Im Profi-Bereich - und Mensch geblieben

Keine Ahnung, ob das bei euch Anklang findet, aber ich bin eigentlich durch den traurigen Verlust des Kaisers draufgekommen:

Ich würde in diesem Thread gerne Menschen nominieren (und über sie lesen), die sich in diesem oft abgehobenen, ausgeflippten, irren und durchgeknallten Business Profi-Fußball dadurch auszeichnen, dass sie Mensch geblieben sind.
So wie der Franz eben. In nahezu jedem Nachruf oder Kommentar tauchte der Verweis auf seine Liebenswürdigkeit auf, seine Zuwendung gerade für Menschen, die gesellschaftlich nicht ganz so im Blickfeld stehen, seien es Ordner oder Hilfskräfte oder wer auch immer.

Es ist mir in diesen Zeiten irgendwie ein Bedürfnis, diesen Thread zu erstellen - und sei es als Gegengewicht zu all den Beschimpfungen und Mecker-Orgien, die in unserem Forum natürlich auch weiterhin ihr Recht finden :wink:.
Mir geht es hier nicht um Heldenverehrung oder -verklärung, die Nominierten müssen keine Heiligen sein, die immer alles richtig machen. Sie sollten uns nur daran erinnern, dass dieses knallharte Geschäft auch Möglichkeiten bietet, mal zu schmunzeln oder uns selbst als Menschen in den Profis wiederzuerkennen.

Und meine erste Nominierung ist recht naheliegend:
CHRISTIAN STREICH.

Ich hoffe, @918 springt mir nicht gleich ins Gesicht, wenn er das liest:
Ich weiß, dass Du ihn nicht besonders magst, und das ist ja auch völlig in Ordnung. Aber die Worte, die Christian Streich zum Abschied vom Kaiser gefunden hat (wurden im Beckenbauer-Thread zitiert), findest Du bestimmt auch sehr bewegend und sympathisch…
Die Art, wie Streich Anekdoten erzählt, gerade auch in seinem badischen Dialekt, ist so unverfälscht, wie man nur sein kann. Natürlich ist auch er kein Heiliger, er selbst würde das sofort bestätigen: um zu gewinnen, tut auch er am Spielfeldrand alles für sein Team.
Aber trotzdem ist er, wie ich finde, auf die beste Art Fußball-Lehrer geblieben. Sprich, bei ihm merkt man immer auch das Didaktische, er würde, so denke ich, nie über (metaphorische) Leichen gehen oder vergessen, dass vor ihm ein Mensch sitzt.
Er reflektiert sich selbst, ist auch bestimmt nicht uneitel (sagt er selbst), und doch merkt man immer, dass er sich eigentlich nicht auf derselben Stufe sieht wie die sogenannten „Lichtgestalten“.
Sein gesellschaftliches Engagement mag manche nerven, aber unabhängig von einer politischen Färbung finde ich es bewundernswert, dass da jemand ist, der sich Gedanken macht über die Art, wie wir alle zusammenleben. Dabei würde er sich nie für etwas Besseres halten, er ist auch in der Lage, Selbstkritik zu üben.

Und nicht zuletzt sorgt er immer wieder für großen Unterhaltungswert.
Am liebsten erinnere ich mich an die Anekdote, wie er mal nach einem Duell gegen Pep’s Bayern auf die defensive Grundhaltung seine Teams angesprochen wurde:
„…Mir wollet scho gern auch mal den Ball. Aber die gebet ihn uns eifach net! Wegen mir wollet wir scho immer offensiv spiele - aber ohne Ball, wie soll des gehe - und die gebet ihn uns eifach net!!!..“

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@cheffe
Streich hat in jeder Hinsicht, wirklich in jeder Hinsicht, einen wahnsinnig tollen emphatischen, wie soll man das nennen?, Beitrag gebracht. Sehr bewegende Aussagen, auf den Punkt!

Als er davon sprach, Franz und Gerd waren alles für uns, hat er mich voll mitgenommen. Denn das waren sie. Da ich etwas älter bin darf ich sagen, dass ich schon 1970 alles sehr bewusst am Schirm wahrgenommen habe (jüngere werden sich das heute nicht vorstellen können wie es damals war, meine jedenfalls nicht).

Und natürlich ist er auch ein großartiger Trainer. Alles andere lasse ich jetzt und hier weg.

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Streich ist schon einmal eine gute Wahl.

Ich habe eine Zeitlang in der Michael Rummenigge Fußballschule als Trainer gearbeitet und dort den ein oder anderen Ex-Profi kennen gelernt. Da waren nette dabei und die anderen.

Wer wirklich 1:1 ist wie im TV, ist Horst Hrubesch. Bodenständig, auf dem Boden geblieben, etwas knorrig, aber von grundauf freundlich und sympathisch. Wenn der Geschichten erzählt von früher, dass er überlegen musste, ob er zu RW Essen wechseln soll, weil er als Zimmermann mehr Verdient hat, ist das schon sehr interessant.
Er kann mit jungen Spielern wie mit den Frauen arbeiten und bleibt authentisch.

Werde nochmal den ein oder anderen hier nennen.

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ich lese die Überschrift und denke in einer Millisekunde sofort an Streich - und dann schnappst du ihn mir weg… :stuck_out_tongue_winking_eye:

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Ich würde an dieser Stelle gerne Ewald Lienen erwähnen. Ein Zitat von ihm: „Viele glauben, man kann durchs Leben gehen und sich Vorteile verschaffen auf eine nicht sozialverträgliche Art und Weise. Ich glaube, dass man durch Korrektheit, durch Fairness, Toleranz, durch gegenseitige Achtung und Respekt auf lange Sicht mehr gewinnt. Das sind Lebensregeln, die universell sind, die habe nicht ich erfunden.“

Völlig egal, wie man seine politische Einstellung beurteilt:" Zettel-Ewald" war einfach ein „Typ“ und hat sich nie verbiegen lassen, auch nicht durch den Profifussball.

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vor nicht allzu langer Zeit habe ich bei RTL+ die Doku über Lienen gesehen - ein absoluter Top-Typ! :fist:t2:

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Eine charmante Idee.
Vielleicht etwas schwierig zu greifen, was man darunter zu verstehen hat, gerade bei Menschen die man in der Regel nicht persönlich kennt.
Umso interessanter wenn man, wie @Faenger, das mit eigenen Erfahrungen bereichern kann.

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Das stimmt. Abgesehen von Erfahrungen wie @Faenger’s sind wir da natürlich auf das medial vermittelte Bild angewiesen. Aber mal ehrlich, soviel Fußball und drumrum, wie wir alle kucken und konsumieren, könnte man uns da so sehr hinters Licht führen…? :wink:

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MMn ein entscheidender Punkt um eine Person wirklich dahingehend einigermaßen einschätzen zu können.
Also mMn sollte man diese dann schon mehrmals im persönlichen Rahmen getroffen haben, selbst die Möglichkeit gehabt haben persönlich gewisse Themen auch des Fußballs diskutiert zu haben.

Da kann ich eigentlich nur meinen früheren langjährigen Nachbarn Graham le Saux und Bernd Wehmeyer nennen, abgeschwächt auch Sven Goran Eriksson. Alles sehr sympathische zugängliche Typen. Felix Magath ist im persönlichen Gespräch so unsympathisch wie auf dem Schirm (merkwürdiger Kauz). Aber diskutieren kannst Du mit dem ohne Ende.

Intensive positive Eindrücke haben hinterlassen, Gerd und Uwe, Horst Hrubesch natürlich (siehe Faenger), Willi Reimann.

Merkwürdig oder unsympathisch oder schwer einzuschätzen fand ich in kurzen Begegnungen immer Harry Bähre und Manni Kaltz, Didi Beiersdorfer, Thomas Doll (was für ein Prolet).

Und wer meine damals noch jungen Mädels so abbürstet wie Michael Ballack in Twickenham muss natürlich ganz nach unten auf die Liste.

Außerhalb des Fußball fallen mir gerade Jean Louis Schlesser und René Metge ein- wenn Du mit denen in der Wüste hockst lernt man die natürlich besonders intensiv kennen. René Metge ist auch leider gerade verstorben (habe immer seine Worte im Ohr mit französischen Akzent , „rear wheel drive only?You are mad!“

Ps mir fällt gerade ein, Herbst oder Frühjahr saß ich mit einer Gruppe Polen im damaligen Stamm Restaurant des HSV oder war es Netzers? Netzer saß mit Happel und noch einem am Nachbartisch, kamen wohl extra etwas später um Ruhe zu haben, und wir waren der einzige andere verbliebene Tisch, die Polen haben nicht aufgehört zu trinken. Natürlich nicht viel verstanden, aber Netzer und der andere haben aufgeregt gestikulierend geredet, Happel saß da nur mir seinen großen Augen Glas Whisky oder Rum vor der Nase und Fluppe in den Fingern, gezogen hat er wenig aber alles verqualmt, ab und zu was gesagt, am Ende sind die zwei anderen aufgestanden und er saß alleine da. Bereue bis heute dass ich mich nicht mal zu ihm hingesetzt habe um mit ihm zu quatschen sondern nur tschüss gesagt zu haben als die Polen genug hatten. Einer der damaligen Kellner hat heute sein eigenes, er sagt Happel wäre einer der gütigsten und großzügigsten Gäste gewesen.

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Natürlich ausgeschlossen. :slightly_smiling_face:

Schöne Geschichte, die Bilder im Kopf erzeugt. Und die Vorstellung, wie Ihr beide, Du und der weitgehend schweigsam rauchende Happel, da in der ansonsten leeren Bar zusammensitzt, hat eine Anmutung vom berühmten Gemälde „Night Hawks“ von Edward Hopper.

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Ohne den Thread torpedieren zu wollen - mir ist diese Heldenverehrung komplett fremd. Klar sind die Aussagen von Streich super, oder die WekickCorona-Kampagne von Kimmich/Goretzka, aber was weiß ich schon von den Leuten? Oder durch ein Meeting in einer Bar ( - ich war mal in einer Bar, in der irgendwann des Abends die halbe NM einlief. Einer von ihnen - verheiratet, Kind - nahm später 2 junge Frauen mit aus der Bar - ), was weiß ich schon von denen? Außerdem ist die Fallhöhe ja auch super hoch, Extrembeispiel UH.

Andererseits sicher auch schwer, irgendwie „normal“ zu bleiben, wenn man sich schon ab Jugendalter quasi um nix mehr kümmern muss und überall entweder vergöttert oder komplett niedergemacht wird.

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Was möchtest du uns damit sagen? :flushed:

Zum Glück gibt’s über den auch noch mehr als die Steuergeschichte. Und wenn man akzeptiert, dass auch die von uns allen ja erst zu solchen gemachten Heroen andererseits mit all den üblichen Fehlern behaftete normale Menschen sind, kann die Anerkennung das richtige Maß gewinnen.

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Weiß bis heute nicht warum UH da eingeknickt ist. Unabhängig von der mangelnden steuerlichen Beratung und Vorgehensweise bei den Steuererklärungen, ging es bei den eigentlichen Anschuldigungen um unrealisierte Gewinne (marked to market), spekuliert hat er mit eigenem versteuerten Kapital und geliehenem. Das Verfahren hätte die StA haushoch verloren, wie ihm ja seine eigenen Anwälte versuchten zu erklären.

Bleibt für mich ein Mysterium. Gleichzeitig bleibt auch UH nicht nur eine Legende, sondern derjenige der zusammen mit KHR aus dem Fundament der 60/70er dann das gemacht hat, was wir heute sehen. Auch das wird für immer größer sein als die Steuergeschichte, egal was die Leute quatschten

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Ich persönlich denke nicht, dass es @cheffe um eine Heldenverehrung oder gar einen Personenkult ging, als er den Thread eröffnet hat. Eher um eine gewisse Anerkennung, dass es Personen gibt, die trotz hoher medialer Aufmerksamkeit und relativ hohem Einkommen durch ihre Tätigkeit im Profifußball in gewisser Weise „geerdet“ geblieben sind („Menschen“ bleiben natürlich alle) und dies durch Worte und Taten auch öffentlich demonstrieren - so habe ich zumindest den Thread verstanden. Wer diese Personen „wirklich“ sind, können wohl in der Tat nur sehr enge Freunde und Angehörige genauer einschätzen. Und klar: die Fallhöhe ist groß, wenn man im Profifußball tätig war oder ist. Wir bekommen ja oft nur das mediale Abbild dargeboten.

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Das sehe ich auch so. Der Thread hat wegen der ihm zugrunde liegenden Idee und der durchaus nicht unplausiblen Beispiele seinen Charme. Kritischen Anmerkungen zum Thema Heldenverehrung mag ich ihre Berechtigung aber auch nicht grundsätzlich absprechen.

Exakt.

Als ein weiteres Beispiel würde ich Dirk Nowitzki nennen.
Für mich prägnantester Satz, den ich von ihm mal gehört habe, als er auf die exorbitanten Gehälter der NBA-Profis angesprochen wurde:
„(…) Ist schon ein Wahnsinn. Ich meine, ich kann ganz gut einen Ball in ein Körbchen schmeißen…“.

Das spricht für mich nicht nur für ein gewisses „Geerdet-Sein“, sondern auch in der Ausdrucksweise für einen hübschen Sinn für Humor, das mag ich besonders.

(Übrigens ist ja auch eine nicht mediale, sondern persönliche Begegnung mit einem Profi-Sportler keine Garantie dafür, den Menschen korrekt einzuschätzen, es bleibt ja auch nur eine einmalige Begegnung. Jeder von uns hat ja auch mal nen schlechten Tag, üble Laune, was weiß ich…)

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Wenn Dirk nicht einer der allercoolsten Typen ist, weiß ich auch nicht.

Sehr zu empfehlen:

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In der ARD Mediathek gibt es aktuell eine Reihe zu Michael Schumacher, die sich explizit mit Schumacher als Menschen beschäftigt. Dort wird ein Bild gezeichnet, dass er zwar als Sportler extrem egoistisch war, aber hinter den Kulissen ein sehr herzlicher Mensch ist. Es wird auch erzählt, dass gerade der Mensch Schumacher damals Ferrari als Team zusammengeschweißt hat. Die Kombination aus Menschlichkeit und Egoismus im jeweils richtigen Moment.

Der taucht da auch auf, weil er das Benefizfußballspiel in Schumachers Namen fortgesetzt hat. Ihm war die ganze Aufmerksamkeit richtig unangenehm. :smile:

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