I have a dream sagte einst Martin Luther King und skizzierte eine große Vision. Ich möchte das hier auch tun und nein, ich vergleiche mich nicht mit ihm. Doch habe ich in der Diskussion rund um das Thema Katar festgestellt, dass es hier manche gibt, die tatsächlich noch die Kunst der Diskussion pflegen, was mich gelinde gesagt in einem Fußball Forum mehr als überrascht hat (und mir mal wieder zeigt, wie schnell Vorurteile entstehen).
Ich möchte hier über Dinge diskutieren, von denen ich denke, das sie Dinge besser machen würden. Also dann mal ab ins kalte Wasser und nach mir die Sintflut.
1. Idee: Der Staatsbürgerdienst
- Staatsbürgerdienst muss jeder Inhaber eines deutschen Passes (also auch Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft) leisten und zwar für 18 Monate, verteilt in maximal 3 Blöcken bis zum einschließlich 35. Lebensjahr. Mindestalter ist 16 Jahre. Der Staatsbürgerdienst kann nur dann verweigert werden, wenn medizinische Gründe dagegen sprechen oder aber die familiäre Situation dies unmöglich macht (z.B. alleinerziehendes Elternteil, private Pflege eines Familienangehörigen u.ä.)
- Die Wahl des Betätigungsfeldes ist dem Staatsbürger überlassen, er kann sowohl zivile wie auch militärische Aufgaben übernehmen.
- Der Staatsbürgerdienst ist Voraussetzung für das Erhalten des Wahlrechts auf Landes- und Bundesebene.
- Die Unterbringung erfolgt obligatorisch in zentralen Unterkünften. Vergütet wird der gesetzliche Mindestlohn (bis zu einem Haushaltseinkommen von XY €). Die Dienstzeit wird als Pflichtzeit mit dem Faktor 1,25 für die Renten- und Krankenversicherung angerechnet.
Warum ich damit anfange? Zum einen, weil es genügend Anlass gibt, über das Thema Staatsbürgerschaft und deren Wert zu diskutieren. Die Ukraine zeigt aktuell, wie stark ein Staatswesen sein kann denn seien wir ehrlich, hätte irgendjemand auch nur ansatzweise jemals gedacht das sich dieses Land so lange gegen die Supermacht Rußland halten kann? Ich zumindest nicht.
Zum anderen gärt dieses Thema schon in mir, seit ich Heinleins „Starship Troopers“ gelesen habe (nicht zu verwechseln mit diesem…Film, der einfach nur peinlich ist). Dazu habe ich das Gefühl, das vielen gar nicht mehr bewusst ist welchen Luxus wir in Sachen Freiheit, staatlicher Fürsorge und persönlicher Entwicklung wir genießen.
Warum 18 Monate, warum die Blöcke?
Ich habe letztens die Diskussion rund um den Sozialdienst verfolgt, den unser Bundespräsident vorgeschlagen hat. Die Reaktionen waren vorhersehbar doch eines hat mich doch sehr überrascht. Die meisten (vor allem junge) Menschen haben sich darüber beschwert, das sie das als Zwang empfinden.
Doch genau darum geht es (unter anderem), nämlich Dinge zu tun, die man NICHT mag. Zusammen mit anderen, die man eventuell auch NICHT mag. Die Menschen müssen wieder lernen, das es Dinge gibt, die ihnen nicht gefallen und die dennoch getan werden müssen. Die Blöcke sollen ein Mindestmaß an Flexibilität gewährleisten.
Warum die freie Wahl der Tätigkeit?
Ich denke das ist selbsterklärend. Es gibt genügend gute Grund, den Dienst mit der Waffe zu verweigern. Genauso wie es ebenso viele gute Gründe gibt, es nicht zu tun.
Warum die Verknüpfung mit dem Wahlrecht?
Das Wahlrecht ist, auch wenn manche es anders empfinden, unser wertvollstes demokratisches Gut. Wer die Richtung bestimmen will, in der dieses Land im groben geht, muss auch für dieses Land etwas tun. Quid pro quo… ein bisschen zumindest.
Wenn ich sehe, wie lausig manchmal Wahlbeteiligungen sind und wie sehr gleichzeitig über politische Entscheidungen gemeckert wird, fehlt mir einfach das Verständnis. Wir sind uns sicherlich einig, das auch dieses System alles andere als perfekt ist. Doch wir müssen wieder lernen, das dieses Recht keine lästige Pflicht ist, sondern ein wertvolles Gut, das wir mit Ende des 2. Weltkriegs „geschenkt“ bekommen haben und sich unsere ostdeutschen Mitbürger Ende des letzten Jahrtausends erkämpft haben.
Wir vernachlässigen unser höchstes demokratisches Recht mehr und mehr, wobei uns das 2. Millennium deutlich zeigt, wie wichtig dieses Recht ist.
Warum das mit der Unterkunft?
Das liegt ganz einfach an mir. Ich wohne im Süden Deutschlands in einer mittelklein/großen Stadt und mein Bekanntenkreis ist… weiß und hetero (denke ich zumindest). Dazu noch 2 oder 3 Türken, ein Vietnamese, 2 Chinesen, 1 Italiener. Und das wars dann. Viel mehr gibt es hier auch nicht, zumindest in den Kreisen, in denen ich mich bewege. Und das muss man ändern, denn man fürchtet und hasst nur das, was man nicht kennt. Und es zwingt einen aus seiner eigenen Blase.
Mal Kuskus essen statt Bratwurst, mal nen Bollywood Film sehen statt Marvel Einheitsbrei, mal mit einem Hindu reden statt sich von Netflix berieseln lassen. Und auch mal mit Menschen reden, die NICHT der eigenen Meinung sind (ich z.B. verweigere jegliche Diskussion/Unterhaltung mit AfD Wählern. Ich weiß, dass das falsch und feige ist, aber es ist bequemer und sehr viel einfacher.). Mal mit Menschen reden, die selbst (oder deren Familie) sehr viel mehr/weniger verdienen als man selbst. Über den Tellerrand sehen, das ist meine Idee dahinter. Das mit der Bezahlung/Rente ist denke ich selbsterklärend.
Meine Beweggründe als kurz zusammengefasst:
- Demokratie ist kostbar, sie darf nicht als selbstverständlich hingenommen werden, es muss etwas dafür geleistet werden.
- Förderung des Solidargedankens, indem Dinge getan werden, die nicht dem eigenen Wohlempfinden dienen sondern der Allgemeinheit dienen.
- Verlassen der persönlichen Filterblase, nicht nur durch Konsum von Informationen sondern durch tatsächliches Erleben.
Mir ist bewusst, das vieles nur grob skizziert ist und es natürlich unzählige Feinheiten zu klären wären, doch ich hoffe, ich konnte meinen Grundgedanken halbwegs verständlich darstellen.
Nun noch eine Bitte:
Wenn ihr hier mit diskutieren möchtet, dann atmet bitte einmal tief durch, bevor ihr etwas postet.
Denkt immer daran, dass hintern den Worten Menschen stehen und das geschriebenes manchmal das Gegenteil von dem ausdrückt, was ihr eigentlich sagen wollt. Man sieht euer Lächeln oder eure Wutader nicht. Also wuuuuzaaaaaahhhhhh…und dann schreiben.
Vielen Dank!