Na gut. Ich wollte für das Wohl der Diskussion hier den Namen nicht nennen.
Aber ich würde mich sehr freuen wenn Jonas Vingegaard die Tour de France holt, da ich ihn irgendwie (sportlich) nahbarer als Pogacar finde.
Wirklich wahrscheinlich sehe ich den Sieg nicht und ich gönne es auch beiden (und allen anderen) fast gleich.
Spannend. Bei mir ist es genau andersherum. Ich mag beide sehr und würde es Vingegaard auch gönnen, aber Pogacar fasziniert mich mehr und ich mag ihn auch als Person. Auch wenn es natürlich vieles gibt, was man an ihm und seinem Umfeld kritisch sehen kann.
Kann ich gut verstehen und auch nachvollziehen. Im folgenden möchte ich ganz hypothetisch sprechen, ich weiß dass ich selbst nichtmal auf Amateurniveau fahre, aber wenn ich selbst auf dem Rad sitze, dann weiß ich, dass Pogacar in Fahrweise und Leistung dermaßen exorbitant von mir entfernt ist, dass ich da irgendwie sportlich keine Nähe aufbauen kann. Bei Vingegaard habe ich zumindest das Gefühl, dass noch mehr das Team und die Arbeit dahinter zählt, also knapp noch menschlich.
Von den bloßen Werten her nehmen sich die beiden ja gar nicht so viel. Ich finde es persönlich schwer, zwischen 7 Watt pro Kilo und 6,9 wpk auf 20-30 Minuten zu differenzieren. Für mich, der solche Werte allenfalls zwei Minuten halten kann, ist das alles „unmenschlich“. Aber ich weiß trotzdem, was du meinst. Wobei natürlich auch Pogacar enorm von seinem Team profitiert.
Paar krasse Stürze heute, allgemein schon ein paar heftige Stürze nach gerade einmal drei Etappen. Heute ist dann mit Jasper Philipsen einer der bekannteren Fahrer nach schwerem Sturz komplett aus der Tour raus.
Die nächsten Etappen dürfen gerne auch mal ohne Stürze ablaufen.
Interessant zu lesen.
Ich war früher auch begeisterter Radsport-Fan.
Greg LeMond, Laurent Fignon, Miguel Indurain, Claudio Chiapucci , Marco Pantani und natürlich Jan Ullrich, was habe ich damals Tage und Wochen vorm Fernseher verbracht. Was für Rennen!
Bei mir ist das nach den ganzen Doping Skandalen vorbei, ich schau mir schon seit Jahren kein Rennen mehr an.
Ich verstehe Eure Begeisterung, kann auch rational Justins Argumente wenigstens ein klein wenig nachvollziehen, aber emotional ist das für mich tot.
Schade.
Geht mir ganz genauso. Ich habe es geliebt, ich war begeistert.
Aber irgendwann ist der Krug zu lange zum Brunnen gegangen. Ich habe lange vieles ignoriert, weggesehen.
Aber Telekom/Ullrich/Armstrong haben mich dann „gebrochen“.
Die Emotion, die Begeisterung, das Interesse sind weg und werden wohl auch nie wieder kommen.
Ging mir auch so, bis ich wieder angefangen habe mich mit Radsport zu befassen – vor allem aber auch mit Leistungssport generell. Und irgendwann musste ich für mich halt auch eine Entscheidung treffen: Will ich konsequent sein und auf Leistungssport insgesamt verzichten oder will ich die alten Geschichten hinter mir lassen und wieder Begeisterung zulassen? Ich verstehe alle, die das nicht mehr wollen. Ich habe meinen Zugang zu Radsport aber auf vielen Ebenen entdeckt und bin froh drüber. Sehr sogar. Der Radsport gibt mir sowohl als Sport, den ich selbst ausübe, als auch als Zuschauer etwas, was mir Fußball nie wirklich geben konnte. Ich kann es nicht mal beschreiben. Und ich spreche auch nicht von der Gesamtheit – also nicht davon, dass ich Radsport über Fußball ranken würde. Eher dass Radsport mir zusätzlich etwas gibt, was ich woanders nie fand und von dem ich auch nicht wusste, dass es mir fehlen würde.
Ulrich und Armstrong haben mich einst gebrochen und das hatte nicht allein mit dem Doping zu tun, aber ich habe damit mittlerweile meinen Frieden geschlossen.
Geht mir genauso. Habe es lange nicht mehr angeschaut, meine Frau hat mich wieder dazu gebracht.
Klar, der Radsport hat es mit dem Doping wirklich maßlos übertrieben aber ich schaue auch Leichtathletik gerne, da gibt es auch mehr als genug Dopingfälle, beim Tennis mit Sinner, Fußball mit Pogba uswusf.
Ich kann mittlerweile damit leben, dass in jeder Sportart gedopt wird, auch wenn ich es natürlich nicht gut finde.
der Begriff „rollende Apotheke“ sollte wesentlich augenzwinkernder daher kommen, als es offenbar den Eindruck erweckte…
zum einen:
wenn eh (fast) alle dopen - herrscht ja auch sowas wie Ausgeglichenheit…
zum anderen:
welcher ProfiSpitzenSport ist heute wohl komplett sauber?
ich neige ja gerne dazu, sehr absolutistisch unterwegs zu sein, immer auf der Suche nach der reinen Lehre, Grau- und Zwischentöne auszublenden…
meine Befürchtung und Lehre aus den letzten (forumsfreien) Monaten:
das halte ich / das hält niemand aus Dauer durch - irgendeinen Tod muss man immer sterben…
also habe ich zumindest die deutschen Spiele der Klub-WM geschaut - und so genieße ich die Tour… in dem Wissen, dass es halt ein rollendes Labor ist… aber trotzdem ist das ganze Drumherum schön und die taktischen Spiele spannend und die Einzelschicksale bewegend (wie gestern der Sturz inklusive Aufgabe)
also - nix für Ungut @justin - ich schrieb es letztes Jahr:
allein deine sportliche Leistung ist atemberaubend!
Doch, probier‘ das mal, bitte ! Weniger als selbst aktiver Radsportler ( ich fahre auch gern Rad, aber meist nicht mehr als 10-15 km), sondern als Zuschauer. Ich will das ausdrücklich nicht provokativ oder ironisch verstanden wissen. Also, was fasziniert euch am Radsport schauen ?Bis auf den Landschaftsaspekt geht es mir ähnlich wie beim Motorsport, es will einfach nichts clicken und ich frage mich, was die Faszination ausmachen kann. Ich vermute die Geschwindigkeit, das Risiko.
Aber alleFahrer sehen phänotypisch gleich aus, jeder fährt das gleiche Rad, trägt Helm und Brille und fährt in meinen Augen exakt gleich (!), nur eben unterschiedlich schnell , wobei meistens hängen sie ja im Pulk zusammen. Sieht man da als Nicht-Laie technische Unterschiede ? Ich sehe sie natürlich nicht, auch nicht wie taktisch gefahren wird, dazu müsste ich wahrscheinlich auch ein Rennen in Gänze verfolgen…. Aber da passiert so wenig🙁 und auf einen Crash kann ich verzichten. Also, was macht für euch die Faszination aus ?
Ich weiß, manche würden sich auch nie ein Schwimmrennen ansehen, dass länger als 400m geht, auch beim Schwimmen ist die Unterwasseranalyse für mich ungleich spannender anzusehen, zumal von verschiedenen Schwimmern, als nur zu gucken, wer auf 100m Freistil Olympiasieger wird.
Würde mich über ein paar Ausführungen freuen (von Justin oder wem auch immer Radsport im TV gefällt).
@Gratschifter - hier hatte ich im letzten Jahr einmal davon berichtet
Ich schaue mal, ob ich da meine Gedanken bündeln kann:
- Radsport ist technisch und taktisch extrem anspruchsvoll. Das kann man sich von außen gar nicht vorstellen. Und da gibt es auch unter den Topfahrer*innen massive Unterschiede, was nicht nur technische Aspekte auf dem Fahrrad anbelangt, sondern auch in der Herangehensweise beim Material (kurze Kurbeln vs. längere Kurbeln; Lenkerbreite; Sattelhöhe uvm.)
- Taktisch ist es immer wieder interessant zu beobachten, wie sich Teams und einzelne Fahrer verhalten. Auch um präventiv Stürzen zu entgehen. Es ist kein Zufall, dass Roglic oft stürzt und Pogacar bspw. fast nie. Aber auch am Berg sind die Spielchen und taktische Herangehensweisen sehr interessant für mich
- ich finde das Leiden unfassbar faszinierend – und auch das Beobachten, wie einzelne Fahrer*innen mit dem Leiden umgehen. Wie manche Pokern können und andere frei raus zeigen, dass es ihnen schlecht geht
- ich finde generell die Atmosphäre unglaublich geil und meistens positiv. Der Radsport kommt zu den Fans und die bekommen ihn gratis. Wo hat man sowas noch? Man merkt das den Fans am Streckenrand auch an und das begeistert mich. Ausnahmen gibt es leider auch, aber in der Regel ist die Atmosphäre einfach nur gut und positiv.
- der Umgang der Fahrer*innen miteinander ist in der Regel so respektvoll und fair, das kenne ich im Männerfußball bspw. so nicht. Selbst wenn jemand wie Pogacar, der fast nie verliert, doch mal verliert, ist er oft mit einem Lächeln der erste Gratulant. Auch im Radsport geht es mal dreckig zu, aber es gibt im Peloton einfach eine sehr respektvolle Grundstimmung und das Feier ich total.
- Radsport ist einfach spannender als viele andere Sportarten. Gut, wenn Pogacar an einem Rennen teilnimmt, gewinnt er es in der Regel. Aber selbst er gewinnt nicht alles und in der Regel verlieren die meisten Topfahrer häufiger als sie gewinnen und das macht diesen Sport trotz aller Dinge, die dort Scheiße laufen, deutlich spannender als andere*
- die Entschleunigung gefällt mir. Ich kann Radsport nebenher gucken und zum Finale dann voll einsteigen. Ich muss nicht dauerhaft konzentrier dabei sein, aber dieses sich von Stunde zu Stunde „aufbauen“ mag ich sehr.
Sternchen:
der Radsport hat wie viele andere Sportarten auch das große Problem, dass der Kapitalismus den Wettbewerb angreift. Auch hier gibt es dominante Fahrer*innen und Teams. Es gibt Sportswashing ohne Ende, verachtenswerte Sponsorings und Vorgehensweisen. Das ignoriere ich nicht und das ist sehr schade. Ich hoffe, dass der Radsport in Zukunft sportlich interessant bleibt, aber die Dominanz von UAE und Visma macht mir Sorgen.
Ich habe bestimmt einiges vergessen. Habe nicht so viel Zeit.
Hochinteressant, @justin!
Und Danke, @Women7 fürs „Nachbohren“, hätte auch von mir kommen können - fand ich auch sehr spannende Geschichte, weil es bisher (anders als zB bei Motorsport/F1 bei mir, was Du ja auch genannt hattest) persönlich nicht so nachvollziehen konnte…
Ich habe früher ähnlich wie andere hier Radsport (die Tour de France vor allem) regelrecht „gesuchtet“: auch komplette Flachetappen vom Start bis zum Ziel, drei Wochen am Stück. Ich muss gestehen, dass mir der Festinaskandal und dann der Team Telekomskandal mir erst einmal komplett den Stecker gezogen hat (vermutlich war ich aber bis dahin einfach viel zu naiv). Ich habe viele Jahre mir kein Rennen mehr angesehen, seit etwa vier Jahren verfolge ich zumindest die TdF wieder recht intensiv (aber nicht so extrem wie früher).
Was mich z. B. neben den von @justin genannten Aspekten am Profiradsport fasziniert:
- die irre Geschwindigkeit (das Durchschnittstempo liegt über die gesamte Tour bei etwa 40 km/h), bei Abfahrten auch über 100 km/h mit dem Rekord von Marcus Burghardt mit über 130 km/h). Ich bin früher relativ viel, aber immer sehr entspannt und auf absolutem Hobbyniveau Rennrad gefahren, im Bergischen Land kam man bergab auch gerne schnell auf über 50 km/h - da hatte ich die Finger aber schon ganz nah an der Bremse. Bei dem Tempo fängt ein Profi gerade mal an, es als Radrennen zu empfinden - und über 100 km/h ist für mich schon fast (nein, ich korrigiere: es IST) todesmutig.
- die wirklich absolut (aus meiner Amateursicht) unmenschlichen Leistungen bei Bergetappen wie z. B hoch nach L’Alpe d’Huez: etwa 15 km mit durchschnittlich 8 Prozent Steigung in etwa 40 Minuten mehr oder minder fast am Vollanschlag zu fahren… Mit einer wirklich gigantischen Kulisse (landschaftstechnisch und zuschauermäßig gleichermaßen)
- die mannschaftstaktischen Spielchen, die, wenn man länger schaut und dabei ist, immer offensichtlicher werden: Wer hat welches Interesse im Rennen, wer muss / will nachgehen, welche Fahrer spielen welche Rolle (Wasserträger, Beschützer, Kapitän, Bergspezialist, Sprinter…) - so ein Profiteam bei der TdF funktioniert wie eine Maschine
Das ist für mich schon sehr faszinierend, und mein Interesse nahm daher zuletzt wieder zu (wenn auch nicht so ausgeprägt wie damals).
was haltet ihr von den neu eingeführten gelben Karten?
spannend ist auf jeden Fall die sofort einsetzende Diskussion der Verhältnismäßigkeit und der gerechten Verteilung - man fühlt sich an diverse und zahlreiche Diskussionen aus dem Fußball inkl. VAR erinnert…
Toller Inneneinblick. Sehr lesenswert.
Nimm Dir ruhig demnächst noch mehr Zeit für literarische Exkurse in die Welt des Radsports, ich würde mich freuen.
Ich selbst bin seit längerer Zeit aus dem Radsport ausgestiegen (nicht nur auf dem Rennsattel, auch vor dem Bildschirm). Zuletzt hatte ich Armstrong-Ullrich verfolgt und fand das Duell jahrelang begeisternd. Mit den Doping-Geschichten der beiden zerbrach bei mir was…
Als dann Jahre später auch noch Erik Zabel erklärte, jahrelang gedopt zu haben, happich dem Profi-Radsport den Rücken gekehrt. Zabel, „unser Mann in Grün“, wohnte in der etwas entfernteren Nachbarschaft der Familie meines Vaddas in Unna.
Is ja witzig - meine eigenen paar Hobby-Jahre am Stück aufm Rennrad bin ich auch durchs Bergische Land geheizt. Da fühlt sich der Laie gern schnell seelenverwandt mit Ullrich in Alpe d’Huez. Ein begeisterter Flachland-Rennradler bin ich nie geworden - irgendwie waren mir hundert Kilometer durchs Bremer Blockland dann doch schnell zu langweilig. Selbst in meiner Paderborner Zeit bin ich immer Richtung Egge innen Osten, manchmal auch Richtung Süden ins Sauerland (und nicht in die Soester Boerde Richtung Westen…)
jetzt muss ich allerdings doch nach Wimbeldon und Siegemund umschalten… mal schaun, ob ihr Siegeszug weitergeht!
sie liegt zumindest 3:1 vorn…
Kennst du die Amstrong Doku? Ziemlicher Vogel, der Typ
Was die Abfahrten angeht: Meine erste Abfahrt war ganz unsicher vom Gefühl her. Ständig gebremst. 60 war Obergrenze.
In Kitzbühel letztes Jahr habe ich mehrfach die 80 erreicht, ohne es zu merken. Irgendwann gewöhnt man sich doch daran und wird sicherer. Aber viel weiter würde ich nicht gehen und das auch nur, wenn abgesperrt und gut einsehbar. Es ist schon heftig, manchmal beängstigend, wie viel Risiko die gehen. Ich bin auch strikt gegen eine Streckenplanung, die das Rennen mit einer Abfahrt beendet.