, wenn der Schiri die Szene gleich (noch vor dem Eckball) abpfeift, sagt keiner etwas. So sehe ich das Foul auch eher auf der Seite des Torhüters.
Ich kann diese Emotionalität mehr als nur nachvollziehen. Habe in einem Video einen 10 oder 12 jährigen Jungen in Miami gesehen, der sagte: Für die Eintrittskarte habe ich meine PlayStation verkauft, und mein Vater hat Nachtschichten geschoben.
Da habe ich auch Tränen inne Augen.
Und @basti31
Italien und Spanien - keinerlei Ratio - naja.
Italien: Marc Aurel. Cicero. Seneca. Caterina di Medici. Lucrezia Borgia. Galileo. Da Vinci. Dante. Franz von Assisi. Maria Montessori. Raphael. Rossini, Monteverdi , Puccini, Vivaldi, Verdi. Guglielmo Marconi. Luigi Pirandello. Dario Fo.
Spanien: Ortega y Gasset. Cervantes. Garcia Lorca. Paolo Coelho. Antoni Gaudi. Mario Vargas Llosa. Isaac Albeníz. Manuel de Falla. Joaquin Rodrigo.
Alle ohne Ratio? Nur Emotionen zu vererben?
Bereits online:
Ich hatte es was die Härte und „Sportlichkeit“ auch schlimmer erwartet. Das war doch maximal ein durchschnittliches Atletico Madrid von den Aspekten.
Gibt ja in der Genetik dominante und rezessive Merkmale Im Ernst: Er hatte es glaube ich so gemeint, dass obwohl Italiener und Spanier Ratio haben, diese eben bei der Vererbung „verloren“ gegangen sein muss, das war kein Angriff auf Italiener und/oder Spanier. Und, hoffentlich, auch überhaupt nicht 100% ernstgemeint, da ja auch den Argentiniern gegenüber fies.
Mir geht die von mir selbst ausgelöste Debatte gerade in eine vollkommen falsche Richtung. Nur weil mich das Verhalten einer Mannschaft nervt und deren Fans wundert, kritisiere ich ja keine Nationalität, Kultur oder Bevölkerung insgesamt. Deshalb würde ich das auch nicht als „deutsches“ Naserümpfen bezeichnen, vielleicht gibt es ja auch Deutsche, die das schön/angemessen finden. Wogegen ich mich allerdings verwehren will ist die Aussage von @cj76 , die beiden Mannschaften wären diesbezüglich (Theatralik, Fouls, Meckern) auf einem vergleichbaren Niveau gewesen.
Schon bei der WM 1958 durfte der deutsche Kapitän, Hans Schäfer vom 1. FC Köln, den tschechischen Keeper mitsamt dem Ball zum Anschlusstreffer ungestraft ins Tor rammen. War natürlich vor meiner Zeit, ist aber eine berühmte Szene.
Sei mir nicht böse, aber das ist Quatsch! Von den Defensiv-Grundanlagen steht Aznou definitiv besser da als Rapha. Der Satz müsste richtig lauten: „Man lässt ihn nicht in die Rolle von Guerreiro schlüpfen“!
Kann man hier begutachten.
Ich hatte glücklicherweise die Chance, das Spiel gestern live im Hard Rock Stadium zu verfolgen.
Der Spielbericht fasst es gut zusammen. Hier meine ungeordneten Eindrücke vom Spielfeldrand:
Die Mannschaft schien zu Beginn überrascht vom Hexenkessel. Ein vollbepacktes Stadion das zu 90% blau-gelb war und aus voller Kehle singt. Zweifellos eine einmalige Fankultur. Der Stadionsprecher tat sein bestes dagegen zu halten. Teilweise war es so laut, dass man das eigene Wort nicht verstanden hat. Die Sorge von @Georg dass wegen der aktuellen Politik viele Südamerikaner daheim bleiben, blieb (Gott sei Dank) unbegründet. [Edit: Kane bezeichnete es nach dem Schlusspfiff als „one of the best“ atmopsheres in seiner Karriere]
Mein intuitiver Gedanke war, dass ich seit langem richtig froh war Manuel Neuer auf dem Platz zu sehen. In so einer so aufgehitzten Stimmung mit einem „Out-of-Control“ Fanblock im Nacken, da ist Routine und Erfahrung ein wichtiger Faktor. Gut, dass nicht arme Urbig diesen Gang antreten musste und beim ersten Schuss das Zitterhändchen bekommt.
Angesichts dessen was zu erwarten war, konnte ich VK’s Aufstellung spontan auch nachvollziehen - nicht gleich das Zauberpakett, sondern eine etwas zurückhaltendere Startelf.
Die Mannschaft nahm die extrem harte Gangart des Gegners an, was ich stark fand. Die vielen, ruppigen, fiesen Fouls blieben früh ohne Konsequenz beim Schiedsrichter, der zweifellos vorsichtig war, die „Heimmannschaft“ gegen sich aufzubringen. Die Bayern-Spieler lamentierten nicht, sondern hielten dagegen. Im Gegensatz zum Liga-Alltag, in dem alle 5 Minuten diskutiert und am Boden gerollt wird, war das in gewisser Weise sogar wohltuend anzusehen.
Allen voran würde ich Konny Laimer nennen der im Kämpfermodus seine Erlösung fand. Er ackerte und biss sich rechts 90 Minuten durch. Dass es das Publikum irgendwann auf ihn abgesehen hatte, würde ich als Auszeichnung sehen. Hier kämpft klar jemand für seinen Startplatz.
Auffällig auch Jonathan Tah: vom Spielertypus ist er exakt die Mischung aus MdL und Upa. Ein großer, stemmiger IV, gleichzeitig laufstark und beweglich. Er spielte, als ob er jahrelang nichts anderes beim Verein gemacht hätte. Meine erste Meinung: das passt.
Auffällig am anderen Spektrum war Leon Goretzka. Selbst gegen einen spielerisch klar unterlegenen Gegner, wirkte er limitiert, machte mehrere haarsträubende Fehler. Als dann Pavlo kam, war mir irgendwie klar, dass Goretzkas Zeit einfach abgelaufen ist. Pavlo leistet nicht nur defensiv mindestens das, was Gore kann (ich würde sogar sagen da kommt noch mehr, da Pavlo die Spielzüge des Gegners früh antizipiert). Er strahlt auch deutlich mehr Ruhe und Übersicht im Spielaufbau aus. Ein weitererer Spieler, der leider immer noch nicht angekommen zu sein scheint, ist Stanisic. Beim Gegentor wurde er Boltzplatz-mäßig ausgespielt. Stark war, dass VK ihn danach direkt in den Arm nahm, tröstete und auf dem Platz ließ. Da hat der Trainer echtes Fingerspitzengefühl bewiesen.
Zum Spielverlauf wurde alles gesagt: das Dümmste war, trotz großer Chancen nicht nachzulegen und Boca ins Spiel zurückkommen zu lassen. Coman macht Coman-Dinge und der Schiedsrichter tat alles von seiner Seite: so passierte das 1:1 und entsprechend explodierte das 60.000 Mann Stadion.
Dass am Ende die spielerische Klasse des FC Bayern überwog (insbesondere Harry Kane und Michael Olise sind zu nennen - zweifellos die Spieler mit echter Weltklasse) ist nicht selbstverständlich und hätte auch anders ausgehen können. So war der Sieg angesichts des Spielverlaufs zwar mehr als gerechtfertigt, aber auch etwas unnötig - ein echtes Spitzenteam macht so ein Spiel in der ersten Halbzeit zu und minimiert mögliche Folgen (siehe unten).
Dazu ein Wort zu Bambi: ich würd es jugendlichen Elan nehmen, aber es schien er wolle der Welt erst einmal zeigen, was er im 1:1 alles so kann. Dass er gegen so einen Gegner dann natürlich entsprechend auf die Füße bekommt, wenn er sich gegen 3 Mann festrennt, ist meh als logisch. Insofern war das ziemlich unglücklich. Spontan musste ich an Florian Wirtz denken: was wäre gewesen, wenn ein echter Weltklasse 10er reingekommen wäre und den Spielaufbau noch einmal auf eine andere Ebene hebt. Er bringt Ruhe hinein, setzt offensive Akzente und legt Musiala für seine Dribblings auf. Einen solchen Spieltypus hätte ich inbesondere nach dem Ausgleich gerne gesehen, als die Mannschaft 10 Minuten in’s Schwimmen kam und dann reflexartig probiert, ihre Flügelsieler im 1:1 in Szene zu setzen. Aber das ist eine andere Diskussion. Immerhin konnte ich Thomas Müller ein letztes Mal noch einmal live erleben an einem insgesamt interssanten und erfolgeichen Bayern-Fußballabend.
@Bootsmann Mit „kann“ war das etwas missverständlich formuliert. Ich wollte eigentlich sagen, dass Bayern Aznou diese Rolle nicht zutaut und er deswegen diese Rolle nicht ausfüllen kann/darf.
Deswegen bin ich ja auch nicht dafür einen klassischen linearen Flügelspieler zu verpflichten sondern einen Spieler der sowohl Außen wie Innen in der Offensive spielen kann.
Genau richtig. Danke für die Klarstellung.
Und ich mag Argentinien. Sowohl Land als auch Leute, man muss sie halt so nehmen, wie sie sind. Es geht ja eher um Erklärungsversuche, warum die Lunte bei ihnen halt deutlich kürzer ist. Aber sie sind auch sehr schnell wieder entspannt. Früher nannte man das heißblütig. Das sind sie.