Es bewegt sich etwas in der Jugendarbeit des FCB seit einigen Jahren.
Das sollte auch so sein, wird doch inzwischen sehr, sehr viel Geld dort investiert. Angefangen von der Investition in den Campus, von um die 100 Mio €, bis zu einem viel aggressiveren und finanziell aufwendigeren Herangehen im Spielerbereich. Heute kommen Spieler aus aller Herren Länder, die nicht für lau auf den Campus kommen.
Genaue Zahlen bekommt man zwar nirgends, aber ich schätze mal, dass wir in dem Bereich von der Leitungsebene bis zum Warmwasser, jährlich um die 20 Mio € ausgeben. Da das kein Selbstzweck sein kann, sollte sich das natürlich auch irgenwann amortisieren.
Und man sieht durchaus Bewegung. Bei den Amateuren zuletzt mit dem Aufstieg und der Meisterschaft in der 3.Liga. Der darauffolgende Abstieg, geschuldet den Restriktionen denen zweite Mannschaften unterliegen und eigenen Fehlern, gefährdet für mich noch nicht das Big Picture. Man sieht, es ist sofort wieder eine neue Generation am Start.
Wenn man mal die Meistermannschaft der Drittligasaison anschaut, ist der Kern der Mannschaft heute durchweg höherklassig unterwegs. Höherklassig nicht in Bezug auf die Ansprüche der ersten Mannschaft, aber immerhin anzeigend, dass hier auch gute Profis ausgebildet werden.
Spieler wie Davies oder Musiala sind z.B. zwar nicht die typischen Campus-Kids, aber ich denke, dass ein in jeder Hinsicht professionelles Umfeld, da im Gesamtpaket durchaus mit entscheiden kann.
Einem 16-jährigen Jungen wie Musiala kannst du nicht hierher holen, mit der Aussage „schau mal ob du es bei den Profis packst“. Dem kann man das Umfeld des Campus zeigen, wie dort gearbeitet wird, welche Bedingungen dort herrschen. Man kann ihm eine der besten U 19-Mannschaften des Landes aufzeigen, mit der du um die Meisterschaft mitspielen kannst und dich in der Youth League mit den besten Akademien Europas messen kannst. Man kann ihm von der zweiten Mannschaft erzählen, wo er auf Profiniveu im Männerbereich trainieren und spielen kann. Um das alles tun zu können, muss das alles erstmal vorhanden sein.
Natürlich kann und muss man noch einiges angehen und professionalisieren. Gerade im Bereich der Spieler, die es nicht bis zu den Profis schaffen, das wird immer die weit überwiegende Anzahl sein, müssen wir noch lernen auch finanziell mehr davon zu profitieren. Da gibt es Vereine in Europa, die uns da voraus sind.
Deshalb sehe ich z.B. das immens ausgeweitete Leih-Geschäft in diesem Zusammenhang durchaus positiv. Und die überwiegende Anzahl der aktuell 15 ausgeliehenen Spieler kommen ja aus unserem Nachwuchsbereich. Wenn wir es schaffen würden, Ende der Saison alle z.B. für einen Durchschnittspreis von 2 Mio € zu verkaufen, wären das im Endergebnis auch schon geschmeidige 30 Mio.
Natürlich nur eine Beispielsrechnung, einige werden weit entfernt von diesen Summen sein, der eine oder andere könnte diesen Wert übertreffen. Aber man kann sehen was evtl. möglich sein könnte und auch möglich sein sollte.
Zu
- wie bewertet ihr die Ansätze von Demichelis?Folgt er den Ideen / Philosophie von Nagelsmann?(kann er es überhaupt, ist er der richtige Trainer für die zweite?), und Galm? Wie seht ihr ihn nach den ersten Wochen?
Demichelis macht bisher einen guten Eindruck. Wie jeder Trainer der gewinnt.
Mich hat er jedenfalls positiv überrascht, nachdem er beim Abstieg der Amas in den letzten Wochen keine Akzente mehr setzen konnte. War vielleicht auch der Tatache dieser seltsamen Konstellation mit zwei Cheftrainern geschuldet.
Nun ist es auch so, dass man von unseren Amas erwarten kann in dieser RL 80% der Spiele auf jeden Fall zu gewinnen, egal wer gerade Trainer ist. Allerdings aus der Erinnerung weiß ich nicht, ob da so viele Jahre mit ähnlichen Schützenfesten drin waren. Das erscheint schon etwas außergewöhnlich.
Man muss Demichelis auch zugute halten, dass er bisher unter sehr schwierigen Umständen arbeiten musste. Der Situation bei den Profis geschuldet, war sein Kader ständig irgdenwelchen Änderungen unterworfen. Spieler fehlten, Spieler gingen, bis hin zum letzten Tag im Transferfenster wusste er nicht mit welchen Spielern er eigentlich die Saison planen konnte.
Jetzt ist er erst in der Lage seinem Team festere Konturen zu verleihen. Das gilt übrigens auch für Galm, bei dem sich das gleiche Thema bis unten durchzog.
Was man so hört sind die jungen Spieler von Demichelis auch ziemlich begeistert. Er muss eine gute Ansprache haben und verfügt als ehemaliger Spieler auch über eine gewisse Aura.
Ich glaube es ist auch nicht die Aufgabe von Demichelis die Systematik von Nagelsmann identisch nachzuahmen. Allein in der Salihamidzic-Ära ist JN jetzt der fünfte Cheftrainer. Der Verein sollte sich da nicht allzu sehr von den Gedanken eines Einzelnen abhängig machen. Denn egal wie lange der Einzelne auch bleibt, in der Vereinsgeschichte bleibt das immer eine Episode.
Es ist immer wieder betont worden, dass der Nachwuchs zwar eine fixe Philosophie, aber kein fixes System haben sollte. Es soll um solche Themen gehen, wie „wir spielen offensiv, wir spielen dominant, wir haben den Ball, wenn wir ihn nicht haben holen wir ihn uns wieder“. In dieser Hinsicht ist das Grundkonzept dieses Jahr schon deutlich zu sehen. Mal mehr, mal weniger.
Manchmal mag man schon auch Anlehnungen an Nagelsmann-Gedanken sehen, wie die teilweise weit eingerückten, teils assymetrischen AV. Es gibt zwangsläufig aber auch Abweichungen, da unseren Amateuren z.B. ein klassischer MS wie Lewy fehlt und oft mit einer falschen Neun operiert wird.
Letztendlich werden aber erst die Spiele gegen die Spitzenmannschaften zeigen, wo diese Mannschaft wirklich steht.
Zu Galm sollte man noch nicht zu viel sagen, da es bisher kaum Spiele gegeben hat und diese Mannschaft sich genau wie die Amateure erstmal finden muss.
Zu
- wie bewertet ihr die Qualität der vielen jungen Spieler in toto? Muss man überhaupt im Falle eines Aufstiegs wieder gestandene Spieler wie Feldhahn holen und einbauen um in einer 3.Liga zu bestehen?
Generell würde ich sagen, da ist momentan eine Menge Talent vorhanden. Und man wird sicher mehrere dieser Spieler im Profibereich wiederfinden. Die Frage, ob es bei uns für die Profis reicht, sollte man dabei ausklammern, weil da die Antwort Nein sowieso fast immer die richtige sein wird.
Die dritte Liga ist allerdings eine ganz andere Welt und was man auch immer tut, dort ist es schwer mehrere Jahre hintereinander zu bestehen. Das würde sich ohne einige gestadene Stützen sicher noch schwieriger gestalten. Allerdings sollten die Stützen dann auch wirklich Stützen sein, wie z.B. Wriedt in der Meistersaison. Letztes Jahr konnte man daran schon etwas zweifeln.
Grundsätzlich sollte es von der Spielerentwicklung her ein Ziel des Vereins sein, solange und so oft wie möglich in der 3.Liga zu spielen. Es mag zwar Spaß machen, Pipinsried und Co. abzuschießen, aber vor 30.000 Zuschauern in Dresden zu bestehen, ist dann doch eine ganz andere Hausnummer.
Zu
- wenn ja wäre das nicht kontraproduktiv für die Entwicklung der jungen Spieler? Sollte man nicht einfach weiter versuchen den Weg mit wenigen älteren und sehr vielen jungen Spielern fortsetzen? Auch wenn man dann wieder absteigen würde?
Ja, das hat natürlich auch was für sich. In der Meistersaison z.B. ist das IV-Duo Mai/Richards erst so richtig durchgestartet, als sie nach einer langwierigen Verletzung von Feldhahn auf einmal gesetzt waren. Aber s.o, ganz würde ich auf einige erfahrene Spieler nicht verzichten wollen. Es sind ja oft auch diese Spieler, die ihre Rolle bei der Sozialisation der jungen Spieler haben. Die ihnen Profitum, Teamfähigkeit etc. vorleben, Tipps geben können.
Zu
- wie ist die Situation bei den Trainer im NLZ? Schafft man es eigene Trainer so auszubilden das sie nahtlos die Philosophie und Grundprinzipien des Clubs umsetzen können?
Diese Situation wirkt auf mich nicht richtig befriedigend. Die einzige Konstante in den letzten Jahren war der Wandel. Auf allen möglichen, auch auf den Schlüsselpositionen, gab es ein reges kommen und gehen. Ich weiß auch nicht wie sinnvoll es ist, Trainer wie Klose für den Nachwuchs zu holen, wenn es vorneherein klar ist, dass es für denjenigen nur eine kurze Zwischenstation ist.
Auch der Rassismus-Skandal war in der Hinsicht wahrlich kein gutes Zeichen. Und das mal völlig unabhängig von ethischen oder moralischen Implikationen. Denn davon abgesehen ist Rassismus per se generell leistungsfeindlich und wenn man dies über Jahre nicht erkennt oder duldet, wirft das kein gutes Licht auf die Führungs- und Leistungskultur auf dem Campus.
In der Hinsicht kann man nur hoffen, dass mit dem neuen Duo Sauer/Seitz in den nächsten Jahren eine gewisse Kontinuität einher gehen wird.