Ich bin durch - gestern und heute jeweils zwei Stunden. Insgesamt sind’s 10 Folgen mit knapp 25 Minuten. Ich fand’s toll!
Und möchte eine absolute Must-See-Empfehlung abgeben - für Freunde des Frauenfußballs, aber auch für Interessierte der Jugendförderung. @Lerby91 hat die verschiedenen Aspekte schon benannt.
Daher will ich nur ein paar Details hervorgehoben, die mich wirklich gefesselt haben.
Zuerst: Das Niveau des Trainings wie der Trainer:innen ist beeindruckend. Wohlgemerkt: Das sind Mädels mit 13 und 14 Jahren am Beginn der Saison; und die trainieren auf einem intellektuellen, mentalen und sportlichen Niveau, dass mir bisweilen echt schwindlig dabei wurde.
Vor allem der Hauptcoach der U-15-Mädels, Christian van Zwamen, ist mir regelrecht ans Herz gewachsen (watt natürlich auch daran liegt, dass er den Slang meiner Heimat und Kindheit spricht). Mein heiß geliebter Trainer in meiner eigenen Fußball-Jugend war menschlich genau so ein Typ…
Dann: Das Spannungsfeld zwischen jugendgerechter Entwicklung und Spitzen-Talent-Förderung wird sehr einfühlsam, aber ohne beschönigende Romantisierung dokumentiert in vielen Facetten. Wie sehr in den Familien der Mädels sich das ganze Leben der Angehörigen um den Fußball drehen muss. Wie durchgetaktet der Alltag der 14jährigen Mädels ist: Beispiel einer Mutter: „Wenn am Sonntag mal spielfrei ist, dann haben wir endlich Zeit, um schulisch alles auf Vordermann zu bringen: Hefte, Hausaufgaben, Ordner, Lernen.“
Die Kosovo-stämmige Mutter von Eriona auf die Frage nach einem Turnier in der Schweiz: „Nu, die Fahrtkosten, das Hotel, wenn wir sie begleiten wollen, das sind über 1000 €. Aber unser Eriona gibt alles für ihren Traum; also geben wir als Familie auch alles. Gibt halt kein Urlaub dann…“ Und dabei strahlt sie stolz.
Die verschiedenen Wege der Sportförderung werden in den Biografien der vier „Hauptdarstellerinnen“ en detail gezeigt: Zwei der Mädchen trainieren in zwei Teams gleichzeitig, in der Mädchen-U15 der SGS Essen und daneben in einer Jungenmannschaft. Cheyenne besucht ein DFB-Leistungs-Gymnasium mit Schwerpunkt Fußball. In der Förderklasse ist sie das einzige Mädchen unter den Jungs von Schalke, Essen und Dortmund. „Die letzte, die das geschafft hat, ist Jahrzehnte her: Das war Alex Popp.“
Die SGS-Mädels spielen gegen gleichaltrige Jungensteams und müssen die körperliche Unterlegenheit mit Technik, Mentalität und Teamgeist wettmachen.
Vor allem das Teambuilding des SGS-Trainerstabs hat mich zum Teil sprachlos gemacht; die Mädels durchlaufen eine Werteschule fürs Leben. Dabei werden sie zwar liebevoll, aber daneben auch sehr ehrlich und ohne Watte auf dem Weg zu einer möglichen Profikarriere begleitet. Und die Trainer betonen glasklar: Von 25 Mädchen werden es vielleicht drei oder vier bis zu einem Profiteam schaffen. Und es ist „unsere Aufgabe“, ihnen darüber Klarheit zu verschaffen. Eine Mental-Trainerin arbeitet individuell mit den Mädels, es gibt regelmäßige Perspektiv-Einzel-Gespräche zwischen Coach und den Mädchen mit Stärken/Schwächen-Analyse und Erarbeitung von individuellen Arbeits- Zielen. Dabei wie auch in den Wettkämpfen kommt es immer wieder auch zu berührenden Szenen: Es sind halt u.a. auch noch kleine Mädchen - egal, wie verbissen sie an ihrem großen Traum arbeiten: „Bayern, PSG, Nationalspielerin“ wünscht sich Eriona am Ende.
Gegen Ende der Serie rückt immer stärker in den Vordergrund, dass am Ende jeder Saison ausgesiebt werden muss - geht’s weiter in die U16? Gelingt der Sprung zum ersten
Sichtungs-Lehrgang des DFB, an dessen Ende vielleicht eine erste Kader-Nominierung der U16-Nationalmannschaft steht? Die Mädchen geben alles dafür - gefühlt 24/7, das ganze Jahr lang. Sie haben einen Fulltime-Job mit 14 Jahren - ohne Jobgarantie.
Die Serie ist zwei Jahre alt. Inzwischen haben die beiden Protagonistinnen Cheyenne und Eriona es bis zur U19 der SGS Essen geschafft.
Die Torhüterin Liv ist zu einem Auslandsjahr in die USA gegangen - mit Schwerpunkt Fußball. Und Pauline spielt in der U19 des FSV Gütersloh.
Die vier Mädchen arbeiten weiter an ihrem Traum.