Also, es gibt ganz sicher keinen Grund, sich schlecht zu fühlen, wenn politische Banner im Stadion hängen. Wie meine Kollegen schon ausführten, muss man sich nicht entschuldigen, wenn man hauptsächlich, vor allem oder ausschließlich wegen Fußball ins Stadion geht. Das versteht sich eigentlich von selbst.
Aber @folkfriend hat natürlich auch einen Punkt. Ist nicht nahezu alles politisch? Um einen bekannten Witz zu paraphrasieren: Wo geht es um Politik? Überall geht es um Politik. Außer in der Politik, da geht es um Macht.
(Ursprünglich geht es bei dem Witz um Sex, nicht Politik. Aber ich finde, so passt’s auch
)
Was die Banner also nun betrifft:
Ich sehe das eigentlich auch als (legitime und geeignete) Kommunikationsform zwischen Fans und der Funktionärsebene an. Wie viele Leute gehen auf eine Jahres-Hauptversammlung? Sicher weniger als in ein Stadion passen. Dabei ist es unerheblich, ob ich persönlich mit dem Inhalt der Banner übereinstimme, oft genug ist das nicht der Fall. Ein No-Go sollten jedoch (natürlich) hetzerische oder destruktive Banner sein. Auch Angriffe auf Einzelpersonen sehe ich sehr kritisch, da macht halt auch der Ton die Musik. Oftmals sieht man ja auch Banner, die sehr humorvoll oder ironisch beschriftet sind, da musste ich selbst schon mal schmunzeln.
Generell schreibst du von „politischen Statements“. Nun, wenn diese Banner die Politik der Vereine oder des DFB anprangern, halte ich das Stadion sogar für den logischen Ort der Kommunikation. Banner mit Inhalten zur Weltpolitik sieht man ja auch sehr selten, glaube ich, meistens haben die Bezug zum aktuellen Fußball-Geschehen oder eben zu dem, was Vereinsmitglieder oder Funktionäre zu einem politischen Thema gesagt haben.
Ich persönlich finde also, beide Seiten haben ihren Punkt und können gut koexistieren. Allerdings, und das ist nun explizit meine persönliche Haltung:
Ich finde, mit Anpfiff sollte es auch mal gut sein, dann geht es ums Spiel. Das hat damit zu tun, dass es mir nie in den Sinn käme, der Mehrheit meine persönlichen Ansichten reinzudrücken, während sie das Spiel schauen wollen. Deswegen finde ich alle Aktionen, die während der Spielzeit ablaufen, kontraproduktiv. Das betrifft übrigens auch Gesänge jedweder politischer Art, die sich nicht ums Geschehen auf dem Rasen kümmern. Mich nervt es sogar schon, wenn es Dauer-Gesänge gibt, die nicht politisch sind, aber ignorieren, wenn das Spiel eine Torchance oder eine Super-Szene hergibt. Ich finde, man sollte das Spiel kommentieren, nicht etwas Abstrakteres.
Es gab ja auch schon die Aktionen von Klimaschützern oder Flitzern. Finde ich eher nervig. Legitim, aber nervig. Ich würde, falls ich einer von jenen wäre, folgendermaßen handeln: Kurz vor Anpfiff mit genug Zeit, um mein Anliegen klar zu machen, aber auch genug Zeit, den Zigtausenden Zuschauern (und den Aktiven natürlich!) nicht die Show zu versauen.
Aber klar ist auch: freie Meinungsäußerung nervt halt manchmal. Und darf das auch.
Manchmal muss sie es sogar.