Veröffentlicht unter: Goretzkas Rolle auf der Doppelsechs beim FC Bayern – Eine Szenenanalyse – Miasanrot.de
Leon Goretzka stand beim FC Bayern zuletzt stark in der Kritik und musste sich explizite und implizite Seitenhiebe vonseiten der Vereinsführung, Thomas Tuchel und der Öffentlichkeit gefallen lassen. Neben technischen Fehlern, unzureichender Zweikampfführung und fehlender Dynamik wurde vor allem sein Aufbauspiel in der auf Ballbesitz ausgelegten Spielweise des FC Bayern…
Ja diese Szene kann man stellvertretend für Goretzka Schwäche im Aufbauspiel nehmen. Bin mir allerdings nicht sicher, ob Laimer diesen Pass so hätte spielen können.
Bin mir nicht sicher, ob irgendeiner unserer „Sechser“ so handlungsschnell gewesen wäre…
Ich glaube Goretzka hat Coman nicht gesehen (bzw. den Raum). Er hätte einen Pass versuchen müssen, falls er ihn gesehen hat und die Situation wie der Zuschauer vor dem TV wahrgenommen hat.
Goretzka hat da halt eine Szene zu spät erkannt oder sich den Pass in dem Moment nicht zugetraut. Für mich ist diese Szene aber nicht unbedingt exemplarisch um Goretzkas größte Schwächen auf dieser tiefen Position aufzuzeigen. Gegen Bremen hat er insgesamt ein recht gutes Spiel abgeliefert, weil Bremen das bisschen Platz und Zeit gelassen, dass er braucht um nicht in allzu große Probleme zu geraten. Da ist so ein verpasster Moment noch ein eher kleines Übel. Angst muss man haben, wenn der Gegner keine Zeit und keinen Platz lässt. Dann ist es egal ob Goretzka oder Laimer spielen. Beide haben, wenn tief stehend, große Probleme mit Übersicht /Handlungsschnelligkeit/Vororientierung und Ballbehandlung unter Gegnerdruck. In den Testsspielen konnte man bei Laimer sehen, dass ihm das (tiefe Spiel mit Ball am Fuß) nicht liegt und er da ganz viel nur auf den allerletzten Drücker lösen konnte. Und das waren Testspiele mit weniger Gegnerdruck. Bei Goretzka weiß man das aus der Vergangenheit eh schon. Dazu Kimmich der in diesen Situationen und ohne adäquaten Partner auch mal den ein oder anderen Fehler einstreut. Du musst Drucksituationen ja auch mal mit Ballsicherheit, Übersicht und auch mal im schnellen klein-klein lösen und das kann unser ZM kaum. Welcher Topclub soll denn ein schwächeres ZM haben? Da ist so ein verpasster Moment noch das kleinste Problem.
Das ist sicher eine signifikante Szene, um das aufzuzeigen, was eher nicht Goretzkas Stärke ist.
Ich würde allerdings gerne den Eindruck korrigieren wollen, der sich nun über Wochen festgesetzt hat und der gefühlt lautet: hier haben wir einen Spieler, der am Ball rein gar nichts kann, technisch und spielerisch minderwertig, für eine Ballbesitz-Mannschaft gänzlich ungeeignet.
Generell definiere ich Spieler gerne über ihre Stärken und würde meinen, ein guter Coach sollte das auch. Die eierlegende Wollmilchsau findet man nicht nur beim FCB selten. Der von fast allen (auch von mir) so gesehene wohl beste zentrale Mittelfeldspieler der letzten Jahre, Thiago, schoss beispielsweise zu wenig Tore.
Also: Goretzka hat eine grundsolide Balltechnik. Und auch ein passables Pass-Spiel. Dass Übersicht und strategisches Vermögen da nicht Schritt halten, ließe sich angesichts anderer Stärken (so er sie denn einbringt) aushalten: er ist sehr stark im Abschluss, er erkennt Räume im Sechzehner, wo es gefährlich werden kann, er kann mit raumgreifenden Schritten das MF schnell überbrücken. Die prototypische Szene wäre: Balleroberung im eigenen Sechzehner, Ball nach vorne treiben und auf die Flügel spielen, durchlaufen und die Flanke zwei Sekunden später volley ins Netz ballern.
Vor zwei, drei Jahren habe ich sowas noch recht häufig von ihm gesehen. Dass es mittlerweile kaum noch dazu kommt, liegt meines Erachtens nicht nur an ihm.
Danke für diesen Beitrag, sehr wohltuend, mal was anderes als das teilweise doch Gebashe. Sicher liegen ja die schlechten Leistungen des Teams nicht nur an ihm, bei manchen hat man das Gefühl dass schon. Ich glaube zudem, dass er auch in dieser Rolle Potential für mehr hat, dass es auch an seinem Selbstbewusstsein liegt. Seit der WM ist da der Wurm drin. Glaube auch dass das auf seine Leistung drückt was in den Medien abgeht.
Goretzka ist prädestiniert für Rennball oder schnelles Umschaltspiel wie Du es beschreibst, ohne viel Kontrolle und deshalb absolut ungeeignet für unser Spiel (konstruktives Aufbauspiel), oder das zb von ManCity. Ich wüsste auch nicht wann Goretzka beinuns über längere Zeit überzeugt hätte, außer den 3-4 Monaten in der Rückrunde 2020. Man kann es ihm auch garnicht vorwerfen, denn er ist mit 28J eben der Spieler der er heute ist. Seine vorhandenen Stärken kann er sicherlich woanders viel besser zur Geltung bringen.
Er würde perfekt zu RBL passen.
Kimmich sieht da übrigens auch nicht gut aus. Statt in die Gegenrichtung oder nach Außen zu laufen, um den Bremer da vom Mittelpunkt wegzuziehen, läuft er sogar so, dass der Bremer quasi dazu gezwungen ist, genau im Passweg zu Coman zu stehen. Das macht es dann für Goretzka auch nicht leichter, diese Lücke zu sehen.
Generell beschreibt die Szene eigentlich ganz gut, wie man eine Doppel 6 nicht spielt:
Goretzka treibt den Ball nach vorne, also müsste Kimmich eig. gegenläufig agieren und entweder gegnerische Spieler ziehen und/oder sich nach hinten fallen zu lassen, um die Konterabdeckung für den Vorstoß Goretzkas zu machen.
Stattdessen laufen einfach beide parallel nach vorne. Kimmich auch schön nahe am Gegner, so dass er keine Anspielstation darstellt und das Mittelfeld verdichtet. Klar würde jetzt ein Thiago den langen Ball auf Coman spielen, aber letztlich ist das Kernproblem hier die allgemeine Abstimmung zwischen den beiden.
Bei Laimer + Kimmich gibt es solche Situationen übrigens auch öfters mal, wenn Laimer die Holding 6 gibt und Kimmich sich zu tief fallen lässt.
Das sind aber eben Probleme, die sind so alt wie das Duo Kimmich + Goretzka selbst.
Ich glaube, dass wir ähnliche Analysen abgeben würden über seine Skills.
Aber ich denke an die Logik dahinter:
Leon ist jetzt schon einige Zeit bei uns. Und über die Leistung der letzten etwa eineinhalb Jahre sind wir uns einig, aber auch, dass man da viele Spieler mit reinnehmen kann.
Fest steht aber doch: seine Fähigkeiten haben sich ja nicht plötzlich verändert. Die waren schon immer dieselben. Und früher hat das auch kaum einer moniert, weil neben Thiago/Kimmich ein Spieler mit den von mir geschilderten Skills sogar das Portfolio erweiterte. Seit Thiagos Abgang wird aber hauptsächlich er runtergeschrieben, folglich könnte man sagen:
Goretzka ist schuld, dass Thiago weg ist. Das aber ist offensichtlich nicht so, das hat das Management verbockt. Was er aber kann, auch sicher immer noch kann, fällt völlig hinten runter. Diese Geschichte mit dem Mann neben Kimmich hat nicht er zu verantworten, und ich denke, er könnte uns immer noch helfen, wenn die spielerische Note im ZM wieder gestärkt wird. Ich würde einen Spieler seiner Qualität ungern bei einem direkten Konkurrenten sehen.
Wir haben ja beide ein ähnliches Ideal vom Fußball, denke ich.
Aber erinnere dich doch mal an die Zeit unter Flick: das war schon bockstark, was wir da im MF für ein Kraftzentrum hatten, und Thiago sorgte für die spielerische Note.
Ich fürchte halt, von City-Maßstäben sind wir mehr als eine oder zwei Transferperioden entfernt… insofern würde ich gerne die Stärken nutzen, die wir haben, anstatt Goretzka mit Gewalt zu einem positionstreuen reinen Zerstörer zu machen, defensive Stabilität hin oder her.
Meine persönliche Idealvorstellung eines Bayernmittelfeldes wäre ein defensiver Sechser hinter Kimmich und Goretzka/Laimer, also ein Dreiermittelfeld. Das würde so einige Probleme lösen und die Stärken von Kimmich und Goretzka/Laimer deutlich hervorheben, denke ich.
Exakt und seine Fähigkeit ist das Spiel zwischen den Strafräumen. Mit dem Ball in Räume laufen, nachrücken, den Raum vor dem 16er besetzen oder mit reingehen. Das tiefe Spiel war noch nie seins und wird es nie sein. Deswegen will Tuchel einen weiteren Mittelfeldspieler weil Laimer da ebenfalls nicht seine Stärken hat.
@cheffe Ich stimme dir grundsätzlich zu, die Frage ist aber: Wo ist noch Platz für Goretzka?
Meiner Meinung nach funktioniert er entweder als klassischer Box-To-Box-Spieler bei einem Spielkonzept wie bei RB, oder als offensiver 8er, der Torgefahr und Punch aus der 2. Reihe bringt.
Ersteres hat sich mit Tuchel erledigt. Für die zweite Option gibt es sehr viel Konkurrenz. Müller ist auch jemand, der Torgefahr aus der 2. Reihe bringt. Musiala und Kimmich können in einer anderen Interpretation ebenfalls den offensiven 8er geben. Und dann gibt es noch einige Spieler, die eine Art zweiten Stürmer/Hängende Spitze spielen können. Nicht zuletzt schwebt auch der Name Wirtz immer wieder über der Säbener Straße.
Bei diesen Optionen braucht es eher diese ominöse Holding 6, die den Offensivakteuren die nötige Rückendeckung gibt, die Leuten wie Kimmich und Musiala die Freiheiten gibt, ihre individuelle Qualität auszuspielen.
Ja, das ist immer die Frage, es dürfen halt nur elf ran…
Aber dasselbe „Problem“ hab ich auch mit Müller/Musiala (den ich nur ungern auf die Flügel schieben würde. Es ist doch sowieso meistens einer verletzt, dann hängt’s vom Gegner ab, von der Spielsituation…
Generell finde ich das Vorhandensein verschiedener Skills beim gesamten Kader einfach gut.
Und um mich zu wiederholen: die größte Stärke Leons ist Box-To-Box, aber sooo schlecht am Ball ist er jetzt auch nicht, wie alle tun.
Unter Flick und auch Nagelsmann war das Ziel eine möglichst schnelle Überbrückung des Mittelfelds , was gleichbedeutend war mit der Vernachlässigung eines ambitionierten Mittelfeld-Positions- und Passspiels. Die Unterschiede zwischen beiden Ägiden waren aber auch deutlich: zum Einen hatte Flick noch Thiago (Aufbau) und Lewy (Zielspieler), zum Andern waren mehr Strukturen und Abläufe intakt. Goretzka konnte sich da auf die oben schon beschriebenen Stärken konzentrieren, zu den genannten würde ich noch das hohe Gegenpressing (oft als Ein-Mann-Version) hinzufügen, wodurch sich viele Ballgewinne, zumindest aber Interventionen in den gegnerischen Spielaufbau ergaben, oft mit dem nötigen Zeitgewinn für uns, sich zu organisieren. Entscheidende Strukturen gingen jedoch durch die Abgänge von Thiago und Lewy verloren, Nagelsmann hat auch keine neuen etablieren können, vielleicht nicht mal ein Interesse daran gehabt, sondern ihm ging es darum, noch schneller in Abschlusspositionen zu kommen, and the devil may care how. Ihm kam es scheinbar mehr auf Einzelsituationen an, als darauf, das Spiel als Ganzes zu denken und zu organisieren. Das machte es für mich auch öfter als nicht unattraktiv, zumal da keine Systemkompensation der Einzelschwächen mehr zum Tragen kam, sondern diese mehr Gewicht erlangten. - Tuchel setzt die Akzente, wie ich hoffe, zum Glück wieder mehr ganzheitlich, wer da wie seine Rolle finden wird, bleibt für mich noch ziemlich offen.
Musiala kannst du mit einem hinterlaufenden AV problemlos auf links stellen. Goretzka aber nicht genauso problemlos als tiefen ZM.
Im fehlt viel mehr die, für diese Rolle benötige, Vororientierung.
Goretzka hatte mMn beim FCB 3-4 starke Monate, mehr nicht. Er hatte ja auch vor der Rückrunde 2020 kaum eine Rolle gespielt und wurde erst nach der Verletzung Thiagos im April vermehrt eingesetzt. Da war die Meisterschaft aber schon so gut wie durch.
2021/22 ohne Thiago war er oft verletzt und wenn er mit Kimmich spielt gab es wenig Kontrolle wie in der Nagelsmann Zeit.
Man hat Thiago nie adäquat ersetzt, Flick hatte das Problem erkannt, Tuchel jetzt auch. Nagelsmann meinte und wollte eben seinen Fußball ohne richtige Balance und Kontrolle mit Kimmich/Goretzka spielen. Die Probleme und Auswirkungen auf unser Spiel sind doch unbestreitbar klar. Tuchel fordert ja nicht ohne Grund eine H6.
Natürlich ist das nicht die Schuld von Goretzka, der kann ja nichts dafür mit seinem skill set einen Spielaufbau mitzugestalten. Das kann er nicht, Laimer mMn auch nicht (Tolisso auch nicht).
Gegen Bremen hat Goretzka gut gespielt, weil er die Nähe zu Kimmich gehalten und anspielbereiter war, einfache Abspiele gemacht hat. Zum Aufbau hat er so gut wie nichts beigetragen. Gegen Top Teams wird er mit seinem skill set mMn kaum eine Rolle spielen können. Wir haben jetzt eben keinen Thiago, und ohne einen Thiago und nur mit Kimmich wird es so weitergehen wie bisher.
Man vergisst auch wie viele Bälle Thiago abgefangen hat, weil er antizipieren und ein Spiel auch defensiv lesen konnte.
Wenn man sagt, man möchte einen 6er, einen 8er mit Übersicht (Kimmich), 2 Künstler/10er (Musiala, Wirtz) und einen physischen Spieler mit Punch (Goretzka), wäre das ja erstmal auf dem Papier ein plausibles Konzept.
Das würde aber einige Dinge voraussetzen: Müller müsste im Sommer in Rente oder zumindest Altersteilzeit, Goretzka müsste akzeptieren, dass er nicht mehr Stammspieler ist (auch finanziell) und Kimmich müsste akzeptieren, dass er nicht der Super 6er ist.
Oder anders gesagt: Kimmich + Goretzka als Doppel-6 müsste dafür beendet werden. Kimmich hat Probleme mit taktischer Disziplin, Goretzka hat Probleme im Positionsspiel. Beides kann man individuell kompensieren, wenn man dafür ihre Stärken nutzen kann. Wenn aber beide zusammen auf der 6 agieren, dann multiplizieren sich diese Probleme.
Wie @Lukenwolf1970 schrieb, könnten die beiden auch zusammen auf der 8 funktionieren, wenn dahinter jemand ist, der ihre Schwächen ausgleicht.
Auch das macht doch nullkommanull Sinn, wo sollen dann Müller oder Musiala spielen?
Steht doch alles über dem Zitat?
+ Müller in „Altersteilzeit“ wären 6 Spieler für 3 Positionen.